Verdrehte Welt

  • Liebe Amitola,


    ehe mein geplanter Alltag losgehen kann war es mir wichtig Dir auf Deine liebevolle Mail zu antworten, Dir von Herzen für Deine Bemühungen dankend trotz großer Müdigkeit.


    Ich verstehe was Du mir sagst und weiß in meinem tiefsten Inneren das Du zweifellos Recht hast mit deinen Ratschlägen, aber ehrlich gesagt fällt es mir z. Z. immer noch sehr sehr schwer sie umzusetzen. Genauso schwer fällt es mir es zu verinnerlichen das es heute genau einen Monat her ist seit mein Mann verstorben ist, da seit dem mein Zeitgefühl sehr verschütt gegangen ist. Manchmal kommt mir Alles so vor als ob es erst gestern geschehen ist, andere Male als ob es vor einer ganzen Ewigkeit war. Ich weiß das die Zeit kommen wird wo ich mich und mein Leben so betrachten kann wie Du es mir geraten hast, aber zur Zeit ist eben Alles noch viel zu present und frisch um all Das was mich nun belastet und quält einfach so unter den Teppich zu fegen und zu tun als ob überall die Sonne wieder scheint.


    Hinzu kommt das ich erst jetzt merke - wo ein bisschen Ruhe eingekehrt ist - wie sehr mir dieses Jahr wirklich zugesetzt hatte. Wie sehr diese enorm belastende Zeit mich nun eingehohlt hat nachdem ich stehts die Starke und stehts gut Funktionierende sein mußte, die immer wieder ihre eigenen Emotionen runterzuschlucken hatte. Das merke ich daran das ich seit dem Tod meines Mannes unter einer massiven Eßstöhrung leide, oft losheule ohne zu wissen warum, und das ich mich meist unendlich müde und schlapp fühle. Immerhin ein Zustand der mit großer Warschein-
    lichkeit auch wieder vorbei gehen wird sobald der Boden unter meinen Füßen anfängt sich etwas zu festigen.


    Liebe Amitola, ich weiß auch das Vieles jetzt die letzten Zuckungen meiner endenden Vergangenheit sind, aber dennoch tue ich mich sehr schwer damit sie einfach so locker und flockig weg zu stecken. Und was das große Verzeihen betrifft bin ich mir sicher das ich es vielleicht eines Tages schaffen werde, aber wie schon gesagt ist Vieles zur Zeit noch zu present und es schon heute abhaken zu können. Und das gilt auch für die Be-
    statterin die ziemlich von Anfang über meine Situation und Einstellung Bescheid wußte. Und das mein Mann sich eine Bestattung ohne Religion, Esotherik und sonstige Schnörkel gewünscht hatte ... nach dem Motto er hätte eh Nichts mehr vom Hochglanzsarg und feinen Zwirn gehabt was nur sinnlos Geld gekostet hätte. Du kannst es mir glauben das ich trotz meiner bitteren Enttäuschung gut dafür sorgte das sein letzter Weg rund um seinen Wünschen entsprach - rosa Rosengesteck inklusiv womit die Bestatterin auch ein Problem hatte meinend das die Farbe eigendlich nur für Frauen passend wäre. Um dieses Kapitel zu schließen möchte ich noch hinzufügen das ich wohl zu den Menschen gehöhre die einen eng-
    lischen Spruch sehr zu Herzen genommen haben ... what you see is what you get. Und das gilt bei mir auch für menschliches Verhalten wo ich es schon vor Zeiten aufgegeben habe es mir schön zu reden um ein netterer Mensch zu sein. Sehe die Welt und meine Mitmenschen eben nicht durch die rosarote Brille aber das macht mich noch lange nicht zu einer verbitterten Person die keine 9 grade stehen lassen kann.


    In diesem Sinne schließe ich um zu gucken was ich dem heutigen Tag noch sinnvolles abgewinnen kann. Dir auch einen tollen und erfolgreichen restlichen Tag und alles Liebe dieser Welt dazu,


    Hanna

  • Liebe Hanna,
    jetzt habe ich gerade tatsächlich "nur" bis zu dem "großen Verzeihen gelesen... Es sist GUT, dass du das " kennst". eine der erleichterndsten Möglichkeiten für sein Leben...
    ABER NOCH EINMAL... LASS DIR MIT ALLEM ZEIT....


    Es ist wirklich auch bei dir, die erste Zeit .... ein sich gerade so "hineinfinden"... in dein ICH -LEBEN,
    und ja...
    man ist immens erschöpft... das kennen ganz viele , die einen Menschen verabschieden mussten....


    Ruhe dich aus und sei dennoch guten Mutes... nach der begreiflichen Erschöpfung kommt eine
    NEUE,ANDERE STÄRKE in DIR zum Vorschein...


    Ich wünsche dir alles erdenklich Gute für deinen heutigen Tag
    <3lichst deine Amitola

  • so ,nachdem ich fertig gelesen habe....


    nein du bist wahrhaftig keine verbitterte Person ... und stehst sehr gut und sehr feste auf deinen Beinen...
    aber ...
    ich "glaube " das eine esotherische Einstellung uns durchaus einige wertvolle Einsichten in unser Leben bringen kann...
    Fühle dich "heutigst umarmt" :24:
    deine Amitola

  • Liebe Amitola,


    manche Menschen mögen sich enorm durch Esotherik und religiösen Glauben bereichert fühlen, aber ich kann nun 'mal leider weder mit dem Einen noch dem Anderen etwas anfangen.


    Habe ich heute erst wieder sehr stark gemerkt weil es heute genau einen Monat her ist seit mein Mann verstorben ist, und mir die letzen gemeinsamen Monate und die Zeit kurz nach seinem Tod erneut mit voller Wucht hochgekommen sind. Da half es auch nicht mich tüchtig beschäftigt zu halten und zu versuchen auf andere Gedanken zu kommen. Plötzlich fühlte sich Alles so present an als ob es erst vor ein paar Tagen passiert war samt der ganzen Achterbahn der Emotionen. Vor Allem wollte es mir nicht mehr aus dem Kopf gehen das ich wärend seiner letzten Wochen wirklich geglaubt hatte - anhand seines Verhaltens mir gegenüber - das am Ende doch noch Alles gut zwischen uns geworden war.


    Liebe Amitola, es tut mir leid das ich immer wieder davon anfange, aber es ist eben nun 'mal der große Knackpunkt der mich nun so belasted und es mich so sehr schwer macht loslassen zu können. Immer wieder zieht unsere letzte Begegnung in meinen Gedanken vorbei wie ein sich ewig wiederhohlender Film, und immer wieder höhre ich dann seine Stimme in meinen Ohren die von innerem Frieden, größter Liebe und Dankbarkeit sprach für all Das was ich für ihn getan hatte. Immer wieder versuche ich all Das auszuschalten, aber meist dauert es nicht lange bis es mich irgendwann doch erneut mit voller Wucht erwischt.


    Nun habe ich Dir 'mal wieder die Ohren vollgeheult, aber rein egoistisch betrachtet hat es auch gut getan nicht schon wieder Alles in mich hinein zu fressen. In diesem Sinne schließe ich Dir für Dein Gehöhr enorm dankbar seiend,


    Dir alles Liebe,


    Hanna

  • liebe Hanna,


    ein sehr kräftiges und lautes JAAA...
    gut dass du diesmal nicht alles in dich hineinfrisst...
    Neben beigemerkt... auch ich habe ja eine Vergangenheit mit den Vätern meiner zwei Kinder, die zwar nicht so waren wie bei dir, aber ... durch meine "relative Jugend" damals bei meinem ersten Mann und Vater meines Sohnes (25 Jahre) hatte ich wahrhaftig auch noch nicht diese Standfestigkeit und auch nicht meine jetzige Lebenseinsicht ... wie es heute der Fall ist...


    GENAU HEUTE EIN MONAT HER....
    liebe Hanna, da KANNST du noch gar nicht"über dem Berg sein"... wenn das so wäre,... vor allen Dingen durch deine bitteren Erfahrungen und frischen Erkenntnissen wäre das fast ... ich hoffe du verstehst das... ein Wunder...


    Mit der Vergangenheit meinte ich auch mehr, dass das dein Ziel sein sollte...
    weil es dich ja definitiv weiterbringt...
    und dennoch... für mich kein Phrase...
    "der Weg ist das Ziel"...und auf diesem Weg befinden wir uns ja alle, mal ein bisschen stolpernd, dann sehr bewußt gehend , dann am Wegesrand rastend... essen und trinkend genießend... oder auch etwas mühsam atmend, wenn es steinig und steil wird... eben halt Kräfte zehrend...bildhaft gesprochen...So jetzt genug der Symbolik...


    LEBE DEINE JETZIGE ... meiner Meinung nach... BEGINNENDE WUT aus...EHRLICH, das befreit...
    und wie gesagt, aber dazu braucht man dich ja glücklicherweise nicht zu ermuntern... schreibe ... schreibe... schreibe....


    So, ich gieße jetzt mal wieder ein paar Pflanzen , die jetzt schon im Schatten stehen und dann "zockeln wir zwei Alten... mein Hund und ich"... mal wieder durch Wald und Flur...
    Bis bald und herzlichste Grüße
    deine Amitola

  • Liebste Amitola,


    wieder einmal habe ich mich riesig über Deine liebe Post und Worte sehr sehr gefreut. Es tut einfach unendlich gut sich mit Jemandem austauschen zu können der meine Gedanken und Emotionen versteht. So hoffe ich das Du und Dein Hundi eine schöne Runde drehen konntet, wärend ich heute Abend einfach nur die Flügel hängen ließ.


    Sehr gut haben mir Deine Worte über die Wege die wir gehen gefallen. Ich kann da noch ein gutes Motto hinzufügen was ich mir inzwischen sehr zu Herzen genommen habe wo mein Leben doch nun so sehr im Umbruch ist. Billy Idol sagte einst ... desdo weniger Gepäck um so weiter die Reise.


    Seit dem Tod meines Mannes habe ich schon hart und dabei sehr bewußt angefangen das Haus völlig umzugestalten. Wollte einfach nicht mehr mit der Vergangenheit leben die mich immer wieder an sehr traurige Momente erinnerte. Und mir immer wieder so ein komisches Gefühl vermittel-
    te als ob er noch einmal zurück kommen würde wo noch recht viele seiner persönlichen Sachen herum standen und lagen. Hätte nie gedacht wie schmerzlich aber auch sehr befreiend solch Prozess sein konnte. Erst heulte ich nur noch wie ein Schlo0hund nachdem ich unser einstige Eß-
    zimmer ratzfatz leer geräumt hatte, aber dann dauerte es auch nicht lange bis die Erleichterung einsetzte über das rasche Verschwinden von jeder Menge bedrückender Erinnerungen desdo länger ich an dem Raum arbeitete. Fast als ob Leben ins Haus zurück gekehrt war.


    Liebe Amitola, wie Du siehst gebe ich mir sehr viel Mühe stehts nach Vorne zu gucken, aber wie es Deine Wegbeschreibung so schön besagte, es wird nicht immer reibungslos und gut gelingen. Und ich denke auch das ich mich selber als Mensch nicht mögen würde wenn ich meine Vergangenheit und den Tod meines Mannes schon nach einem Monat komplett abgehakt hätte. Letztlich hat ein Jeder seine eigene Vergangen-
    heit die bei den allerwenigsten stehts ein Wunschkonzert war. Aber ich denke daß das auch gut ist denn die Höhen und Tiefen des Lebens sind doch genau DAS was uns als einzigartige Menschen ausmacht, oder?


    Ich bin da sehr zuversichtlich das es für mich auch wieder Zeiten geben wird wo ich wieder sehr viel Freude an meinem Leben haben werde, aber vermutlich wird diese erst dann kommen wenn die Vergangenheit gut verarbeitet und losgelassen ist. Und das ist sicherlich etwas was seine Zeit brauchen wird die ich inzwischen sehr bereit bin mir zu gönnen egal wie viel von ihr nötig sein wird um sagen zu können ... nun ist Alles gut.


    Morgen ist ein neuer Tag und wieder soll er glühend heiß werden. Wie geht es Dir bei der sommerlichen Hitze? Fragst Du mich kann ich nur wenig mit ihr anfangen - besonders wenn die Luftfeuchtigkeit groß ist. Ehrlich gesagt liebe ich den Sommer sehr, aber es müssen ja nicht gleich die Tropen sein, oder?


    Dir einen dicken festen Drücker und unendlich viele liebevolle Gedanken,


    Hanna

  • Hallo Allesamt,


    heute Nacht ist die Nacht der Nächte wo ich genau vor einem Monat den grauenvollen Anruf vom Hospiz um 04:00 bekam. Hätte nie gedacht das sich dieser eine Moment so intensiv in meine Erinnerungen reinfressen würde. Fahre seit dem stehts aus der Haut wann immer mein Handy klingelt auch wenn ich oft genug den Klingelton gewechselt habe.


    Ein weiteres Bild was mich immer wieder überall hin im Kopf verfolgt ist der Moment wo ich ihn zum ersten Mal tod vor mir liegen sah. Eigendlich schaute er aus als ob er nur dabei war ein Nickerchen zu machen und durch meine Anwesenheit aufwachen wollte. Das was mich aber nicht mehr los lassen will ist der er mit einem fast offenen Auge vor mir lag und was mich anschaute als ob es mich sehen könnte. Ich weiß nicht ob es Anderen auch so ergangen ist, aber für mich war es sehr traumatisch ihn als Toten vor mir liegen zu sehen obwohl man sich sehr viel Mühe gege-
    ben hatte ihn so "lebendig" wie möglich wirken zu lassen. Vielleicht weil es mir genau dann so sehr bewußt wurde das er meine Worte nicht mehr höhren konnte und die Hand mit der ich ihn streichelte nicht mehr auf seiner Haut spühren würde.


    Es mag kaltschneuzig klingen, aber ich würde sonst etwas geben um diese Bilder aus meinem Kopf los werden zu können, und nur noch an ihn als einst einen sehr sehr lebendigen Menschen zu denken.


    Dennoch raffte ich mich heute auf um meinen Termin bei der Bank wahr zu nehmen um einiges Finanzielles geregelt zu bekommen, und auch besiegte ich etliche innere Schweinehunde um heute Abend mit mir alleine essen zu gehen. Hatte einfach keine Lust auf ein lieblos zusammen gewürfeltes Abendessen bei Vollberieselung vor dem TV. So ging ich zu seinem kleinen Lieblingsitaliener der von mir aus gut zu Fuß zu erreichen ist, und habe mich dann so einsam wie noch nie gefühlt unter all den vielen fröhlichen Pärchen und Grüppchen von Menschen. Das Beste an der Situation war wohl das ich ein Glas Wein trank dabei ganz intensiv an ihn denkend und mich immer wieder fragend was der von meinem Besuch dort halten würde. Hatte immerhin aufgehöhrt ihn dorthin zu begleiten als ich erfuhr das er dort lieber alleine hinging um ungestöhrt mit seiner damaligen Geliebten per Handy herum zu balzen wärend der Zeit wo unsere Trennung schon voll im Gange war. Wenn ich heute Abend sehr bewußt dort hinging war es nicht nur um ein Gläßchen Wein auf sein Wohl zu trinken oder meinen Hunger zu stillen, aber vor Allem weil ich keine Hemmungen mehr haben wollte dort hin zu gehen blos weil es einst sein "Revier" war.


    Vielleicht habe ich mir heute auch zu viel auf einmal auf die Schultern gepackt wo ich nicht damit gerechnet hatte das mich dieses Datum so sehr belasten würde. Bin gespannt wie es mir morgen früh ergehen wird wenn der Wecker schrillt. Wenigstens habe ich jede Menge Wichtiges zu erledigen und mit etwas Glück wird mich das genug ablenken um nicht in das nächste Loch zu fallen.


    Euch alles Liebe dieser Welt mit allerherzlichsten Dank dafür das ich mit Euch auf dem wohltuendem Sofa sitzen darf,


    Hanna

  • Liebe Hanna. Ich möchte dir meinen ABSOLUTEN RESPEKT ausdrücken! Ich habe viel von deinen Berichten gelesen, dein Verhalten ist unbeschreiblich. Denke daran, alles gute was man im Leben tut, wird auch belohnt, dessen bin ich mir sicher! Du hast alles gegeben, ich bewundere dich. Es gibt sicher nicht viele Menschen, die das durchstehen könnten. Ich wünsche dir von Herzen dass es dir gut geht, du hast alles Recht dazu. Du bist ein toller Mensch, wär gut wenn es viele davon gäbe :8: Ich schicke dir eine liebevolle Umarmung, fühl dich gedrückt, liebe Grüße Petra

  • Liebe Petra,


    auch ich habe hin und wieder Deine Geschichte verfolgt. Gestehe aber das ich zwischendurch eine Pause einlegen mußte da mich die enorme Traurigkeit die aus Deinen Postings hervor geht immer wieder unendlich berührt hat. Es mag komisch klingen, aber es sind genau Deine Worte die mich oft meine Form von Trauer hinterfragen lassen.


    Eine Trauer die eben zu meiner völlig verdrehten Welt gehöhrt, im Sinne das so manches Mal dicke Tränen kullern wenn ich mit mir alleine bin oder ich heftig zu schlucken habe wenn unterwegs. Und dennoch würde man es mir nicht ansehen oder anmerken das ich auf den gestrigen Tag genau erst vor einem Monat Witwe geworden bin. Ich möchte so sehr gerne meine Trauer verarbeiten können wie die meisten anderen Menschen auch, aber irgendwie weiß ich meistens nicht einmal wo ich anfangen soll da sie so eine Sache ist die kommt und geht. Genauso gerne möchte ich ihn und unsere gemeinsame Vergangenheit loslassen können, aber auch das fällt mir sehr schwer weil noch so sehr viel um mich herum ist was es nicht zulassen will.


    Liebe Petra, wenn ich meinen Mann bis zu seinem Tod begleitet habe war das gewiß kein heroischer Akt sondern für mich eine große Selbstver-
    ständlichkeit als klar wurde das er sonst niemanden auf der Welt gehabt hätte der mit ihm diesen Weg gegangen wäre. Es war bestimmt keine einfache Zeit für mich, und ehrlich gesagt weiß ich nicht wie ich sie überstanden hätte wenn man uns nicht ein so tolles palliatives Pflegeteam zur Seite gestellt hätte, und wenn die Menschen im Krankenhaus und vor Allem im Hospiz nicht so wunderbar geleistet hätten. Ja, Menschen die nicht nur stehts für meinen Mann da gewesen waren sondern die sich auch die Zeit nahmen auf mich zu achten.


    Was das Hier und Heute betrifft hat bei mir leider noch lange nicht das Gefühl von großer Erleichterung eingesetzt und noch weniger ist es bei mir angekommen das ich nun wieder ein vogelfreier Mensch bin der nach Lust und Laune tuen und lassen kann ohne sich ständig rechtfertigen zu müssen. Es mag komisch klingen, aber z. Z. empfinde ich diese neue Freiheit noch extrem gewöhnungsbedürftig. Ich weiß nicht ob es Dir auch so ergeht, aber im Verlauf der Jahre hatte man sich ja eine Menge angewöhnt was nun nicht mehr paßt. Es mag komisch klingen, aber so manches Mal weiß ich echt nicht ob es härter war ständig für meinen Mann da zu sein oder nun meinen Alltag und all meine einstigen Angewohn-
    heiten völlig auf den Kopf stellen zu müssen.


    Liebe Petra, in diesem Sinne mache ich jetzt Schluß und würde mich freuen wenn auch Du Lust hättest weiterhin mit mir in Verbindung zu bleiben. Vielleicht können wir uns ja gegenseitig recht gut ermutigen den Weg nach Vorne zu finden und zu meistern.


    Sei in Gedanken liebevoll gedrückt,


    Hanna

  • Liebe Hanna,
    seit Tagen verfolge ich deine Geschichte, kam anfangs nicht dazu, dich hier willkommen zu heißen und mir fehlten auch die rechten Worte, weil sich deine Geschichte wie ein wirklich schlechter Film liest (entschuldige den Vergleich, aber es kommt mir so vor). Wir alle haben ja unseren liebsten Menschen stets ambivalente Gefühle gegenüber. Die reine Liebe gibt es nicht,. so wie es keinen vollkommenen Menschen gibt. Manche Fehler oder Störungen kann man lieb gewinnen, andere bleiben störend oder nervend und als Paar findet man - wenn man Glück hat - einen Weg - trotz aller Unvollkommenheiten - glücklich zu werden. Oder vielleicht sogar deshalb, denn das gänzlich Vollkommene wäre ja eigentlich unerträglich (meine ich). Was dein Mann alles getan hat, ist schlimm. Und doch war da etwas, was du an ihm geliebt hast. Und darum schleudert es dich jetzt besonders hin und her zwischen Trauer und Wut. Du musst lernen mit der Realität seines Todes und deiner Trauer umzugehen und du musst lernen einen Weg zu finden dieses realistische Bild deines Mannes in dein Leben zu integrieren mit all den Enttäuschungen, die er dir am Ende bereitet hat, obwohl du ihn bis zum Schluss gepflegt und begleitet hast. Schau auf dich und dass deine Wut neben der Trauer nicht zu kurz kommt und sei hier auch von mir herzlich willkommen geheißen!
    AL Christine

  • Liebe Christine,


    nicht umsonst heißt es ja gut Ding muß weilen, und so danke ich Dir von Herzen für Deine liebevolle und sehr ermutigende Post. Als ich sie vorfand war ich gerade dabei mir eine kleine Pause von den vielen Auslandsgesprächen zu gönnen die ich heute führen mußte um so manches gebacken zu bekommen.


    Du hast so sehr recht das sich meine Geschichte anhöhrt wie der Inhalt eines schlechten Filmes, und genau Das ist der Grund warum ich so oft nicht mehr weiß was ich überhaupt noch glauben kann wenn ich an meinen Mann denke, genau wie wenn ich dabei bin seine Vergangenheit zu durchforsten um mir den Boden unter den Füßen zurück zu erobern. Mit dem Ziel das die größten üblen Überraschungen irgendwann einmal aus dem Weg geräumt sind, denn fast täglich entdecke ich Neues über seine heimlichen Machenschaften die inzwischen kaum noch etwas mit seiner Zockerei im Internet zu tun haben.


    Liebe Christine, wenn meine Trauer nun eine so Schwierige ist hat es wohl sehr viel damit zu tun das es mir eben sehr schwer fällt mir seine Ge-
    dankenlosigkeit schön zu reden und sie zu entschuldigen, denn die Dinge die ich bisher über sein geheimes Doppelleben entdeckte habe waren definitiv keine kleine dumme Ausrutscher oder Sachen die er gemacht haben könnte unter einem moglicherweise starken Einfluß seiner Medika-
    mente. Eher sehe ich immer wieder anhand von erneut auftauchenden Fakten wie extrem geziehlt und berechnend er bis zu seinem letzten Atemzug gehandelt hat. Ja, und seine Pfleger sagten mir als ich nachfragte wie seine letzte Nacht verlaufen war, das sie sehr über seinen plötz-
    lichen Tod gestaunt hatten wo er doch noch so sehr present und voller Lebensfreude gewesen war. Leider eine Lebensfreude die er nicht mit mir teilte denn wann immer ich ihn besuchte fand ich ihn extrem geistesabwesend und übermüded vor. Als ob ihn meine Anwesenheit ordentlich an-
    strengen würden, bis zu einem Punkt wo er immer wieder vor meinen Augen einschließ.


    Liebe Christine, auch wenn all diese Dinge tüchtig an mir zehren arbeite ich nun hart daran mein eignes Leben neu aufzubauen, und muß sagen das hier im Forum einen wundervollen Platz gefunden habe der mir sehr sehr gut dabei hilft und mir immer wieder den Rücken stärkt. So danke ich auch Dir von ganzem Herzen das Du mich willkommen geheißen hast und wünsche Dir einen wundervollen restlichen Tag und Abend.


    Dazu alles Liebe dieser Welt,


    Hanna

  • Liebe Hanna,


    Christine hat es so treffend ausgedrückt...meiner Meinung nach...Es gibt tatsächlich keine Vollkommenheit... zumindest wahrhaftig nicht immer, in der Partnerschaft.... die universelle Liebe...liegt weit hinter unserer Vorstellungskraft...( ich bin nun mal ein irgendwie esoterischer und "naturgläubiger " Mensch ;) Auch bei Burkard und mir war es durchaus ein Prozess ,,, allerdings auch eine durchgängige Idee , wie und vor allem ...wie man eine Lebensvorstellung auch real bewerkstelligen kann... die uns einten...


    JETZT aber wieder zu dir...
    Ich hoffe du verstehst das richtig... mal wieder....spontan kam mir , gerade wie du so ausführlich beschrieben hast, dass du an diesem wahrhaftig nicht einfachen Tag zu dem Italiener gegangen bist...
    FLUCHE doch endlich mal über deinen Mann...
    Für mich. aber das ist meine Vorstellung nach deinen Beschreibungen...
    plagt dich immer noch viel zu sehr ein schlechtes Gewissen, dass du wahrhaftig nicht haben musst...


    Natürlich gibt es einen Teil in dir, der ihn LIEBT, aber der ist meiner Meinung nach, auch berechtigt VIEL KLEINERv, als der Teil, der wütend und enttäuscht ist....
    STEHE BITTE DAZU....
    Du hast alles RECHT DAZU...


    Gerne schreib ich auch noch einmal bei dir... MÜSSEN ist der falsche Weg...Handle und mache alles SPONTAN...
    ausser natürlich, bei finanziellen oder anderen wirklich notwendigen Erledigungen ...
    und noch einmal...
    der Weg ist das Ziel... und wie du ihn gehst und wie du diesen Weg "wahr -nimmst"... bestimmst all-einig DU...


    Sehr zuversichtliche Gefühle , dass du diesen Weg für DICH GUT GEHST
    von deiner Amitola...


    die am Montag im Herzzentrum ist und dieses Wochenende sich mit ihrer Familie "vereint" ...
    also pausiert von "hier"...

  • Liebe Hanna,
    auch wenn es natürlich aus der Distanz schwierig ist "Diagnosen" zu stellen, aber so wie du ihn beschreibst, hat dein Mann einfach eine schwere Persönlichkeitsstörung gehabt. Derartige Störungen bekommt man oft erst nach Jahren mit, solche Menschen sind - wie du selbst ja beschreibst - hervorragende "Blender", sie können überaus charmant sein, vor allem sind sie extrem manipulativ. Die andere, die dunkle Seite wird erst im Zusammenleben und mit der Zeit spürbar, aber auch nicht wirklich festmachbar: Man spürt, dass es sehr schwierig mit dem Menschen wird, die gestörte Person ist durch ihre manipluative Fähigkeit aber ein Meister im Spiegeln und dreht dann immer alles so, als wäre der ander schuldig und der Gestörte. Vielleicht solltest du ihn so sehen, als gestörten und kranken Geist. Das entschuldigt ihn zwar nicht, macht aber verständlich, warum er ein Doppelleben geführt hat und warum es dir so lange verborgen geblieben ist.
    Alles Liebe
    Christine

  • Liebe Christine,


    Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen wie Du das Verhalten meines Mannes beschreibst. Ein Psychopath der es echt gut drauf hatte seine Mitmenschen gnadenlos zu manipulieren um sie bis auf das Letzte auszunutzen ohne das sie es entweder merkten oder es einfach nicht in Anbetracht seiner Sonnenseite war haben wollten. Genau der Grund warum ich es nie schaffte die Koffer zu packen. Ja, er hatte das Manipulier-
    en und seelisch Erpressen so gut drauf das ich es über die Jahre nicht einmal merkte was er aus mir gemacht hatte - eben ein richtiges unschein-
    bares Hausmütterchen was sich kaum noch was zutraute, und ihm wie eine Marionette diente. Dies nachdem er - aus lauter Liebe versteht sich - es mir unmöglich gemacht hatte mein eigenes Geld zu verdienen, einen eigenen Freundeskreis zu haben und ein eigenes Leben an seiner Seite zu entwickeln.


    Als er noch berufstätig war fiel das nicht so auf weil ich mich stehts auf die wenigen Tage freute wo er mal wieder zuhause war, oder ich mit ihm mitreiste und unterwegs ständig viel los war. Eigendlich ging unser ganzes Drama erst los als er vor acht Jahren in Rente ging und Vollzeit zu-
    hause war. Liebe Christine, ich denke daß das was Du mir geschrieben hast sehr gut möglich war, aber wie Du auch sagtest ist es dennoch keine ausreichende Entschuldigung um sein Verhalten ungeschehen zu machen.


    Betrachte ich die Zeit nach seinem Tod fällt mir immer wieder auf wie sehr meine Traurigkeit, Wut aber auch ein positives nach Vorne schauen mich immer wieder schubartig befallen. So vermute ich daß das wenig mit richtig tiefer Trauer zu tun hat, sondern eben nur ein Verarbeitungspro-
    zess der gemeinsamen Vergangenheit ist wärend denen ich besonders in den letzten Jahren sehr viel Traumatisches durchlebt habe. Eine Zeit wo es Schlag auf Schlag kam und ich nie die Zeit und Ruhe hatte wenigstens das Eine oder Andere zu verinnerlichen und sacken zu lassen weil ich stehts zu funktionieren hatte um unsere Existenz aufrecht zu erhalten. Das merke ich daran das ich manchmal heftige Heulattacken bekomme ohne zu wissen warum, oder mich trotz gutem Schlaf den ganzen Tag völlig leer, übermüded und antriebslos fühle.


    Dennoch bin ich zuversichtlich daß das wieder gut werden wird wenn ich mir jetzt die Zeit lasse diesen ganzen Prozess durch zu machen, anstatt die häßliche Vergangenheit unter den Teppich zu fegen oder mich zu Dingen zu zwingen für die ich noch nicht so weit bin. Auch habe ich ange-
    fangen mir kleine Ziele zu setzen in Richtung Neuanfang und freue mich dann immer wieder riesig wenn sie erreicht habe. Es sind noch keine großen Schritte aber man sagt ja nicht umsonst oft genug das Kleinvieh auch Mist macht.


    Abschließend möchte ich noch hinzufügen das die lieben Menschen die ich durch dieses Forum kennen gelernt habe mir jetzt schon sehr gut ge-
    holfen haben an der Stange zu bleiben, die Zuversicht nicht zu verliehren und den Blick nach Vorne nicht aufzugeben.


    In diesem Sinne Dir alles Liebe dieser Welt,


    Hanna

  • Liebe Amitola,


    Dir erst einmal vielen lieben Dank für Deine ermutigende Post, die mir immer wieder sehr große Freude bereitet wenn ich sie lese.


    Allerdings vermute ich nach dem Lesen Deiner letzten Mail das wir uns auf manchem Gebiet ein kleines bisschen misverstanden haben. Wenn ich an dem gewissen Abend zum Italiener gegangen bin machte ich das nicht nur in Memoriam meines Mannes, sondern auch um wieder einmal ein Kapitel der Vergangenheit zu verinnerlichen und abschließen zu können. Einst gingen wir dort recht oft gemeinsam hin, aber als er sich von mir trennte und nur nach Hause kam um mich zu terrorisieren erklährte er das Lokal zu seinem Territorium um dort ungestöhrt mit seiner Schnepfe telefonieren zu können. Natürlich etwas was die Besitzer die uns beide kannten mitbekamen und ich möchte nicht wissen was er denen erzählte um sein Handeln rechtzufertigen. Für mich sehr doof gelaufen da ich das Lokal sehr mochte und deren Essen auch immer lecker schmeckte.
    So beschloß ich an dem gewissen Abend dort hinzugehen mit Gedenken an meinen Mann, aber auch um mir diese kleine nette Futter-Oase um die Ecke zurück zu erobern. Nach dem Motto ... wäre schön mich wieder dort wohl fühlen zu können wann immer die Lust auf Kochen fehlt und ich gerade einen Jeeper auf leckere Pizza habe.


    Was die Vollkommenheit eines Menschens betrifft glaube ich nicht das es sie gibt. Wohl dem - wie Du und Dein Burkhard - die gemeinsam daran abreiten können, aber in meinem Fall hatte mein Mann gar kein Interesse daran sich auf Kompromisse einzulassen oder gar etwas an seinem Ver-
    halten zu verändern. Warum auch? Wie Christine es so gut erkannt hat war er Meister darin die Menschen um sich herum und Situationen stehts zu seinen eigenen Gunsten zurecht zu manipulieren. Ein Mensch der kein Schuldgefühl besaß und wenn etwas in die Hose ging waren immer alle Anderen daran schuld.


    Und liebe Amitola, mich quält bestimmt keinerlei schlechtes Gewissen ihm gegenüber. Habe leider nur ein sehr sehr niedriges Selbstwertgefühl was kein Wunder ist nachdem ich für so viele Jahre stehts klein gemacht und für hummeldumm gehalten wurde. Nachdem es immer wieder Theater gegeben hatte sobald ich mich ein kleines bisschen herausputzte. Entweder wollte er mir dann stehts an die Wäsche oder ich war das billige Flittchen. Ich weiß nicht ob Du das verstehen kannst, aber irgendwann gibt man den Kampf auf um einfach nur noch seinen Frieden zu haben. Wenn ich nun nicht vor lauter Wut brülle dann ist dem nur so weil es nicht in meiner Natur ist. Bin eher der Typ der Andere brüllen läßt wärend ich mir still schweigend eine Strategie ausdenke das Kind aus dem Brunnen zu hohlen. Kenne auch keine Eifersucht oder Rache. Kurioserweise zwei Dinge die meinen Mann stehts zur rasenden Wildsau machten weil er nur Aggressivität kannte wann immer ein Problem auf-
    tauchte.


    Wenn ich nun kein schlechtes Gewissen ihm gegenüber empfinde ist es weil ich weiß das ich alles menschlich Machbare bis zu seinem letzen Atemzug geleistet habe. Eher tue ich mich noch sehr schwer damit meinen Schalter umzulegen weil ich eben noch so sehr viel grauenvolles zu verarbeiten und zu verinnerlichen habe, und weil noch sehr viel Ungeklährtes vor mir liegt bis ich sagen kann das ich auf allen Ebenen in meinem neuen Leben gut angekommen bin. Ja, der Weg ist das Ziel. Mein gegenwärtiger Weg ist peu a peu das Vergangene sacken zu lassen und es abzuschließen - mit dem Ziel recht bald ein Leben ohne Altlasten zu leben. Wo mich nichts Ungeklährtes aus alten Zeiten mehr verfolgt und ich sagen kann ich bin wirklich bei mir selber angekommen.


    Liebe Amitola, in diesem Sinne schließe ich Dich in Gedanken dicke drückend und Dir ein tolles Wochenende wünschend,


    Hanna

  • Liebe Hanna!
    Anhand deiner Berichte habe ich herausgelesen, dass du auf einem sehr guten Weg bist!!!!
    Entrümple nur weiter dein Haus und verabschiede bewusst Altlasten damit - ich kenne dieses Gefühl und es ist enorm wichtig, diese Veränderungen selbst in die Hand zu nehmen!
    Selbsteinsicht ist auch immer gut! Arbeite gezielt an deinem Selbstbewusstsein und achte ganz besonders auf deine Bedürfnisse! Gönn dir auch bewusst Auszeiten!
    Lass dich nicht von Meinungen und Statements aus deinem Umfeld aus der Fassung bringen! Die sollen alle vor ihrer eigenen Haustüre kehren ;) !!!
    <3 -liche Grüße von Marsue!

  • Liebe Hanna,
    du hast schon recht, diese seine Störung entschuldigt ihn und sein Verhalten nicht, aber es macht ihn für dich leichter fassbar. Es ist gut, dass du keine Schuldgefühle hat und siehst, was er dir angetan hat. Ich glaube auch, du bist auf einem guten Weg der Verarbeitung. Lass ihn hinter dir - so gut es geht!
    AL Christine

  • Liebe Marsue und Christine,


    Euch Beiden ein übergroßes Dankeschön für Eure Zusprache und Rückenstärkung. So etwas hilft immer wieder deutlich besser als jede Tablette oder tiefter Blick ins Weinglas.


    Liebe Marsue, was meine Entrümplungsaktion betrifft betrachte ich sie als eigendlich den einzigen Weg in eine eigene neue Zukunft denn eine Mahlzeit die Einem dauernd im Magen herum geht will man ja auch nicht ewig bei sich behalten. Leider jedoch geht Alles noch nicht so zügig voran wie ich es gerne hätte, weil meine finanzielle Grundlage noch sehr in der Schwebe hängt. Dies weil das Meiste was meine existentielle Basis betrifft aus dem Ausland kommen wird und dort die Uhren sehr anders ticken als in Deutschland. Auch half es mir nicht weiter das die Behörden geschlagene 3 Wochen brauchten um mir seine Sterbeurkunde auszuhändigen - die man ja nun 'mal leider braucht um auch nur einen Schritt machen zu können. Und dennoch gibt es für mich nun nur noch den Weg nach Vorne und auch wenn manches noch immer wieder tüchtig weh tut ist es dann auch wiederum ein echter Genuß wenn etwas Erleichterung zu verspühren ist.


    Und Dir liebe Christine möchte ich sagen das der warscheinliche Grund seines Verhalten ihn mir dennoch nicht wenigstens etwas liebsamer machen könnte weil einfach zu viel grauenvolles passiert war um den Schwamm drauf zu drücken. Ehrlich gesagt gibt es für mich absolut gar Nichts mit dem ich sein Verhalten noch rechtfertigen oder entschuldigen könnte, besonders wo ich jetzt erst - nach 20 Jahren Miteinander - das volle Ausmaß seiner Machenschaften am entdecken bin. Auch wärend der letzten Tage kam wieder jede Menge Neues dazu, aber immerhin hat es mich nicht mehr kalt erwischt wo er inzwischen die Grenze der Dinge die ich ihm nie zugetraut hätte schon lange weit überschritten hatte. Was mich heutzutage nur noch tief traurig macht is das er sich nie die Mühe machte mich wirklich kennen zu lernen, denn dann hätte er nie einen Grund für ein heimliches Doppelleben gehabt.


    Hatte ihm oft genug von Anfang an vermittelt das er mit all seinen Problemen stehts zu mir kommen konnte, egal wie groß oder klein sie waren. Und wann immer der Trümmerhaufen im Haus landete reichte ich ihm die Hand um ihm in Taten zu beweisen das ich nicht nur leere Versprechen geliefert hatte. Ja, und selbst nachdem er mich wie Dreck weggeworfen hatte stand ich erneut zu ihm als ihn keiner als Pflegefall haben wollte.
    Nicht zu vergessen das er mir Nichts mit Geld beweisen mußte da ich eben sehr bodenständig bin und mich auch riesig and den vielen kleinen Dingen die das Leben so hergibt erfreuen kann. Ein Grund mehr warum ich kein schlechtes Gewissen haben werde es mir in meinem neuen Leben richtig gut gehen zu lassen - egal ob recht gut situirt oder warscheinlich eher nur im kleinen Rahmen meiner Möglichkeiten.


    Bin inzwischen fast schon froh das ich die Dinge die am meisten weh getan hätten schon zu seiner Lebzeit entsorgt hatte wissend das sein baldi-
    ges Ende unvermeidlich sein würde. Dabei gab es noch Zeiten wo ich mein Tuen so manches mal hinterfragte und bereute, aber in Anbetracht der heutigen Situation war es gut so. Manches was noch herum steht und liegt und Dinge für den Entrümpler wären tuen mir oft noch recht weh wenn ich drauf schauen muß - wie z. B. sein Bett - weil es Dinge sind die mich stehts an die Zeiten seiner Krankheit erinnern und den dazu gehöhrigen sehr schweren Zeiten. Wiederum denke ich daß das auch nicht überraschend sein sollte wo er doch erst seit einem guten Monat gegangen ist und so vieles noch so frisch in meinen Erinnerungen steckt.


    Und wie Du es so schön sagtest liebe Marsue, ich werde mir mit Allem die Zeit nehmen die nötig ist egal was die Welt um mich herum dazu sagt oder denkt.


    In diesem Sinne wünsche ich Euch Beiden alles Liebe und eine tolle neue Woche,


    Hanna

  • Positiv Denken auch wenns nicht immer leicht ist!
    Übe dich selbst in Geduld - höre auf deinen Körper - er sagt dir, wenn du Kraft hast "Wände umzureißen" und wenn es Zeit ist zu entschleunigen und auf deine Bedürfnisse zu hören! :D
    Gönn dir bewusst immer wieder etwas, was deiner Seele gut tut - du hast es dir wahrhaft verdient!!!!
    Schönen Abend!
    Fühl dich innig umarmt von Marsue!

  • Liebste Marsue,


    so ist es. So verführend es oft ist, ändert ein ewiges Herumheulen ja Nichts. Es bringt den Menschen den man verlohren hat nicht zurück, und Einem selber geht es dadurch auch nicht besonders besser. Klingt hart aber ist es nicht so?


    Noch bin ich sehr damit beschäftig mich mit der ganzen Logistik eines existentiellen Wiederaufbaues herum zu schlagen, aber wenigstens auf der deutschen Seite ist es dabei immer weniger zu werden. Leider eine Sache wo ich es mir nicht leisten kann 'mal ein paar Tage blau zu machen wenn mir danach ist. Der Grund warum dann immer wieder das graduelle Renovieren meines Hauses ein schöner Ausgleich ist. Jeh nach Lust, Laune und Energiepegel wird gemalert, entrümpelt oder kreative gestaltet. Habe Gottseidank das Glück ein sehr kreativer und fingerfertiger Mensch zu sein der recht gut malen, schneidern, umrangieren und handwerkern kann. Ja, und wenn das Wetter es erlaubt geht es ab ins Beet und rein in meine grüne Muckibude und mein florales Therapie Zentrum.


    Sicherlich denke ich noch sehr oft an meinen Mann, und so manche alte Angewohnheiten von den Jahren wo ich ihn rumd um die Uhr pflegte sind noch lange nicht abgeschafft - aber was noch nicht ist wird bestimmt auch noch werden. Ich denke das was immer man auch durch den Tod eines Menschens erlebt hat braucht seine Zeit bis die Erinnerungen anfangen peu a peu zu verblassen und nicht mehr den Alltag zu bestimmen. Ich weiß nicht wie es Dir ergangen ist, aber auch der Umgang mit seinem Umfeld muß oft - wie in meinem Fall - ganz von Vorne erlernt werden. Be-
    sonders wenn man sehr viele Jahre in einer engen Zweisamkeit gelebt hat. Für mich ist es immer noch sehr gewöhnungsbedürftig das es nun plötzlich wieder ok ist Abends auszugehen ohne dauernd auf die Uhr zu schielen, das es ok ist etwas ganz spontan last minute zu entscheiden oder 'mal einen ganzen Sonntag nur übergemütlich herum zu dödeln, wenn der Flohmarkt wetterbedingt nicht ruft.


    Liebe Marsue, ohne Zweifel ist ständig positiv denken und nichts negatives an sich heran zu lassen oft ganz schön anstrengend, aber unter dem Strich denke ich das sich die Bemühungen dann doch gut lohnen. Fragst Du mich betrachte ich Trauer wie eine Erkrankung. Bei körperlichem Unwohlsein schluckt man seine Tabletten, macht seine Therapien und strebt an wieder baldmöglichst gesund zu sein. Und so ist es doch im Grunde auch mit der Trauer. Wer will schon auf die Ewigkeit herum heulen und sein Leben an sich tonlos vorbei rauschen sehen? Aber wie mit allen "Krankheiten" muß man wohl auch da seinen eigenen Teil tuen damit es Einem wieder rundum gut gehen kann.


    In diesem Sinne schließe ich Dich ganz doll drückend und Dir eine gute restliche Woche wünschend,


    Hanna