Die Zeit besiegt das Leben

  • Ich bin anfangs diese Woche auf dieses Forum gestossen und habe mich seither festgelesen. Seit bald 4 Monaten, habe ich gedacht, ich müsse alleine klar kommen mit dem Tod von meiner Frau und dann lese ich eine tragische Geschichte nach der anderen.

    Nicht das es micht freut, diese Geschichten zu lesen, überhaupt nicht, aber trotzdem habe ich mich seit diesem Moment nicht mehr so alleine gefühlt wie die ganze Zeit vorher. Manchmal bin ich mir alleine und verlassen vorgekommen, fast so wie wenn ich der einzige auf der Welt bin dem das passiert ist.

    Nichts was ich mit meinem Verstand auch nur irgendwie einordnen kann, ich versuche es zwar aber es ist so unwirklich, so fern jeglicher Vernunft, so fern jegliche Realität, irgendwie einfach nicht fassbar, nicht schubladisierbar. Ein Gefühl, dass ich schlicht nicht einordnen kann und mit dem ich nicht umgehen kann. ich versuche es zwar tagtäglich, es gelingt mir auch manchmal besser, manchmal gar nicht aber der Verlust, die Trauer..... irgendwie wie nicht von dieser Welt. Wie soll man mit etwas umgehen können, dass man nicht kennt und dass einem mit dieser Kraft noch nicht entgegen gekommen ist.


    Meine Frau ist im Juni, vor knapp 4 Monaten unerwartet im Alter von 56 Jahren gestorben.

    Sie hatte keinerlei Anzeichen oder Krankheiten, durch welche ich gewarnt worden wäre.

    Mein Arbeitsplatz ist 5 Geh-Minuten von unserer Wohnung entfernt. Es war ein Tag wie jeder andere. Der einzige Unterschied zu den vorigen Tagen war, dass ich nicht wie sonst um 06.30 das Haus verliess sondern da ich Spätschicht hatte erst um 09.15h.

    Meine Frau verliess um 09.00h das Haus um mit dem Hund spazieren zu gehen. Ein paar liebe Worte zum Abschied, nichts spezielles, da ich ich um 12.00h zum Mittag ja wieder heimkommen würde.

    Um 09.15h ging ich zur Arbeit... um kurz vor 12.00h lief ich normalerweise los um rechtzeitig zum Mittagessen zuhause zu sein.

    Doch dieses Mal war es anders. Um 11.40h rief mich meine Frau an und sagte es gehe ihr nicht gut, ob ich nicht sofort heimkommen könnte. Ich lief sofort los und war gute 5 Minuten später zuhause. Meine Frau lag, als ich reinkam, bereits leblos ohne Herzschlag auf dem Boden.

    Ich habe angefangen sie zu reanimieren, habe die Sanität angerufen, welche nach einer gefühlten Ewigkeit auch gekommen sind. 2x defibrilliert und das Herz hat wieder angefangen zu schlagen. Durch den Herzinfarkt ergab sich ein Kammerflimmern, welche sie aber durch den Defi wieder in den Griff bekamen.

    Mit dem Krankenwagen ins Spital, Notfallstation, Herzarterie verschlossen, innerhalb gefühlter 10 Minuten einen Stent gesetzt.

    Ich vergesse nie mehr, wie der Chefarzt rauskam und mir sagte, dass eine Arterie verschlossen war und sie wieder geöffnet werden konnte. Das Herz hat kleine Schäden, welche nicht der Rede wert sind und schlägt kräftig und stark.

    Da habe ich das erste Mal gedacht, wir schaffen dass. das Herz schlägt wieder alles wieder ok.

    Dann sagte er, das Herz schlägt zwar wieder aber die Lage ist sehr Ernst. Ich hatte keine Ahnung.

    Kurzfassung: Nach 4 Tagen starb meine Frau auf der Intensivstation weil sie gute 5 Minuten ohne Sauerstoff war. Leider kam ich erst nach 5, 6, 7 Minuten nach Hause.


    Seither hat sich das Leben um 100 % geändert. Ich versuche zwar jeden Tag zu nehmen wie er kommt, bin ja auch 100% berufstätig, aber es vergeht keine Stunde, andem ich nicht an meine Frau denke.

    Nichts ist mehr so wie es einmal war. 23 gemeinsame Jahre haben innert einer Sekunde beendet. Unfassbar.


    Liebe Grüsse

    Thomas

  • E sist einfach schwer zu fassen, zu erklären, zu beschreiben. ich fühle mich innerlich komplett leer. Tagsüber während der arbeit geht es ein wenig besser. da komme ich, wen auch nur zeitweise auf andere Gedanken.

    Aber dieses spezielle Gefühl ist eigentlich unablässig da. Diese Leere, diese Nichts. Es ist einfach schwer zu beschreiben, aber ich denke ihr kennt dass sicherlich auch.

    Die Hülle lebt zwar weiter und funktioniert aber die Seele ist wie gestorben. Kein Vorwärtsgehen, keine Initiative. Soviele Menschen haben mir angeboten, zu reden falls ich es brauche, aber ich weiss nicht warum, es geht irgendwie nicht.

    Wie kann mann so etwas verstehen, wenn man es nicht selber erlebt hat. Nein, verstehen kann man es sowieso nicht.Ich zumindest nicht.

    Es kommen immer wieder die gleichen Gedanken, wieso, warum, weshalb.

    Etwa 6 Wochen vorher ist unser Sohn ausgezogen und hat mit seiner Freundin die erste gemeinsame Wohnung bezogen. Es ist einfach ein radikaler Schnitt. 2 Monate vorher noch richtig Leben in der Wohnung, manchmal fast ein wenig zuviel, wann der Sohnemann wieder einamal am gamen war mit Kollegen.

    Dann zog der Sohn aus und wir freuten uns auf unsere gemeinsame Zukunft. Jetzt das Leben nochmals in vollen Zügen geniessen. Keinerlei Verflichtungen mehr nur noch wir beide. Und jetzt ist komplette Stille. Tja... manchmal ist das Leben grausam.

    Kann es nicht fassen, auch nach 4 Monaten noch nicht. Die Gefühle haben einem völlig unter Kontrolle. Es gibt keinen Ausweg.

    Jetzt sitze ich alleine zuhause und das Leben ist wie zu Ende. Der Geist funktioniert, der Körper auch nur, die Seele kommt irgendwie mit dem ganzen Tempo nicht mit.

    Es ist alles irgendwie so sinnlos geworden, das halbe Leben verbringt man zusammen und aus heiterem Himmel schlägt das Schicksal grausam zu. Es ist einfach nicht fair.....

  • Lieber Thomas,


    nein, es ist wirklich nicht fair. Meine Erfahrung ist, dass der Schmerz in den letzten Wochen noch viel tiefer geworden ist, grausamer, weil jetzt erst nach und nach immer deutlicher wird, was wir verloren haben. Die Welt dreht sich unaufhaltsam weiter, während sie für uns stehen geblieben ist. Und wie du schon schreibst: die Seele kommt nicht hinterher.

    Ich habe heute getobt, geschrien und so unglaublich viel geweint, aber nichts davon bringt mir meinen Mann wieder zurück. Was bleibt, ist wieder nur der Schmerz und die Trauer. Aber trotzdem noch die Hoffnung, dass es irgendwann, vielleicht nicht heute und morgen, leichter wird. Auch wenn ich mir das zum heutigen Zeitpunkt nicht vorstellen kann. Und bis dahin wünsche ich dir die Kraft, durchzuhalten, jeden einzelnen Tag anzunehmen mit all seinen Facetten der Trauer. Wir stehen erst am Anfang des langen Bewältigungsmarathons.

    Alles Liebe, Sonja

  • Lieber Globi, es ist nicht fair, es ist grausam und ungerecht. Doch leider bleibt im Laufe des Lebens niemand von Verlusten verschont. Ich denke mir auch immer, wenn ich Paare in meinem Alter sehe (bin 54), warum darf ich das nicht mehr mit meinem Partner erleben?


    Es reisst einem den Boden unter den Füßen weg, alle Pläne sind auf einmal nichtig, alles Erträumte und Erhoffte.

    Trost gibt es keinen, Heilung von der Trauer auch nicht, meiner Erfahrung nach nur Akzeptanz und die Dankbarkeit für die schönen gemeinsamen Momente, die man erlebt hat.


    Willkommen im Forum, hier haben alle liebe Angehörige verloren und jeder versteht deinen Schmerz.

    Gemeinsam trägt man das leichter, weil die Menschen, die soetwas noch nie erlebt haben, Trauernde einfach nicht verstehen können.

    Mir persönlich hat dieses Forum mit all den Mitgliedern sehr geholfen und ich hoffe, dass das bei dir auch so sein wird.

  • Hallo liebe Sonja

    Danke, vielen Dank für deine Antwort, bin froh darum. Endlich, endlich jemand der diese Grausamkeit mitfühlen und nachvollziehen kann.

    Das stimmt, da hast du absolut Recht. Erst mit der Zeit erkennt man / ich, was einem genommen worden ist und welche riesige Lücke und Leere daraus entstanden ist.

    Ist genau so, die Welt dreht sich gnadenlos weiter, das Umfeld geht weiterhin seinen gewohnten Trott, nur ich bin stehen geblieben und kann und oder will diese Blase des Stillstandes nicht verlassen.

    Ich habe jeden Tag Tränen in den Augen, weine und verfluche das Schicksal. Aber es interessiert es nicht.

    Vielleicht, wahrscheinlich, wird es irgendwann leichter zu ertragen, denn so könnte kein Mensch den Rest des Lebens durchhalten. Ich hoffe es zumindest.

    Ich danke Dir und wünsche Dir auch alles Liebe

    Thomas

  • Hallo Angie

    Danke für deine lieben Worte.

    es ist genauso wie du sagst. wer diese Trauer selber noch nicht erlebt hat kann es einfach nicht nachvollziehen. Darum habe ich auf die meisten Angebote zum Reden aus meinem Kollegen / Freundeskreis verzichtet.

    Wenn die zweite Antwort ist, "das wird schon wieder, nur Kopf hoch" dann fühle ich mich irgendwie völlig unverstanden. Da mache ich es lieber mit mir selber aus.

    Aber jetzt bin ich doch froh, dass ich mich in diesem Forum angemeldet habe. Ich spüre, dass ich hier verstanden werde, dass hier menschen sind die das gleiche verfluchte Schicksal erleidet haben wie ich.

    Genau das ist es. Letzhin habe ich (51) ein älteres Paar gesehen (vielleicht 80), welches Hand ind Hand vor mir spaziert ist. Da habe ich auch gedacht, dass und ca. 30 Jahre gestohlen wurden. 30 Jahre wunderbare Zukunft.

    Ich hoffe die Zeit heilt Wunden, sagt man doch so schön. Kann es mir einfach noch nicht vorstellen.

  • Fast möchte ich sagen "Willkommen im Club", aber in diesen Club ist niemand freiwillig eingetreten und dass es ihn überhaupt gibt, wissen nur die Betroffenen und auch nur die, die es schaffen sich irgendwie mitzuteilen.

    Vielen Menschen bleibt diese Erfahrung erspart, aber noch mehr Menschen teilen unser Schicksal, allerdings weiß ich das erst wirklich in aller Deutlichkeit, seit ich selber davon betroffen bin und ich bin mir nicht ganz darüber im Klaren, ob mich das tröstet oder eher noch trauriger macht.

    Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass nach anfänglicher Versteinerung die Trauer erst nach 3 Monaten richtig angefangen hat und nachdem es bei mir übermorgen ebenfalls 4 Monate her ist, seit mein geliebter Mann verunglückt ist, ist mir sehr bewusst, dass dieser lange und steinige Pfad noch sehr lang sein wird.

    Es tut mir sehr gut in dieser freundlichen Umgebung meine Geschichte mitzuteilen und ich sehe, dass es dir auch gut tut. Darum lass uns teilhaben an deinem Schmerz, denn es ist auch unser Schmerz und unser gemeinsamer Weg den wir beschreiten. Ich sende dir eine liebe Umarmung und wünsche dir alles erdenklich Gute!

  • Liebe Tigerlily

    Ja, ich hatte bisher auch das Glück in meinem Leben, dass ich "diesem Club" nie beitreten musste. Mein Vater ist zwar vor 17 Jahren auch schon gestorben, ich habe ihn auch sehr geliebt, aber es ist für mich bei weitem nicht der gleiche Schmerz, die gleiche Ohmacht wie jetzt bei meiner Frau.

    Vorher ging das gewohnte Leben irgendwie weiter, Schmerz und Trauer waren auch da, auch für eine lange Zeit aber die Liebe und die Gemeinsamkeit in den eigenen 4 Wänden. Das Reden können, jemanden an der Seite zu haben der mit einem weint, hat es sicherlich viel leichter und ertragbarer gemacht. Zumindest war das bei mir so, kann nur für mich reden.

    Jetzt ist es komplett anders, der geliebte Mensch mit dem ich mein halbes Leben verbracht habe ist weg und gleichzeitig brechen sämtliche Strukturen, Lebenswände, das Fundament unter einem weg. Wie Angie es beschrieben hat " es reisst einem einfach den Boden unter den Füssen weg".

    Und das macht es so unglaublich verda....t schwer. Was zurück bleibt ist ein Haufen Scherben und eingestürzte Mauern. Die Mauern meines Lebens. Alles nur noch Schutt und Gröll.

    Tigerlily, vielen Dank für deine lieben Worte und den herzlichen Empfang im Forum.

    Ich fühle mich endlich verstanden, es tut einfach nur gut.

    Auch Dir wünsche ich alles Gute auf diesem "Highway to Hell" (so empfinde ich es zumindest im Moment)

  • Hallo Thomas

    Es ist immer ein schlimmer Verlust wenn jemand neu hierher findet. Und bei all dem Leid das man liest fühlt man sich hier verstanden.

    Und ja - Außenstehende können nicht erahnen was es bedeutet den geliebten Partner zu verlieren. Auch ich habe heute mit meiner mittleren Tochter fast eine Stunde lange geweint. Wie Sonja schreibt der Trauerschmerz - das Erkennen der Konsequenzen - das Realisieren was das jetzt alles bedeutet für den Rest des eigenen Lebens das drängt sich jetzt nach den ersten Wochen in den Vordergrund.

    Man funktioniert nur noch mechanisch, arbeitet seine Aufgaben ab. Es ist oft schon anstrengend sich voll auf die Gespräche mit den Kindern zu konzentrieren weil man ständig in der Vergangenheit hängt. Das Leben erscheint jetzt sinnfrei. Die Welt erscheint ungerecht.

    Auch wir hatten uns auf die Zeit gefreut wenn die Kinder jetzt selbstständiger sind noch mehr wieder gemeinsam als Paar zu unternehmen. Die gemeinsamen Zukunftspläne, die Reisen und Bergabenteuer die wir geplant haben verlieren sich im Nichts.

    Ich hatte mir nie zuvor in meinem Leben Gedanken gemacht, dass so ein Verlust so ein Schicksalsschlag eintreten könnte.

    Man ist darauf einfach nicht vorbereitet und man kann es rational nicht fassen, erklären, verstehen. Wie du schreibst - nur die unendlich traurigen Gefühle, der Schmerz beherrschen den Tag.

    Unser gemeinsames Leben in der Familie mit dem Sport dem beruflichen Erfolg was so genial toll bis zu dem Tag des Unfalls.

    Dass mich eines Tages diese Wucht an Traurigkeit, Niedergeschlagenheit trifft hätte ich nie für möglich gehalten. Man nimmt die schönen Momente und Erlebnisse in der täglichen Routine als selbstverständlich hin- wir haben versucht viel im Jetzt zu leben und doch schleicht sich die Routine ein.

    So glücklich ich bei unserer Hochzeit oder den Geburten unsere Kinder war so viel mehr trauriger bin ich jetzt. Im Nachhinein hätte ich noch damals noch viel glücklicher sein müssen. Ich hoffe auch wie du daß diese tiefe Trauer sich etwas abschwächt und mir wurde hier gesagt, daß man irgendwann mal auch wieder normal atmen kann und wieder vorsichtige Schritte gehen kann. Doch ein Humpeln wird bleiben. Die Leichtigkeit ist verloren

    Schreib alles hier rein was Dich bedrückt - ich denke der Austausch zwischen uns Betroffenen macht es etwas erträglicher



  • Liebe Firefly

    Genau das ist es. Die gemeinsamen Zukunftspläne, das Wandern in den Bergen, welches wir so gerne erlebt haben.

    Das möchte ich sagen, wie du schreibst: Die schönen Momente, all die wunderbaren Erlebnisse nimmt man einfach als selbstverständlich. Es gehört einfach dazu und man kann es sich nie vorstellen, dass es ja anders sein könnte. Es wird ein wenig zur Routine. Im nachhinein habe ich vielmals gedacht, ach hätte ich ihr doch mehr gesagt, dass ich sie Liebe. Vielleicht mehr Blumen, mehr Wertschätzung und so weiter. Wobei wir hatten eine tolle Beziehung mit Höhen und Tiefen, aber haben immer zusammen gehalten.

    Aber das schlechte Gewissen man hätte noch mehr tun können oder sagen können bleibt doch. Nein, kein schlechtes Gewissen, aber einfach mehr Liebe zeigen. Man spürt man ist eng verbunden, man gehört zusammen, auch ohne Worte. Aber so im Nachhinein, erwische ich mich doch dabei beim Gedanken "habe ich es meiner Frau genug gezeigt" wie fest ich sie Liebe.

    Ich finde es schwierig, ich sage mir du hast es Recht gemacht, ich ging um 09.00h aus dem Haus und habe damit gerechnet sie um 12.00h wieder zu sehen.

    Ich habe mir vielmals Gedanken darüber gemacht, wieso habe ich ihr nur lieb von weitem tschüss gesagt und bis später. Aber wer kann mit so etwas rechnen.

    Zum Glück haben wir einen grossartigen Sohn, den ich über alles Liebe. So bleibt durch ihn ein Teil von meiner Frau im wirklichen Leben bestehen. Dafür bin ich dankbar.

    Firefly, ich versuche immer wieder ein wenig Luft zu bekommen und tief durchatmen zu können. Leider gelingt mir das bisher nur in ganz wenigen Momenten. Dann wenn ich einige Momente die Trauer und den Schmerz vergessen kann, nein nicht vergessen, aber wenn er in den Hintergrund ruscht. Dafür kommt die Welle anschliessend umso heftiger zurück.

    Liebe Grüsse und eine gute Nacht.

    Thomas

  • lieber Thomas

    Frauen wissen,wenn sie geliebt werden.

    Nur in Kitschromanen muss man es alle 2 Minuten sagen.Die tiefe wirkliche Liebe ist einfach präsent.Und auch deine Frau wusste von deiner Liebe zu ihr.

    Ich habe kein Patentrezept für dich.Weil das gibt es nicht und jeder Weg ist individuell.

    Alles Liebe auf deinem Weg

  • Frauen wissen,wenn sie geliebt werden.

    Das glaube ich auch, davon bin ich überzeugt und auch meine Frau hat meine Liebe garantiert gespürt, sowie ich die ihre.

    Ich erwische mich aber heute noch dabei, wie ich mich in Frage stelle, bzw. mich frage "wieso hast du dies und jenes nicht gemacht"

    Wieso habe ich ihr an diesem Morgen nur gewunken und bin nicht an die Türe zum ihr Tschüss sagen? Eigentlich haben wir uns immer einen Abschiedskuss gegeben, wenn einer von beiden gegangen ist.

    Tja, habe nichts dabei gedacht, weill man sieht sich ja zum Mittag sowieso gleich wieder.


    Der schlimmste Vorwurf den ich mir oft gemacht habe. Wieso bin ich nicht schneller nachhause gekommen? Hätte ja auch rennen können. Vielleicht hätte es dann gereicht und meine Frau würde noch leben. 30 Sekunden .... 1 Minute schneller... wäre jetzt alles anders?

    Ich habe mir diese Frage tausenmal gestellt, am Anfang jeden Tag. Ich weiss eigentlich, mit meiner Vernunft, dass diese Frage eine Selbstzerfleischung ist und ich nie eine Antwort darauf erhalten werde.

    Zwischendurch stellt sich das Herz aber auch heute noch diese Frage. Ich sage das Herz, es ist nicht der Verstand, der sich dies fragt, es sind die Gefühle, das Herz stellt sich diese Frage, es ist irrational und ich weiss es gibt keine Antwort. Aber machmal kommt diese Frage wie versunken im Wasser, ganz langsam wieder nach oben, ich spüre es förmlich und dann schwappt sie an die Oberfläche. Dann tut es einfach nur weh und ich habe Tränen in den Augen. Vielleicht hätte ich ja doch....... ;(

    Es sind jetzt 4 Monate her und ich merke dass ich eigentlich erst ganz am Anfang stehe. Wie hat Sonerl es so treffend geschrieben.


    Wir stehen erst am Anfang des langen Bewältigungsmarathons.

    Manchmal kommt es mir vor, dass ich noch nicht mal die Startlinie gefunden habe. :(

    Liebe Grüsse

    Thomas

  • Lieber Thomas,

    deine Gedanken, was wäre wenn, was hätte ich etc, kenne ich nur zu gut.

    Hätte ich anhand seiner letzten Nachricht an mich erkennen können, dass es ihm nicht gut geht?

    Hätte ich damals nicht die Einladung abgesagt, wäre ich früher da gewesen, wäre vermutlich sogar an der Stelle, an der er zusammengebrochen ist, vorbei gekommen.

    Aber hätte ich dann helfen können? Was hätten mein Kinder mitansehen müssen?

    Wie du schreibst, es ist eine Selbstzerfleischung, und die ist leider in der jetzigen Phase doppelt ungesund.

    Aber auch das gehört scheinbar zur Trauerarbeit dazu. Mir fällt gerade ein, was meine Therapeutin damals gesagt hat: ich soll jeden Gedanken annehmen, auch die 'was-wäre-wenn-Gedanken' und sie dann liebevoll bitten, zu gehen. Klingt komisch, hab ich ausprobiert, fühlte sich auch genauso komisch an. Nach dem dritten Mal musste ich tatsächlich über mich selbst schmunzeln, als ich so dastand und mir selbst innerlich sagte: "lieber Gedanke, schön dass du da warst, aber du hilfst mir gerade nicht weiter"

    Irgendwie skurril....

    Ich wünsche dir einen erträglichen Tag...

  • Liebe Sonja

    Wahrscheinlich gehören diese Wenn-Fragen tatsächlich dazu zum Trauerprozess. Sie zu unterdrücken, wegzuwischen aus den Gedanken funktioniert nicht, habe ich schon viele Male versucht. Ich kann sie zwar wieder unter das Wasser drücken, aber eben, sie kommen immer wieder hoch. Nicht gegen sie anzukämpfen, sonder sie zu akzeptieren und sie dann höflich bitten zu gehen. Das werde ich versuchen! Eine komische Vorstellung, aber funktioniert sicher besser als dagegen anzukämpfen. Dies funktioniert nämlich überhaupt nicht. Kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Sich nicht gegen die Ängste, Gefühle und Fragen stellen, sondern mit ihnen zu gehen und sie zu durchleben. Eingetaucht bin ich schon eine Zeit lang - kommt mir vor wie eine Ewigkeit - , ich habe aber vielmals die Angst, dass ich es nicht mehr rausschaffe aus diesem riesigen Meer der Verzweiflung, der Fragen, der Ängste und der Selbsthinterfragung. Ich habe eher das Gefühl ich sinke immer tiefer, dabei möchte ich nach oben.

    Es tut einfach immer nur endlos weh, ich könnte den ganzen Tag heulen und schreien. Tue ich meistens auch, wenn auch viele Male nur innerlich. Wenn ich zuhause bin kann ich dann alles wieder rauslassen, den Sack mit der zerbrochenen Seele wieder ausleeren um ihn am nächsten Morgen vor es zur Arbeit geht wieder fein säuberlich zu versorgen.

    Darum bin ich seit meine Frau gestorben ist auch am liebsten alleine. Ich mag es nicht eingeladen zu werden und schon gar nicht möchte ich jemand hier bei mir haben. Es ist wie ein heilliger Ort, wo ich sein kann wie ich möchte und mich nicht muss verstellen, zusammen reissen oder funktionieren.

    Trotzdem bin ich froh, dass ich tagsüber zur Arbeit kann. Andere Gesichter, unbekümmerte Gesichter, auf andere Gedanken kommen, sich konzentrieren zu müssen. Wäre ich nur zuhause, würde ich mich wahrscheinlich komplett abschotten und würde keinen Menschen mehr sehen wollen.

    So hilft es mir viel, dass ich die ganzen Abende für mich habe, wo die Tränen ungehemmt fliessen dürfen und ich heulend und laut redend mit meiner Frau spreche.

    Habe wieder angefangen Klavier zu spielen, es tut mir gut, die Töne, der Klang, fühle mich dann meiner Frau noch viel näher. Es ist wie eine wärmende Kerze, nur aus Tönen. Das hört sich komisch an, weiss schon. Aber es ist für mich wie ein Seelenwärmer. Neben den Kerzen, welche abends brennen gibt mir das, dass Gefühl nicht ganz verloren zu sein. Balsam für meine zerbrochene Seele.

    Es hilft mir aber auch unendlich, mich hier mitteillen zu können. Darüber zu schreiben, wie ich mich fühle, meine Sorgen, Wut, Ängste, das ganze Paket der Verzweiflung. Ich bin froh, dass ich in Euch so liebe und verständnissvolle Menschen und Gleichgesinnte getroffen habe. Das gibt mir unheimlich viel. :2:

  • Lieber Thomas

    Kennst du den Film und täglich grüßt das Murmeltier?

    Mir wurde er empfohlen.Aber er liegt hier noch immer ungesehen.

    Ich glaube, diese ganzen hätte und wenns bringen einen nicht wirklich weiter.

    Vielleicht ist die Lebensuhr abgelaufen und nichts hätte das verhindern können?

    Wenn du vom Klavier erzählst,denke ich an Chris,der hier war und seiner Frau auf dem Friedhof Gitarre vorspielte.

    Ich wünsche dir heute abend viele Seelenwärmer

  • Hallo Thomas

    Du hast geschrieben daß du alles hinterfragst. Ihr nicht oft genug gesagt hast dass du sie liebst. Ich hatte die gleichen Gedanken.

    Bei mir war es so, daß wir uns morgens gar nicht voneinander verabschiedet haben, weil ich mich immer schon um 6 Uhr aufs Bike geworfen habe und zur Arbeit geradelt bin, so daß ich sie nur schlafend zum letzten mal lebend gesehen habe.

    Ich hatte ihr das letzte mal im April gesagt, dass sie immer noch mein Mädel sei und ich immer noch voll auf sie stehe und sie liebe.

    Und ich habe mir vorgeworfen warum ich das nicht öfters, täglich gesagt habe. Aber ich weiss dass sie mich sehr geliebt hat, obwohl sie das auch selten gesagt hat und genauso wusste sie auch daß ich sie geliebt habe und das muß nicht durch Worte ausgedrückt werden. Ich habe ihre Liebe gespürt und genauso hat sie meine Liebe gespürt.

    Du redest mit ihr , mache ich auch und bekomme immer schlaue Antworten. Wenn du ihr sagst dass du sie liebst antwortet sie bestimmt das weiss ich doch. Ich habe auch ein Buch in das ich an sie schreibe.

    Bei mir ist es allerdings so, daß mich die Arbeit eher schwächt als mir gut tut weil man irgendwie fremdbestimmt im Leistungshamsterrad mitlaufen muss wie immer wo doch Nichts wie immer ist. Aber ich habe schon länger dieses Wachstumskapitalismussystem -dieses schneller weiter höher in Frage gestellt.

    Du spielst auch Klavier - mache ich auch - es tut gut zu spielen - was spielst du so - bei mir ist es zur Zeit viel Sting und Yiruma. Ihre Lieblingslieder kann ich momentan nicht spielen.

    Suche dir irgend etwas was ihr nicht gemeinsam gemacht habt - ich war jetzt mal Segeln und Surfen - irgendwie musst du raus aus der Wohnung und aus der Endlosschleife des Nachdenkens. Ich bekomme da schreckliche Kopfschmerzen und merke, dass durch Grübeln und Nachdenken nicht weiterkomme. Ich habe viel über diesen vermeidbaren Unfall nachgedacht aber ich kann ihn nicht rückgängig machen. Auch wenn andere eine Schuld trifft macht es Sie nicht wieder lebendig. Ich als Entwickler werde dafür bezahlt Probleme zu lösen - aber dieses Problem kann ich nicht lösen ich kann nur mit den Konsequenzen umgehen.

    Jetzt schreibe ich wieder gscheid daher weil es mir etwas besser geht und morgen sitze ich auch wieder rum und heule wie verrückt.


    LG

  • Liebe Indian Summer

    Ich habe den Film schon sicher 3x gesehen. Ein wirklich schöner Film, der mir persönlich iin der jetzigen Situation aber nicht weiterhelfen würde.

    Aber gewisse Dinge sind unglaublich. Ich habe vor 2 Tagen einen Brief unserer Kirchgemeinde gekriegt. Darin stand:

    "Wagen Sie mit uns den Sprung in die zweite Halbzeit?!

    Liebe Mutige,

    Sind Sie schon einmal am Morgen aufgewacht und dachten: Heute ist vielleicht die Mitte meines Lebens! Dann sind Sie nicht allein. Die durchschnittliche Lebenserwartung in der Schweiz beträgt aktuell 83.2 Jahre. Wahrscheinlich kennen fast alle eine Geschichte von einem " Middle Ager", der oder die auf der Suche nach dem wirklichen Leben neu aufbricht.


    Statistisch gesehen sind Sie Sie bereits in der Mitte ihres Lebens. Es ist also höchste Zeit das Leben zu würdigen. Ihr Leben zu würdigen und über das Sterben nachzudenken. Seien Sie mutig und wagen Sie mit uns den Sprung in die zweite Halbzeit:

    am Filmabend im Cinema....

    Gezeigt wird der Film " und täglich grüsst das Murmeltier", eine Tragikkömödie über den Versuch des TV- Wettermoderators dem Trott des Alltags zu entkommen.


    Mich hat fast der Schlag getroffen, als ich das gelesen habe. über das Sterben könnte ich viel erzählen. Wie man hilflos daneben steht, während der über alles geliebte Partner einfach nicht mehr zu sich kommt und man ihn am Ende gehen lassen muss. Die Hoffnung, die nie zu Ende ist, egal was einem die Ärzte erzählen. Es wäre ja möglich, dass....

    4 Tage voller Angst, Hoffnung und purer Verzweiflung. Ich habe mich an jedem Strohhalm gehalten, jedesmal wenn ein Arzt gesagt hat " es sieht nicht schlecht aus" habe ich innerlich gejubelt und alle Ängste in den Hintergrund verbannt. Bis am Tag darauf, der nächste Arzt gesagt hat " es sieht gar nicht gut aus".

    Eine Achterbahn der Gefühle in einem Moment der noch nie dagewesenen Hilflosigkeit.

    Ich stehe neben meiner auf der Intensivstation liegenden Frau und kann in diesem Moment überhaupt nicht einordnen ob Sie sterben muss oder Leben darf.

    Der Sohn steht daneben und sagt" sieht doch gar nicht schlecht aus, ich glaube Mama schafft das schon", das sagen ja auch die

    Ärzte.

    Ich werde es nie mehr vergessen, an einem Freitag kam meine Liebste auf die Intensivstation. Kein Arzt sagt dir irgenetwas genaues. ev. vielleicht.... wir müssen schauen..... keine Prognose möglich.

    Naiv wie ich bin habe ich geglaubt, gut das Herz ist wieder in Ordnung, so schlimm kann es nicht sein, sie wird wohl bald aufwachen.

    Nachhause gegangen und im Internet recherchiert..... das war wie der Faustschlag ins Gesicht.... Überlebenschance nach einem externen Kammerflimmern 3-5%.

    Wie erkläre ich das meinem Sohn, der überzeugt ist das alles gut wird?

    Mit Tränen in den Augen habe ich ihm versucht beizubringen, dass seine Mutter ev. nie mehr nachhause kommt. Der Gegensatz zwischen was einem gesagt wurde (das Spitalperson wusste es vielleicht auch nicht besser) und der Wirklichkeit war riesig.

    Irgendwann, nach 1 vielleicht 2 Tagen wurde mir bewusst, dass mein Schatz es vielleicht doch nicht schafft. Die Naivität, die Hoffnung, das an das gute Ende glaubende war plötzlich ausgelöscht.

    Das nicht wahrhabend wollende, unvermeintliche, dass ich nicht akzeptieren konnte wurde immer mehr zur Wirklichkeit. Meine geliebte Frau wird sterben!

    Es ist alles wie in einem Nebel, ich könnte schreien. Es kam der 4. Tag, andem die Ärzte sagten es gäbe keine Hoffnung mehr und meine Frau wird bald sterben. Diese Ohmacht, nicht s was man tun kann, man steht daneben und muss mitanschauen wie ein Teil von einem selber stirbt. Hillflos, ohmächtig, wie in Trance.


    Ich habe noch so viel zu erzählen, soviele Dinge dich ich mitteillen möchte, soviele Dinge die mir noch schwer auf der Seele liegen. 4 Monate ohne mit jemandem intensiv darüber reden zu können, ich habe viellmals geglaubt ich gehe zugrunde daran.

    Puhh.... wieder viel geschrieben, aber ich muss es einfach los werden.

    Ich hoffe ihr verzeiht mir die langen, zum Teil sicher auch chaotischen Texte. Aber ich muss es einfach loswerden.


    indian summer

    Den Mut an der Beerdigung meiner Frau etwas zu sagen, geschweige denn zu singen oder ein Instrument zu spielen hätte ich nie gehabt.

    Ich hätte keinen Ton rausgebracht ohne zu heulen.


    Der Pfarrer hat an der Abdankung vor dem Grab gestanden, 30 Grad im Schatten, und hat ganz alleine ohne Musik oder Instrument ein Lied gesungen. Ein Lied der afrikanischen Sklaven von anno dazumal. Der Inhalt war etwa: Man soll die Hoffnung nie aufgeben, es geht immer weiter, das Leben, wenn auch noch so grausam geht weiter,doch der Frieden und die Erlösung wird kommen.

    Es tut mir leid, habe viel geschrieben, aber es hat richtig gut getan. Wie ein langer, langer unterdrückter Schrei der Seele.

    Ganz liebe Grüsse an euch alle

    Thomas





  • Hallo Thomas

    Ich will dir nur sagen , das

    Ich es gut finde das du hier soviel schreibst . Es kann doch nur gut sein. Ich lese hier sehr viel. Und es tut auch gut. Leider fällt es mir im Moment schwer einfach zu schreiben.

    Eine gute Nacht wünsche ich dir .

  • Bei mir ist es schon über 3 Jahre her, dass ich meinen geliebten Rudy verloren habe. Es gibt ein Leben nach der Trauer, es ist anders, als wir es gewollt haben, anders als wir uns das vorgestellt haben. Durch den Trauerprozess verändert man sich, man setzt andere Wertigkeiten, der Freundeskreis verändert sich und keine dieser Veränderungen hat man je gewollt.


    Ich nehme heutzutage Irdisches nicht mehr so wichtig, rege mich nicht mehr leicht auf, habe viel weniger Angst als früher, den viel Schlimmeres, als den Verlust meines Geliebten kann ich mir kaum vorstellen.


    Ich lebe jetzt mehr im Augenblick, weil ich auf schmerzhafte Weise erfahren habe, wie schnell alles vorbei sein kann. Irgendwie lebe ich bewußter und schaue sehr auf die paar Menschen , die mir noch nahestehen.


    Heute denke ich oft an die schöne Zeit mit meinem Geliebten und bin dankbar, dass ich soviel Liebe erleben durfte. Und diese Liebe empfinde ich immer noch und fühle mich auch von ihm , obwohl er auf der anderen Seite ist, geliebt, nur das gibt mir die Kraft zum Weiterleben.