Nie, nie wieder / Schuld

  • Der erste war: Sie versteht nicht, warum ich sage, ich muss mein Leben neu sortieren, es ist ja alles gleich geblieben, nur mein Mann ist halt nicht mehr da. Da könne ich ja eigentlich weiterleben wie vorher, es hat sich ja praktisch nichts geändert ...

    Das Zweite, was mir dann etwas zu denken gegeben hat, war: Sie kennt viele Witwen in unserem Dorf und in den Nachbardörfern und keine stellt sich so an wie ich, bei den meisten war die Trauer nach ein paar Wochen oder einem oder zwei Monaten vorbei und ein paar waren sogar froh, allein zurück zu bleiben.

    Liebe Tigerlily,

    ich nehme an die Dame ist nun eine ehemalige (!) Bekannte von Dir? Hier gibt es eine Bezeichnung dafür "XY, kenne ich vom Wegsehen" ...

    Ich denke es macht - manchmal, nicht immer - einen Unterschied, ob ein geliebter Mensch eine Lücke in unser Leben reißt oder ob diese

    Lücke unser Leben ist. Im Falle des Lebenspartners ist es ganz sicher Zweiteres... alles was zum Leben vorher gehörte bedingte sich durch ihn - auch Aktivitäten, die m an alleine unternahm. (Zumindest ist das so bei mir.) Ich finde also keine "Anschlussstelle" an mein ehemaliges Leben, denn nicht nur mein Geliebter ist weg, sondern mit unserem gemeinsamen Leben ist auch mein Leben weg. Dort entsteht das Missverständnis der anderen...

    In der Trauer um meinen Vater oder einen guten Freund war das anders, da hatte ich eine Lücke im Leben.


    Herzlichst,

    Tereschkowa

  • Liebe Tigerlily,

    Ich hätte mir vorher auch nicht im Ansatz vorstellen können, wie mich der Tod meines Mannes aus dem Leben werfen wird. Als mein Vater vor 5 Jahren gestorben ist, habe ich auch getrauert, aber da war mein Partner an meiner Seite, der mich aufgefangen hat und jetzt ist da niemand. Meine 80 jährige Mutter hat sich ihr Leben danach eingerichtet. Sie geht Turnen, frühstücken mit Frauen, abends was trinken mit Freunden usw. Mich braucht sie eigentlich nur wenn sie krank ist. Da frage ich mich schon, wie war die Beziehung zu meinem Vater, hat er sie eingeschränkt oder liegt es an ihrem Alter das sie alles so macht.

    Ich bin heute wieder so richtig im Trauerloch und nur am grübeln.

    LG Wagi

  • Liebe Gaby,


    was "Deine Bekannte" da von sich gegeben hat, ist gelinde gesagt eine Frechheit!


    Zitat: „...es ist alles gleich geblieben, nur mein Mann ist halt nicht mehr da"

    Zitat: „Keine stellt sich so an wie ich, bei den meisten war die Trauer nach ein paar Wochen oder einem oder zwei Monaten vorbei…“


    Die hat sie doch nicht alle! :huh:


    Zitat: „...dass es quasi die Normalität ist, dass das Leben bei den meisten Menschen im Trauerfall nach ein paar Wochen praktisch störungsfrei wieder weitergeht?“


    Quatsch! :huh:


    Dich beschäftigt die Dauer der Trauer.

    Darf ich fragen warum?

    Trauer kennt kein Limit - auch nicht das berühmte „Trauer Jahr“ (da bin ich schon lange drüber hinweg).

    Lass die Trauer zu - Du musst Dich vor niemandem rechtfertigen! Du trauerst um Deinen Hannes mit dem Du so viele Jahre glücklich verbracht hast! Das soll so sein! Die Trauer gehört zu Deinem Leben. Wie die Erinnerungen. Beides kann Dir keiner nehmen.


    Wir sind wie Schiffbrüchige - auf der Suche nach stabilisierenden Planken und Händen. Wir müssen aber auch selber "paddeln"... :)


    Liebe Grüße,

    Leo

  • Ein Paar ist: ICH + DU = WIR

    Es kommt darauf an, wie sehr ich das DU wahrnehme und das WIR lebe. Da gibt es vielleicht schon Paare, die weniger aneinander als an sich selber ausgerichtet sind. Das kann schon sein. Und dann kann das Leben weitergehen wie vorher.


    Wenn das DU und das WIR im ICH gelebt wird, dann geht das nicht, denn das ICH verändert sich am DU und wird durch dessen Tod nochmal durcheinander gerüttelt. Das beginnt ja schon beim Aufstehen und endet beim ins Bett gehen. Der ganze Ablauf wird neu strukturiert und auch das ICH wird neu strukturiert.


    Ich denke nicht, dass diese Bekannte es bös gemeint hat. Vielleicht ist es in ihrer Vorstellung wirklich so. Der Mann würde vielleicht wirklich kaum fehlen. Im Grunde ist es traurig, dass sie in einer solchen Partnerschaft lebt. Sie trauert um ihr Leben an der Seite ihres Mannes. Gabi, meinst du das käme dem nahe?


    Wie lange dauert Trauer. Wenn wir das wüssten, dann wäre manches einfacher. Die meisten Trauernden, die ich kenne, können das erst lange Zeit danach sagen. Auch ich kann heute sagen, dass es rückwirkend gesehen, nach drei Jahren wieder anders wurde. Doch auch in diesen drei Jahren gab es immer wieder leichte Tage und auch Zeiten. Nach den drei Jahren waren die Tiefen nicht mehr so tief und der Schmerz nicht mehr so präsent.


    Ich wünsche euch für heute einen der leichteren Tage.

    Lg. Astrid.

  • Ich frage mich, wie geht es all den anderen? Leiden die im stillen Kämmerlein oder ist es tatsächlich so, dass es quasi die Normalität ist, dass das Leben bei den meisten Menschen im Trauerfall nach ein paar Wochen praktisch störungsfrei wieder weitergeht?

    Bei den Trauerfällen, die ich bisher hatte, war es ja bei mir auch so. Als meine Eltern starben habe ich getrauert, aber es hat mein Leben nicht zerstört, auch eine Freundin, die ich jung verloren habe, hat eine Trauer ausgelöst, mit der ich vergleichweise problemlos weiterleben konnte.

    So etwas wie bei meinem Ehemann habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht erlebt

    Liebe Tigerlily,


    Du hast sehr präzise beschrieben, was auch mich bewegt. Die Antwort, dass diejenigen, die besser klar kommen, weniger geliebt haben, erscheint mit jedoch zu einfach. Es spielen wohl viele Faktoren eine Rolle, die alle nicht generalisierbar sind.

    Z.B. das Alter. Ich habe gelesen, dass noch recht junge und dann wieder ältere Menschen besonders große Probleme haben. Weiter, dass Frauen besser klar kommen als Männer. Das mag statistisch zutreffen, gilt aber nicht für alle. Hat frau/man Kinder? Ist frau/man noch im Beruf? Allesamt Faktoren, die eine Rolle spielen. Im Kern geht es wohl darum, mit welcher psychischen Robustheit (Resilienz) ein Mensch ausgestattet ist. Und auch dafür gibt es wieder unterschiedliche Erklärungen (genetisch, sozialisationsbedingt, Kindheitserfahrungen etc.)


    https://resilienz.at/definition-resilienz/


    Auch ich wundere mich, wie viele besser zurechtkommen. Und auch mich stören manchmal Kommentare von anderen, die einfach nicht nachvollziehen können, was in mir brodelt. Aber ich mag niemandem deswegen einen Vorwurf machen. Denn keiner meint es böse.


    Liebe Grüße

    Frank

  • Sorry,

    um diese Bekannte würde ich einen großen Bogen machen.

    Wie wir trauern entscheidet jeder für sich alleine,leider haben nicht betroffene meistens ein Problem

    mit unserer Trauer umzugehen.

    Mir ist es mit Bekannten auch schon so ergangen,die können aber nichts dafür, es ist sehr schwierig sich in unsere Lage zu versetzen.

    alles liebe

    Karlheinz

  • Hallo meine Lieben,

    wenn ich so lese wie schlecht es jedem geht hier,wie alle um den großen

    Verlust ihres geliebten Partners trauern,dann frage ich mich,

    wird es irgendwann besser ?

    Bei mir sind es am 18.02.2019 7 Monate seit dem Tod meiner Frau , in denen ich wie in einem Albtraum lebe.

    Was soll man in die Zukunft planen mit 66 Jahren ?

    Meine Frau war meine Zukunft,welche mit ihr gestorben ist.

    Jeder sagt mir ich solle positiv denken,aber was ist am alleine sein positiv ?

    Ich habe alles hier in Kroatien,nur das wichtigste fehlt mir,meine geliebte Frau

    die Zukunft mit ihr, wir hatten noch so viele Pläne, alles ist weg.

    Sorry,geht mit im Moment richtig Scheiße,wäre am liebsten bei ihr.


    umarme Euch

    Karlheinz:30:

  • Lieber Karlheinz, bitte gebe nicht auf. Ich wäre auch am liebsten bei meinem Mann. Sie wollten aber dass wir weiterleben. Es ist sehr schwer, ich weiss. Bin auch jeden Tag am verzweifeln und Frage mich , für was noch? Fühle mich genauso einsam wie Du. Was soll aus uns werden? Ich werde nie mehr glücklich sein. Funktioniere auch nur noch.

    Bin in Gedanken bei Dir

    Lg Ingrid

  • Lieber Karlheinz,


    es tut mir sehr leid,das es Dir heute so schlecht geht, auch ich wäre am liebsten bei meinem Mick.


    Du hast ja selbst festgestellt, das Wir alle nach wie vor sehr stark trauern. Leider kann ich Dir weder beantworten wie man positiv denken soll, noch wann und ob es irgendwann besser wird. Es ist wohl für Uns alle , die Frage aller Fragen.


    Ich frage es mich selbst jeden Tag. Alles was ich von hier aus tun kann, ist Dir ein wenig Kraft und eine Umarmung zu senden ,


    LG Gabi & Mäuschen, die jetzt im Homeoffice mir mir Mittagspause macht.

  • Liebe Ingrid,

    es tut mir sehr leid wie es Dir geht, liebe Ingrid :30:

    Was sollen wir tun ? Wie sollen wir in die Zukunft schauen ?

    All diese Fragen und es gibt im Moment keine Antwort darauf wie es weitergehen soll.

    Wir funktionieren einfach nur noch !

    Was kann ein Mensch ertragen,wo sind die Grenzen,wann lässt der Schmerz ein wenig nach ?

    Wir wollen gerne bei ihnen sein !

    Aber liebe Ingrid mit 60 und 66 ist unsere Zeit noch nicht gekommen.

    Es muss doch noch etwas geben was uns zum weiterleben antreibt, ODER ?

    (sorry wenn ich hier über unser Alter schreibe,aber ich glaube alle wissen wie alt wir sind)

    Das mit dem Herzrasen und Beklemmungen kenne ich,nehme jeden Tag Beta-Blocker und ASS


    Hier in Kroatien wird es meistens mit ein paar Schnäpsen behandelt,hilft auch musste ich feststellen.

    Ach,wenn ich Dir nur helfen könnte:13::30:

    was macht die Arbeit?geht es !

    Im April fahre ich quer durch Deutschland,Bekannte besuchen die ich vielleichtnie mehr sehe

    solange ich noch lebe.

    Ingrid, Kopf hoch nicht aufgeben,das kann es noch nicht gewesen sein auch wenn es noch so weh tut.

    Irgendwann geht auch für uns wieder ein kleines Licht der Hoffnung an :24:

    umarne Dich

    herzlichst

    Karlheinz

    (so jetzt bin ich auch am weinen)

  • Lieber Karlheinz,


    es ist immer wieder schön zu lesen, wie Du und Ingrid Euch gegenseitig tröstet. Fragen über Fragen deren Echo verhallt , ohne Antwort.


    LG Gabi & Mäuschen

  • Liebe Gabi,

    ja,so ist es liebe Gabi ,sich gegenseitig trösten kann so viel in unseren Herzen bewirken,

    das Gefühl mit seinem Schmerz nicht alleine zu sein ist ein schönes und gutes Gefühl

    welches uns in unserer Hoffnungslosigkeit der Trauer hilft.

    Auch wenn es keine Antworten gibt.:33:

    umarme Dich:30:

    LG Karlheinz

  • Liebe Gabi, lieber Karlheinz, Ich Weiss nicht, warum ich seinen Tod nicht verarbeiten kann. Auf der Arbeit muss ich mich so zusammenreissen. Aber die Kunden merken es leider doch, da sie mir sagen, ich würde so unendlich traurig schauen. Heute kaufte eine Kundin Tulpen und schenkte sie mir, weil ich so traurig aussehen würde. Letzte Woche bekam ich Pralinen als kleines Trostpflaster geschenkt. Gestern am Valentinstag kam eine Kollegin und schenkte mir eine Rose. Das ist so lieb gewesen und trotzdem kann mich nichts aufmuntern. Ich Habe dass erste Mal Angst, es nicht zu schaffen. Soviel Hoffnungslosigkeit in mir. Es tut mir leid, Euch was vorzujammern, aber im Moment bin ich auf Anfang und schaffe kaum die 8 Stunden Kasse ohne Tränen durchzustehen. Auf dem Nachhauseweg läuft es dann ununterbrochen

    Es umarmt Euch eine niedergeschlagene Ingrid

  • Liebe Ingrid,

    Du jammerst nicht - Du beschreibst wie es Dir geht!

    Und ich bin Dir dankbar, dass Du dafür Worte findest. Mir geht es gerade sehr ähnlich wie Dir.

    Schön, dass Deine Kunden und auch Deine Kollegin Dir Zeichen für ihr Verständnis geben.

    Sei umarmt, liebe Ingrid,

    Tereschkowa

  • Liebe Ingrid,

    es ist so unglaublich schwer es zu akzeptieren das sie nicht mehr da sind,

    sie haben uns einfach alleine gelassen.

    Manchmal stehe ich vor ihrem Bild und schreie sie an,frage sie "warum hast du mit das angetan,mich alleine zurück gelassen"

    Aber wir wissen ganz genau sie konnten nichts für Ihre Krankheit,die ihnen das Leben raubte

    und uns ins tiefe Tal der Trauer verbannte.

    Sie wollten leben,sie haben gekämpft gegen diese verfluchte Krankheit , doch der Tod war ihr Schicksal mit dem wir leider leben müssen.

    Ich weis,egal was wir schreibe,es ist und bleibt schwer Ingrid

    fühl Dich in die Arme

    genommen:30:

    LG

    Karlheinz