Nie, nie wieder / Schuld

  • Das habe ich einfach mal bei Luise "geklaut", weil es hundertprozentig auch für mich zutrifft.


    Liebe Grüße

    Frank

  • ach Frank,

    ich schreibe mit dem kater auf dem schoss...


    schön, dein an-mich-denken!


    ich bin in gedanken immer wieder bei dir,

    dein ringen, dein verzweifeln, dein wieder-auftauchen,

    dein nicht-mehr-leben-wollen...

    wie sehr berührt mich das -

    wie sehr kenne ich das...


    keinen trost bringe ich,

    keine wohlmeinenden gedanken -

    nur ein mit-fühlen

    ein mit-leiden


    und grüße

    von herzen


    mehr nicht

    aber immerhin



    Bea

  • Ihr Lieben,

    in den vergangenen Tagen war ich nur selten im Forum. Schreiben konnte ich nicht, weil ich nicht in der Lage bin, anderen Trost zu spenden. Gelesen habe ich auch nicht alles, weil ich gemerkt habe, dass all das Leid, über das hier geschrieben wird, mich oft noch mehr 'runterzieht. Es geht mir nicht besser, wenn ich weiß, dass es anderen auch schlecht geht.


    Da seit dem Tod meiner Frau nunmehr ein ganzes jahr vergangen ist, ich aber immer noch nicht wieder mit dem Leben zurechtkomme, meint mein Arzt, dass es sich bei mir offenbar um eine "anhaltende Trauerstörung" handelt. Dazu findet man bei wikipedia, dass dies eine "pathologische Trauerreaktion" ist


    https://de.wikipedia.org/wiki/Anhaltende_Trauerst%C3%B6rung


    Ja trifft auf mich zu, was da steht: ich habe eine unendliche Sehnsucht nach meiner Frau, denke dauernd an sie,

    habe Schwierigkeiten, den Verlust zu akzeptieren und bin unfähig, mich wieder in soziale und andere Aktivitäten einzufinden. Und stimmt auch, dass ich gelegentlich den Gedanken habe, nicht mehr leben zu wollen, weil es mir ohne sie sinnlos erscheint.


    Wenn ich das richtig lese, was Ihr schreibt, geht es ja nicht nur mir so, sondern einigen anderen von Euch auch - auch nach über sechs Monaten noch. Sollten wir denn deswegen tatsächlich krank sein?


    Liebe Grüße

    Frank




  • Lieber Frank,

    Wir sind nicht krank, wir trauern. Inzwischen bin ich der Meinung, daß das nur jemand nachvollziehen kann, der in der gleichen Situation ist. Bei mir sind es "erst" 9 Wochen 3Tage und ich kann mir nicht vorstellen, daß ich in einem Jahr keine Trauer, Schmerz oder Sehnsucht nach meinem Lieblingsmensch mehr habe. Bin ich dann phatologisch gestört. Dann werde ich das wohl mein Leben lang sein.

    LG Wagi

  • Lieber Frank,


    demnach befinde ich mich auch auf diesem Weg,


    so wie ich es bei Wikipedia lesen kann.


    Nicht umsonst lasse ich von all den Sachen los,


    die Rosi und mir etwas bedeutet haben.


    Auch eine Therapie würde zur Zeit bei mir nicht helfen.


    Ich bringe zur Zeit ALLES in Sicherheit und wie es weitergehen wird:


    Das entscheidet die für mich die sinnlose Zeit: "ZUKUNFT".


    Ich kann zur Zeit auch nicht mehr richtig schreiben, mich mitteilen.


    Hätte noch so viele gemeinsame Geschichten aus dem Leben mit Rosi,


    neue Geschichten, kleine Anekdoten --- meine Ablenkungs-Geschichten vom TRAUERN.


    Kaum noch möglich.


    Sehe das Leid hier im Forum, hole tief Luft, setze zwangsweise für mich Lieder oder Gedichte ein,


    manchmal nur um zu zeigen, dass ich noch da bin.


    Aber bin ich noch da ?


    Im wirklichen Leben.


    Ich zweifel immer mehr daran.


    Ich sitze tief im Morast der Trauer.


    Wie in einem Moor, jede Bewegung lässt mich tiefer sinken.


    Lieber Frank, lass uns irgendwie aus diesem Tief wieder raus-kommen.


    Das es so schwer sein sollte, dass hätte ich nie gedacht.


    Wir beide hatten das "PECH" solch wundervolle Frauen an unserer Seite gehabt zu haben.


    Zwei starke Persönlichkeiten.


    Zwei uns unendlich liebende Frauen.


    Daher unsere riesige TRAUER, OHNMACHT


    und "schlechte oder graue" GEDANKEN, was Zukunft betrifft.


    Irgendwie sollte es aber weiter-gehen.


    Lass uns diesen steinigen Weg gemeinsam gehen.


    Wenn auch mühsam, aber gehen oder meinetwegen stolpern.


    Ich bin mit meinen Gedanken bei Dir.


    Liebe Grüße aus dem Solling,

    Uwe

  • Lieber Frank,


    auch ich empfinde die Trauer nicht als Krankheit im eigentlichen Sinne , obwohl es im seelischen Empfinden durchaus einige Parallelen zur Depression oder der Posttraumatischen Belastungsstörung gibt,


    Für die Ärzte , Krankenkassen , Psychiater und Psychologen ist es wahrscheinlich am einfachsten Menschen die trauern einzugruppieren in eine abrechenbare Form des Gesundheitswesens , unabhängig davon ob eine Klassifizierung von Trauernden als krankhaft gestörte Menschen Ihrer Gemütsverfassung und den körperlichen Beschwerden, die unter enormen Stress auftreten der durch die Trauer ausgelöst wird, ist gerecht wird.


    Für mich kann ich nur antworten, ich empfinde meine Sehnsucht nach Mick, meinen Schmerz über seinen Tod und auch das Verlangen danach bei ihm sein zu wollen, nicht als krankhaft , sondern als Reaktion meiner Seele und meines Körpers auf dieses grauenvolle Leben ohne ihn.


    Ich halte nichts davon diesen Empfindungen nur einen Zeitrahmen von sechs Monaten zu geben, damit man sich möglichst in einem willkürlich festgelegten "Normalmodus" befindet mit seiner Trauer.



    LG Gabi & Mäuschen




  • Für mich kann ich nur antworten, ich empfinde meine Sehnsucht nach Mick, meinen Schmerz über seinen Tod und auch das Verlangen danach bei ihm sein zu wollen, nicht als krankhaft , sondern als Reaktion meiner Seele und meines Körpers auf dieses grauenvolle Leben ohne ihn.

    Karin

  • Wir sind nicht krank, wir trauern

    Lieber Frank,

    dem Satz von Wagi ist in seiner klaren Knappheit eigentlich unübertrefflich. Es ist was es ist: Trauer.


    Gelesen habe ich auch nicht alles, weil ich gemerkt habe, dass all das Leid, über das hier geschrieben wird, mich oft noch mehr 'runterzieht. Es geht mir nicht besser, wenn ich weiß, dass es anderen auch schlecht geht.

    Darüber habe ich auch bereits nachgedacht.

    Allerdings kam ich für mich zu der Einschätzung, dass es mir besser geht mit dem Wissen, dass es das Forum und die Menschen im Forum gibt.

    Keinen Moment möchte ich mir vorstellen, wie es "vor Internet-Zeiten" gewesen wäre (obwohl ich ansonsten schon einigen Entwicklungen diesbezüglich mehr als kritisch gegenüberstehe).

    Es wäre wahrscheinlich so wie Uwe ein Mal ein Treffen mit Berta und Elisabeth schilderte... die sagten, dass sie eben Glück hatten, dass jemand in ihrem Dorf gerade in der gleichen Situation war...

    Wäre ich auf mein Umfeld ( und meine Therapeuten) alleine angewiesen gewesen, dann hätte ich mich viel stärker in die Defensive oder in die Krankheit drängen lassen, da ich keinen Vergleich gehabt hätte ...

    Natürlich gibt es Tage an denen jede/r von uns mit sich beschäftigt ist oder eben das Leid der anderen die eigenen Schmerzen noch stärker werden lässt... Hier in unserem virtuellen Dorf ist zum Glück niemand beleidigt, wenn wir uns zurück ziehen... nicht schreiben oder auch nicht mitlesen (Uwe: Wir sind frei, denn wir trauern. Dieser Satz gilt hier wenigstens wirklich.)

    Es kann auch passieren, dass es plötzlich fast allen gleichzeitig noch schlechter geht - das scheint vor ca. zwei Wochen passiert zu sein... das spüren wir dann auch. Wobei mein Eindruck war, dass es bei allen durch unterschiedliche Situationen in der Realität ausgelöst wurde, nicht durch ein gemeinsames im Virtuellen... es kam dann halt hier spürbar zusammen.


    meint mein Arzt, dass es sich bei mir offenbar um eine "anhaltende Trauerstörung" handelt

    Was meint denn Dein Arzt weiter dazu? Welche Art der Konsequenz hat das denn nun für die Art seiner Behandlung?

    Und was folgt für Dich daraus nach dieser Feststellung?


    Wenn alles im Leben sich verändert - ja, wirklich alles! Denn alles im "vorherigen Leben" hing miteinander zusammen - dann sind sechs Monaten nicht mal genügend Zeit es zu realisieren. Und ein Jahr ist kein Zeitraum um ein komplettes Leben "neu" (sic!) aufzubauen, noch dazu unter emotional erschwerten (unerwünschten) Bedingungen. Wir alle haben ein (erwünschtes!) Leben gemeinsam mit unseren Geliebten aufgebaut, auch dafür haben wir lange gebraucht. Viel länger als ein Jahr. Mich macht es immer fassungslos zu lesen, dass es die Vorstellung gibt nun für ein unerwünschtes Leben unter schwierigeren Bedingungen plötzlich weniger als ein Jahr zu brauchen... gerade wer geliebt hat, wird sich nicht mit "irgendeinem" Leben plötzlich abspeisen lassen ... Man beleidigt sein glückliches vorheriges Leben eben nicht mit einem "irgendwas" Leben ... Diese Vorstellung soll in den meisten Fällen ja ohnehin nur denen dienen, die mit Trauernden in Kontakt kommen. Sei es als Arbeitgeber, Familie oder Bekannte und/oder "äh" Freunde...


    Sollten wir denn deswegen tatsächlich krank sein?

    Ja, angenommen sind wir das tatsächlich. Es fühlt sich zumindest für mich schon auch so an ... als "gesund" würde ich es jedenfalls auch nicht begreifen wollen... aber wir sind nicht in dem Sinne "krank", dass wir diesen Zustand nicht schaffen schneller zu beenden, damit man uns für "gesund" hält.

    Das war nun mal wieder einer meiner sperrigen Texte, die ich mir hier im Forum etwas abgewöhnen wollte - verzeih' manchmal überkommt es mich...

    Lieber Frank,

    ich sende Dir Kraft.

    Umarmung,

    Tereschkowa

  • Einige Gedanken am Abend eines schrecklichen Tages:


    Sie ist tot. Sie wird nicht mehr zurückkommen. Nie mehr. Was du ihr noch sagen möchtest und was du versäumt hast, ihr zu sagen, als sie noch lebte, kannst du ihr nicht mehr sagen.


    Das ist entsetztlich grausam. Aber es ist die Wahrheit. Und die musst du akzeptieren, ob du willst oder nicht.


    Warum willst du noch leben, fragst du dich. Eine Familie hast du nicht. Wer braucht dich?


    Lebe, weil du leben darfst, würde sie sagen. Das Leben ist ein Geschenk. Ich hätte gern noch gelebt, das weißt du. Aber ich war schwer krank, du aber bist noch halbwegs gesund, du darfst dein Leben nicht wegwerfen. Außerdem hast du gute Freunde.


    Es ist aber kein Leben mehr ohne Dich, sagst du. Und sie antwortet: Doch, ist es doch. Versinke nicht in der Trauer, ich habe nichts davon und du auch nicht. Niemand hat etwas davon. Mach was aus der Zeit, die dir noch bleibt.

  • Lieber Frank,

    sehr schwere Gedanken zum Ende dieses Tages.

    Ja,Du spricht von der Gegenwart,die Zukunft bringt etwas Unbekanntes.

    Unerbittlich und keine Rücksichtnahme auf unser Seelenleben.

    Versuch diese Nacht etwas Ruhe zu finden.


    LG.,Karin

  • Schreiben konnte ich nicht, weil ich nicht in der Lage bin, anderen Trost zu spenden

    Lieber Frank, du bist nicht hier, um anderen Trost zu spenden, sondern über deine Geschichte und dein Leben zu erzählen. Und auch wenn es seltsam anmuten lässt, auch das kann für andere Trost oder Erleichterung sein. Zu wissen: Ich bin nicht allein.


    ich habe eine unendliche Sehnsucht nach meiner Frau, denke dauernd an sie,

    habe Schwierigkeiten, den Verlust zu akzeptieren und bin unfähig, mich wieder in soziale und andere Aktivitäten einzufinden. Und stimmt auch, dass ich gelegentlich den Gedanken habe, nicht mehr leben zu wollen, weil es mir ohne sie sinnlos erscheint.

    Warum soll das eine verzögerte Trauer sein? Wie lange darf Trauer dauern? Wie lange darf die Liebe zu einem verstorbenen Menschen dauern?

    Ich finde, dass ein Jahr da noch zu kurz gegriffen ist. Ärzte retten sich gerne in solche "Diagnosen", weil dann das scheinbar unmögliche einen Namen bekommt. Trauer ist nicht krankhaft, sondern heilsam. Auch wenn das komisch klingt, wird durch die Trauer der Verlust ins Leben integriert und das braucht ganz viel ZEIT!

    Lasst euch NICHT andichten, es wäre zu lange. Auch wenn es sich für euch unendlich anfühlt. Es dauert.

    Für mich kann ich nur antworten, ich empfinde meine Sehnsucht nach Mick, meinen Schmerz über seinen Tod und auch das Verlangen danach bei ihm sein zu wollen, nicht als krankhaft , sondern als Reaktion meiner Seele und meines Körpers auf dieses grauenvolle Leben ohne ihn.

    Gabi, das hast du so schön geschrieben.


    Der Weg ist lange und ich gehe gerne immer wieder ein Stück mit dir, mit euch mit.


    Lasst uns gemeinsam unterwegs sein, dann kann mancher gestützt, mancher beim Pause machen beschützt und manche begleitet werden.


    Lg. Astrid.

  • Liebe Astrid,


    hab' Dank für Dein Zurechtrücken ärztlicher "Weisheiten".


    Wir alle haben ein (erwünschtes!) Leben gemeinsam mit unseren Geliebten aufgebaut, auch dafür haben wir lange gebraucht. Viel länger als ein Jahr. Mich macht es immer fassungslos zu lesen, dass es die Vorstellung gibt nun für ein unerwünschtes Leben unter schwierigeren Bedingungen plötzlich weniger als ein Jahr zu brauchen...

    Liebe Tereschkowa,


    Dir einen lieben Dank für diesen Gedanken.



  • Mit dem Thema "Dauer der Trauer" bin ich im Moment auch sehr beschäftigt. Bei mir sind es jetzt bald 8 Monate und ich merke eine gewisse Veränderung, aber dass ich wieder im Leben angekommen bin, davon kann nicht die Rede sein.

    Am Wochenende hat mir eine Bekannte ein paar knallharte Brocken vor die Füße geschmissen, für die sie mein Mitleid hat, weil sie zeigen, wie unzufrieden sie mit ihrem eigenen (verheirateten) Leben ist.

    Der erste war: Sie versteht nicht, warum ich sage, ich muss mein Leben neu sortieren, es ist ja alles gleich geblieben, nur mein Mann ist halt nicht mehr da. Da könne ich ja eigentlich weiterleben wie vorher, es hat sich ja praktisch nichts geändert ...

    Das Zweite, was mir dann etwas zu denken gegeben hat, war: Sie kennt viele Witwen in unserem Dorf und in den Nachbardörfern und keine stellt sich so an wie ich, bei den meisten war die Trauer nach ein paar Wochen oder einem oder zwei Monaten vorbei und ein paar waren sogar froh, allein zurück zu bleiben.

    Was ich mich schon einige Zeit frage: Es sterben soviele Menschen und es gibt reichlich Witwen und Witwer, auch in meiner Gegend.

    Eine Trauergruppe gab es aber nur in der Landeshauptstadt und auch da haben sich insgesamt nur 8 Leute gefunden. Und auch hier und in den Facebookforen sind vergleichsweise wenig Menschen, die ihre Gefühle ausdrücken.

    Ich frage mich, wie geht es all den anderen? Leiden die im stillen Kämmerlein oder ist es tatsächlich so, dass es quasi die Normalität ist, dass das Leben bei den meisten Menschen im Trauerfall nach ein paar Wochen praktisch störungsfrei wieder weitergeht?

    Bei den Trauerfällen, die ich bisher hatte, war es ja bei mir auch so. Als meine Eltern starben habe ich getrauert, aber es hat mein Leben nicht zerstört, auch eine Freundin, die ich jung verloren habe, hat eine Trauer ausgelöst, mit der ich vergleichweise problemlos weiterleben konnte.

    So etwas wie bei meinem Ehemann habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht erlebt und wenn ich nicht in diesem Forum und in den Facebook Gruppen erfahren hätte, dass ich mit meinem Schmerz nicht alleine bin, ich hätte auch geglaubt, dass es ganz unnormal ist, was ich da gerade erlebe.