Abschied von meiner Sonne

  • Wo sind reale Mitmenschen, an die ich mich klammern kann?


    Ich will nicht mehr "stark" sein... will getröstet werden... will geliebt werden... will mich fallenlassen... will aufgefangen werden...

    Liebe Luise,

    gibt es reale Menschen in deiner Nähe, die dich in den Arm nehmen können? Bei denen du weinen darfst?


    Du hast vorher gerne gelesen und gehandarbeitet.

    Was hast du denn gelesen?

    Und was hast du gehandarbeitet?


    Du schreibst immer wieder von starken Schmerzen. Bist du medikamentös gut eingestellt? Kann man da etwas machen?


    Ich wünsche dir, dass es heute einen Blick aus dem tiefen Trauertal geben möchte, der dir wieder ein klitze kleines bisschen Zuversicht schenkt.


    Lg. Astrid.

  • Meine Lieben,

    Liebe Astrid

    Liebe Wagi,


    gestern konnte ich nicht schreiben. Habe mich mit viel Arbeit eingedeckt und am Nachmittag sogar Besuch gehabt.

    Heute ( jetzt um10:40 Uhr) bin ich zwar wieder allein, aber es geht mir einigermaßen gut... habe Pläne für den restlichen Tag... hoffentlich führe ich sie auch aus und versinke nicht wieder in Trauer und Lethargie.


    Astrid

    Meine ständigen Schmerzen können nicht mehr mit "normalen" Schmerzmitteln gelindert werden. Nur mit sogenannten "Hämmern", d.h. mit Opiaten und so.

    Aber dann bin ich zwar relativ schmerzfrei aber nicht "bei mir". Kann dann auch kein Auto fahren und nicht nach draussen. Bin sozusagen aus dem Verkehr gezogen.

    Ich möchte aber am Leben teilnehmen und nicht nur zu Hause sein. Deshalb brauche ich etwas, was mir die Schmerzen nimmt aber nicht meinen ganzen Körper dämpft.

    Und natürlich nicht abhängig macht.


    Was das Lesen und Handarbeiten angeht, bin ich da sehr flexibel, lese "alles was mir gefallen könnte" und bin allem gegenüber aufgeschlossen, probiere es zumindest aus.


    @an alle

    Wenn jemand ein Medikament kennt, dass meine Probleme kleiner macht, schreibt es mir bitte.


    LG Luise

  • Liebe Astrid,

    ich war seit einer Kindheit bei unzähligen Ärzten jeglicher Fachrichtung. Bin auch in ständiger Behandlung bei mehreren. Bisher konnte keiner etwas geeignetes tun oder verordnen. Es ist schwierig und immer Neues auszuprobieren sehr belastend.

    LG Luise

  • Meine Lieben,


    endlich ist diese Nacht vorbei. Habe fast nicht geschlafen, nur unruhig mit Träumen und immer nur kurz am Stück.

    Fühle mich wie gerädert und bin wieder mal im Tal der Trauer.


    Habe permanent Angst vor einem neuen Schlaganfall, vor allen Dingen, wenn es mir nach so einer Nacht schwindelig mit Kopfschmerzen ist.


    Keine Angst vor dem Tod, sondern vor weiteren Behinderungen. Diesmal könnte ich nicht mehr kämpfen, für wen?


    Meinen Mann vermisse ich heute wieder sehr... muss es mir immer wieder klarmachen... er kommt nicht mehr.


    Gestern habe ich im Tiefkühler noch von Heinz zubereitete Speisen gefunden. Von 2017. Es tat so weh,seine Schrift zu sehen .

    Ich weiss nicht, ob ich es schaffe es noch zu essen.


    Er hat gut und mit Liebe gekocht und sich gefreut,wenn es mir geschmeckt hat.

    Jetzt mag ich gar nichts mehr...esse nur um nicht zu unterzuckern, meist Fertiggerichte .


    Wo soll das alles noch hinführen?

    Wie lange wird es noch gehen?

    Was bringt es denn noch?


    Ein Leben ohne Sinn, ohne Perspektive,

    ohne Liebe, ohne Zuversicht ohne irgendwas Positives.


    Ich bin
    mutlos...verzweifelt...traurig...einsam und allein...krank und hilflos...schwach und antriebslos...


    NICHT MEHR LEBENSFÄHIG!!!!!!!!!

    MUSS ICH NOCH BLEIBEN????????


    Eure Luise

  • Liebe Luise

    JA, bitte bleib. Du bist wichtig, du bist wertvoll und du bist ein besonderer Mensch, weil du einzigartig bist.


    Ich kann verstehen, dass du nicht mehr magst, dass alles zuviel ist, das du dich mutlos...verzweifelt...traurig...einsam und allein...krank und hilflos...schwach und antriebslos... fühlst. Das ist jetzt so und ich bin, wie viele andere hier, bei dir. Ich kann auch deine Frage verstehen, ob du noch hier bleiben musst. Und ich antworte dir nochmal:

    JA, du sollst hier bleiben - auch wenn es schwer ist, auch wenn es weh tut, auch wenn du Angst hast - denn nur DU bist DU und nur DU kannst uns hier von Heinz erzählen.

    Ich habe gerade wieder ein Puzzlestück zu meinem "Heinz-Bild" hinzugefügt. Als dein PrivatKoch in der Küche mit einem Lächeln im Gesicht, weil du ihm sagst, wie gut es duftet. Stimmt das Bild?


    Und dann kam mir eine Idee zum Essen:


    Wie wäre es, wenn du den Tisch schön eindeckst, mit einer Kerze, ein paar Blümchen, dem schönen Geschirr. Du dich selber vielleicht auch ein bisschen fein machst und dann das Essen von Heinz aufwärmst. Ganz in Erinnerung an ihn es ganz bewusst isst. Riechen, schmecken, Augen schließen, ...

    Was ist es eigentlich, was sich da im Tiefkühler noch versteckt hat?

    Und dann im inneren Zwiegespräch mit Heinz das Essen für und mit ihm isst.

    Ich weiß nicht, wie es ankommt bei dir, ist einfach nur eine Idee.


    Lg. Astrid


    JA, du sollst hier bleiben <3:30: <3 :24:<3

  • Liebe Luise,


    Deine Ängste sind schwer auszuhalten , weil Du leider in der realen Welt so gut wie niemanden hast, der Dich einmal auffangen kann.Daher musst Du sehr viel nur mit Dir selbst "ausmachen", das macht es noch schwieriger für Dich.


    Vielleicht gibt es Dir ein klein wenig Trost , das ich , obwohl es Menschen um mich herum gibt, die für mich da sind, merke, das meine Trauer nach 8 Monaten für sie ein Thema ist das nicht mehr als schwierig angesehen wird. Man erwartet das ich mich nun mit meinem jetzigen Leben ohne Mick abfinden muss.


    Aus diesem Grund mache ich vieles mittlerweile auch mit mir ab, bzw. versuche weiter zu machen, irgendwie. Liebe Luise, Du schaffst das auch .

    Die Idee von Astrid , finde ich schön, wenn Du für Dich und Heinz den Tisch deckst und das von im zubereitete Essen genießt , dann ist er mit Sichherheit ganz nah bei Dir und freut sich wenn es Dir schmeckt.


    Du sollst bleiben Luise!!!!!


    LG gabi & Mäuschen

  • Vielleicht gibt es Dir ein klein wenig Trost , das ich , obwohl es Menschen um mich herum gibt, die für mich da sind, merke, das meine Trauer nach 8 Monaten für sie ein Thema ist das nicht mehr als schwierig angesehen wird. Man erwartet das ich mich nun mit meinem jetzigen Leben ohne Mick abfinden muss.


    Aus diesem Grund mache ich vieles mittlerweile auch mit mir ab, bzw. versuche weiter zu machen, irgendwie.

    Liebe Gabi,diese Erfahrungswerte habe ich auch.


    LG.,Karin

  • An alle die mir beistehen,


    es gibt mir immer wieder etwas Mut, wenn ihr mir so liebe Worte schreibt.

    Könnten wir doch ab und an zusammensein und uns halten.

    Leider geht es ja nicht.


    Ich empfinde Zuneigung und Freundschaft für euch...fühle mich verstanden und angenommen. Hier kann ich einfach meine Gedanken und meine Trauer loswerden.

    Bei anderen Menschen muss ich ja schon wieder "normal" sein und darf nicht mehr jammern und klagen, sonst verliere ich die wenigen, die ich noch habe und kann dann noch nicht mal ab und an telefonieren.


    Astrid

    Im Tiefkühler ist noch einiges von Heinz gekochtes. Ich kann es noch nicht mal anschauen, geschweige denn essen. Es würde mir im Hals stecken bleiben. Müsste bei jedem Bissen daran denken, wie er es mit seinen Händen bereitet und mit seinem Mund abgeschmeckt hat. Das kann ich nicht ertragen. Es tut mir zu weh.


    Ich konnte seine Kleidung, sein Auto abgeben, aber nichts, was er in letzter Zeit berührt hat. Selbst von ihm angefangene Packungen ( Kekse, Getränke, Zahnpasta, Creme) oder Gegenstände des tgl. Lebens kann ich nicht sehen oder berühren... seinen Computer, sein Smartphone,seinen Wecker, seinen Schlüssel, sein Notizbuch

    und noch so einiges... ohne zusammenzubrechen und zu weinen.


    Möchte alles entsorgen, aber weiss nicht wie und wann. Muss es aber tun, damit ich es nicht immer sehe, bin dann noch verzweifelter.


    Jeder Mensch ist in seinem Schmerz und seiner Trauer anders in seinen Empfindungen und Tun.

    Ich bin so wie beschrieben.


    LG Luise

  • Liebe Luise, mir geht es genauso wie Dir. Auch ich habe eingefrorenes Essen noch von ihm. Da ich arbeiten gehe, war die Küche sein Revier. Ich kann es auch nicht auftauen, geschweige denn essen. Ich habe sogar seine ganze Kleidung noch im Schrank. Ich kann es nicht ausräumen. Es geht nicht. Auch ich darf nicht mehr jammern. Hat niemand mehr Verständniss. Nach 17 Wochen muss man nach vorne schauen. Ich kann es aber nicht, schaffe es nicht ohne ihn. Jeder Tag ist für mich eine Qual. Durch meine Schicht in der Arbeit muss ich mich zur Zeit quälen. Möchte am liebsten nur noch sterben, damit ich bei ihm bin. Ich glaube wir Trauern ähnlich. Ich werde auch nicht fertig damit

    Lg von einer ebenso traurigen Ingrid

  • Liebe Luise,


    diese „wieder normal sein“ Erwartung kenne ich auch. Es führt dazu, dass man mehr und mehr seine Trauer nur noch mit sich selbst ausmacht…


    "Im Tiefkühler ist noch einiges von Heinz gekochtes. Ich kann es noch nicht mal anschauen, geschweige denn essen.“

    Ich habe noch wochenlang die eingefrorenen Gerichte, die mein Mann gekocht hatte gegessen. Fand das zwar wehmütig - aber auch ok. Er hätte mit mir geschimpft, wenn ich das nicht getan hätte... ;-) Die waren doch mit Liebe zubereitet!


    Mit Weggeben von Kleidung und seinen Sachen hätte ich dagegen ein großes Problem. Das täte mir zu sehr weh. Habe alles unverändert an seinem Platz gelassen...


    Aber es ist, wie Du schriebst:
    "Jeder Mensch ist in seinem Schmerz und seiner Trauer anders in seinen Empfindungen und Tun.“


    Ich wünsche Dir trotz Deiner Verzweiflung, Ängste und Einsamkeit einen Hoffnungsschimmer!


    Liebe Grüße,
    Leo

  • Liebe Luise,

    natürlich haben wir Verständnis und das was ich schreibe sind immer nur Ideen. Was du damit machst, das liegt bei dir und ist auch vollkommen in Ordnung. Es ist dein Weg und den gehst du auf deine Art.


    Für die Dinge, die du nicht mehr sehen kannst, hätte ich auch eine Idee. Vielleicht passt sie für dich?

    Nimm dir doch eine Schachtel mit Deckel, lege die Sachen hinein und stelle sie an einen Ort, an dem du sie nicht immer sehen musst und doch weißt, dass sie da sind. Wenn dann irgendwann die Zeit kommt, die Sachen nochmal genau anzusehen oder auch zu entsorgen, dann kannst du das machen. Doch erst wenn die Zeit dafür da ist. Und vielleicht kommt auch eine Zeit, in der du die Speisen essen magst. Nicht heute und nicht morgen - doch irgendwann oder auch nie. Das machst du so wie du es tun magst. Die Dinge, die du nicht mehr sehen magst, könntest du aber so ein Stück aus dem Blickfeld räumen ohne sie ganz weggeben zu müssen. Vielleicht ein Schritt, den du machen willst - oder auch nicht.


    Liebe ALLE hier

    die ZEIT und das Umfeld. Immer wieder erlebe ich, dass Menschen, die liebevoll da waren am Anfang nach einigen Wochen meinen es sei eh schon lange her.

    Ja, im Getriebe des Alltags bringt die Zeit vieles in einen Abstand. Doch ihr seid nicht im Getriebe des Alltags. Für euch ist der Alltag oft noch unsägliche Mühe und Anstrengung. Wochen, Monate und auch Jahre können den Schmerz nicht aus dem Mittelpunkt rücken. Schützt euch vor solchen Aussagen, in dem ihr euch vielleicht einen Satz zurecht legt, den ihr sagen könnt: "Ich war mit .... so lange in meinem Leben zusammen, wir haben fast alles geteilt, jetzt ist er nicht mehr da. Ich brauche noch viel Zeit, mein Leben neu zu sortieren. Ich werde mir ein neues Leben zimmern und das braucht Zeit und ich will den Schmerz und die Trauer leben, so wie ich die Liebe mit ... lebe." Oder nehmt euch einen inneren Satz, den ihr euch dann vorsagt: "Ihr wisst nicht wovon ihr redet. Es ist mein Leben und da ist jetzt Zeit für die Trauer. Diese Zeit nehme ich mir. Das brauche ich. Das ist richtig für mich und das ist MEIN LEBEN"

    Oder ein anderer Satz. Doch bitte nehmt solche Aussagen nicht als Ratschläge an. Erstens sind Ratschläge auch Schläge und zweitens sind sie nicht wohltuend für euch.


    das JAMMERN. Auch hier eine Bitte. In unserer Gesellschaft sagen wir schon den Kindern, sie sollen nicht so jammern. Warum nicht? Warum darf nicht beklagt und bejammert werden, was so schwer und so schmerzhaft ist. Das was enttäuscht und kränkt, das was uns leidend macht? Es tut so wohl, wenn du deine Klage los werden kannst. Denkt doch an die vielen Klagepsalmen, in denen Gott angeklagt wird. Überlege dir vielleicht mal selber einen Klagepsalm zu schreiben.

    Schreibe eine Anrede: Liebe Göttlichkeit, Du Tod, Liebes Universum, Liebender Gott, Mich im Stich lassendes Schicksal,.... was auch immer für dich passt und dann fahre fort mit: Mir ist so schwer ums Herz .... (und dann kommt deine Klage) Das Klagen ist eine in Vergessenheit geratene Sache - leider! Und ich wünsche euch, dass ihr klagen könnt und es euch erlaubt.

    Dann ist vielleicht auch wieder ein bisschen Platz für etwas Schönes.


    Seid lieb gegrüßt

    Astrid.