Leben mit der Leere - ohne meinen Mann

  • Hallo,

    wo soll ich anfangen... Mein Mann Volker ist nach langer Krankheit (COPD) am 03.01.2019 im Alter von 58 Jahren gestorben.

    Es war eine schwere, ereignisreiche Zeit bis dahin. Seit November 2017 hatte er eine Lungenentzündung nach der anderen, da er so abgebaut hatte und der Winter so kalt war. Lufttechnisch ging es ihm immer schlechter. Im April kamen starke Schmerzen dazu, die aber im Krankenhaus nicht ernst genommen wurden. Erst nach einem Monat mit einem nochmaligen Krankenhausaufenthalt wurden zwei gebrochene Rippen festgestellt. Durch die lange Zeit der andauernden Krankheit war Volker aber völlig aufgebraucht. Er hatte keine Kraft mehr, sodass er sich entschied nicht mehr ins Krankenhaus zu wollen. Seit Juni war dann der SAPV mit an Bord, um ihm medikamentös zu helfen. Volkers Aktionsradius war extrem klein geworden. Er konnte sich nur noch in unserer Wohnung aufhalten, kam schnell in Atemnot und musste Situationen schnell unterbrechen, wenn es eng wurde, um dann zügig Medikamente zu nehmen und ans Niv-Gerät zu kommen. So war ich auch immer auf Hab-Acht-Stellung und extrem angespannt. Wir versuchten die letzten Monate bewusst zu gestalten, redeten viel - wie es unsere gesamte Zeit miteinander prägte.


    Im Oktober hatte Volker eine schwere Krise, durch einen schlechten Medikamtencocktail. Er war nicht mehr ansprechbar, lag fast 48 Stunden nur regungslos im Bett und es war unklar, ob er nochmal wach wird oder das sein Zustand bleibt. Aber er ist wieder aufgewacht. Diese Situation hat uns völlig umgehauen. Zur Diskussion stand das Hospiz, aber da es dann besser ging, blieb er doch zuhause. Aber wir hatten dann auch noch die Unterstützung des ambulanten Hospizdienstes. Weihnachten ging es immer schlechter, er röchelte viel im Schlaf, sodass ich selber nur noch maximal 2 Stunden die Nacht schlief. das raubte mir meine letzten Kräfte. In der Nacht zum 27. Dezember hatte mein Mann schwere Atemnot, saß senkrecht im Bett, da er keine Luft mehr bekam. Ich versuchte alles, um ihm zu helfen: gab ihm Tavor, spritzte ihm Morphium, drehte seinen Sauerstoff hoch. Nach einer gefühlten Ewigkeit beruhigte er sich, war aber dadurch wieder komatös weggetreten. Ich war am Ende, sodass ich Freunde anrief und sie bat zu kommen. Es wurde dann vom ambulanten Hospizdienst und vom SAPV organisiert, dass mein Mann auf die Palliativstation kam, um dort versorgt zu sein. Dort war er nur noch phasenweise ansprechbar. Ich nahm von ihm Abschied, erklärte ihm, dass er sich um mich keine Sorgen machen soll, da Freunde für mich da seien, er ruhig gehen dürfe. Nach einigen Tagen wurde er palliativ sediert.


    Am 03.01. wachte ich morgens früh auf, schon mit dem Impuls sofort mich fertig machen zu müssen. Eine halbe Stunde später kam der Anruf der Palliativstation, dass ich kommen solle, da es Volker schlechter ginge. Als ich im Krankenhaus ankam, war er aber gerade vorher gestorben. Ich glaube, dass mein Mann bewusst dies in meiner Abwesenheit getan hat, um mir seinen letzten Atemzug zu ersparen, da dies bei mir mit seiner Atemnot getriggert war und mir eventuell schwer zu schaffen gemacht hätte. Ich war den ganzen Tag noch bei meinem Mann, um Abschied zu nehmen, streichelte und küsste ihn. Ein Freund kam noch, um auch Abschied zu nehmen. Erst am späten Nachmittag ging ich dann, da ich wusste, dass er nun nicht mehr dort war.


    Die Zeit seitdem ist schwer. Er fehlt mir so sehr. Wir haben alles miteinander geteilt, viel geredet, uns alles erzählt. Es ist eine große Traurigkeit in mir, eine große Leere. Ich habe große Sehnsucht nach ihm, seiner Gegenwart. Wir waren 10 Jahre zusammen. Knapp 3 Jahre verheiratet. Wir haben uns sehr geliebt. Es ist verdammt schwer ein Leben ohne ihn nun leben zu müssen.

    Ich unternehme wieder einiges, aber wenn ich allein zuhause bin, tigere ich umher und weiß nichts mit mir anzufangen.

    Unsere Wohnung ist so leer ohne ihn, mir fehlt seine Gegenwart.

  • Liebe Thandiwe,


    ich habe gerade Deinen Beitrag gelesen und möchte Dir mein Mitgefühl aussprechen. Wie schwer es jetzt für Dich ist, wissen alle hier in diesem Forum. Möge Dir das Schreiben hier und der Austausch mit uns anderen etwas Kraft geben. Bei allem Leid möchte ich Dir sagen: Es ist schön, dass Du mit Deinem Mann geredet hast und Abschied nehmen konntest. Er konnte in dem Wissen sterben, dass Du ihn sehr geliebt hast.

    Liebe Grüße

    Frank

  • Liebe Thandiwe,


    auch ich setze mich wortlos zu dir und halte - wenn ich darf - deine Hand.

    :30:


    Gut, dass du hierher gefunden hast.


    Wir alle hier begleiten dich gerne ein Stück deines schweren Wegs.


    Alle, die hier schreiben, kennen diesen Weg. Fühl dich hier gehalten und verstanden UND schreibe dir, all deinen Kummer von der Seele. Es tut gut.


    Alles Liebe

    blaumeise

  • liebe Thandiwe,


    auch ich möchte dir mein ♡-lichstes Mitgefühl aussprechen.

    Dem Menschen zuschauen zu müssen, den man liebt, dem durch diese Krankheit die notwendige Lebens-luft ausgeht, tut SO weh und ist kaum auszuhalten.


    Schreib nach was immer dir ist.


    Stille Perle

  • Liebe Thandiwe,


    ich möchte Dich herzlich hier begrüßen und Dir mein aufrichtiges Mitgefühl aussprechen. Einiges von dem was Du beschreibst kenne ich aus der Erfahrung mit der Krankheit meines Mannes, was Du durchgemacht hast versteh ich sehr gut.


    Die Gefühle die Du hast kennen Wir hier alle, deshalb ist Du hier gut aufgehoben, Wir sind große virtuelle Familie und jeder versucht auf seine

    Weise zu unterstützen, mitzufühlen . Mir hat es schon oft geholfen hier zu schreiben .


    Lass Dich umarmen und ganz liebe Grüße sende ich Dir und viel Kraft für die nächste Zeit wünsche ich Dir


    Gabi & Mäuschen

  • Danke für eure Wünsche.

    Ich vermisse meinen Mann sehr, seine blauen Augen, sein Lächeln... Wir haben bis zum Schluss immer wieder viel gelacht und herumgealbert, haben die Situation versucht leichter zu nehmen. Volker war immer wieder erstaunt, dass ich ihn trotz seiner Krankheit geliebt und geheiratet habe. Ich würde es wieder tun, denn unsere Liebe war außergewöhnlich.


    Aber der jetzige Schmerz, die Trauer und die Sehnsucht überwältigen mich immer wieder. Wie habt ihr gelernt damit umzugehen? Wie ist es mit der Zeit besser geworden bei euch?


    Liebe Grüße

    Thandiwe

  • Liebe Thandiwe,


    wir hier im Forum können auch noch nicht begreifen, dass wir unsere Seelenmenschen verloren haben.


    Wir haben damit zwar bis jetzt überlebt, aber es nicht akzeptiert oder verarbeitet.

    Unsere Trauer... Sehnsucht... bestimmt unser weiteres Leben. Wir empfinden den Verlust unerträglich, helfen uns aber gegenseitig... mitfühlend, verstehend und auch - wenn unsere Kraft reicht - aufbauend.

    Jeder hilft jedem so gut er kann.


    Schreibe dir alles von der Seele. Es wird dir vielleicht etwas helfen.

    Wir sind füreinander da, nun auch für

    dich.


    Alles Liebe

    Luise

  • Liebe Thandiwe,

    herzlich willkommen im Trauerforum. Schön, dass du her gefunden hast.


    Ich sehe, du wurdest schon würdig empfangen. Und so kann ich dir nur noch

    wünschen, dass du durch das Forum, durch das Schreiben und Lesen ein bisschen

    Erleichterung findest.


    Hier gibt es keine Ratschläge oder Allgemeinplätze. Hier gibt es achtsames Hinschauen

    und wertschätzendes Miteinander.


    Wie Menschen lernen, mit dem Verlust umzugehen, ist ganz unterschiedlich. So wie die

    Beziehungen unterschiedlich sind. Wie die Menschen unterschiedlich sind und wie die

    Wege, die sie durch die Trauer gehen, unterschiedlich sind.


    Was helfen kann, ist das, was dir immer schon in Zeiten half, wenn es dir nicht so gut ging.

    Bei manchen ist es ein Spaziergang, eine Badewanne, die Sauna, radfahren, schreiben, malen,

    handarbeiten, basteln, gärtnern, backen, Musik hören oder machen, lesen, laufen, ...


    Zu wissen, was dir ein bisschen Erleichterung bringen kann, das ist viel Wert. Vielleicht magst du

    eine Liste machen, was du früher in schwierigen Zeiten gerne gemacht hast. Und dann siehst du sie dir

    an und überlegst, was du heute probieren könntest.


    Eine Idee.


    Lg. Astrid.

  • Liebe Thandiwe,


    auch ich spreche Dir mein herzliches Mitgefühl aus. Fühl Dich umarmt.


    Aber der jetzige Schmerz, die Trauer und die Sehnsucht überwältigen mich immer wieder. Wie habt ihr gelernt damit umzugehen? Wie ist es mit der Zeit besser geworden bei euch?

    Da gibt es mit Sicherheit kein Allgemeinrezept. Ich kann nur für mich sprechen. Ich habe irgendwann beschlossen, wieder unter Menschen zu gehen um mich abzulenken, auch wenn es am Anfang schwer war. Aber ich lebe auf dem Land, da trifft man immer jemanden, den man kennt. Ich habe meine Feierabendspaziergänge wieder aufgenommen, verbringe viel Zeit im Wald. Und jemand ist in mein Leben geplumpst, hat mir zugehört, mich getröstet, mit mir geweint und hat mir zur rechten Zeit einen Tritt gegeben, worüber ich anfangs entsetzt, mittlerweile aber froh bin - bei allen Schwierigkeiten.


    Ich gehe mindestens zweimal die Woche ans Grab meiner Silvia und erzähle ihr alles. Ich bin davon überzeugt, dass sie mich hört und über mich wacht. Dort weine ich auch viel. Tränen reinigen.


    Was mir auch geholfen hat, dass ich unsere Geschichte hier niederschreiben konnte. Das war das erste Mal, dass ich mir die ganze Last von der Seele schreiben konnte, auch wenn es schwer war.


    Liebe Grüße

    Josh

  • Lieber Josh,


    danke für deine Worte und dass du mich teilhaben lässt, an dem was dir gut tut.


    Ich habe sehr nah meine Freundin, deren Kinder (meine Patenkinder) und auch ihre Eltern - meine Ersatzfamilie seit vielen Jahren in dieser schweren Zeit erlebt. Sie waren für mich da als es Volker immer schlechter ging und ich am Ende war. Sie kamen sofort aus Essen zu mir nach Wuppertal und kümmerten sich um mich und um Volker. Unterstützten mich, indem sie mir zuhörten, für mich einkauften, da ich das nicht mehr in der Situation geschafft habe, da ich mich nicht mehr aus dem Haus traute, da es Volker immer schlechter ging. Sie halfen mir im Kontakt mit dem ambualnten Hospizdienst, fuhren mit uns ins Krankenhaus und blieben bis ich wieder ruhiger wurde. Meine Patenkinder sind mittlerweile junge Erwachsene und sie brachten in der Situation zum Ausdruck, dass sie nun für mich da seien, wo ich die Jahre vorher für sie da war. Volker hat ihr Dasein auch noch erlebt, was ihm seinen Abschied erleichterte. Er hatte sich vorher viele Gedanken gemacht, was aus mir wird, wenn er stirbt. Er befürchtete, dass ich nicht genügend Unterstützung bekommen würde, nicht die passenden Freunde für mich dasein würden. Daher war es ein großes Geschenk, dass wir beide dies noch zusammen erleben durften wie adhoc die gesamte Familie kam.


    Sie sind auch jetzt weiter für mich da. Ostern war ich bei Ihnen, da ich schon im Vornhinein wusste, dass vier Tage alleine mir nicht gut tun. Daher habe ich mich bei Ihnen einquartiert und das hat gut getan den Einkauf, die Vorbereitungen und die Familienfeier mit ihnen zu gestalten. Das tut mir gut, dass ich weiter so aufgenommen werde.


    Ansonsten geht es mir ähnlich wie dir, auch ich liebe lange Spaziergänge im Wald. Das tut meiner Seele gut, ich komme mehr zu Ruhe und die Bewegung hilft mir.


    Volker ist in einem Begräbniswald beerdigt, aber ich merke, dass ich diesen Ort fast nicht brauche. Er ist mir in unserer Wohnung viel näher. Vieles erinnert an ihn, da wir sie gemeinsam eingerichtet haben. Vieles ist geprägt durch seinen Beruf, da er mit Design Möbel aus den 60ern gehandelt hat. Unsere Wohnung hat so diesen Stil erhalten. Es ist unser gemeinsames Nest, was wir uns geschaffen haben und das mir auch erhalten bleibt mit allen Erinnerungen. Hier fühle ich mich weiterhin auch wohl. Wir haben einige Sachen auf Flohmärkten erstanden und so sind auch hiermit Erinnerungen an unsere gemeinsame Zeit verbunden.


    Alles erinnert an ihn und auch innerlich weiß ich, was er zu Dingen meint, die ich tue. Manchmal lacht er mit mir, manchmal höre ich seine kritischen Worte. So ist es fast so als wäre er da und würde noch mit mir reden.


    Aber das sind auch häufig Momente, wo er mir unendlich fehlt. Denn wir haben sehr viel zusammen gemacht und Jahr für Jahr hat uns nur noch enger zusammen gefügt. Unsere Liebe ist immer noch ein Stück gewachsen.


    Liebe Grüße


    Thandiwe

  • Liebe Thandiwe,

    die Liebe bleibt und auch wenn sie schmerzt, ihr bleibt in dieser Liebe verbunden.


    Ich wünsche dir für heute einen der leichteren Tage.

    Lg. Astrid.

  • Liebe Astrid,


    ja, das stimmt. Die Liebe, die ich mit Volker erlebt habe, bleibt. Sie ist etwas ganz Besonderes.

    Die Liebe schmerzt auch nicht, sondern der Verlust meines Gegenübers. Durch den Blick in seine Augen konnte ich seine Liebe zu mir sehen.

    Zum Glück ist dieser Blick auch auf Bildern festgehalten, wo er mich angestrahlt hat. - Diese sind mir sehr wichtig.


    Durch ihn habe ich mich sehr geliebt und einzigartig gefühlt. Ich merke aber auch, wie stark diese Trauerphase an meinem Selbstbewusstsein nagt - weil ein Teil meines Lebens gestorben ist und der Verlust schwierig ist. Erinnerungen bleiben, aber der reale Mensch fehlt.


    Ich muss mir ein Leben ohne ihn aufbauen, was mir mal besser, mal schlechter gelingt.


    Liebe Grüße

    Thandiwe

  • Liebe Tandiwe auch von mir herzliches Beileif zu deinem großen Verlust!


    Du hast gefragt, wie wir gelernt haben mit Trauer und Schmerz umzugehen.

    Von mir kann ich sagen, dass ich nach 10 Monaten immer noch Probleme habe in ein neues Leben ohne meinen Mann zu finden.

    Es ist zwar so, dass sich die Trauer verändert hat, vom anfänglichen Schockszustand zu großem Schmerz und tiefer Trauer zu einem Zustand, in dem ein oberflächliches Leben wieder möglich ist, die Trauer mich aber immer noch beherrscht, vor allem wenn ich alleine bin.


    Ich habe sehr viel über das Leben nach dem Tod gelesen, mich mit spirituellen Praktiken, wie Meditationen befasst, mit meinem Mann mittels Medium gesprochen und auch psychologische Hilfe in Anspruch genommen.

    Trotz alledem ist bei mir von einem normalen Leben mit Struktur und Sinnhaftigkeit keine Rede und ich habe keine Ahnung, ob ich jemals wieder ein einigermaßen zufriedenes Leben führen kann.

  • Liebe Thandiwe,

    mein herzliches Beileid zu Deinem Verlust. Auch mein Mann hatte Copd und Lungenkrebs. Daher kann ich Deine Ängste, die Du mit seiner Atemnot hattest verstehen. Hier kannst Du alles schreiben, was Dich bedrückt. Alle sind füreinander da. Sei willkommen

    Lg Ingrid