...... was heisst eigentlich "loslassen"?

  • Liebe Liesel,

    nein ,Du kannst es noch nicht sehen.

    Ich sehe es manchmal so,mein Liebster ist jetzt seit 18 Monaten nicht mehr körperlich an meiner Seite.

    Was soll ich Dir sonst sagen ?

    Du musst Deinen Weg durch dein Unglück finden,weil,es wird Dein Weg sein.

    Ich wünsche Dir,dass Du genügend Brückengeländer , helfende Hände und hörende Ohren für eine lange Zeit hast oder findest.

    Schreiben im Forum ist und war für mich auch eine Form meine Gedanken jederzeit äußern zu können.

    Vielleicht hilft Dir das.


    Lieben Gruß,

    Karin

  • Danke liebe Karin! Danke! Ja, ich habe helfende Hände.
    Hörende Ohren eher hier oder vielleicht in einer Trauergruppe. Es kann einfach niemand anderes nachempfinden, der es nicht selbst erlebt hat. Ich kann mit den Ratschlägen meiner Freunde nichts anfangen. Heute ist wieder ein extrem schlechter Tag. Sämtliche Familien sind unterwegs. Meine Tochter und ich sind alleine. Er fehlt hier so sehr.
    Danke!!
    Liebe Grüße

    Liesel

  • Liebe Liesel,am 12.Dezember wird es ein Jahr,und ich begreife es bis heute nicht....dieses nie mehr,damit leben,du weißt wie es ist,innerlich bin ich von allem weit entfernt,das was einmal Leben war,ist vorbei und irgendwann ist es auch für mich vorbei,dann ist alles gut.Bis dahin...durchhalten...LG Adi

  • Liebe Adi!

    Ja, ich verstehe das sehr gut und 1 Jahr ist nichts. Und ich kann mir vorstellen, dass Du weiterhin leidest.
    Ich denke oft, wenn es doch bloß mich getroffen hätte, er wäre sicher stärker gewesen...

    Nach 5 Monaten will ich es noch immer nicht wahrhaben, dass er nie wieder kommt.

    Jeder einzelne Tag ist die Hölle. Es wird schlimmer, immer schlimmer. Unsere Tochter sagte gestern Abend zu mir, dass sie ihren Papi wieder mal küssen möchte. Oh wie gerne würde ich das auch tun. Diese Endgültigkeit, es ist einfach nicht zu fassen und doch müssen wir diesen Weg gehen.

    Sie will nicht zum St. Martins-Umzug ohne Papi, der uns im Dunkeln beschützt. Mir ist das nur Recht, dann muss ich nicht das ganze Dorf auf einen Haufen sehen.

    Dieser Schmerz zerreißt mich. Bin froh, wenn ich schlafe und nicht dran denken muss. Wenn die Augen wieder aufgehen, fängt alles wieder von vorne an.

    Kaum vorstellbar, dass wir das restliche Leben ohne ihn verbringen und diesen Schmerz aushalten müssen. Wenn wir doch bloß alle Drei zusammen gegangen wären... 😔😢 Ich weiß, so etwas darf man nicht denken, unsere Tochter hat noch das ganze Leben vor sich - leider ohne ihren geliebten Papi.
    Was ein bescheidenes Leben...
    GlG Liesel

  • liebe Lotte,


    loslassen bedeutet für mich den gedanken loszulassen, das man seinen geliebten menschen jemals wieder körperlich und lebendig bei sich hat. loslassen in dem sinne, einen anderen weg zu finden mit IHM/IHR gemeinsam durchs leben zu gehen - spirituell, geistig, im herzen....


    der/die seelenpartner/in ist immer noch weggefährte - nur anders als vorher.


    wenn wir "draussen" diese loslass-sprüche gesagt bekommen fundieren sie meiner meinung nach meistens auf unsicherheit oder eben unwissenheit.... brauchen wir nicht....


    lieber gruß von Bine

  • Liesel


    Liebe Liesel,


    entschuldige bitte, das ich mich jetzt erst melde aber ich mir ging es jetzt die letzten Tage auch mal wieder doof. Ich nenne es "Trauerwellen".


    Mein Liebster ist diesen Monat am 26. seit 20 Monaten nicht mehr bei mir. Und trotzdem fehlt er mir immer noch jeden Tag. Nicht mehr jede Minute, Ablenkung fällt leichter mit der Zeit und mittlerweile kann ich mich auch wieder ueber schoene Momente freuen. (Das hab ich mal, recht am Anfang zu meiner Besteline gesagt "Wenn wir etwas daraus lernen müssen, dann uns an den kleinen, schönen Momenten zu freuen, wir wissen alle nicht, wann es vorbei ist....")


    Nichts desto trotz vergeht seit 20 Monaten kein Morgen an dem ich nicht mit einem Kloss im Hals oder einem Ring um die Brust aufstehe.


    Und deshalb von mir noch mal von Herzen: du schlägst dich tapfer! Du bist, trotz des so frischen Schmerzes schon sehr klar in deinen Verbalisierungen und in deiner Verantwortung.

    Das ist nicht selbstverständlich. Wie gesagt: ICH war nicht so.


    Und acht ist natuerlich auch ein hartes Alter seinen Papa zu verlieren. Meine Schlumpfine war acht als ihr Vater und ich uns getrennt haben und er ist in eine andere Stadt weiter weg gezogen.

    Das ist natuerlich in keinster Weise mit einem endgültigen Verlust zu vergleichen.

    Aber selbst fuer sie waren die ersten "ohne Papa Ereignisse" hart.


    Und wenn das dann auch noch alles daheim passiert....

    Und wirklich SO abrupt. Es ist die Hölle auf Erden durch die du gerade gehst du Liebe.


    Fühl dich einfach mal gedrückt


    die Lotte

  • Liebe Lotte!

    Danke für Deine Nachricht. Ich verstehe das, ich kann meistens erst abends schreiben - wenn überhaupt. Oft schläft die Maus nicht, wenn sie merkt, dass ich noch nicht schlafen kann/will.
    Es tut mir sehr leid, dass es Dir nicht gut geht. Trauerwellen. Davon habe ich auch gelesen. Die Zeit heilt nichts!
    Es ist genauso wie Du es beschreibst, jeden Morgen einen Kloß im Hals, jeden Morgen krampft sich der Magen zusammen, jeden Morgen möchte ich nicht aufstehen, möchte ich am Liebsten nicht mehr aufwachen - aber dann schaue ich nach links, sehe meine Tochter, die so zart und verletzlich neben mir liegt. Dann stehe ich auf, mache Frühstück und ihr Essen für die Schule, dann wecke ich sie und es geht weiter, traurig und verzweifelt. Schreien könnte ich, ganz laut, aber das verlege ich auf später, wenn ich dann alleine im Auto sitze und gegen jeden einzelnen Baum fahren könnte. Ich weine und schreie bis ich auf die Arbeit komme. Dann reiße ich mich zusammen und erst wenn ich wieder im Auto sitze, fängt es wieder an...

    Ich möchte dieses Leben nicht führen, ich will nicht, dass das passiert ist, ich will es nicht wahrhaben, dass ich meinen lieben Mann nie wieder sehen darf, er seine Tochter nicht mehr sehen darf, seine Tochter ihn nicht mehr küssen darf...😢

    Danke für Dein „Lob“, ja, ich funktioniere wie eine Maschine. Diese scheiß Welt dreht sich einfach weiter, jeder hat seinen Alltag und seine kleinen Probleme (die kleinen Probleme, die wir früher auch hatten). Sie wollen nichts mehr hören von diesem Thema. Ich merke das und ziehe mich zurück. Ich habe kein anderes Thema. Wie können liebevollen Menschen einfach so und viel zu früh sterben während Mörder oder alte Menschen, die nicht mehr wollen, weiterleben dürfen / sollen. Wie sagte gestern meine Psychologin: Die Welt ist nicht gerecht. Ich muss es akzeptieren, ich bin jetzt Witwe mit 44... Ja, ich weiß und trotzdem kann ich es nicht fassen.

    Lotte, ich kann mich nicht an kleinen Dingen freuen, ich kann einfach nicht. Mir tut das so leid für unsere Tochter. Sie hat solche Angst um mich. Manchmal bin ich schrecklich wütend auf alles und jeden. Es kann ja keiner etwas dafür, aber...

    Bei Dir ist es 20 Monate her und es schmerzt noch immer. Was ein Leben...😔

    Es ist einfach nur schrecklich! Was soll ich Dir wünschen, viel Kraft weiterhin oder gutes Durchhaltevermögen?! Alles sinnlos, wir müssen es einfach hinnehmen und weitermachen, irgendwie Tag für Tag!

    Danke liebe Lotte!

    Liebe Grüße

    Liesel

  • Liesel


    Du Liebe,


    ich war auch 44 als ich meinen Mann beerdigt habe. Das haette ich mir auch in meinen schlimmsten Träumen nicht vorgestellt.


    Und schreie und weine wann immer dir danach ist und du die "Gelegenheit" dazu findest.

    Als kleiner, ganz kleiner "Trost": nach nur 5 Monaten war ich auch nicht in der Lage mich an nur irgendwas zu erfreuen. Und ich habe den "Luxus" gehabt mich komplett zurück ziehen zu koennen und halt eine ganze Zeit nicht funktionieren zu müssen.

    Was besser ist? Man weis es nicht.


    Und ich hab auch so vielen Leuten den "Tod gewünscht" an seiner Stelle. Inkl. mir selbst natuerlich und ich habe mich (die erste Zeit) sogar tatsaechlich gefragt, warum es nicht meinen Papa getroffen hat, der ein halbes Jahr vorher eine Krebserkrankung überwunden hatte.

    Dafür schäme ich mich mittlerweile vor mir selbst, aber mein Empfinden war so letztes Jahr, das kann ich einfach nicht leugnen.


    Wenn ich lese was du schreibst kann ich jedes Wort mitfühlen und ich erinnere mich noch allzu gut....

    Ich dachte lang ich sterbe an meinem gebrochenem Herz.


    Aber bei der Liebe unserer Männer und unserer Mausis: es wird IRGENDWANN erträglicher auch wenn du das jetzt nicht glauben kannst.

    Oder vielleicht auch nicht willst. Ich habe mich, nach den ersten 6 Monaten Trauma, lange noch an den Schmerz geklammert und geglaubt, er waere das einzige was mir überhaupt noch bleibt....


    Es ist zum kotzen und himmelschreiend ungerecht und wenn ich lese was du schreibst moechte ich mit dir schreien.


    Aber vielleicht kannst du mir, zumindest ein kleines bisschen, glauben dass das atmen irgendwann nicht mehr ganz so schwer sein wird.

  • Liebe Lotte!

    Ja, was ist besser, sich zurückzuziehen zu können oder funktionieren zu müssen. Ich wäre auch gerne an seiner Stelle und ich glaube, wenn die Maus nicht wäre, tja, wahrscheinlich wäre ich dann auch nicht mehr hier, ich weiß es nicht...

    Genau, ich habe Angst, dass ich seine Stimme, seinen Geruch, sein ganzes Wesen vergesse, ich klammere mich fest an ihn, schaue mir immer wieder seine Fotos an, trage seine Jacke, manche Sachen riechen nicht mehr nach ihm - es ist schrecklich.
    Ich will Dir jetzt einfach mal glauben, dass es vielleicht doch irgendwann erträglicher wird. Es darf eigentlich auch nicht ewig so weitergehen, ich wüsste nicht, ob ich lange die Kraft hätte. Ich habe stark abgenommen und nehme auch nicht mehr zu, obwohl ich wieder relativ normal esse.
    Du sprichst mir aus der Seele, ich habe auch das Gefühl an meinem gebrochenen Herz zu sterben.
    Eine hoffentlich gute Nacht!
    Danke! 😔

  • Ihr Lieben , ich habe gelesen,


    Die Idee des Loslassens – Ein rein theoretischer Ansatz

    Wo kommt sie eigentlich her, diese Idee des Loslassens im Sinne eines Beendens der Beziehung zum Verstorbenen? Wie so vieles in der Psychologie wurde sie zunächst von Freud Anfang des 20. Jahrhunderts formuliert:

    “Die Trauer hat eine ganz bestimmte psychische Aufgabe zu erledigen, sie soll die Erinnerungen und Erwartungen der Überlebenden von den Toten ablösen.” (Freud, „Totem und Tabu“, 1913)

    Freud beschreibt in seinen Schriften, dass die Trauer dazu da sei, die emotionale Energie, also die Liebe, vom Verstorbenen abzuziehen. Erst wenn das geschehen sei,

    könne sie wieder in neue Beziehungen und ein neues Leben investiert werden. Diese Grundidee, dass am Ende der Trauer ein Abschluss stehen muss, ein Loslassen und schließlich eine Neuorientierung, prägte im Verlauf des letzten Jahrhunderts die Sicht der Psychologie auf die Trauer. Basierend auf den vermeintlich gut fundierten Überlegungen eines einzelnen, berühmten Psychologen.


    alles Liebe Maike

  • Liesel


    Du Liebe,


    auch ich war nur noch Haut und Knochen und lange Zeit kaum in der Lage, in die dritte Etage zu unserer Wohnung zu kommen weil ich kaum gegessen habe und der auch der Schlafentzug (ich hab schon Lichtbilder und Geräusche vom Schlafmangel gehabt) an den Kräften gezehrt hat.


    Ich hab mich lange nicht getraut zu schlafen weil ich Angst hatte von ihm zu träumen. (Mittlerweile freue ich drüber, wenns ein "guter" Traum ist)


    Und mittlerweile bekomme ich meine (ich nenne sie) "Trauerhosen" nicht mehr zu und trage meine Einkäufe wieder normal die Treppen rauf.


    Ich glaube eure Liebe wird dir die Kraft geben. Die unsere ist, neben meiner Tochter, der maßgeblichste Grund warum ich durch halte. Sunny will das so. Da bin ich mir sicher <3


    Ich hoffe du kannst ein kleines bisschen zur Ruhe kommen.


    die Lotte

  • Maike


    Liebe Maike,


    vielen Dank fuer deine Antwort.

    Irgendwie war klar, das Herr Freud auch dazu was schlaues zu sagen hat ;)


    Trotzdem spannend zu lesen.


    Die "Antwort" ist wohl so individuell wie der Mensch und seine Emotionen als solches.


    Aber mich unterstützen die Ansichten und Erfahrungen anderer doch sehr dabei mich selbst zu sortieren.


    Ganz liebe Grüße


    die Lotte

  • liesel, ich glaub, wenn ich ein Kind von meinem Jürgen hätte, wär die Trauer nicht ganz so entsetzlich. denn dann hätt ich was, was aus unserer liebe entstanden ist. und ich wär glücklich, so was zu haben. für ein kind unserer liebe würd es sich absolut lohnen, weiterzuleben. denn wenn ich mich umbringen würde, weiss ich, durch Paul Meek schon, d aß man kaum oder gar nicht mehr, seine liebe im jenseits treffen kann. aber durch ein kind der liebe , von unserem liebsten, mehr geht doch nicht. dieses darf man niemals alleine lassen, da muss man sich selbst mal dahinter stellen, unbedingt. ange

  • (Freud, „Totem und Tabu“, 1913)

    1913 das ist schon ein bisschen her ;)

    Die Trauerforschung hat sich GOTT SEI DANK weiterentwickelt und es wird heute von einer veränderten Beziehung, die entstehen wird.

    Das ist es auch für mich.


    Lg. Astrid.

  • Astrid.


    Liebe Astrid,


    seit dem ich Mutter bin, bin ich eh "davon ab" Gewicht auf Ratgeberbuecher etc.pp. zu legen.

    Nichts hat meine natürlichen Instinkte so sehr geprägt wie meine Tochter.


    Leider gehen einem diese, in der Trauer, sehr oft verloren weil der Tod, so natuerlich er ist, sich einfach irreal anfühlt.


    Ich wünsche dir alles gute fuer deine Zukunft und danke dir einfach fuer die Zeit die du in dieses Forum investiert hast.

    Auch wenn wir uns nicht mehr "kennen lernen" durften.


    Liebe Gruesse und einen schönen Tag


    Lotte

  • liesel, ich glaub, wenn ich ein Kind von meinem Jürgen hätte, wär die Trauer nicht ganz so entsetzlich. denn dann hätt ich was, was aus unserer liebe entstanden ist. und ich wär glücklich, so was zu haben. für ein kind unserer liebe würd es sich absolut lohnen, weiterzuleben. denn wenn ich mich umbringen würde, weiss ich, durch Paul Meek schon, d aß man kaum oder gar nicht mehr, seine liebe im jenseits treffen kann. aber durch ein kind der liebe , von unserem liebsten, mehr geht doch nicht. dieses darf man niemals alleine lassen, da muss man sich selbst mal dahinter stellen, unbedingt. ange

    Liebe Ange,

    entschuldige, ich hatte Dir gar nicht geantwortet. Ja, Du hast Recht, wir haben lange gekämpft und haben den Kampf nach so vielen Jahren gewonnen und endlich ein Kind bekommen. Für dieses Kind muss ich da sein, auch wenn sie zur Zeit wirklich immer wieder sehr schwierig ist und es mir noch schwerer macht. Die Trauer ist mit oder ohne Kind ganz entsetzlich, denke ich, ich funktioniere einfach für unserer Tochter, unterdrücke tagsüber so gut es geht meine Tränen. Und abends breche ich zusammen. Ja, es stimmt, man hat wenigstens noch ein Teil von ihm. Dennoch ist man alleine und zu der Trauer alleinerziehend. Es kostet furchtbare Kraft und im Moment habe ich das Gefühl, ziemlich am Ende angelangt zu sein.

    Dir wünsche ich sehr, dass auch irgendwie durchhälst. Es ist wirklich gut, dass es dieses Forum gibt, wir können uns irgendwie gegenseitig stützen!

    Liebe Grüße

    Liesel