Plötzlicher gewaltsamer Tod

  • hallo an Alle,


    ich habe vor 8 monaten meinen vater durch die hand eines anderen menschen verloren und sehe mich jetzt noch mehr in meiner trauer und meiner starre als direkt danach.


    gibt es irgendwen, der auch mit einem solchen thema konfrontiert wurde und ev ein wenig "längere" erfahrung vorweisen kann, wie man mit sowas umgehen kann?


    ich kehre nur deswegen hervor, dass mein vater gewaltsam durch einen anderen menschen getötet wurde, weil sich für mich der abschied dadurch ganz massiv unterschieden hat. es ist einfach etwas anderes, wenn man schon ein jahr oder kürzer oder länger auf diesen tag X hinarbeiten kann(so wie ich es mit meiner großmutter tun konnte), als wenn ein geliebter mensch einfach so von einer sekunde auf die andere nicht mehr existiert. (und noch dazu viel zu jung war um jetzt schon zu gehen)
    ich möchte das nicht werten (in welcher skala oder massstäben auch immer...), aber ich hätte einfach gern ein wenig austausch mit leuten, die wirklich in einer vergleichbaren situation sind/waren.


    vielen dank und lieben gruß,


    martin

  • Hallo Martin,


    herzlich Willkommen bei uns im Forum. Du hast mit Deiner Abgrenzung völlig recht - ich glaube auch, dass so ein Geschehen, wie Du es mitmachen musstest, eine spezielle Dynamik auch in der Trauersituation auslöst. Wobei die "Plötzlichkeit" des Geschehens auch sehr viele andere hier im Forum beschäftigt.


    Wie kommst Du persönlich in Deiner Trauersituation zurecht? Hast Du das Gefühl, dass es neben der Trauer noch andere Aspekte der Tat gibt, die Dich zusätzlich belasten?


    Liebe Grüße,
    Markus

  • Lieber Martin !


    Es tut mir furchtbar leid,was Dir passiert ist und mein herzliches Beileid!


    Du hast mir aus der Seele geschrieben,dass ein Tod zwar für jeden schlimm ist,aber mich versteht auch in dieser Hinsicht nur wenige.Mein Sohn starb im Februar 2008 an Substistol einem Drogenersatzmittel,dass seinem Freund gehörte. Obwohl dieser zugibt beide Spritzen aufgezogen zu haben und beide viel gestritten haben bin ich nicht überzeugt,dass mein Sohn das selbst gemacht hat,weil ein einziger Einstich zielgenau in der rechten Armbeuge zu finden war.


    Jeder sagt jetzt gib ruhe,tot ist tot würdest du weniger trauern bei einem Unfall oder Krankheit.


    Nein,der Schmerz bleibt der Gleiche aber die Umstände bei einem plötzlichen gewaltsamen Tod lassen einen weniger zur Ruhe kommen.Ein Unfall,ein Herzinfarkt,eine Krankheit,alles erklärbar und genauso schrecklich,aber etwas ungeklärtes gewaltsames lässt diesen bitteren Beigeschmack nicht verschwinden. Verstehe Dich sehr gut,magst Du etwas über den Tathergang erzählen? Sei willkommen wir haben hier einen ziemlich offenen Umgang miteinander,denn früher habe ich mich auch gescheut hier zu schreiben,aber wer geht schon freiwillig als nicht Betroffener in ein Trauerforum,hab ich mir gedacht.Bei meinem Sohn sind es jetzt 11 Monate fühle mich um etliches schlechter als die Monate danach.


    Geht dir also nicht alleine so und mir auch nicht.Bin heute noch um Aufklärung bemüht und gehe meinen Weg weiter,man darf sich nicht beirren lassen. Ich glaube das Du weisst was ich meine. Schön dass Du hierher gefunden hast. Alles Liebe Chrisu

  • Hallo Martin!


    Auch von mir ein herzliches Willkommen bei uns! Wir haben nicht viele, aber einzelne Forumsteilnehmer, die Menschen durch einen gewaltsamen Tod verloren haben.


    Du könntest mal in folgende threads reinlesen:


    Meine Mutti wurde vor 1 Woche von einem Auto überfahren (Billys Vater wurde Jahre vorher erschossen.)


    Zeitungen leben von spektakulären Unglücksfällen (M.s Bruder wurde von Polizisten erschossen)


    Vielleicht magst du mal auf unserer Literaturseite schauen, ob dich ein Buch anspricht: Hier gibt es in der Rubrik "Plötzlicher Tod" ein Buch von Janice H. Lord: "Nicht einmal ein Abschiedswort. Trauer nach einem unerwarteten Todesfall"


    http://www.trauerhilfe.at/thanatologie/literaturliste.php


    Das könnte vielleicht hilfreich sein.


    Wir werden demnächst dieses Forum thematisch besser "ordnen" und einen Thementhread zum "Gewaltsamen Tod" eröffnen. Ich hoffe, dass sich hier Betroffene wie du besser angesprochen fühlen, denn das ist einfach ein besonders schwieriges Thema für Betroffene!


    Liebe Grüße


    Christine

  • Lieber Martin, auch von mir herzliches Beileid.


    Ich habe seit dem Tod meines Mannes und meiner Schwester viel darüber nachgedacht, welcher Tod eigentlich "besser oder schlechter" ist. Der Mensch (zumindest ich) neigt ja immer dazu, sein eigenes Schiksal als das Schlimmste anzusehen und das ist wohl auch in Ordung. Wer nicht trauert hat wohl auch nicht geliebt. Ich habe zwar keine Ahnung wie es sich anfühlt, wenn ein geliebter Mensch durch die Hand eines anderen getötet wird, aber vielleicht ist die andere Sichtweise trotzdem etwas hilfreich für Dich.
    Meine Schwester war 10 Jahre krank und ist trotzdem allein im Krankenhaus gestorben. Sie ist so oft im Krankenhaus gewesen, man hatte sich so oft verabschiedet, keiner konnte ahnen, dass es jetzt tatsächlich das Ende war. Man musste hilflos mit ansehen wie ein geliebter Mensch über Jahre oder wie bei meinem Mann über Monate mit Leidem dem Tod entgegen geht. Mein Mann hat immer gesagt, wenn ich mich mit ihm über einen ev. Tod unterhalten wollte: "Das können wir machen, wenn es soweit ist." Wir haben dieses Gespräch nie geführt.
    Aus meiner Perspektive kann es für Dich auch "sehr gut" sein, jemandem die "Schuld" an allem geben zu können. Ich werde immer grübeln, ob ich nicht doch seine Erkrankung eher hätte merken müssen. Ob er irgend etwas in sich reingefressen hat, was ihn krank machte. Außerdem hast Du den Vorteil deinen Vater so in Erinnerung zu behalten wie er immer war. Kranke Menschen verändern sich und zwar nicht nur äußerlich. Schreib mal wie Du es empfindest. Gruß Tati

  • Lieber Martin,


    herzlich willkommen hier. es tut mir sehr leid, d du diesen weg gehen musst.


    wir haben unsere tochter nicht durch gewalt, aber vollkommen unerwartet verloren.


    in der ersten zeit waren wir so unter schock und es waren so viele dinge zu erledigen, d wir gar nichts begriffen haben. es war auch alles viel zu unwirklich, unbegreiflich, unfassbar, so d wir es letztendlich überhaupt nicht begriffen haben.


    erst monate später kam alles ins bewußtsein. holte uns die wirklichkeit ein.


    das all das nicht nur ein alptraum ist und wir jederzeit aufwachen. man wacht auf, aber der alptraum bleibt. damit leben zu lernen ist ein langer weg.


    Wie du war ich auch auf der suche nach eltern, die ebenso ein kind durch einen plötzlichen tod verloren haben. ich wollte uns wieder -erkennen, verstanden fühlen.


    ich habe eine ganz enge freundin, die ihre tochter nur 5 monate nach meiner tochter gehen lassen mußte - durch krebs. diese junge frau hat 10 monate gegen dir krankheit gekämpft. sie , wir, alle. hier durfte ich über monate -täglich nahezu- die andere seite kennenlernen. wir haben so viele stunden darüber gesprochen. heute sage ich, im endeffekt bleibt die trauer gleich. es macht es weder leichter noch schwerer. der erste schock ist anders, weil auch eine erlösung mitspielt. aber danach sind die trauerphasen alle gleich. zumindest bei uns.


    ich kann dir nur raten -das ist aber nur meine erfahrung- rede, schreibe, laß jedes deiner gefühle heraus. durchlebe es und dich. egal wie ver-rückt dir vieles vorkommen mag.


    dafür wünsche ich dir viel kraft und viel mut.


    Karina

  • Hallo Martin!


    Auch ich möchte dir meine Anteilnahme zu deinem schweren Verlust ausdrücken.


    Ich weiss zwar nicht wie es ist, wenn jemand durch die Hand eines anderen stirbt, aber ich weiss wie es ist wenn jemand plötzlich ohne jede Vorwarnung von einer Sekunde auf die andere aus dem Leben gerissen wird. Mein Verlobter ist bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Noch heute frage ich mich warum das alles passiert ist. Es wurde nie geklärt druch was der Unfall ausgelöst wurde.
    Bei einem plötzlichen Verlust fragt man sich halt immer nach der Ursache. Bei einer Krankheit ist das etwas anderes.


    Wie jedoch schon die anderen gesagt haben, ändert es zwar nichts an unserem Schmerz, aber es wäre eine "Warum" Frage weniger. Etwas das uns noch mehr belastet. Die Trauer bleibt denoch bestehen.


    Willst du uns ein bisschen davon erzählen? Wie ist es den passiert?


    Hoffe ich bin nicht zu neugirieg. Erzähl nur wenn du auch wirklich willst.



    lg Sandra

  • Hallo martin


    Habe lange überlegt,ob ich dir schreiben soll oder nicht.Aber du gingst mir die letzten Tage
    nicht aus den Kopf.Meine herzliche Antteilnahme.Das ist etwas,von den ich sehr Angst
    habe.Ich hoffe das dieser Mensch,der dir und deinen Vater das angetan hat,auch bestraft
    wurde.Nie mehr soll dieser Mensch glücklich werden.
    Ich schliesse dich in meine Gebete ein und wünsche dir das du deinen Frieden
    findest,dein Leben glücklich weiter verlaufen kann.



    Connie

  • lieber martin,


    herzlich willkommen und mein herzliches aufrichtiges beileid.
    ich muss leider gestehen, dass ich sprachlos bin. Ich finde keine richtigen Worte. Ich weiß auch gar nicht, was ich schreiben soll weil ich, zum glück, noch nie in so einer situation gewesen bin. Ich kann mich damit nicht identifizieren und weiß somit auch nicht wirklich welche Worte dir jetzt villeicht ein wenig Trost spenden könnten...Aber ich möchte dir sagen, dass ich weiß wie schwer es ist einen geliebten Menschen von heute auf morgen zu verlieren ohne, dass man sich darauf vorbeireiten konnte...Einem fallen plötzlich Sachen ein, die man diesem Menschen gerne noch gesagt oder gegeben hätte und man ist wütend auf sich selbst, dass man es nicht schon vorher getan hat...ich wünsche dir für die bevorstehende Zeit ganz viel Kraft und viele liebe Menschen um dich herum...


    liebe grüße


    manu

  • ich möchte mich einmal vorab bei allen bedanken, die ir geantwortet haben und die mir ihre anteilnahme gegeben haben.
    ich habe schon länger nicht mehr auf diese seite gefunden (es ist halt bei mir so, dass der drang sich auszutauschen und etwas loszuwerden nicht immer gleich stark ausgeprägt ist), aber umso erfreuter war ich gerade als ich dann doch so viele rückmeldungen gesehen habe.
    da viele von euch gefragt haben, wie den mein verlust genau verlaufen ist, und es auch mit ein bedürfnis ist, auch einmal unsere(meine und die meiner familie) sicht der dinge in die welt hinauszurufen....soviel was man sich denkt und was essentiell in so einem fall ist geht einfach in der medialen berichterstattung oder auch in der erinnerung der mitmenschen unter.


    ich war an einem wunderschönen frühlingstag ende april letzten jahres mit meiner mutter essen, als uns meine schwägerin am telefon anrief um uns zu informieren, dass die polizei gerade bei uns zuhause war und sie darüber informiert hat, dass mein vater in eine "raufhandlung verstrickt" war und deswegen im AKH liegt.
    ich kann mic herinnern, wie ich (nachdem wir uns schnurstracks auf den weg ins akh gemacht haben) noch gedacht habe (ach geh, ...der wird eine auf die nase bekommen haben und nächsten sonntag lachen wir alle herzlich darüber... ein gedanke, der mir momentan die luft zum atmen nimmt...
    als wir im spital ankamen hat uns ein ärzteteam realtiv unspektakulär mitgeteilt, dass mein vater vorraussichtlich aufgrund eines schlages auf den kopf niedergesstossen wurde und sich beim fall an einer kante den kopf so unglücklich gestossen hat (er war scheinbar beim umkippen schon bewusstlos...), dass es massive hinrquetschungen hervorrief, die zu gehirnblutungen geführt haben und das gewebe dauerhaft zerstört hätten...
    ich habe noch nie so einen schlag in alle teile meines körpers bekommen, ...ich habe noch nie so etwas schreckliches gesehen, wie die zerstörte reaktion meiner mutter.
    es hat ein wenig gedauert, bis man das wirklich versteht,...da liegt dein vater auf der intensivstation mit schläuchen und schläft eigentlich ganz friedlich, ..und dir versucht jemand zu erklären, dass er nie wieder aufwachen wird....
    in der zwischenzeit hat uns auch noch einmal die polizei kontaktiert um uns über "fortschritte in den ermittlungen" zu unterrichten... gott, ...da sind soviele dinge passiert,...und ich habe mir schon damnals ständig gedacht, ...wenn es nicht um deinen vater ginge, wäre das eigentlich ein kabarett...so unbeholfen, wie da vor allem auch offizielle stellen mit dir umgehen,...so kalt und uneinfühlsam das gefühl, wenn du merkst, dass du/dein schicksal/dein schmerz ja auch nur eine aktennummer ist...


    nach 10 Tagen (3 stunden nach ende meines geburtstages) ist mein vater verstorben. schlussendlich hat der gehirnschaden die körperfunktionen ausser gefacht gesetzt. ich halte mich allerdings an den gedanken, dass mein vater mit einem freund (der in der selben nacht im gleichen spital verstorben ist) zusammen "gegangen ist"...aber ich denke er wollte noch warten bis mein geburtstag vorbei ist...


    5 monate danach begann endlich der prozess gegen den täter. ich hatte alle prozessunterlagen schon gelsesen und war extrem erpicht darauf den typen endlich zu sehen und das alles aus seinem mund zu hören. die vernehmungsprotokolle bei der polizei (der täter hat sich zusammen mit seinem freund gestellt, nachdem sein foto in der zeitung abgelichtet war) haben eine sehr deutliche sprache gesprochen...eine sprache die mir retrospektiv das kotzen ins gesicht treibt. man hat bei der ersten vernehmung gemerkt, dass die burschen einfach einen scheiss tag hatten, sich voll laufen liessen und dann nach einer aggressiven auseinandersetzung mit anderen passanten und einem strassenbahnfahrer (dabei haben sie auch gedroht und und und) der strassenbahn nachlaufen wollten. am weg zur nächsten station stand mein vater an einer auslage und hat von dem nichts mitbekommen. ein zeuge sagt nun, dass er gesehen hat, dass der täter einen schlag gegen meinen vater geführt hat. in der ersten vernehmung hat der täter das auch nicht bestritten,...erst nachdem er seinen ersten termin mit seinem anwalt hatte kam dann das "nicht-mehr-erinnern-können" und das "das-war-ja-alles-ganz-anders" usw usf.
    (kleine anekdote nebenbei: der anwalt, der den täter vertreten hat, war seinerzeit in einer firmgruppe, die mein vater geleitet hat...)
    ich wollte beim prozess dabei sein, und diese aussagen aus seinem mund hören. ich habe naiverweise gedacht, dass er vielleicht vor gericht die eier aufbringen wird und die wahrheit sagen wird,...aber da hab ich falsch gedacht.
    alles in allem war der prozess sehr enttäuschend und frustrierend...wieder einmal nur eine nummer, ..wieder einmal nur fadisierte leute, die einene fall abhandeln wie so viele andera auch,...aber eben für mich nicht. es war nicht ein fall wie jeder andere...es war unser fall,...es war der fall meines vaters...
    der täter wurde schliesslich zu 2jahren teilbedingt verurteilt. mit der uhaft konnte er als "frier mann" den gerichtssaal verlassen und ward seitdem nicht mehr gesehen...(mich hat ur geärgert, dass er gleich wieder mit den selbsen leuten verschwunden ist, mit denen er den folgenschweren tag hatte...nachdem ihm vorher der richter ins gewissen reden wollte, dass er sich vielleicht ein wbisserl seiner verantwortung und seiner opferhilfe bewusst werden soll)
    meine mutter wartet noch immer auf ihr schmerzensgeld und ich habe das vertrauen verloren.(dass er sich schon darum kümmern wird und selbst auf uns zukommt um zu versuchen seine tat wieder gut zu machen)


    ich weiss nicht, was ich mir erwarten kann, was noch passieren wird, was diese situation irgendwie verbessert. es tut sehr gut hier einmal alles niederzuschreiben,..obwohl ich mich nicht beschweren will, weil ich wirklich viele freunde habe, die mir jede hilfe angedeihen lassen...und ich bin auch sicherlich über das schlimmste hinweg,..allerdings habe ich das bittere gefühl, dass sooooo viel in mir nur begraben ist aber nicht aufbereitet oder verarbeitet...
    ich habe angst, meine gefühle irgendwann nicht mehr kontrollieren zu können. meine trauer kommt in regelmässigen abständen auf und lässt mich nicht zur ruhe kommen. das wurschtigkeitsgefühl gegenüber dem täter ist in echte wut übergegangen und ich weiss, dass ich als "opfer" (das ich NICHT sein will!!!!) einfach durch die finger schaue. je mehr mir das bewusst wird umso frustrierter ist es für mich. und ich habe angst, dass der zustand nicht besser sondern schlechter wird.


    Ich danke jedem, der es sich angetan hat, all das zu lesen,....es hat sehr gut getan, wieder einmal einen teil rauszulassen und niederzuschreiben (gott weiss, ich hab mir den mund darüber bereits fusselig geredet) und bin dankbar für jede rückmeldung.


    trauer ist doch ein komisches gefühl.... selten kam ich mir so lebendig vor, weil dies eben ein so ganzheitlich körperliches phänomen ist. ich war aber noch nie so innerlich tot und zerstört, weil die GANZE situation, nicht nur der tod meines vaters, einfach...unfair ist/leer macht/auslöscht. ich hasse mich schon dafür, dass ich dem täter gegnüber hass empfinde...wie gestört ist das denn???


    die trauer frissst dich von allen ecken und enden auf und ist stärker als jedes andere gefühl... wenn ich an meine frau denke, kann ich dasselbe über die liebe sagen. aber seit dem tod meines vaters lässt mich die angst vor dem verlust das gute nicht mehr voll geniessen.

  • Lieber Martin


    Ich habe es mir "angetan" deine Geschicht zu lesen.


    Ich kann es nachvollziehen das du von Hass erfüllt bist für diesem Mann, der den Gerichtsaal als freier Mann verlassen konnte und dein Vater aber sein Leben verloren hat.


    Ach, wie ungerecht kann es auf der Welt sein.


    Dein letzter Satz beschreibt so genau die Trauer, die wir hier alle empfinden, aber irgendwann, da bin ich mir ganz sicher, können wir das Gute wieder geniessen, zwar nicht ganz so wie voher, aber immerhin doch.


    Wüsche dir viel Kraft um deinen Verlust zu verkraften und das deine Hassgefühle wieder vergehen.


    Chrisi

  • Lieber Martin


    Danke das du uns das Vertrauen schenkst und uns die Geschichte vom furchtbaren Tod deines Papas lesen lässt.


    Das Gefühl das du empfindest ist voll nachvollziehbar...
    sowohl die Trauer
    als auch die Wut


    Martin, es ist in gut 8 Wochen genau ein Jahr her... der erste Jahrtag ist immer der Schlimmste... es geschieht alles zum erstenmal... Du feierst deinen Geburtstag zum ersten Mal ohne das dein Papa gratuliert.... es ist als ob ein Film abläuft ... man erinnert sich an jeder Sekunde die vor einem Jahr stattgefunden hat. Nur kennt man bei diesem Film das Ende...


    Kann deine Frau dich unterstützen? Versteht sie deine Gefühle? (du beschreibst sie so gut... die innere Leere)
    Chrisi hat das so schön geschrieben....
    Original Chrisi: "Dein letzter Satz beschreibt so genau die Trauer, die wir hier alle empfinden, aber irgendwann, da bin ich mir ganz sicher, können wir das Gute wieder genießen, zwar nicht ganz so wie vorher, aber immerhin doch.!"


    Martin, es wird anders... aber es wird! Trauer braucht Zeit!
    Dadurch das ihr diese unglaubliche Gerichtsverhandlung hattet, hat sich alles verzögert.
    Ein Jahr ist manchmal nur ein Wimpernschlag und kann doch so unendlich lang sein.


    Martin, meinst du es würde was bringen wenn ihr das Schmerzensgeld einklagt. (die Erfahrung zeigt zwar das es wahrscheinlich nur Kosten für euch bedeutet... so wie du den Täter beschreibst hat er nicht viel Geld?)
    Würde es dir helfen das deine Wut anders wird?


    Du musst dich nicht hassen, weil du Hass auf den Täter hast.
    Bitte Christine berichtige mich, aber ich denke man darf auch einmal hassen, oder Wut auf jemanden haben!?
    Wenn es wirklich eine "besoffene" Geschichte war, dann hätte der Täter ja zumindest Reue zeigen können?
    Er hätte einen Brief schreiben können und versuchen können sich zu entschuldigen.
    Irgendwas!


    Ach Mensch, das Leben ist manchmal so ungerecht!
    ganz liebe Grü0e
    deine Chris

  • Lieber Martin!


    Danke dir für deine Schilderung.


    Man kann es echt nicht fassen, wie feige die Menschen sind. Ich gehe Mal davon aus, dass er den Tod deines Vaters nicht gewollt hatte, aber dann nicht fähig sein, die Wahrheit über den Tathergang zu sagen und auch nicht versucht, sich dafür zu entschuldigen, um Verzeihung zu bitten und versucht, wenigstens etwas gut zu machen. Du hast das so gut erzählt, man kann direkt mitfühlen. Bei dir kommt zum Verlust deines lieben Papas noch diese riesige Enttäuschung über diesen Menschen dazu, die sich ja in Hass umgewandelt hat. Auch enttäuschend, dass anscheinend von all den anderen Beteiligten keiner mit Mitgefühl od. Wertschätzung gehandelt hat. Dieses "als Nummer od. Fall" gelten finde ich auch sehr bedauernswert. Da muss man ja schon rein beim Durchlesen "schlucken".


    Tröstlich der Gedanke, dass dein Papa noch deinen Geb. abgewartet hat und die Reise mit einem Freund antreten konnte.


    Wünsche dir alles Liebe,


    Linda

  • Guten Morgen Martin!


    Ehrlich gesagt möchte ich dir so vieles sagen, aber meine Gedanken und Gefühl die beim Lesen deines persönl. schicksals mich durchfluten lassen sich nicht so einfach in worte fassen.
    Ich stell es mir sehr schrecklich vor was du durchmachen musst, ich kann es sogar teilweise nachempfinden, vor allem diese Hass- und Wutgefühle.
    Sie nehmen so viel platz ein, fordern ihre berechtigung, m.M.n. zu recht, sie müssen "erlebt" werden, damit sie erträglich werden können.
    Vor allem dein letzter Satz hat mich berührt, denn ich kann ihm voll und ganz zustimmen, Trauer ist ein raumforderndes gefühl, genauso wie die Liebe, sie geht bis ins innerste, vielleicht weil der Ursprung der Trauer eben Liebe ist. Man verliert einen Menschen (in deinem Fall äußerst tragisch) den man liebt.
    Wie hier schon erwähnt, haben wir alle unterschiedliche tragische Verlusterlebnisse, aber die verbindung ist das gefühl von Trauer.
    Lieber Martin, es tut mir aufrichtig leid, was du alles durchstehen musstest und noch musst, vor allem dass du der Gleichgültigkeit begegnet bist, ich möchte dir aber sagen, dass es erträglicher werden wird, nicht jetzt und sofort, aber so langsam schritt für schritt, wird das Gute wieder an Bedeutung gewinnen und fühlbar werden.
    Jetzt nähert sich ja (wenn ich richtig gelesen habe) der jahrestag, wie geht es dir damit, deiner Familie? Habt ihr etwas geplant?


    fühl dich gedrückt
    Mira

  • Hallo Martin!


    Schön wieder von dir zu hören.


    Ja leider sind wir nur eine Nummer im Leben. Genauso wie für andere ein Toter nur eine nummer ist, so ist das bei einem Gerichtsverfahren auch. Jeder will so schnell wie möglich alles abschließen und an die Angehörigen denkt keiner. So einem Richter ist das egal, ob die HInterbliebenen damit einverstanden sind oder nicht.


    Ich verstehe das du voller Hass auf diesen menschen bist. Der hat nicht mal den Mum das er zugibt, welch schreckliche Tag er begannen hat. AUch wenn es für euch nichts mehr ändert.


    Wie hält sich den deine Mutter? Bekommst du auch von anderen Familienangehörigen unterstützung? Hast du dir Hilfe gesucht?



    lg Sandra

  • Lieber Martin,


    ich habe Dein Posting sehr aufmerksam gelesen - in meinem ersten Posting habe ich Dich gefragt, ob es noch andere Aspekte gibt - neben der Trauer - die Dich beschäftigen. In Deinem aktuellen Posting hast Du nun sehr genau über diese Aspekte uns berichtet. Ich stimme meinen Vorpostern zu, dass diese negativen Gefühle gegenüber dem Täter und das Gefühl "Opfer" zu sein, erstmal ihre Berechtigung haben.


    Trotzdem ist es sehr wichtig, dass Du Dich und diese Gefühle weiterhin reflektierst - das, was Dir geschehen ist, ist eine Art von Traumatisierung und unter Umständen ist es angezeigt, dass Du Dich mit diesen Gefühlen auf einer professionellen Ebene auseinandersetzt. Wie Du richtig sagst, fühlst Du Dich als Opfer, willst es aber gar nicht sein. Fremde Menschen haben auf eine unerhörte und unsägliche Weise in Dein Leben und in das Leben Deiner Familie eingegriffen. Dieser Eingriff hatte Folgen, die nicht wieder rückgängig zu machen sind. Letztendlich geht es um Vertrauen, das massiv erschüttert worden ist und welches nur sehr langsam wieder hergestellt werden kann.


    Kennst Du den Thread von m85? Ich habe damals u.a. folgendes geschrieben:


    "Ich denke, es gibt einige Erlebnisberichte von Menschen, die Ähnliches wie Du erlebt haben und die ihre Geschichte niedergeschrieben haben. Du wirst Deine Geschichte anders verarbeiten wie diese Menschen, aber es ist doch interessant zu sehen, mit welchen Gefühlen andere Menschen gekämpft haben und wie sie mit der Trauer und der Wut umgegangen sind.


    Ein für mich sehr beeindruckendes Beispiel war immer die Missionarin Corrie ten Boom, die unglaublich hart dafür gearbeitet hat, dass sie ihr Leben wieder in den Griff bekommt - v.a. als sie dem Menschen gegenüber steht, der ihr und ihrer Familie grosses Leid zugefügt hat. Vielleicht möchtest Du hier mal reinlesen?"


    Alles Gute lieber Martin,
    Markus

  • auch von mir, auch wenn es ein bisschen spät kommt, mein Beileid zum Tod deines Vaters!
    Ich habe dein Posting aufmerksam gelesen und bin echt schockiert darüber!ich hoffe instendig, dass der Täter nun daraus gelernt hat und sowas nie mehr macht!!


    ich wünche dir sehr viel kraft und schenke dir gerne was von meiner!!



    Liebe grüße



    traurigetina



    p.s sorry, heute fallen mir nicht dir richtigen Worte ein, deswegen ist mein Text heute nicht so lang!! :rolleyes:

  • Lieber Martin


    Danke das du uns soviel erzählt hast.Es ist schwer was zu sagen wenn man das nicht erlebt
    hat.Ich finde es aber gut das du nicht alleine bist,das du deine Frau hast.
    Ich bin der Meinung,das Gottes Mühlen langsam mahlen,aber gerecht.
    Obwohl es einen nicht so vor kommt,diese Täter ihre wahre Strafe bekommen.
    Ich kenne weder dich noch kannte ich deinen Vater,aber ich hab eine Wut auf
    den Täter.Einen Menschen sein Leben zu nehmen,den ich nicht mal kannte,der mir nichts
    getan hat.Einfach nur zur falschen Zeit an dieser Stelle stand!Nein!


    Ich kann auch überhaupt keinen Tatort oder der ähnliche schaun,weil mich das so stört
    das immer wer sterben muss.


    Ich wünsche dir zum Jahrestag viel Kraft.Das du deinen Geburtstag trotzdem feiern kannst.Weil
    er ja was positives ist.Und das du noch viel Gutes siehst und erlebst.Und wenns nur ein Lächeln ist.


    Sei gegrüsst Connie mit Manuel im Herzen


    PS Dein Vater ist ja nicht allein,er hat ja seinen Freund bei sich!!!

  • anfangs möchte auch ich dir meine anteilnahme aus sprechen,und ich gebe dir recht der plötzliche tod ist der schlimste,auch ich habe einige von meiner familie verloren,wenn wir uns ein wenig vorbereiten können ist es auch leichter,auch mein sohn starb plötzlich...auch ich habe alles von dir gelesen und finde es fürchtbar,und was mich ärgert wenn jemand was klaut wird er härter bestraft als wen er einen menschen auf dem gewissen hat,und ich geb dir auch recht das menschen nur mehr eine nummer sind,auch ich hatte es bei michael erleben müssen.leider wird es immer schlimmer,,ich finde es aber sehr schön das papa mit seinen freund vereint sind,so sind beide nicht aleine im himmel,,ich drück dich aus der ferne silvia

    Arme kleine Seele leid und Schmerz warn diese Welt.


    Kommt ein Engel nun vom Himmel,sanft im Arm,er dich jetzt hält.

  • Hallo, lieber Martin,
    herzliches Beileid!
    Jedem ist sein persönlich erlebtes Schicksal berechtigt das schlimmste, schmerzhafteste...
    meine Tochter Barbara starb 1976 durch einen gewaltsamen eingriff (ich wollte keinen Schwangerschaftsabbruch, meine Eltern erzwangen einen Schwangerschaftsabbruch) Ich habe davor und danach sehr gelitten. Gesetzlich ist das heute (vielleicht auch in Tirol) nicht mehr möglich. Ich habe die Tiroler als sehr doppelbödig in ihren Moralvorstellungen erlebt. Auch im bewußten weghören und wegsehen war die Dorfbevölkerung inkl Polizei Meister, vielleicht erst recht, weil meine Eltern und ich zugereiste (also Ortsfremde) waren. Da ging es also darum, den Tod meiner Tochter zu verhindern - und es gelang mir nicht.
    Vor etwa einem Jahr las ich, dass das einzige tiroler Frauenhaus für geschlagene Frauen aus Geldmangel geschlossen werden musste - auch das zeigt auf, das die Tiroler dafür kein Verstehen/ Verständnis haben. Wien hat 8 Frauenhäuser und zahlreiche Mutter - Kind - Häuser....


    Die andere Gewaltanwendung erlebte mein 1987 geborener Sohn durch seinen eigenen Vater. Ich werde nie vergessen, was damals sich zutrug. Zuerst die Hiobsbotschaft Tschernobyl (als ich im 3. Monat schwanger war), dann fällt mein Vater mit der Tür in die Wohnung in Verbindung mit den Worten "Weißt du das Großvater tot ist? Übermorgen ist Beerdigung ...700 KM entfernt. das fiel auf einen Samstag. Am Sonntag war Muttertag, jener Tag - an dem mein jüngstes Kind gewaltsam starb durch seines Vaters Hand. Ein Hammer war auch die gerichtliche Sichtweise: zuerst 18 Jahre wegen Mord, im zweiten Verfahren 12 Jahre wegen des gleichen Deliktes. Da der Kindesvater Deutscher war, wurde er nach teilweiser Haftverbüsung nach D überstellt. An der Grenze sagten ihm die Beamten: für das gleiche Delikt hätten Sie in D nur 7 Jahre bekommen. ...
    Der Hammer war ja auch, das der Kindesvater wärend der gesamten Schwangerschaft in seinem Verhalten auffällig war, weswegen ich ihn zu Seelsorger und Psychiater nicht nur einmal, sondern fast wöchentlich schliff. Aber in die Seele eines Menschen kannst Du nicht hineinschauen.
    Ich hatte die Kinder bewußt nicht zur Beerdigung nach Kärnten mitnehmen wollen und daher getrennt bei befreundeten Familien untergebracht. und die eine Frau - der ich Christopher lebend anvertraut habe - die hat hernach fast noch mehr gelitten, denn sie gab dem Kindesvater Christopher zurück...Stunden später war mein Kind tod (und eben nicht nur einfach tot, sonderngezielt bewußt ermordert!). Sie hat richtig gehandelt, denn rechtlich hat die Frau nicht anders handeln können.


    Die Zeit des Todeskampfes meines Kindes habe ich im Herzen mitbekommen, ich war vollkommmen gribbelig und durcheinander, wollte nach Hause (wenistens Anrufen) und das ging nicht, weil kein Telefon...erst am Abend konnte ich anrufen, habe aber niemanden erreicht. Dafür wurde ich am nächsten morgen vom Telefon geweckt. weinend von mein Mann, der mir die Todesbotschaft überbrachte - wobei ich damals noch davon ausging, das unser Kind an seinem angeborenen Herzfehler gestorben ist. Ich rief Freunde an, die alles Organisiert haben: Polizeieinsatz und das meine überlebenden Kinder untergebracht wurden bei Bekannten, bis ich wieder zu Hause war. Das angefügte Foto zeigt mich mit Christopher Marvin, den ich in der Linzer Frauenklinik zur Welt gebracht habe. Heute bin ich davon überzeugt: Wenn das Schicksal es so oder so will...dann kann man auch eine Ermordung nicht verhindern.

    Sein Erbarmen hört niemals auf; er schenkt es allen, die ihn ehren, über viele Generationen hin. Lukas 1,50