Nie wieder wir

  • Ach René,

    heute ist ein Tag zum Durchheulen. Die "Feier"tage sind überstanden, habe geglaubt, dann geht´s besser. Das Gegenteil ist der Fall. Silvester war ich- entgegen meinem Vorhaben- bis Mitternacht wach. Es ging da noch relativ gut. Habe mir aus unserem Schlafzimmerfenster das Feuerwerk angeschaut. Pauli war draussen und auch durch Rufen und Pfeifen Stunden vorher nicht rein zu bekommen. Er hat mir schon leid getan. Ich mir aber auch. Habe dir zugeprostet und dir Luftküsse in den Himmel geschickt, obwohl ich gar nicht an die Himmelstheorie glaube. Aber wonach greift man nicht alles in seiner Verzweiflung. Nun, im ersten, Neuen Jahr ohne dich wird mir erstmal bewusst, dass es das erste neue Jahr ohne dich ist. Alles auf Anfang, ein ganzes Jahr lang duchhalten ohne dich. Dann heute von deinem Facebook Account ein Jahresrückblick 2023 mit Musik untermalt. Warum muss das jetzt auch noch kommen. Der Rückblick ging eh nur bis zur Jahresmitte denn dann warst du ja schon tot. Und die wirklich wichtigen und traurigen Momente waren natürlch nicht dabei. Scheiß Facebook, bin eh kein Freund, Zeitfresser. Aber du warst nunmal dabei. Versuche, dein Profil zu löschen. Deine Ex-Frau fummelt mir zuviel darin rum. Wir sind seit 25 Jahren verheiratet und sie muss jetzt gemeinsame Fotos von uns beiden liken. Du hast sie gehasst wie die Pest und jetzt mischt sie sich doch noch in unser Leben ein. Deine mit ihr gemeinsamen Kinder fordern ihren Pflichtteil, dafür hat sie auch gesorgt. Ich bin doch einfach noch traurig und habe genug mit mir selber zu tun. Weiss gar nicht, wie man so ein Nachlassverzeichnis erstellt bis zu deiner letzten Unterhose hin. Das ist grausam und gruselig. Ich habe alles für sie zusammengestellt: 4 Fotoalben von dir als du klein warst. Mit deinen Eltern, deine Eltern als sie jung waren, also ihre Großeltern, deine Hefte, als du Schreiben gelernt hast, die Koordinaten der Seebestattung von ihren Großeltern, deine Schulzeugnisse,... Darauf reagieren sie gar nicht mehr, sie wollen nur Geld sehen. Als du gestorben bist haben sie lieber schön warm in ihren Hotelbetten gelegen, obwohl sie wussten, dass du die Nacht nicht überlebst. Haben am Morgen auch erst gemütlich gefrühstückt. Um 2.00 Uhr bist du gestorben, um 08.00 Uhr bin ich nach Hause gefahren, um 09.00 ist deine Tochter gekommen und hat ihre Mutter mit an dein Totenbett gebracht, weil ja die Luft rein war. Das hättest du nie gewollt, das wusste deine Tochter auch ganz genau. Und trotzdem wurde dein Wille nicht akzeptiert. Diese Familie ist einfach nur erbärmlich. Ich möchte doch einfach nur in Ruhe gelassen werden und meine Trauer verarbeiten.

    Christiane hat mir an Neujahr "Viel Freude für 2024" gewünscht. Musste mal wieder schlucken. 48 Jahre sind sie und ich befreundet. Habe es erstmal sacken lassen und am Abend zurückgeschrieben. Dass ich meine Freude erstmal wieder lernen muss. Dass ich mir für 2024 Stärke, Mut und Zuversicht wünsche um alles zu schaffen. Auch das Praktische. Aber in einer Spassgesellschaft wünscht man sich wohl viel Freude. Ob sie sich vorstellen könnte, wenn ihr Albrecht heute tot wäre, dass sie sich auch viel Freude wünscht fürs neue Jahr. Ihre Antwort: Tut mir leid, wenn ich mich im Ton vergriffen habe. An Silvester ist man ja auch nicht mehr ganz nüchtern. Mehr nicht! Wenn sie das bereut hätte... es waren viele Stunden dazwischen, wo sie es hätte korrigieren können. "Ein Frohes neues Jahr, ich denke an dich und nehm dich mal in den Arm" hätte doch schon gereicht. Vielleicht bin ich zu hart? Du hast immer gesagt, sie ist dumm wie Brot. Ich habe sie immer verteidigt und mir meine Freundschaft nicht schlechtreden lassen. Auch von dir nicht. Hab immer gesagt, ich kenn sie länger als dich und sie wird immer meine Freundin bleiben. Wir hatten einige Bewährungsproben, aber diese hier wird sie wahrscheinlich nicht überstehen. Meine Geduld ist auch bald ausgereizt.

  • Liebe Susi,


    das hört sich alles gar nicht schön an, es ändert sich viel.


    Weißt Du ich habe mit meiner Freundin nicht gebrochen ich hab Ihr klar gesagt das es mich so nicht mehr gibt und auch kein Weg zurück dahin.

    Diese Haltestelle gibt es einfach nicht mehr.

    Wir reden über alles aber nicht darüber weil sie es einfach nicht nachvollziehen kann.

    Sie akzeptiert das ich anders bin das sich etwas geändert hat.

    Sie akzeptiert mich so wie ich bin auch wenn sie es anders lieber hätte.


    Dafür habe ich andere Menschen mit denen ich reden kann auch neue die sich natürlich wesentlich leichter tun weil sie uns so kennen lernen.


    Es ändert sich schlicht einfach alles.


    Vlg. Linchen

  • Liebe Susi


    Das hört sich schrecklich an was du gerade erleben und fühlen musst. Das tut mir richtig leid . 🥲

    Auch das Erlebte als dein Mann verstorben ist.


    Was ist los mit den Menschen . Überall Emphatielosigkeit . Immer wieder und kein Ende in Sicht .
    Und dann steht man da , allein mit den eigenen Gefühlen , vor einer emotionalen Wand.


    Das macht doch oft mutlos und ratlos und wütend.


    Und deshalb, liebe Susi , ist es gut hier zu sein und auf Verständnis zu treffen .


    Es ist so , wie Linchen schreibt, uns gibt es nicht mehr so wie wir einmal waren . Man muss uns jetzt so nehmen wie wir sind , denn das müssen wir selber ja auch . Wir müssen uns auch selber wieder kennen lernen , um zu wissen was wir noch wollen, können und uns wünschen.


    Herzliche Grüße im verstehen ❤️❤️

  • Mein liebes Renéchen,

    ich habe vor ein paar Tagen unsere Schachtel mit Liebesbriefen im Kamin verbrannt. Es ging mir sooo schlecht dabei. Ich hoffe, du bist mir nicht böse. Ich weine seitdem sehr viel um uns. Aber wenn ich morgen sterbe, hinterlasse ich dieser kruden Nachwelt nicht unsere ganz privatesten Zeilen. Ich trage zuhause nur noch dein schönes, warmes, kanadisches Holzfällerhemd. Nachts trage ich deine zerlöcherten T-Shirts. Manchmal komme ich aus der Dusche und ziehe alles wieder an zur Arbeit. Außer der Schlafanzugshose natürlich. Ich kann es kaum ertragen zur Zeit. Meine Mutter möchte ihren 80. Geburtstag feiern. Sie hatte vorgehabt in unserer Gegend. Aber wie es in einer Familie so ist gibt es da Einsprüche. So muss ich wieder organisieren, kümmern, tun, machen. Ich kann aber nicht mehr, René. Selbst wenn du mir Kraft schickst, ich bin am Ende. Ich habe das Gefühl, dass mich meine eigene Familie zerstört. Sie denken nur nach über Geburtstag und anschliessendender Feier auf einem Schützenfest..... KRANK!!!!!

  • Guten Morgen liebe Susi,

    habe gerade bei dir gelesen. Wir sind ja noch aus einer Generation, wo Briefe geschrieben wurden. Ich habe einen langen und ganz speziellen von meinem Mann schon vor Jahren im Kachelofen verbrannt , auch mit dem Gedanken, dass es niemals ein Außenstehender lesen darf. Damals hat mir das nichts ausgemacht, aber da waren wir ja auch noch zusammen. Ich kann aber sehr gut nachvollziehen , dass das für dich

    zum jetzigen Zeitpunkt sehr schwer war.😔

    Dass du noch eine Mama hast, die ihren 80igsten plant, ist doch eigentlich was schönes. Aber ich verstehe gut, wenn einen die Trauer packt und man sich von der eigenen Familie nicht gesehen und verstanden fühlt, wie schwer das alles ist.

    Wünsche dir ganz viel Kraft und neue Zuversicht

    Zausel

  • Liebe Susi,

    Ich bin Jahrgang 1956 und habe schon lange keine Eltern mehr, dafür aber ältere Brüder. Am 19.03.23 verstarb mein Mann unverhofft, keiner hat mich aufgefangen, im Gegenteil Anfang Mai teilte mir meine ältere Schwägerin heulend mit, dass ihre Schwiegertochter sich von ihrem Sohn scheiden lassen will. Für sie brach die Welt zusammen. Von da an war meine Trauer und mein Verlust kein Thema mehr. Von meinem zweiten Bruder habe ich seit der Beerdigung gar nichts mehr gehört. Das wollte ich dir nur mal zum Thema Familie schreiben.

    Liebe Grüße Karin

  • Hallo liebe Zausel,

    ich weiss das schon sehr zu schätzen, dass ich noch eine Mutter habe die ihren 80. Geburtstag auch mit mir zusammen feiern möchte. Da es aber auch eine jüngere Schwester gibt die das Lieblingskind ist muss ich mich dem fügen, was die beiden zusammen beschlossen haben. Wie immer in unserem gemeinsamen Leben. René hat mich oft gefragt: Bist du nicht traurig, wenn deine Mutter mit deiner Schwester in Urlaub fährt und du noch nicht mal gefragt wirst ob du mit möchtest. Er konnte es nicht fassen, dass ich schon lange nicht mehr traurig war. Hat es mir nicht geglaubt, obwohl es so war. Meine Mutter hat auf meine Frage, warum wir nicht mal alle drei wegfahren können geantwortet: Du bist ja nicht für diese Länder. Stimmt! Aber wir hätten zu dritt eine andere Art von Urlaub machen können. Daraufhin kam nix mehr. Meine Mutter wollte hier im Norden ihren Geburtstag feiern, meine Schwester hat es ihr ausgeredet weil der Geburtstag auf Pfingsten fällt und somit Schützenfest im Sauerland. Nun wohne ich 600 km weit weg, bin am Ende meiner Kräfte, mein Kätzchen bekommt epileptische Anfälle wenn ich ihn in die Box stecke und alles soll in meinem Kopf noch richtig funktionieren. Ich weiss, dass ich dankbar sein darf, noch eine Mutter zu haben. Weiss halt nur im Moment nicht weiter. René würde sagen: Scheiss doch auf deine Familie. Hat sie dir jemals geholfen. Nur Lügerei. Aber es ist halt Familei

  • Liebe Susi


    Es ist mit Familie halt so unterschiedlich wie alles was man im Leben so erlebt .

    Nicht jeder hat das Glück gehabt sich gut gebettet und aufgehoben gefühlt zu haben .


    Ich finde es immer so berührend , liebevoll und herzzerreißend mit welcher Wehmut und größtem Respekt hier soviele über ihre Mütter und Väter schreiben und sie diesen Verlust schwer ertragen.

    ❤️❤️❤️❤️❤️ Und das berührt mich immer sehr, als Mutter mit großem Herz ❤️


    Aber es gibt halt auch die andere Seite . Und da verstehe ich dich sehr . Ich bin auch mehr bei meinen Großeltern groß geworden , die sehr liebevoll waren und mein großer Schatz.
    War ein ungewolltes Kind und somit für meine Mutter nicht wichtig. Es gibt halt alles.


    Und deswegen kann ich verstehen , dass es dir schwer fällt sich auf etwas einzulassen , was du nicht fühlst , zumal du ja selbst zu kämpfen hast . Mache nur das wozu du dich in der Lage fühlst und wenn du nichts tust , ist das auch in Ordnung.


    LG 🌞 :24:

  • Liebe Susi,

    du hast deinen Mann nicht mehr an deiner Seite , da müssten deine Mama und Schwester Verständnis haben , wenn der Geburtstagsrummel und die ja wirklich sehr lange Fahrt über deine Kräfte gehen.

    Finde für dich die richtige Entscheidung.LG

  • Liebe Susi,


    da hat Dein Rene ganz Recht. Genauso würde Dirkie auch sagen. Familie hin oder her…..Nach dem Tod meines Dads 2005 brach der Kontakt zu meinen älteren Brüdern auch ab, denn ihre Eifersucht auf mein Verhältnis zu Papa war ja nicht mehr von Nöten und als Mami 2018 starb war null Kontakt mehr da. Zum Raumtausch vom Dirk kamen dann dämliche Floskeln und keiner hatte Verständnis …..Ich lebe gut ohne die Mistpoke …..Selbst als mein Schatz noch physisch bei mir war, hatten wir wenig bis null Kontakt ….

    Auch wenn es Deine Mama ist, so besteht gar keine Pflicht weil Familie für Dich, am Geburtstag teilzunehmen.

    Ein gutes Telefonat, eine Erklärung des warum Du es nicht kannst und vielleicht ein paar schöne Blumen tun es auch …klingt hart ich weiß aber so würd ich es tun…

    Liebe Grüße

    Uschi