Wunden verheilen, aber tiefe Wunden heilen nie

  • Ihr Lieben,

    ich trage auch meinen Ehering. Und den meiner Frau. Habe ihn extra kleiner machen lassen, um ihn nicht zu verlieren. Am kleinen Finger. Neben meinem. So ist zusammen was zusammen gehört. Unser Versprechen über den Tod hinaus. Das haben wir uns versprochen und so soll es sein. Für mich, für sie.

    Liebe Grüße Billi 🌻

  • Hallo,

    hatte den Ehering von Uti heute auch noch mal in der Hand, und sah noch mal die Gravierung.


    Thomas - 15.05.92 - ich erinnerte mich sofort wieder an diesen Tag, an dem ich ihr den Ring ansteckte.


    Dieser emotionale Moment bewirkte dann natürlich wieder eine gerade übliche Reaktion. Mir ging es wieder schlecht, so positive Erinnerungen können auch wieder böse ausschlagen. Seit letzter Woche hat sie nun endlich auch ihre Liegeplatte auf dem Grab, jeden Tag stehe ich davor, jetzt kann man also auch dort lesen, dass sie tot ist, schlimm. Bin aber trotzdem froh, dass die Platte nun endlich fertig ist, wurde am Grab auch schon gefragt: "Wer ist denn da gestorben?" - keine schöne Situation.


    Dieser Ehering hat in mir wieder diese Trauerwelle erzeugt, von der hier schon so viele schrieben. Was habe ich gemacht, bin mit dem Auto nach Kevelaer gefahren.


    Für diejenigen, die mit dem Ort nix anfangen können, Kevelaer ist der vielleicht bedeutendste Wallfahrtsort in NRW. Es ist noch keine Saison, also auch kaum Pilger vor Ort, war alleine in der Gnadenkapelle und habe dann draußen an der Wallfahrtskirche Kerzen angezündet.


    Uti und ich waren so oft da, meist vor den wichtigen MRT´s, heute zum ersten Male alleine.


    Habe mir keine Schutzengel-Kerze von dort mitgebracht, Uti bestand immer darauf, eine Kerze für zu Hause zu kaufen. Die letzte habe ich nach ihrem Tod aus Wut weggeschmissen.


    Aber beim nächsten Mal bringe ich mir wieder eine mit, auch wenn uns die Kerzen und Schutzsteine kein Glück brachten.


    Gruß

    Tommi

  • Lieber Tommi,

    das was Du mit deiner Liebsten durchgemacht hast, hat mich tief berührt und auch ich möchte dir sagen, das ich sehr mitfühle. Ich kann sehr gut verstehen wie schlimm die Wochen und Monate für dich und deine Liebste waren.

    Auch ich habe meine liebe Ulli durch Hirntumore , erst ein spezieller, weiß gar nicht, ob es ein Glioblastom war, dann mehrere, es hieß dann multiple Metastasierung, später auch in Lunge und Leber, gehen lassen müssen.

    Ich habe geflucht , im leisen natürlich, damit sie es nicht hört, ich habe im Auto geschrien und geweint...und ich habe auch , leider 1-2 mal mit ihr geschimpft, mit meiner Allerliebsten... sie, die nun gar nichts dafür konnte.. es tat mir so leid.. und jetzt kommen mir auch grad wieder die Tränen..

    Ich habe mich dann bei ihr entschuldigt, damals konnten wir noch miteinander reden, auch wenn es etwas dauerte bei ihr bis die Antworten kamen.. Ich sagte ihr das ich mit dieser Ohnmacht nicht so gut klar käme, weil es oder sie mir so unendlich leid tat, sie, diese wunderbare , tolle Frau so dahinsiechen zu sehen.. .. damals war sie ja noch zu Hause, und ich kuschelte mich an sie und streichelte sie ganz lang. .und ich glaube, sie hat mir verziehen...

    Lieber Tommi, ich weiß wie es in dir aussieht, oder aussah.. ich hoffe und wünsche, das Du mit dir wieder Frieden gefunden hast , oder findest...

    Auch wir haben so viel probiert.. Waren bei einem Arzt, der bei Youtube einige Videos eingestellt hat über Alternative Krebstherapien, hat leider nichts gebracht, sie war wohl schon zu schwach. ..


    Lieber Tommi, ich weiß auch leider kein Rezept gegen diese Wut, Trauer und Ohnmacht, und auch nicht gegen diese Leere und Hoffnungslosigkeit

    Aber was bleibt uns, außer der Hoffnung, das es Ihnen gut gehen möge..

    Meine Ulli ist. .nee, sie war ..eine gebürtige Rheinländerin, in Düsseldorf geboren, und sie war eben auch eine Frohnatur und sie war auch ein bißchen gläubig...und vielleicht haben Deine Uti und meine Ulli da oben schon längst ein Pickolöchen zusammen getrunken..

    Gestern war ich noch tief unten...Dank der vielen Lieben hier, die mich aufgefangen haben, gehts heute etwas besser.....

    Schön, das es euch gibt...

  • Hallo Deti,

    vielen Dank für Deine Zeilen.


    Ich möchte gar nicht so viel schreiben, Deine Geschichte berührt mich sehr, und manches kommt mir auch bekannt vor, leider.


    Das mit dem Schimpfen läuft mir auch immer noch nach, auch meine Nerven hielten dieser Dauerbelastung einfach nicht immer stand.

    Frage mich manchmal auch, warum ich auch mal laut geworden bin, das tut mir im Nachhinein auch sehr leid.


    Leider war es so, dass Uti anscheinend auch unter einer Wesensveränderung litt, dies ist bei Glioblastom-Verläufen nicht selten. Ich musste mir Sachen anhören, die überhaupt gar nicht in unsere glückliche Ehe passten, ihr geistiger Abbau hat mir endgültig das Genick gebrochen.


    Ich konnte nicht mehr, sie aber auch nicht, nur sie war eine Kämpferin und hat bis zum Schluss noch alles versucht. Sie merkte nur nicht, dass ihr Körper schon aufgegeben hatte. So oft sagte sie mir, dass sie nicht mehr kann, nicht mehr will. Als ich ihr dann aber auch sagte, dass die Ärzte dann den Daumen für uns senken würden, war sie direkt wieder stark "ich will aber bei Dir bleiben, Tommi" - "Aufgeben ist keine Option", ja da war sie dann wieder die rheinische Kämpferin.


    Hier im Forum bekommt man immer Hilfe, und wenn man einfach auch nur was in die Tasten tippen möchte.


    Jeder hier hat schwere Momente erlebt, manche haben ihren Partner auch durch einen Hirntumor verloren.


    Bei der Diagnose 2021 war mir klar, dass dies ein Kampf bis zum Umfallen werden würde, unsere Chance war nie gut, das Glioblastom ist so ziemlich mit der ärgste Feind, den man sich einfangen kann. Trotzdem hätte ich nie gedacht, auf welche Weise ich Uti am Schluss verlieren würde, das war knüppelhart, wir haben so gelitten, die Sedierung der Ärzte war letztendlich eine Erlösung.


    3 Jahre Kampf gegen den Hirntumor haben bei mir Spuren hinterlassen, diese Wunden heilen nie.


    Ich glaube, wir sollten uns nicht ständig zu viel vorwerfen, unsere Partner waren immer dankbar, dass wir für sie da waren, auch als es richtig schwer wurde.


    Und weißt Du was, wenn wir wirklich etwas verkehrt gemacht hätten, Deine Ulli und meine Uti hätten uns dieses doch schon lange verziehen.


    Gruß

    Tommi

  • Ja, Tommi, ich denke auch das sie schon längst verziehen haben.

    Wir haben gemacht, was wir konnten und dafür waren sie bestimmt sehr dankbar, auch wenn sie es vielleicht nicht so zeigen konnten..


    Ich hoffe, das Deine Wunden sich doch noch glätten. .irgendwann..!!!

  • Hallo Tommi und Deti,


    das mit dem selbst nicht verzeihen können, hat bei mir auch sehr lange gedauert. Ich habe für mich in der Klinik erst einen weg gefunden, damit ich damit klar kam.


    Ich habe in meinem Trauertagebuch einen Brief an meinen Mann geschrieben und all die schlimmen Momente nochmal beschrieben, wo ich so "fies" zu ihm war und meine Gefühle zu dem Moment aufgeschrieben. Und auch, dass es mir unendlich leid tut. Das hat mir geholfen, es aus meinem Kopf ein wenig herauszubekommen.

    Am Grab stehen und es ihm immer wieder sagen, das hatte vorher nicht so geholfen, trotz weinen.



    Vielleicht könnt ihr es später auch mal. Aber jeder geht damit anders um.


    Fühlt Euch lieb umarmt 🫶


    Constanze

  • Hallo Liebe Constanze,

    erstmal wieder lieben Dank für die einfühlsamen Worte.


    Ich finde die Idee mit dem Brief auch sehr schön, ich denke auch das ich das bestimmt auch machen werde. Ich hatte vom Seelsorger auch die Idee eines Trauertagebuchs mit auf den Weg bekommen, was ja auch ähnlich ist.


    Ich bin mir ziemlich sicher, das unsere Liebsten gemerkt haben, wie leid uns die ..Entgleisungen...getan haben und wie Tommi auch geschrieben hat, sie haben uns bestimmt verziehen.


    Die ganze Situation ist halt ...für beide.. so unendlich schwer und hoffnungslos, das es schon ein Wunder ist, das wir alle das geschafft haben..

    Unsere Liebsten, das sie irgendwie, manchmal sicher mit so viel Angst und Schmerzen und Qualen, den Horizont erreicht und überschritten haben.

    Und genauso ..wir.. das wir oft so tatenlos alles letztendlich mit ansehen mußten, ohne helfen zu können. und sie so leiden sehen zu müssen.

    Ulrike hat mir auch mehrere male gesagt, das ich für mich sorgen soll und mich irgendwie ablenken sollte, was aber kaum gelang, denn weder Musik noch Lesen oder sonst etwas hatte mir Freude bereitet. Es ging gar nicht, weil die Gedanken nahezu ausschließlich mit ihrer Krankheit, ihrer Pflege und Betreuung beschäftigt waren, oder ich dann irgendwann einfach nur noch ne halbe Stunde an die Decke oder Wand gestarrt habe.. So hat sich wohl mein Geist und meine Psyche immer wieder etwas regeneriert..


    Nun hast du alle Angst und alle Sorgen und Schmerzen hinter dir gelassen und ich habe sie, die Angst und die Sorgen, für dich .. hier .. aufgefangen und ich werde sie so für uns beide.. mein lieber Schatz .. auch irgendwann .. hier .. lassen..!!!


    ...bis wir uns wiedersehen...!!!


    LG von Deti

  • Hallo Constanze,

    vielen Dank für Deine Zeilen.


    Ich finde "Euer" Avatar übrigens ganz toll, so natürlich, manchmal sagen Bilder sehr viel über den Menschen aus.


    Wir haben auch solche Bilder, ich traue mich aber einfach nicht, diese wieder rauszuholen, Uti´s Strahlen auf den Fotos ist beeindruckend.


    Ein ganz besonderes Bild liegt mir so am Herzen, ein Selfie mit uns beiden auf einer Brücke in Salzburg, mit der Festung im Hintergrund.

    Es ist unser schönstes gemeinsames Foto, ich habe im Moment noch nicht die Kraft, sie so glücklich auf Bildern zu bewundern.


    Heute morgen bin ich wieder sehr oft in Gedanken auf der Palliativstation, diese furchtbaren Szenen kommen immer mal wieder hoch.


    Darf ich fragen, wo dieses schöne Bild von Euch aufgenommen wurde? - Habe sehr viel von Deutschland gesehen, aber das Gebäude kenne ich wohl nicht.


    Viele Grüße

    Tommi

  • Lieber Deti,


    ich glaube, dass viele, die ihren Partner gepflegt haben, sich schon einmal im Ton vergriffen haben.

    Mein Mann war extrem Pflegeleicht, hatte immer gute Laune aber, er wollte nicht,

    das ich seine Körperpflege übernehme. Er wartete, bis die ambulante Krankenpflege kam. Irgendwann, bin ich dann

    verbal entgleist.

    Mein Mann war fast 3 Monate im Koma, er wusste nicht, wie er die Entgleisung einordnen sollte. Noch heute sehe ich ,

    seinen fassungslosen Blick.

    es hat lange gedauert, bis ich das mit Hilfe meiner Psychologin verarbeitet hatte.

    Ein Trauertagebuch führe ich bis heute, und schreibe ihm jede Woche einen Brief.


    Liebe Grüße

    Maike

  • Lieber Tommi,


    auch ich muss jedes Mal weinen, wenn ich Bilder von uns zwei sehe. Besonders schwer ist es im Wohnzimmer, da hängen Collagen von uns.


    Ich schreibe mittlerweile auch in ein Erinnerungsbuch. Da sollen nur die schönen reinkommen. Ist aber schwer, da viel noch mit der Krankheit zu tun hat.


    Das Bild ist in Essen auf der Mathildenhöhe (?) entstanden. Das war noch vor seiner Krankheit.


    Habe übrigens eben das erste Mal für mich alleine gekocht. Seit August eigentlich. Ist komisch, so allein. Und ist natürlich viel zu viel.


    Alles Liebe und sei gedrückt,


    Constanze

  • Liebe Constanze,

    nein, da war ich noch nicht, obwohl Essen nur rund 40km von hier entfernt liegt.


    Dafür kenne ich aber die Insel Fehmarn auch sehr gut, ich weiß, Du schriebst einmal, dass dies Eure Lieblingsinsel ist.


    Ja, diese Erinnerungen, waren auch oft am Flügger Leuchtturm mit unseren Rädern, letztens sah ich im TV Bilder von Travemünde, auch das machte mich direkt wieder traurig. Gewohnt haben wir immer am Schönberger Strand, also eher die Kieler Ecke, dort wo ich im April versuche auszutesten, was überhaupt noch geht.


    Das mit dem Kochen macht mir eigentlich nichts aus, habe in den 3 Jahren Kampf sowieso diese Aufgabe übernehmen müssen, Uti hat mir auch noch eine Menge beigebracht. Aber alleine essen ist trotzdem schwierig, sitze auch immer auf ihrem Platz im Esszimmer, kann es nicht ertragen ihren leeren Stuhl zu sehen.


    auch alles Liebe


    Gruß

    Tommi

  • Hallo Ihr Lieben,

    kennt Ihr auch dieses Gefühl, die Trauer erschlägt einen regelrecht und man macht sich noch zusätzlich Gedanken, was aus einem selber wird?


    Wir haben leider keine Kinder, meine Bezugsperson ist meine 88jährige Mutter, sie steht kurz vorm Pflegegrad und trauert selber. Sie kannte Uti auch schon fast 40 Jahre und hatte ein sehr inniges Verhältnis zu ihr, so wie zu einer eigenen Tochter.


    Und da ist auch noch mein Bruder, er wohnt rund 100km entfernt von hier, arbeitet aber in der Nachbarstadt, und hat sich in den letzten 3 schweren Jahren zumeist auf das Nötigste beschränkt. Ich habe gerade das Gefühl, dass sich daran auch jetzt nichts geändert hat.


    Es sind auch noch ältere Patenkinder vorhanden, zu denen wir aber nur wenig Kontakt hatten.


    Freunde? Unsere besten Freunde waren Uti und Tommi, also wir selber, und wir waren glücklich damit. Vielleicht haben wir dadurch manche Kontakte ein wenig vernachlässigt, die Folgen spüre ich gerade ziemlich heftig.


    Das Thema Familie ist in diesem Forum ja oft vertreten, während Uti´s Kampf war es eher die Nachbarschaft, die uns stets unterstützt hat, die Familie hat oft ausgelassen, Uti war darüber auch immer sehr enttäuscht.


    Nun sitze ich hier seit Sonntag und grübele nach, wer fühlt sich jetzt überhaupt noch verantwortlich für mich?, diese Aufgabe hatte Uti sonst immer mit Bravour gemeistert. Würde es überhaupt auffallen, wenn mir etwas zustößt?, ja vielleicht meiner Mutter und mit Abstand meinem Bruder. Das ist keine beruhigende Situation.


    Ich habe Uti am 16.12.23 beerdigen müssen und denke jetzt schon darüber nach, wer überhaupt nach dem Familiengrab schaut, wenn mir mal was passiert.


    Werde nächste Tage mal beim Bestatter anrufen und einen Termin machen, für ein Vorsorgegespräch, ich möchte, dass alles organisiert ist. Aufgrund der Totenruhe kann es nämlich passieren, dass irgendwann einmal noch ein zweites Grab zu versorgen ist.


    Traurig, oder? Uti ist noch nicht mal 3 Monate unter der Erde und ich befasse mich mit solchen Dingen.


    Aber so ist das halt, die Angst vor der Vereinsamung und das fehlende Vertrauen in die Restfamilie.


    Das Thema Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Testament muss ich auch irgendwann noch mal neu angehen, es ist zwar alles geregelt, aber bei allem ist die Bezugsperson meine Uti, und sie kann mir zumindest in dieser Welt nicht mehr helfen.


    Ich habe mein Leben lang in der Logistik gearbeitet, vielleicht ist das auch ein Grund, warum ich alle Eventualitäten schon einmal kalkuliert haben möchte.


    Manche meinen, nach der Beerdigung wird alles besser, im Moment kann ich dieses noch so gar nicht empfinden, weil mir vielleicht auch der Rückhalt fehlt.


    Viele Grüße vom nassen Niederrhein


    Tommi

  • Lieber Tommi,

    Ja, das ist schwer mit dem Alleinsein. Ich habe es gerade schon Karin geschrieben. Das wäre dann vermutlich eine Aufgabe für die Zukunft, versuchen, Kontakte zu knüpfen und Freunde zu suchen/finden. Das ist sicher nicht einfach aber irgendwie auch wichtig, oder? Es gibt hier einige, die wenig Restfamilie haben bzw. wenig Kontakt. Das ist wirklich nicht einfach aber es bleibt einem nur, aktiv zu werden. Muss ja nicht jetzt sein aber später einmal? Ich drücke Dir die Daumen, dass sich etwas ergibt und Du Dich dann weniger einsam fühlst….,

    Lg Herzschmerz

  • Lieber Tommi,

    Ich verstehe dich voll und ganz. Wir hatten auch keine gemeinsamen Kinder, meine Frau hat 2 die weit weg wohnen und der Kontakt ist nicht gerade eng. Freunde ? Wie bei dir. Wir waren uns genug, alte Freunde sind im ganzen Land verteilt. Auch wir waren uns genug und die besten Freunde. Ich bin gerade dabei mich um Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung zu kümmern. Danach der Eintrag ins Zentralregister, damit im Fall des Falles die Ärzte wissen wer bevollmächtigt ist. Ist ja keiner mehr da der es dann sagen kann.

    Kontakte knüpfen wie Herzschmerz sagt. Sicher eine gute Idee. Aber schwer. Inwieweit ist man bereit sich zu öffnen, anzupassen, gemeinsame Interessen finden. Trauer ist da eher nicht erwünscht. Das braucht Zeit.

    Alles Gute und liebe Grüße, Billi 🌻

  • Danke lieber Billi,

    ich habe Deine traurige Geschichte auch mitverfolgt, und manche Dinge kommen mir auch sehr bekannt vor.


    Das mit der Bereitschaft zum Öffnen, guter Punkt, hier scheint es bei mir sehr schwierig zu sein, ich werde so oft an Uti erinnert, im Moment überwiegen wieder die schrecklichen Szenen der letzten Monate.


    Anscheinend kann ich immer noch nicht loslassen, stehe täglich an ihrem Grab, diese Zeichen, von denen hier oft gesprochen wird, habe ich leider noch nicht verzeichnen können, oder ich erkenne sie einfach nicht.


    Viele sprechen immer von den schönen Erinnerungen, ich mag daran gerade nicht denken, weil mir dann immer genau bewusst wird, dass das gemeinsame Schöne im Leben einfach nicht mehr umzusetzen ist. Es tut einfach nur weh.


    Ich habe mittlerweile so gut wie alles hier zu Hause entfernt, was mich an das Thema Krankheit erinnert, obwohl mir noch so gut wie jeder schwierige Moment im Gedächtnis ist. Heute war Sperrmüll im Dorf, habe auch ihren intakten Beintrainer mit weggebeben.


    Das Teil hat ihr so viel Kraft gegeben, es war so eine Art Kampfmittel gegen das Fortschreiten der Krankheit, immer wieder ist sie nach Rückschlägen aufgestanden und hat sich wieder zurück gekämpft. Dieser Beintrainer war ein wichtiges Hilfsmittel und gab auch Hoffnung, manchmal stand auf dem Display 20km - am Tag, so ehrgeizig war sie.


    Nun haben wir den Kampf verloren, und dieses Teil musste jetzt hier weg, aus meinem Sichtfeld, es tat einfach nur weh.


    Ich glaube, ich bin ein schwieriger Fall, ich bin und war einfach zu sehr auf Uti fixiert, als wenn ich immer noch nicht verstanden habe, was jetzt wirklich auf mich zukommt.


    Wir werden sehen, gut dass man sich wenigstens hier vernünftig austauschen kann, einen Rückhalt in der Familie habe ich selbst jetzt nicht, auch nicht während des dreijährigen Kampfes gegen das Monster, genannt Glioblastom.


    Viele Grüße

    Tommi

  • Lieber Tommi,

    Von einer Trauerfreundin, die ich auf http://www.trosthelden.de kennengelernt habe und zu der ich einen guten und regelmäßigen Kontakt habe (inkl. Treffen), erzählte mir auch, dass sie als allererstes die ganzen Krankenutensilien abgegeben hat (innerhalb der ersten Woche). Es hat sie zu sehr an die Krebserkrankung ihres Mannes erinnert und sie sagte, sie will dich nicht nur als Kranken an ihn erinnern obwohl er das 5 Jahre war. Ich kann Deine Vorgehensweise also gut verstehen.
    Tatsächlich ist es schwer sich zu öffnen für neue Kontakte wenn man sich als Paar selbst genug war. Aber irgendwann wird man wohl nicht umhinkommen wenn man nicht vereinsamen will. Vielleicht auch über eine Trauergruppe (also Gleichgesinnte)? Aber weißt Du, Du musst das ja nicht jetzt machen, lasse Dir Zeit. Irgendwann bist Du dann vielleicht so weit….

    Fühle Dich gedrückt🫂.

    Lg Herzschmerz

  • Lieber Tommi,


    Das ist so absolut verständlich, dass man gewisse Dinge einfach nicht (mehr) um sich haben möchte, weil die Symbolik, die damit verbunden ist, einfach zu weh tut.
    Ich habe meinen Mann sehr plötzlich verloren; es gibt ja oft die Diskussion, was wohl Schlimmer ist. Spannend, dass diese Diskussion so oft von Nicht-Betroffenen geführt wird, denn die können sich ja weder das ein oder andere wirklich vorstellen, auch, wenn sie es manchmal gerne vorgeben.

    Ich ganz persönlich habe bereits nach dem plötzlichen Tod meines Papi gesagt, dass ich das, glaube ich, für mich ganz persönlich als ... tja, was ... besser? ... sagen wir: weniger schlimm empfinde.
    Dieser lange Abschied, dieser lange, gemeinsame Kampf, nicht nur gegen die Krankheit, sondern gegen die eigenen Grenzen und alles, was damit zusammenhängt - ich stelle mir das grausam vor und habe den allertiefsten Respekt vor allen hier, die das an der Seite und für und mit ihren Liebsten durchgestanden haben, egal ob Partner, Elternteil, Geschwister, Kind, Freund.

    Von daher kann ich nur ahnen, nicht mir vorstellen, wie schwer dir all das jetzt fällt,
    Mir fällt dabei auf, dass der Gedanke, der bei dir absolut omnipräsent ist, dass ihr den "Kampf verloren habt".
    Ist das wirklich so? Du schreibst, dass deine Uti so gekämpft hat. Und du gibst Beispiele für ihren Willen. Ich bin mir sicher, das dieser Wille auch dir galt. Ihr habt gemeinsam für den anderen und für euch als Einheit gekämpft. Und das sehr lange.
    Ja, am Ende stand dieses unaussprechliche Ende - aber habt ihr wirklich verloren? Hat der Krebs gesiegt? Das Leben hat er vielleicht besiegt. Aber es wurde nicht kampflos aufgegeben. Und es wurde dem Tod noch sehr lange ein Strich durch die Rechnung gemacht, wie ich das aus deinen Erzählungen verstehe.
    Es hat also zumindest die Liebe gesiegt!
    Lass nicht zu, dass die Krankheit diesen Kampf gegen die Liebe gewinnt, indem du dich mehr an den Krebs und den Kampf, als an das Leben erinnerst.
    Ich kann verstehen - so wie du es schreibst kann man es wirklich sehr gut verstehen - dass du dich noch keinen positiven und guten Erinnerungen stellen und dich ihnen öffnen kannst.
    Aber vielleicht solltest du genau dem eine Chance geben?

    Oh, und noch etwas, ein ganz persönlicher Gedanke: "zu sehr auf Uti fixiert" Nein! Tiefe Liebe ist nicht sowas Profanes und negativ Behaftetes wie "fixiert zu sein". Es spricht für dich, dass du sie in deinen Lebensmittelpunkt gerückt hast. Und von daher, wenn sie dein Lebensinhalt war - und ist! - dann ist das so! Na und? Da gibt es kein "zu sehr" und du wirst schon gar nicht zu einem "schweren Fall" dadurch. Du trauerst. Das IST schwer.

    Ich denke (wie so oft, stelle ich grad fest), dass Herzschmerz da einen guten Ansatz aufzeigt:


    Vielleicht auch über eine Trauergruppe (also Gleichgesinnte)? Aber weißt Du, Du musst das ja nicht jetzt machen, lasse Dir Zeit. Irgendwann bist Du dann vielleicht so weit….


    Du bestimmst das Tempo. Aber gib dir auch eine Chance. :24:

  • Hi,

    Ihr seid alle wirklich einsame Spitze und eine große Stütze für mich, ganz ehrlich.


    Liebe Sonnenente, liebe Herzschmerz, das was Ihr schreibt ist die Realität, Ihr kennt meine Geschichte und Ihr schätzt mich schon ziemlich gut ein.


    Das ist wirklich bewundernswert und hilfreich für mich. Ich bekomme hier und da gute Ratschläge, von meiner Mutter, meinem Bruder oder auch von Nachbarn und guten Bekannten.


    Aber das innere Gefühl des Verlustes und der Trauer kann wirklich nur derjenige richtig einschätzen, der selber diese furchtbare Situation durchlebt hat. Da ist es erst mal nebensächlich, ob der Partner plötzlich oder wie bei mir nach langem harten Kampf verstorben ist.


    Einige hier haben ihren Partner auch durch einen Hirntumor verloren, die Verläufe sind in den seltensten Fällen günstig, die Sterbephase oftmals grausam.

    Aber genauso stelle ich es mir furchtbar vor, wenn man seinen Partner von jetzt auf gleich verliert, ohne jemals damit gerechnet zu haben.


    Ich wusste seit der Diagnose, dass es ein harter Kampf werden wird, der vermutlich nur eine Lebenszeitverlängerung zum Ziel hatte. Aber das hat uns nie davon abgehalten, alles dafür zu geben. Die Hoffnung war, dass wir zu den wenigen gehören, die manch ärztlicher Prognose widersprechen, leider kam es dann doch anders.


    Meine Ausgangslage ist nicht gut, dass weiß ich zu genau, aber sie ist auch nicht hoffnungslos. Und ich glaube auch, dass dieses Forum eine riesige Hilfestellung geben kann, ja und Hilfe benötige ich dringend, wie so viele hier. Alleine kann man diese gewaltige Aufgabe kaum stemmen.


    Uti hat viele richtige Dinge gesagt, sie hat sich immer schon Sorgen um mich gemacht, weil sie genau wusste, in welches Loch ich fallen würde, wenn ihr mal was zustößt. Sie sollte Recht behalten, wie so oft. Sie war mein Lebensinhalt, meine Ehefrau, meine Partnerin, meine Bespaßerin, meine Beraterin, mein ein und alles.

    Nun wird sie hoffentlich auch als Schutzengel auf uns beide aufpassen, die Schutzengelkerzen aus Kevelaer habe ich weiterhin noch nicht wieder in Gebrauch.


    Sie hatte oft Recht mit ihren Einschätzungen:


    "Todkranke Menschen bekommen keinen Besuch" dies sollte sich leider bewahrheiten

    "Wenn es einem schlecht geht, dann trennt sich rasch die Spreu vom Weizen" - auch das mussten wir leidvoll erfahren

    "Aufgeben ist keine Option" - sie hat bis zum Schluss gekämpft


    Aber ein Zitat von Berthold Brecht hat sie oft gebracht:

    "Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon verloren"


    Und genau das muss nun auch für mich zählen, ich muss für uns weiterkämpfen, sonst werde ich scheitern.


    Danke nochmals für Eure Anteilnahme und Euer Verständnis


    Euer Tommi

  • Lieber Tommi,

    Das ist schon richtig, niemand versteht uns und unsere Emotionen besser als Betroffene, wir müssen uns nichts erklären. Und dieses Gefühl des Verstanden werdens ist ein immenser Trost und nimmt einem den Druck. Einer der Gründe, warum das Forum hier so wertvoll und hilfreich ist. Es ist wirklich kaum möglich, einen solchen Verlust alleine zu bewältigen und auch nicht erforderlich. Niemand wird uns eine Tapferkeitsmedaille dafür überreichen, dass wir es alleine geschafft haben…..

    Ich betrachte meinen Mann auch als Schutzengel und das tut mir wirklich gut. Ich habe auch Marienkerzen aus Kevelaer vor seinem Bild stehen…..

    Du bist hier nicht allein, wir helfen uns gegenseitig…..

    Lg Herzschmerz