Wunden verheilen, aber tiefe Wunden heilen nie

  • Hallo,

    Ihr schreibt so viel über Zeichen, die Euch von Euren verstorbenen Partnern erreichen und einem ein besseres Gefühl geben.


    Bisher konnte ich noch keins dieser Zeichen empfangen, zumindest dachte ich es bis heute. Mein Verstand sagt mir, so etwas gibt es nicht, mein Herz wünscht sich dieses aber so sehr.


    Ich war heute mit dem Rad in Kempen, stand vor dem Standesamt, in dem wir uns 1992 das Ja-Wort gaben, in dem aber auch ihre Sterbeurkunde liegt. Das war schon wieder sehr schwierig für mich, aber da war da noch die Eisdiele am Buttermarkt, bisher hatte ich mich nicht getraut mir eins zu genehmigen, aus Trauer und Rücksicht. Meine Nachbarin riet mir aber dazu, nur einfach mal zuzugreifen, Uti hätte dieses auch gewollt, und dann hielt ich dieses Eis in den Händen, wo kommt denn das Herz auf einmal her, klar, das ist wohl normal, aber gerade jetzt?





    Gestern machte ich den CD Player im Auto an, Uti hatte noch eine CD von Johannes Oerding im Player - es lief das Lied "Du fehlst mir" , ich hab dieses auch auf ihrer Beerdigung spielen lassen, ein sehr trauriges aber auch emotional höchst anspruchsvolles Lied - und die ersten Zeilen die ich vernahm waren:


    "DU FEHLST MIR "- alles vielleicht merkwürdige schmerzhafte Zufälle, oder doch vielleicht mehr?


    Seit mir die Ärztin auf der Palliativstation mitteilte, dass ich jeden Tag nun mit Utis Ableben rechnen muss, flackert mein Handy, nicht immer, aber zwischendurch, ein Zufall, oder doch mehr?


    Verrückt, man kommt diesbezüglich schon ans Nachdenken, oder?


    Gruß

    Tommi

  • Lieber Tommi,

    Ich denke schon, dass das, was Du erwähnst, Zeichen sind. An eine Ansammlung von Zufällen glaube ich eher nicht. Und es sind solche Dinge, mit denen unsere Liebsten sich bemerkbar machen. Das ist doch schön, genieße und bewahre sie. Der Psychiaterfreund meines Mannes sagt immer: es gibt keine Zufälle. Daran halte ich mich fest.

    Lg Herzschmerz

  • Lieber Tommi,


    Herzschmerz hat es schon gut ausgedrückt zu viel um Zufall zu sein, nimm Sie an als ein Zeichen.


    Sie können sich ja nicht zeigen oder mit uns reden wie wir es gewohnt waren Sie versuchen es nun anders.


    Manchmal kann man sie auch richtig spüren und riechen.


    Vlg. Linchen

  • Lieber Tommi.

    Ja, nimm sie als Zeichen.
    Egal, ob sie da sind, egal, wie man sie interpretieren kann.
    Dein Herz sieht sie, also sind sie da, denn dein Herz, das ist Uti. Wie anders kann es dann sein, als dass sie dir diese Zeichen schickt, direkt in dein Herz?


    Und sie sind deutlich.
    Schau dir mal die Äste und den Himmel genau über dem Eis in deinem Bild an ... 💕

  • Guten Morgen,

    es ist wieder Samstag, und ich merke, dass ich gerade wieder unruhiger werde.


    Ich hatte es ja schon einmal geschrieben


    An einem Samstag ist Uti gestorben

    An einem Samstag habe ich Uti beerdigen lassen

    Der Samstag war früher für uns der Höhepunkt der Woche, an dem wir die meiste Zeit nur für uns hatten.


    Ich war heute morgen auf dem Gang zum Bäcker wieder an ihrem Grab, der Rückweg war dann wieder entsprechend schwierig.


    Jede Bank, auf der sie sich oft ausruhte, löste wieder Erinnerungen aus, an die Krankheit.


    Klar, es sind gerade erst rund 3 Monate her, dass ich sie auf der Palliativstation verabschieden musste.


    Aber wieso kommen diese schlimmen Bilder immer wieder hoch, wieso sind mir ihre ganzen belastenden Termine (MRT, Bestrahlung, OP, etc.) immer noch so im Gedächtnis?


    Kann sich aus so etwas auch eine Art "Trauma" entwickeln? Wenn dies so sein sollte, dann komme ich garantiert nicht mehr aus dieser Geisterbahn raus.

    Dann bleibt ja irgendwann nur der Weg zum Psychologen, diesen möchte ich eigentlich vermeiden. Die Erfahrungen mit den sogenannten Psychoonkologen waren in den letzten Jahren stehts grenzwertig.


    Vielleicht liegt es auch ein wenig daran, dass ich mich im Moment noch nicht an die schöne Zeit erinnern möchte, weil ich halt nun die Gewissheit habe, dass diese gemeinsame schöne Zeit nun hinter uns liegt. Ich muss nun alles alleine angehen, ohne Uti.


    Eventuell habe ich auch zu viel Zeit zum Nachdenken, fast alle Modalitäten sind erledigt, und ich lebe ja weiterhin in unserem Haus, in dem ja auch so viele Erinnerungen stecken.


    Ich hoffe für mich, dass sich alles nicht zu einem "Trauma" entwickelt, das würde alles dann noch schwieriger machen.


    Gruss

    Tommi

  • Lieber Tommi,

    Ich glaube die wichtigste Aussage ist: gibt Dir Zeit! Deine Gefühle und das sich an die letzte Zeit erinnern ist völlig normal. Und es wird auch noch eine ganze Zeit dauern, bis Du Dich an die schönen Erlebnisse erinnern kannst. Ich hätte mir nie vorher vorstellen können, wie intensiv und langandauernd Trauer sein kann.
    Es ist nicht schlimm, solltest Du irgendwann feststellen, dass Du professionelle Unterstützung benötigst, das ist kein Zeichen von Schwäche sondern eher ein Zeichen von Stärke, das zuzugeben und danach zu handeln. Es gibt auch gute Leute.
    Momentan brauchst Du keine Angst vor einem Trauma haben, es ist alles noch sehr frisch…,,

    Viel Zeit führt sich zu vielen Gedanken und die sind nicht unbedingt positiv. Da wäre es sicher hilfreich, sich irgendwann auch anderen Kontakten zu öffnen aber auch das hat noch Zeit. Zeit ist ein wichtiger Faktor, nicht zu unterschätzen.

    Fühle Dich in den Arm genommen.

    Lg Herzschmerz

  • Lieber Tommi,

    ich habe mich in den vergangenen Tagen hier zurückgehalten, weil am Donnerstag Ullis Beerdigung war. Es hat sehr lange gedauert, bis der nächste Termin hier frei war und dann hab ich den genommen .Ich werde in meinem Thema.. Bitte , ein kleines Zeichen noch mal näher darauf eingehen...29.02.24

    Weil wir getrennte Wohnungen hatten, muß ich jetzt auch anfangen ihre 3 Zimmer Wohnung leer zu machen. Am Mittwoch waren schon der Vermieter mit ca. 10-12 Interessenten zur Begehung da... Ich konnte nur apathisch in einer Ecke sitzen und dachte nur an die vielen vielen schönen Erinnerungen an Stunden mit Wohnzimmerkonzerten, Spieleabende mit Freunden und feiern und die .. normalen .. Abende mit Kuscheln und einfach nur sich wohlfühlen... Es tat sehr sehr weh das alles ertragen zu müssen..


    Jetzt ist es so, das ich auch schon mit packen und räumen usw. beschäftigt bin und .. natürlich .. immer wieder die Erinnerungen kommen...


    Bei mir ist es so .. und wir gingen ja mal konform .. das sicher jeder irgendwie anders für sich trauert .. daher schreibe ich nur wie es bei mir ist..

    Also.. wenn ich Erinnerungen an schöne Begebenheiten habe, macht es mich traurig und oft weine ich auch.. und es bleibt dann meißtens die Traurigkeit..

    Wenn ich Erinnerungen habe oder Bilder sehe, wo Ulli eigentlich schon gar nicht mehr die Ulli äußerlich war, die ich 14 Jahre kannte.. wenn ich Bilder sehe oder kleine Videos vom Hospiz, wo sie, pausbäckig vom Cortison und mit nur halboffenen Augen von den ganzen Schmerzmitteln und BTM s und Tavor noch freundlich nach einem Schluck Kaffee fragt, sie konnte nicht mehr so gut schlucken.. dann, grade dann ist meine Liebe für sie noch viel größer ..Dann weine ich natürlich auch, wenn ich diese Bilder sehe, aber es... tröstet... mich dann auch um so mehr und läßt mich den Tag leichter ertragen. ,, weil ich dann wohl wieder realisiere, das es eine Erlösung für sie war...


    Die große Frage nach dem wieso und warum versuche ich nicht mehr zu stellen, weil es von Nirgendwo her eine Antwort gibt


    Ich denke, ich habe endlich .. ein Zeichen .. bekommen, auf das ich so lange gewartet habe..

    Ich schreibe davon später in ..meinem.. Thema...


    Ich habe mir dein Eisbild auch noch mal angesehen und dann .. nach dem Kommentar von Sonnenente.. auch etwas genauer.. und .. ich sehe über dem Waffelherz ein zweites.. fast identisches Herz .. im weißen Himmel. Das ist für mich so ein Zeichen, das es deiner Uti gut geht..

    Bei uns war es immer so, das es mir oder Ulli gut ging wenn es dem /der anderen gut ging und wir es wußten..

    Ich weiß, es ist kein Ersatz für die körperliche Nähe deiner Liebsten...doch ich glaube, wir müssen uns irgendwie daran gewöhnen das sie .. anders.. bei uns sind... ich habe hin und wieder so ein .. kribbeln .. im Körper, so als wenn wir früher .. naja du weißt schon. das kommt einfach so, wenn ich an sie denke..

    Es gibt viel viel mehr Dinge zwischen Himmel und Erde als wir uns vorstellen können...


    Ich wünsche dir, das Du mehr und mehr Ruhe finden kannst und dir auch dein Leben .. nach und nach ohne deine Uti .. wieder besser einrichten kannst .. und das wünsche ich mir für mein Leben auch ... auch wenn es grad schwerfällt...


    Sei lieb gegrüßt


    Deti

  • Guten Morgen,

    es ist mal wieder Samstag............


    und mir geht es nicht gut. Ich merke immer mehr, dass die Trauer jetzt nach 3 Monaten so richtig zuschlägt.


    Vielleicht mache ich mir mein Leben aber auch selber schwer. Habe mich letzte Tage mal an den großen Karton getraut, in dem die längst verstorbenen Schwiegereltern alle ihre Fotos und Alben aufbewahrt hatten. Dieser Karton nahm unheimlich Platz ein, und es ist niemand mehr aus dieser Familie auf dieser Welt, der sich für diese Fotos noch interessieren könnte.


    Was habe ich gemacht, habe angefangen auszusortieren, die schönsten Bilder halte ich zurück, aber natürlich kamen wieder so viele Erinnerungen hoch.

    Diese unzähligen Familienfeste, gemeinsame Urlaubserinnerungen, Bilder unserer Hochzeit. Am schlimmsten erwischte es mich dann aber, als ich Utis Baby und Kinderbilder in den Händen hielt. Diese kann ich doch nicht entsorgen, ihr Babyalbum hat mir dann den Rest gegeben.


    Habe mich dann gestern aufgrund der Traurigkeit auf mein Rad gesetzt, und habe eine Tour nach Wachtendonk gemacht, ein schöner kleiner alter Ort in der Nähe der holländischen Grenze. Ein Eis habe ich mir auch genehmigt, natürlich auch mit Uti´s Lieblingssorte Stracciatella, bin an der Niers entlang gefahren und habe im Kloster Mariendonk eine Kerze für Uti anzgezündet, das mache ich eigentlich immer, wenn ich unterwegs bin.


    Ja, die Tour hat mich abgelenkt, mir aber auch wieder deutlich vor Augen gefürt, dass jetzt so vieles nicht mehr möglich ist.


    Dieses "NIE MEHR.........." macht mir gerade richtig Sorgen, vieles kann ich nicht mehr mit ihr gemeinsam unternehmen. Wir haben tausende Kilometer zusammen auf dem Sattel verbracht, tausende Höhenmeter im Hochgebirge erstiegen, und nun geht mir dieses "NIE MEHR......" einfach nicht mehr aus dem Kopf.


    Trotzdem hat die Radtour gutgetan, der Niederrhein ist wirklich schön, aber ich kann Uti nun nicht mehr zeigen, was es noch so Schönes zu entdecken gibt.


    Natürlich ist sie immer in meinem Herzen und in meinen Gedanken mit auf Tour, aber das ist nicht das Gleiche.


    Ich muss da irgendwie selber raus, aber ich weiß noch nicht wie.


    Auf der Insel Wangerooge wird gerade ein Leuchtturmwärter gesucht, das wäre doch was für mich, aber dann hätte ich bestimmt noch mehr Zeit zum Nachdenken und die Einsamkeit wäre noch schlimmer.


    Bis bald


    Tommi



  • Lieber Tommi,

    Ja, wenn die meisten administrativen Dinge erledigt sind, dann kommt der Punkt, wo die Trauer sich richtig bemerkbar macht. Dann ist die Zeit fürs Nachdenken und Erinnern da. Es ist auch gut, sich zu erinnern, auch wenn es weh tut. Das gehört zum Trauerprozess dazu, es ist richtig, die Emotionen zuzulassen auch wenn sie schmerzen. Dem kann man nicht ausweichen. Wenn man es verdrängt, kommt es später raus.
    Es ist anders such gut, dass Du so Dinge wie die Radtour machst, das tut gut und führt Dich aus den Grübeleien. Es ist auch richtig, sich nicht ausschließlich mit der Trauer zu beschäftigen, dann besteht die Möglichkeit, sich darin zu verlieren, auch nicht gut. Daher, nein, das mit dem Job als Leuchtturmwärter würde in die Vereinsamung führen…,,,

    Lg Herzschmerz

  • Hallo Tommi,


    deine Zeilen zu lesen schmerzt, es ist wie bei uns hier auch, nach 85 Tagen, schafft man seinen Alltag zu bewältigen und sich Zeit für schöne Dinge zunehmen und abends fällt man dann in ein tiefes Loch, so ergeht es meinem Papa, denke ich auch.

    Sonntag war mein Sohn bei Ihm und als ich dort ankam waren beide richtig gut zufrieden, so hab ich bei nicht mehr gesehen, seit Mama voraus gegangen ist, ich war für den Moment auch glücklich und abends viel mir dann ein dass Mama das alles nicht hier mit erleben darf, vielleicht sieht sie es von der anderen Seit?


    Ich finde es total stark von Dir, dass du solche Unternehmungen machst, mein Vater ist da noch nicht soweit, der konzentriert sich auf Arbeit, Haushalt und meinen Sohn, wo ich mir auch ab und zu denke, er solle mal Dinge machen die ihm richtig gut tun? Aber vielleicht beurteile ich das bei Ihm auch falsch und er macht was ihm gut tut?


    Das mit den BiIdern ist auch traurig und Du hast guten Grund dabei zu trauern, Du hast immer Grund zu trauern, es sind erst 3 Monate? Man fragt sich doch wirklich auf der einen Seite, wo ist die Zeit geblieben und auf der anderen Seite, vermissen wir unsere Liebsten, als wären sie schon 3 Jahre fort.


    Bei mir kommt seit ein paar Tagen wieder die Fassungslosigkeit und nicht akzeptieren wollen durch, ich dachte nach den letzten beiden Wochen ich hätte diese Phase überstanden, aber es scheint wirklich so zu sein wie man es in der Theorie liest, dass man immer mal wieder zurück fällt und das darf man auch, wir dürfen wann uns verkriechen schreien und auch wütend sein, so lange wir auch gute Momente haben, zumindest empfinde ich es so und bei Dir scheint das ja auch irgendwie der Fall zu sein.



    Ich glaube Du bist eine ganz starke Persönlichkeit!

  • Hallo Herzschmerz, hallo Lucilectrix,

    vielen Dank für Eure Zeilen.


    das mit dem Leuchtturmwärter war natürlich nur Ironie, ich bin hier verwurzelt, und außerdem gibt es schon 1.100 Bewerber für den Job :):)


    das mit der starken Persönlichkeit kann ich selbst schlecht beantworten, aber wenn es so sein sollte, hat Uti hierzu gewaltig beigetragen.

    40 Jahre kannte ich sie, 37 Jahre waren wir ein Paar, 31 Jahre verheiratet, 3 Jahre sind wir zusammen durch die Hölle gegangen, das alles prägt sehr und lenkt auch die Persönlichkeit.


    Fotos können eine Menge aussagen, wenn man sie wirklich richtig deuten und lesen kann. Uti war auf jedem Bild eine "Strahlefrau", ich weiß nicht, wie sie das immer geschafft hat. Wenn ich mich aber zurück erinnere, fehlte dieses Lächeln in diesen schweren 3 Jahren im Kampf gegen den Hirntumor. Ich habe während ihrer Krankheit auch keine Bilder mehr von uns gemacht, weil ich wusste, wie ernst die Diagnose war.


    Ich denke ständig an sie, und sehe sie aber immer nur krank, mit Rollator oder im Rollstuhl, die Bilder der Palliativstation verfolgen mich immer noch.


    Viele sagen, das wird irgendwann besser, das wird bei mir nur sehr schwierig, ja, die Trauer wird blasser, sie wird aber trotzdem mein ständiger Begleiter sein.


    Die schlimmen Szenen von der Palliativstation, 5 Wochen habe ich quasi an ihrem Sterbebett gesessen, nein diese Szenen werden mir auch in Zukunft noch mein Leben sehr, sehr schwer machen. Ich werde diese furchtbaren Bilder nicht mehr vergessen können.


    So prägende Momente im Leben vergisst man nicht, ich weiß auch noch heute, wie ich sie 1992 vor unserer Hochzeit hier abgeholt habe, wie sie oben stand, auf mich wartete, in ihrem Brautkleid.


    So ehrlich muss man sein, die schlimmen, aber auch die so schönen Erinnerungen werden weiterhin mein Begleiter sein.


    Ich weiß nicht, ob ich die Kraft habe, hier noch einmal ein wenig mehr Lebensmut zu erzielen, es muss aber irgendwie weitergehen. Der dreijährige gemeinsame Kampf gegen den Krebs in ihrem Kopf hat mir aber auch sehr viel Kraft genommen.


    1+1 = 1 - das war immer unser Motto, Uti+Tommi=1 Leben, schwierig jetzt nur noch mit 50% durchs Leben zu kommen.


    Gruß

    Tommi

  • lieber Tommi, liebe Herzschmerz , liebe Lucilectricx ,

    Weil ich eigentlich nie nur kurz antworten kann und auch nicht möchte weil ja der Austausch das heilende MIT<3EIN<3ANDRR uns hier vereint

    schreibe ich vermutlich entweder heute ABEND oder eher morgen Gerne zu euren Trauergefuehlen und wie ihr sie "angeht" und erlebt.


    Es gruesst euch herz<3voll Sverja

  • lieber Tommi,


    so viel gemeinsames Leben...

    Oh ja, das prägt immens und auch fortdauernd .

    Ja, manches wird man nie vergessen. Warum auch? Es ist fuer mich alles das Leben was WIR als ein WIR erlebt haben.

    Bei mir ist der 23.03 der 11.te Gedenktag von meinem geliebten Lebenspartner. Dieser Gedenktag wird immer ein sehr besonderer Gedenktag sein und bleiben. in Liebe auf eine ruhige art von mir zelebriert.

    Heute schrieb ich bei Lucilectricx einiges ueber das "ersetzen".

    Auch bei dir möchte ich das vielleicht noch etwas vertiefend beschreiben ... Es mag ja ein "Tick" sein doch ich versuche manche Wörter etwas auseinaderzunehmen und meine Bedeujtung zu beschreiben.

    er-SETZEN

    Setzen ist eine ruhige Körperstellung .

    Verharrend... Sich nicht viel bewegend ... Viel mit den Augen beobachtend könnend ... Viel und bewusst auch Details wahrnehmend ...

    und ja

    auch weil wir ja hier alle Trauernde sind, erleben wir im "setzen/sitzen" auch verstärkt die Trauer ...

    Wenn wir hier uns schreiben , sitzen wir ja auch und versuchen so viele Gefuehle tippend sitzend zu beschreiben ...


    Wenn du mit deinem Fahrrad durch die niederheinische Gegend fährst spuerst und fuehlst und siehst du natuerlich auch sehr , sehr viel . Doch auf eine andere Art und Weise.

    Meinem Gefuehl und Erfahrung nach erleben wir ALLES mit der Zeit , auch die unauslöschlichen schönen und tragische , traurigen Lebensereignisse auf eben diese andere ART und WEISE...

    Deine Uti wird niemals " ersetzt " werden...

    Jeder Mensch ist so wundervoll individuell schreibe und empfinde ich immer so...


    Du bist dabei die hilfreiche Rituale zu erschaffen . Du schreibst jeden Samstag uns hier wie du deine Woche erlebt und auch gestaltet hast.

    Jetzt zuendest du auch eine Kerze an fuer deine Uti.

    Meinem Gefuehl nach wirst du auch immer wenn du durch die Gegend fährst an manchen Plätzen , die eine tiefe Bedeutung fuer euch haben anhalten oder es wird auch das Verbundenheitsgefuehl mit Uti da sein , weil ihr das gemeinsam erlebt habt ...

    Diese Erinnerung ist auch immerwärend DA ... Nur mit der Zeit liebevoll anders...


    Ich kenne uebrigens auch sehr gut die niederheinische Gegend und seltsamerweise auch gut Wangerooge.

    Nein , du brauchst nicht Leuchtturmwärter sein ,

    doch ein Besuch auf Wangerooge ist auch ein schönes Erlebnis.


    Du wirst dein Leben MIT Uti im Herzen gestalten....

    Erwarte "nichts",

    erlebe einfach deine aufkommenden Gefuehle und gestatte dir viele Gefuehle und Erlebnisse die auch immer eine innere Verbindung mit Uti beinhalten.

    Das waren jetzt so einmal meine Gedanken und auch gefuehlte Erlebnisse die ich dir schreiben wollte.


    Das Bestmögliche fuer diese Woche dir wuenschend

    gruesst dich Sverja

  • Hallo liebe Sverja,


    vielen Dank für Deine Zeilen, diese sind wie immer sehr hilfreich für mich und bieten mir auch eine gewisse Perspektive.


    Ich schätze Deine Einschätzungen sehr, da ich auch weiß, dass für Dich das Thema "Glioblastom" kein Unbekanntes ist.


    Am Wochenende war ich mit 2 befreundeten Pärchen italienisch essen, ich hatte erst richtig Bammel vor diesem "ersten Mal", aber mir tat dieser Abend irgendwie gut.


    Dabei war auch ein guter Freund/Bekannter, der selbst vor rund 4 Jahren seine Frau recht früh durch ein Aneurysma im Kopf verloren hatte. Er hat nun seit 2 Jahren eine neue Partnerin, die ich am Samstag nun auch mal kennenlernen durfte.


    Ich wusste um ihre Vorgeschichte, auch sie hatte ihren Ehemann nach fünfjährigem Kampf durch ein Glioblastom verloren. Sie kannte mich nicht, aber sie wusste ganz genau, was ich in den letzten 3 Jahren als Angehöriger erlebt hatte, und wie es mir jetzt wohl nach diesen vielen negativen Erlebnissen geht.


    Sie gab mir auch den Tipp, mich zu öffnen, es zumindest zu versuchen. Eine Garantie, dass dieses gelingt gibt es nicht, aber ihr ist es anscheinend gelungen.

    Nach einer harten Zeit, sie erzählte mir, dass sie sich selber isoliert hatte, das Leben draußen einfach nicht akzeptieren konnte. Aber sie hat dann irgendwann den Absprung doch geschafft, bei ihr hat es 4 lange Jahre gedauert, bis die Trauer diesen Schritt zuließ.


    Erstaunlich, oder? Man trifft eine zuvor unbekannte Person, die ähnliches mitgemacht hat, und sie weiß genau, wie ich mich nun fühle.


    Wesensveränderungen, halbseitige Lähmungen, die Unfähigkeit zum Sprechen, die letzten Stunden im Hospiz (bei mir war es die Palliativstation), auch sie kannte den Verlauf zu gut. Aber das sie mich nach dieser kurzen Zeit schon so gut einschätzen konnte, hätte ich nicht gedacht.


    Wie bei jeder Krankheit ist auch der Trauerverlauf bei jedem Menschen anders, seit Utis Tod am 09.12.23 bin ich noch keinen Morgen aufgewacht und habe mich auf den Tag gefreut.


    Vielleicht ja im April, wenn ich für eine Woche an die Ostsee fahre, dort wo wir oft unseren Urlaub verbracht hatten. Ein Test, ein Versuch, der schiefgehen aber auch gelingen kann.


    Noch mal vielen Dank liebe Sverja für Deine Zeilen


    Gruß

    Tommi

  • Liebe Sverja,


    auch für mich sind deine Zeilen die du Tommi geschrieben hast hilfreich . So wie ein kleines Ah-Erlebnis, schön wie du beschrieben hast

    das du Wörter auseinandernimmst, du dir die Wörter näher anschaust und für dich die Bedeutung aus einem anderen Blickwinkel siehst.

    Finde ich sehr interessant.


    Lieber Tommi,


    als ich deine letzten Zeilen gelesen habe kam sofort etwas positives bei bei mir an. Ich kann es gar nicht so richtig benennen, es ist so ein Gefühl.

    Was bei mir ankommt ist, das dir dieser Abend sehr gut getan hat.

    Ich glaube es macht auch ein bisschen Mut von dem was du uns berichtet hast, dass das Leben für uns trauernde, zurückgelassenen doch nochmal eine Kehrtwendung nehmen kann.

    Und ja ich glaube auch, das wir uns öffnen müssen den Menschen und dem Leben.

    Nicht einfach, aber anscheinend doch möglich.


    Alles Liebe


    Anja

  • Lieber Tommi,

    Ich finde es gut, dass Du zu diesem Treffen gegangen bist, ich habe sich den Eindruck, dass es Dir gut getan hat. Ich denke schon, dass es möglichst, dass das Leben noch eine vernünftige Wendung nehmen kann. Aber nur, wenn man dich dieser Möglichkeit öffnet und versucht, den Möglichkeiten des Lebens offen zu begegnen. Es wird aber sicher dauern, bis es uns möglich ist, dies auch aktiv zu tun. Jetzt ist das sicher noch zu früh. Mein Verlust ist jetzt 10 Monate her und ich habe immer noch keine Lebensfreude und habe auch Trauerfreunde, denen es ähnlich geht. Das dauert einfach seine Zeit und die sollte man sich auch zugesteht. Ich habe mir ein Buch bestellt (den Titel habe ich unter dem Thread Literaturempfehlungen unter Verlust des Partners eingestellt). Es geht um einen Sportreporter, der seine Frau ganz plötzlich verloren hat. Er hat sich sehr schwer getan und hat sogar einen Suizid überlegt. Sein Leben hat eine gute Wendung genommen, er ist jetzt wohl neu verheiratet, was er sich niemals hätte vorstellen können. Mich hat das Buch interessiert, weil ich diese Kehrtwendung bemerkenswert finde. Solche Erlebnisse finde ich motivierend.
    Es ist nicht einfach, den Weg zurück ins Leben zu finden aber ich denke, dass es wichtig ist, für alle Möglichkeiten offen zu bleiben und selbst aktiv zu werden.

    Lg Herzschmerz

  • Lieber Tommi, liebe RoundAn , lebe Herzschmerz

    ich wollte wie in meinem Herzenshaus angekuendigt jetzt eigentlich "nur liken" . Das bleibt es in gewisser Weise auch erst einmal .


    Doch möchte ich jetzt schon einmal schreiben

    ihr lebt und erlebt schon immer mehr das ICH bin in einem realen gesellschaftlichen WIR

    und

    in eurem inneren HERZENS<3WIR der Trauer.


    DANKE fuer eure Lebensbeschreibungen und Gefuehle.


    es gruesst euch herzlich eure Sverja und natuerlich auch alle die dieses Herzenshaus von Tommi MIT Uti " betreten"

  • Hallo,


    morgen ist wieder Samstag und mir geht es jetzt schon ziemlich besch.....


    Dabei bekomme ich morgen Besuch, meine Mutter, mein Bruder, meine Schwägerin, meine beiden Patenkinder. Endlich gelingt es einmal nach 3 Monaten, dass ich nicht alleine zum Friedhof gehen muss, die Initiative hierfür ging aber wieder von mir aus, eigentlich schade.


    Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich immer mehr in diesem Trauerloch versinke, und ich glaube auch zu wissen warum.

    3 Jahre haben Uti und ich gegen diese schlimme Krankheit gekämpft, wir waren immer zusammen, haben alles gemeinsam entschieden, waren uns gegenseitig eine Stütze und ertrugen diese schmerzlichen medizinischen Behandlungen immer gemeinsam. Dies alles gelang uns zumindest rund 2,5 Jahre. Sie war so zuversichtlich, so positiv und so kämpferisch eingestellt, den Kopf immer oben.


    Danach baute sie aber immer mehr ab, körperlich und auch geistig, jeden Tag verabschiedete sie sich immer mehr von mir, wir beide haben dies nur nicht richtig bemerkt. Mir ging es in diesen harten Monaten oft schlecht, aber ich funktionierte, hatte eine Aufgabe, sie zu beschützen, sie vielleicht doch noch zu retten.

    Ich bekam gar nicht richtig mit, wie ich selber mit in den Abgrund gezogen wurde.


    Und jetzt sitze ich hier und habe unendlich viel Zeit zum Nachdenken, jetzt erst wird mir richtig bewusst, was da in den letzten Jahren für fürchterliche Dinge um uns geschahen.


    Vorletzte Nacht habe ich wieder von ihr geträumt, ich sah sie wieder mit ihren kurzgeschorenen Haaren, ausgestattet mit Kopfelektroden, im Krankenhaus, also war ich wieder mit ihr bei einer dieser schlimmen Kontrolluntersuchungen. Das entwickelt sich ja gerade alles zu einem Trauma.


    Im April fahre ich für eine Woche an die Ostsee, hatte am Mittwoch auf mein Handy geschaut, wollte mal checken, was es für Neuigkeiten am Schönberger Strand gibt. Mit Erschrecken las ich, dass die beste Fischbude dort abgebrannt ist, mit Todesfolge, schlimme Geschichte. Und dann passierte etwas was ich nicht verstehe. Ich wollte in dem Moment diesen Link Uti schicken, das haben wir doch immer so gemacht. Schnell wurde mir klar, Tommi, das geht nicht mehr, sie kann keine whats app Nachrichten mehr empfangen.


    Das war mir ganz schön unheimlich, mein Unterbewusstsein hatte anscheinend in dem Moment versagt und dachte, es wäre alles so wie früher.


    Merkwürdig alles


    Trotzdem habe ich mich eben aufgerafft, und bin ins Gartencenter gefahren, um ihre schöne Schale auf dem Grab ein wenig der Zeit anzupassen. Die Schale hatte ich selbst gepflanzt, ich glaube Uti gefällt diese auch, sie war immer eine Meisterin des Dekorierens.


    Wünsche Euch allen trotzdem ein "erträgliches" Wochenende, mit positiven Momenten.


    Gruß

    Tommiforum.aspetos.com/attachment/21061/

  • Lieber Tommi,

    ich hab mich etwas rar gemacht hier, weil ich schon seit fast 2 Wochen mit dem ausräumen von Ullis Wohnung beschäftigt bin. ich kann sehr gut nachvollziehen wie es um dich bestellt ist.

    Ich sehe jeden Tag die verschiedensten Dinge die mich an Ulli und unsere gemeinsame Zeit erinnern.

    Ich denke, das ich Zeichen von ihr erhalten habe, aber im Moment, oder seit Tagen, ist es neben den Erinnerungen um so mehr die Leere, das Vermissen meiner Frau. Alles was wir früher zusammen gemacht haben, versuche ich allein hinzubekommen, es gelingt mir kaum weil ich immer wieder ihr Lachen und ihre Freude und ihre Liebe spüre und sehe..

    Diese liebevoll verzierten und beschrifteten Chormappen, selbst erstellte Berichte mit eingeklebten Bildern von unseren Chorreisen, selbst gemalte Bilder.. wir beide sind Hobbymaler..gewesen... muss es heißen.. und haben manches mal zusammen gemalt oder Ulli hat gemalt und ich habe meinem zweiten Hobby, dem Singen mit Gitarrenbegleitung , gefrönt, ..wir hatten so viele gemeinsame Hobbys und gemeinsame Interessen, wir waren oft wie... eins

    Und jetzt bin ich nur noch die Hälfte.. gar nicht lebensfähig.. einfach einsam ohne meine bessere Hälfte..

    Leider finde ich auch keine Lösung , wie wir weitermachen können, lieber Tommi..

    Aber schön, das Du an die See fährst Ich hoffe, es wird dir gut tun..

    Ulli und ich waren noch vor 2,5 Jahren in Scharbeutz..

    Eigentlich wollten wir noch mal in die Berge, ich wollte mit ihr auf einer Alm über dem Tal sitzen, wenn es dann dunkel wird gehen überall die Lichter an, es duftet nach Heu und die Glühwürmchen fliegen umher, ich hätte meinen Arm um sie gelegt und wir wären glücklich gewesen...

    leider hat es dafür nicht mehr gereicht..

    Aber ich bin sicher, sie ist auch jetzt irgendwie bei mir und ich werde das dann.. irgendwann.. körperlich..allein machen und Ulli wird an meiner Seite auf der Bank sitzen,, ganz bestimmt.

    Lieber Tommi, ich wünsche dir von ganzem Herzen, das Du auch deine Uti an deiner Seite weißt, aber ich denke , das weißt Du sicher schon.


    Liebe Grüße

    Deti