Wo soll ich anfangen.. Hab hier schon so vieles gelesen mittlerweile und denke oder hoff es fällt mir auch etwas leichter wenn ich meine „Geschichte“ los werde.. Es tut mir leid falls ich abschweife und es so lang wird..
Vorweg: Meine Eltern sind seit ca.15 Jahren geschieden und über die Jahre verlor sich immer wieder der enge Kontakt und es gab viele Probleme, durch die Scheidung, durch die neue Frau.
Alles fing eigentlich am 7.Oktober an. Ein gewöhnlicher Tag, wie wir alle dachten.
Plötzlich läutete Mittags mein Handy, als ich sah meine Halbschwester rief an wusste ich schon irgendwas kann nicht stimmen da sie so gut wie nie anruft. Als ich abhob, kam erst mal eine Weile nichts und ich hörte nur Schluchzen, da stand fest es ist etwas passiert. Nach etlichen Minuten des positiven Zuredens kam nur folgender Satz: Der Papa liegt im Sterben. Nach etlichen Minuten galt es erst mal die Fassung zu halten. Ich organisierte, dass mein jüngerer Bruder umgehend von der Arbeit nach Hause kam, ebenso meine Mutter denn wir brauchten ja jemand der uns mit halbwegs klarem und ruhigem Kopf da hin fährt, 3/4Std entfernt. Nebenbei auch den Cousin, der einzige Sohn der Schwester meines Papas die zurzeit selbst gesundheitlich schwer krank ist, wir wollten ja nicht das sie alleine ist. Zum Glück hatte ich zu diesem Zeitpunkt meinen großen Bruder zur Seite!
Zu dem Zeitpunkt realisierte aber kaum jemand wie ernst diese Lage eigentlich ist, wir kannten das auch nur aus dem Verwandtenkreis und da betraf es uns nie so direkt. Als wir an diesem Tag ankamen, sollte sich das aber rapide ändern. Mein jüngerer Bruder brach wie meine Halbschwester zusammen, wir wussten gar nicht was wir machen sollten. Man sah wie ihnen das Herz brach und man konnte nur mehr mit weinen, denn es gab keine Worte die dieses Gefühl bessern würden.
Wir gingen diesen, in diesem Moment so ewig langen, Weg vor sein Krankenzimmer. Die Schwester erklärte uns alles und versuchte uns irgendwie vorzubereiten was uns erwartet, damals kam mir ihre Frage: Haben sie so etwas schon einmal gesehen oder erlebt, nicht einmal wichtig vor. Man erklärte uns zwar einiges, aber ich erinnere mich nicht mehr an die Worte.
Ich nahm den Brocken auf mich, den ersten Besuch zu wagen, begleitet wurde ich aber auf Wunsch von meiner Mama. Was ich sah, war erschreckend und da ich weiß es ging uns allen so, fällt es mir so leicht die Reaktionen meiner Geschwister zu verstehen. Vor uns lag kein gesunder, rundlicher, redefreudiger, sturer Mann mehr, mit dem wir viel durchmachten und auch erlebten. Vor uns lag ein Mann, nur in der Lage eine Hand die schon knapp vor seinem Gesicht lag, immer wieder vor sein Gesicht zu legen. Auf Anrede riss er die Augen weit auf und starrte, die Krankenschwester erklärte uns, dass er noch alles mitbekommt. Ich war einen kurzen Moment gelähmt, und war so froh, dass meine Mutter voran schritt. Ich nahm seine Hand und sie sprach zu ihm. Danach fasste auch ich mich und redete vor mich hin. Erzählte dies und jenes und doch kommt es mir heute zu wenig vor. Danach gingen meine Brüder gemeinsam zu ihm, wobei mein jüngerer nach ca.5Minuten die Flucht aus dem Spital ergriff, ich hinten nach. Er brach wieder zusammen und ich hatte alle Mühe es ihm nicht gleich zu tun, letzten Endes erfüllte man ihm aber den Wunsch alleine mit seinem Papa zu sein, was ich auch gut fand. Dieser Tag endete mit vielen Tränen, am Boden liegenden Nerven und innerlicher Zerissenheit, wie wir Schlaf fanden, ich weiß es nicht, in ständiger Angst vor dem Läuten des Telefons.
Am Freitag fuhr mich meine Mutter erneut zu ihm, da es mein Wunsch war und meine Brüder nicht mehr wollten bzw. konnten. Ich sprach sehr lange mit dem Arzt und ließ mir alles von Vorgeschichte,ect. erklären. Immerhin suchte ich den Grund wieso er uns alles verheimlichte, heute weiß ich er wollte nicht, dass wir das sehen müssen, aber wir entschieden für uns das wir das so brauchten. Vielleicht war das egoistisch. Die Situation war schrecklich. Er lag da, die Augen offen, den Mund offen, regungslos, an einem Schmerzmitteltropf. Was ihn am Leben hielt war sein selbstständiges Atmen zu diesem Zeitpunkt. Vom Arzt wusste ich schon, dass es keine Tage mehr werden und im besten Fall noch Stunden. Ich ging, nachdem mich die Schwester so drängte, zu ihm. Ich streichelte seine Hand, sprach mit ihm, erzählte ihm, dass er nicht so gegen sich selbst kämpfen soll, wir ihn immer lieben werden und er immer unser Papa sein wird. Wir wollten, dass er in Ruhe gehen kann, auch wenn wir nicht loslassen wollten, ohne Schmerzen, im Frieden mit sich. Alles was war, spielte keine Rolle, nur ihn kämpfen zu sehen wo keine Chance bestand, ihn leiden zu sehen, dass war auch für uns schmerzhaft.
Ich brach zusammen und verließ danach auch das Zimmer, floh schon fast aus dem Spital weil alles in mir kurz an die Luft wollte. Ich telefonierte mit meiner Tante, seiner Schwester, stand noch etliche Minuten vor dem Spital, versuchte zu verdauen was grad alles passierte und wir fuhren nach Hause. Im Nachhinein erfuhren wir, dass mein Papa in diesem Zeitpunkt aufhörte zu atmen. Im Nachhinein bereue ich es, nicht ein paar Minuten länger geblieben zu sein, aber ich weiß es hätte nichts geändert. Meinen Geschwistern das beizubringen war dann die nächste Hürde, die zum Glück meine Mama sehr souverän meisterte. Sie bot uns an noch einmal zu fahren, und wir nahmen das auch an, bis auf meinen großen Bruder. Seit diesem Tag vergräbt er sich, es wird seine Art sein damit umzugehen daher nehmen wir das so zur Kenntnis.
Wir standen noch ziemlich gefasst vor der geschlossenen Tür des Abschiedsraumes – dem jede Beschreibung nicht gleich kommen würde, wie unwürdig – doch dann überrumpelte uns die Schwester. Sie öffnete die Tür, legte sein Gesicht frei, und ging. Wir standen da wie Puppen, alle fassungslos über das was eben passierte und über das was wir sahen. Ich sah meinen Papa genauso liegen wie er lag als ich ging, immerhin denke ich er hatte keine Schmerzen, das beruhigte uns. Wir zündeten eine Kerze an und verließen nach sehr kurzer Zeit den Raum. Ich brach weinend zusammen und meine Mutter hatte alle Mühe mich zu beruhigen. Letzten Endes saßen meine Schwester, mein Bruder und ich auf den Boden des Krankenhausflures zusammen gekauert und unsere Mama versuchte uns so gut sie konnte bei zu stehen. Ich bin so dankbar, dass sie da war für uns. Die Krankenschwester die vorbei lief und uns noch mit: Guten Abend begrüße, wollten wir in dem Moment fast zerfleischen. Überhaupt fühlten wir uns dort sehr schlecht aufgehoben vor allem in diesem Moment.
Soviel ist unausgesprochen, so fühlt es sich an, soviel fehlt nun, alles scheint so schwer nun.. Ich bin seitdem kaum erkennbar für mein Umfeld..
So verlaufen seitdem unsere Tage, mit vielen Tränen, viel Verwirrung, zum Glück keinen Selbstvorwürfen mehr. Die Beerdigung, ist das nächste größte Problem für alle, aus verschiedenen Gründen, da es nicht seinem Wunsch entsprechen wird, wir ausgeschlossen wurden von allen Entscheidungen von seiner Frau und 3.Wochen eine harte Zeit sind für uns. Und wir wissen so gut wie nichts, nicht wie es abläuft in diesen 3.Wochen noch was kommen wird, außer dem Schmerz..
Ich weiß, mein Text war so lange, aber es tat so gut es zu schreiben.. Es tut einfach so weh..
Danke an alle die das lesen.. Danke für solch ein Forum..