Nur noch ein halber Mensch

  • Liebe Gisela,


    hast du denn gar keine Freundin, also ich meine so eine richtige gute Freundin....

    Wie sieht es mit einer Trauergruppe in deiner Nähe aus?

    Wie sieht es mit psychologischer Hilfe aus?

    Es ist so schwer, ich weiß.

  • Trauergruppe ist hier sehr schwer zu finden. Sind hier in der Gegend Erzkatholisch. Damit habe ich schon lange nichts mehr am Hut. Mein Bestatter sucht danach. Meine Hausärztin hat eine Therapeutin für mich gefunden. Am Freitag habe ich dort einen Termin. Freundin wohnt 400km weg. Seit ihr Mann in Rente ist, sind die nur unterwegs. Haben kaum Zeit, sind im DRK sehr aktiv. Ein Anruf im Monat, wenn hoch kommt. Ich wäre echt froh wenn ich jemanden finden würde mit dem ich mich austauschen könnte und auch mal was unternehmen könnte. Kaffeetrinken oder so.

  • Liebe Gisela

    Ich glaube,es gibt nichts Schwereres,als mit unserem unerträglichen Schmerz weiterzuleben😔weiterzukämpfen,obwohl einem alles so sinnlos vorkommt😭

    Ist das der sogenannte Selbsterhaltungstrieb? Auf jeden Fall fühle ich extrem mit Dir😔🙏

    Viele liebe Kraft spendende Grüße ❤️ Steffi ❤️

  • Trauergruppe ist hier sehr schwer zu finden. Sind hier in der Gegend Erzkatholisch. Damit habe ich schon lange nichts mehr am Hut. Mein Bestatter sucht danach. Meine Hausärztin hat eine Therapeutin für mich gefunden. Am Freitag habe ich dort einen Termin. Freundin wohnt 400km weg. Seit ihr Mann in Rente ist, sind die nur unterwegs. Haben kaum Zeit, sind im DRK sehr aktiv. Ein Anruf im Monat, wenn hoch kommt. Ich wäre echt froh wenn ich jemanden finden würde mit dem ich mich austauschen könnte und auch mal was unternehmen könnte. Kaffeetrinken oder so.

    Das ist doch schon mal gut was den Therapeuten angeht, auch was das kümmern des Bestatters ist.

    Ok, was die Freundin angeht...für mich wäre sie dann keine Freundin, einmal im Monat, in der Lebenssituation der du

    dich befindest ist etwas arg wenig.

  • Hallo ihr Lieben, wieder ein schwarzer Tag. Nachher kommt eine frühere Arbeitskollegin zum Kaffee. Ein Strohhalm zum festhalten für heute. Wir sitzten draußen auf der Terrasse. Alleine kann ich das gar nicht. Zuviel Wehmut, da verkrieche ich mich ins Haus.

    So hangelt man sich von Tag zu Tag.

    Liebe Grüße Gisela

  • Gestern zwei Stunden Ablenkung, nun sitzt ich wieder in dem leeren Haus. Er fehlt so sehr. Es ist für mich immer noch unfassbar. Das Loch in dem ich sitze ist dunkel und tief.

    Das versteh ich nur zu gut😔

    Hatte mich die ganzen letzten Wochen mit bürokratenkram abgelenkt(das muss ja wirklich gemacht werden) und mit Ausmisten,umräumen etc.

    Aber wenn man dann grad nix zu tun hat,fällt man wieder tief😭

    Fühl dich umarmt und verstanden :24:

    Liebe Grüße ❤️

    Steffi ❤️

  • Liebe Gisela,

    mir kommen die Tränen , wenn ich bei dir lese. Wenn wir nicht alle so weit auseinander wohnen würden , würde ich mich auch so gerne mit dir und anderen aus dem Forum mal treffen. In meinem Wohnort gibt es einmal im Monat ein

    Trauer Cafe , es ist aber umbenannt worden

    in Cafe Lichtblick , weil die meisten sich dort schon seit über 10 Jahren treffen. Der Verlust ist also kaum Thema . Wirkliches Verständnis findet man nur hier, aber wir können uns eben nur schriftlich austauschen. Heute 1. Mai , es soll sonnig werden und wie wunderschön war es in unserem alten Leben an so einem Tag. Nur da habe ich es als selbstverständlich genommen und möglicherweise nicht genug wertgeschätzt. Liebe Gisela, vielleicht kann es dir gut tun, regelmäßig in die Natur zu gehen und deinem Schatz da nahe zu sein?

    Alles Liebe und viel Kraft 🫶

  • Wieder ein schwerer Tag in Einsamkeit. Ein Anruf, ein Gespräch, eine Umarmung, es fehlt mir so sehr. Jeden Tag schreibe ich Anrufe, Gespräche, Umarmungen, "was habe ich heute Gutes für mich getan" in meinen Kalender. So möchte ich mir bewusst machen: Es gibt viele Tage an denen wenig im Kalender steht. Es gibt aber auch Tage an denen MEHR im Kalender steht. Das sind dann die guten Tage. Da ging es besser.

    Habt ihr vielleicht auch Tipps, wie man vorbeugen kann. Spazieren bei schönem Wetter fällt mir noch richtig schwer. Da ich vor dem Klinikaufenthalt mit meinem Herzensmensch jeden Tag spazieren war. Auch auf die Terasse kann ich nicht. Zuviel Erinnerungen die sehr schmerzen.

    Wünsche euch einen friedvollen und kraftvollen Tag


    Fühlt euch umarmt

    Gisela

  • Liebe Gisela,


    ich war gestern am Feiertag (gewollt) alleine und mir hat die Einsamkeit dann aber auch sehr zugesetzt. Wenigstens an Werktagen gehe ich arbeiten und bin da unter Menschen, ich mag es mir gar nicht vorstellen wie schlimm es Dir nun jeden Tag gehen muss;(

    Es tut mir unendlich leid für Dich:30:


    Mir ging bzw geht es ähnlich, daß ich nichts machen kann, was wir vorher gemeinsam gemacht haben. Zu schmerzhaft sind (noch) die Erinnerungen.


    Schade, daß bei Dir das Spazierengehen da drunter fällt - vielleicht wäre es eine Idee, Dir eine Spazier-Route zu suchen die ganz neu für Dich ist und somit keine Erinnerungen wachrufen kann?

    Evtl. erst ein Stückchen mit Auto oder Bus weiter wegfahren und dann erst losmarschieren?


    Es heißt immer, man soll sich Pläne machen, sich beschäftigen...alles andere als leicht, wenn es einem (wie Dir und mir) so geht daß man "Aktivitäten" nicht erträgt die man früher zusammen mit dem Partner gemacht hat.


    Ich habe jetzt für Mai und Juni mal Karten für insgesamt 3 Kultur-Veranstaltungen besorgt, das ist etwas was wir nie zusammen gemacht haben.

    Ich weiß aber auch noch nicht, ob ich am jeweiligen Tag Lust haben werde und wie ich mich da überhaupt fühlen werde.

    Habe Bedenken daß ich die ganze Zeit dann nur denke "mit ihm wäre es aber noch schöner gewesen" und dann doch wieder mit Tränen dasitze - obwohl ich weiß daß er da nur unter Protest bzw. dann gar nicht mitgegangen wäre...

    Aber ich probiere das jetzt einfach mal.


    Habe leider auch ewig lang gebraucht, mir etwas auszudenken was mich garantiert NICHT an ihn erinnert.

    Mich haben selber die gut gemeinten Ratschläge eher genervt, wie z.b. "Guck mal ins VHS-Programm" oder "die Kirchengemeinden bieten doch auch immer Aktivitäten an".

    Bin dann im Kulturprogramm der Gemeinde fündig geworden - aber wie gesagt, ich weiß nicht ob das soviel bringt. Die Trauer und der Schmerz sind immer bei mir, egal wie schön so eine Veranstaltung sein könnte...


    Ich weiß also auch nicht ob "Ablenkung" und "sich Pläne machen" wirklich irgendwas bringt. Es ist halt nicht einfach, ein Patentrezept für unsere Situation gibt es definitiv nicht;(;(;(


    Daß Du Dir jeden Tag Notizen machst, wird auch oft empfohlen.

    Mir wurde das so ähnlich empfohlen, und zwar jeden Tag abends aufzuschreiben, wofür man dankbar ist - und jede Woche zurückzublättern und sich alles nochmal durchzulesen. Das ist dann ein "Dankbarkeits-Tagebuch".


    Mir wurde das so erklärt, daß sich unser Gehirn leichter und besser an negative Dinge erinnert, als an positive.

    Hängt irgendwie mit der Steinzeit zusammen, da es damals überlebenswichtig war, sich an Negatives besser zu erinnern (z.b. dort im Tal hat der Säbelzahntiger sein Revier).

    Wenn man sich also das Positive nicht aufschreibt, würde das meiste davon vergessen werden.


    Ich drück dich mal aus der Ferne:30:

  • Liebe Knubbelchen.


    Bisher habe ich noch nicht in deinem Herzenshaus geschrieben, aber deine / eure Geschichte tief mitfühlend gelesen.
    Grausam, wie alle Schicksale hier. Einzigartig, individuell, aber dennoch eines verbindend: Die tiefe Liebe zu einem Menschen, der gegangen ist.
    Egal wie alt, immer viel zu früh.
    Und man selbst ist "übrig geblieben".


    Manchmal denke ich, liegt aber in der Geschichte selbst schon ein wenig Trost. Mag sich merkwürdig anhören und ist natürlich oftmals für "Dritte" deutlicher, als für einen selbst.


    Was mich an deiner Geschichte so ganz besonders berührt hat, sind seine letzten Worte an dich ...
    "Mach dir keine Sorgen ..."
    Liebe Knubbelchen, ja, es scheint als hätte er sich ein wenig geirrt, was diese Situation in dem Moment anging. Oder vielleicht doch nicht? "Sie kümmern sich hier rührend um mich ..."
    Er ist gegangen, aber er hatte noch diese Botschaft an dich.


    Es war ihm wichtig, dass es mir gut geht. Er fragte mich jeden Tag, ob er mir was Gutes tun kann.

    "Mach dir keine Sorgen ..."

    Es gibt so vieles, das du schreibst, das ich sehr, sehr verstehend gelesen habe. Wie schwer das Einkaufen fällt, zum Beispiel.
    Und es gibt vieles anderes, das andere Seelen hier genauso oder ähnlich empfinden.

    Und so ist das wohl auch mit der Ablenkung. Individuell. Anders. So wie jeder Mensch, jede Liebe, anders ist.
    Ablenkung ... Ich habe ganz zu Beginn (und bei mir ist es auch erst knapp ein halbes Jahr her, dass meine Lebensliebe einfach gegangen ist) zu einem lieben Freund gesagt: Vergiss es. Ablenkung ist ein Mythos.
    Er schaute einen Moment irritiert. Dann hat er es verstanden, ohne dass ich viel erklären musste.

    Aber wie kommt man dann ansonsten damit klar, mit dieser Leere? Wie kann man ihr begegnen? Denn ich finde, das ist der bessere Ansatz, als zu versuchen, ihr zu entkommen.
    Du schreibst, dass dir Dinge noch sehr weh tun, die ihr gemeinsam gemacht habt.
    ich kann es nachvollziehen, wobei es bei mir eher so ist, dass ich gerade Dinge, die wir nicht gemeinsam gemacht haben, schwer finde. Weil ich dann denke: Hm, wie hätte er jetzt reagiert, wie hätte es ihm gefallen, etc.
    Zudem gibt es da nicht wirklich viel. Wir waren wie ihr beiden ein Team. Ein Team-Team, wie wir immer sagten. In ALLEN Bereichen des Lebens.
    Also muss man mit dem "arbeiten", was man hat und das sind in dem Fall die gemeinsamen Aktionen und Aktivitäten.
    Aber man muss ja nicht direkt von Null auf Hundert damit.

    Gibt es zum Beispiel irgendetwas, das dein Hans-Jörg gerne gemacht hat oder angefangen hat, so dass du es beenden könntest? Dass du etwas von ihm in seinem Sinne weiterführst?
    Ich finde das bei Dirkie so unglaublich faszinierend und inspirierend wie sie am Haus so viele "Projekte" ihres Mannes fortführt und zu einem Abschluss bringt. Ich kann verstehen, dass sie sagt, dass er ihr dabei sehr nah ist ...
    Oder hattet ihr ein gemeinsames Hobby? Vielleicht sogar eines, bei dem andere Menschen involviert sind? Das ist zum Beispiel mein Ding: Ich führe unser gemeinsames Hobby fort und werde unfassbar toll von den Menschen im Hobby aufgefangen.
    Oder gibt es etwas, das ihr machen wolltet, aber immer wieder aufgeschoben habt oder noch vorhattet? Wenn du das dann angehst, mit ihm in deinem Herzen?

    Das sind alles nur Gedanken und Anregungen. Was für dich in Frage kommt, musst du schlussendlich selbst herausfinden. Ich habe bei sowas oft gut reden. Ich habe Null Probleme mit dem Allein-Sein, nur mit dem Katerchen hier zu Hause zu sein und wann immer ich will, einfach ins WhatsApp, oder eben ins Hobby, wenn es geht.

    Wichtig bei all dem ist, dass du genau in dich hinein horchst, was dir gut tut. Und dass du dein eigenes Tempo gehst. Lass dich nicht hetzen. Es sei denn, genau das Tempo hilft dir.

    Eine kleine Anmerkung noch, was Erinnerungen angeht:
    Ich finde es merkwürdig das zu lesen:

    Mir wurde das so erklärt, daß sich unser Gehirn leichter und besser an negative Dinge erinnert, als an positive.

    Hängt irgendwie mit der Steinzeit zusammen, da es damals überlebenswichtig war, sich an Negatives besser zu erinnern (z.b. dort im Tal hat der Säbelzahntiger sein Revier).

    Wenn man sich also das Positive nicht aufschreibt, würde das meiste davon vergessen werden.

    Ich habe das genau umgekehrt gelernt und auch genau umgekehrt erfahren.
    Sicher, "Lernen durch Schmerz" kommt nicht von ungefähr.
    Aber Lernen hat nicht unbedingt mit Erinnern zu tun.
    Ich habe im Gegenteil gelernt, dass - mindestens auf lange Sicht - negative Erinnerungen eher verblassen und gute Erinnerungen bleiben.
    Wichtig dabei ist natürlich, dass man sich den Erinnerungen stellt. Verbannt man sie einfach nur ins Unterbewusstsein können sie sich da so richtig schön ausbreiten, mutieren und als Monster wieder hervorkommen.

    Das mit dem Positiven aufschreiben ist eher, um es sich selbst vor Augen zu führen. Und nicht, weil man es sonst vergessen würde.
    Aber wie gesagt, so habe ich das gelernt und so finde ich es auch nachvollziehbar - dass das auch "richtig" so ist, wie ich es gelernt habe und empfinde, darauf erhebe ich gar keinen Anspruch.

    So oder so, wenn es jemandem hilft, dann sollte man es machen. Ich finde es eine total schöne Idee, die wirklich sehr gut tun kann.

    Liebe Knubbelchen,

    Es war ihm wichtig, dass es mir gut geht. Er fragte mich jeden Tag, ob er mir was Gutes tun kann.

    Ja, ich weiß, das Zitat habe ich oben schon einmal gebracht ... :24:<3

  • ,Guten Morgen ihr Lieben,




    ich danke euch für eure tröstenden Worte und euren Erfahrungen mit der Trauerbewältigung.


    Ich suche zur Zeit einen Weg mit dem tiefen Schmerz des Verlustes meines geliebten Mannes umzugehen. Die Tage sind sehr lang so ganz alleine.




    Vorgestern begann ich die Danksagungen zu schreiben bzw. zu kuvertieren.


    Die Karten konnte ich sehr lange nicht berühren, das Bild meines Schatzes und die Worte darauf, haben mich nur zum Weinen gebracht, bis ich nichts mehr sehen konnte. Für die Vorderseite hatte ich ein Foto von unseren Reisen mit dem Womo herausgesucht. Ein See mit Seerosen und die Sonne spiegelt sich im Wasser,

  • Um die Tage nicht all zu lange werden zu lassen, mache ich jeden Tag EINEN Termin in der Nachbarschaft und gebe die Danksagungskarte persönlich ab. Bei einer Tasse Kaffee, kann ich mich austauschen. Gestern war ich bei einer Nachbarin, die ihren Sohn vor 16 Jahren durch einen Verkehrsunfall verloren hatte. Er war gerade 18 Jahre alt geworden. Sie konnte nachempfinden wie es mir zur Zeit geht. Auch sie hatte Erfahrungen mit so genannten "klugen Ratschlägen" gemacht. Sie meinte, es gäbe kein Verständnis für die Trauer. Es würde von den meisten Menschen erwartet, dass diese tiefe Trauerphase nach 10 Wochen beendet sein müsste. Das Leben ginge doch weiter.

    Ihr wisst, dass das nicht stimmt. In euren Aufschrieben kann ich lesen, dass der Schmerz um den geliebten Menschen sehr lange dauern wird. Wie soll es auch anders sein, wenn der Mittelpunkt des Lebens fehlt.

    Um den Tagen wenigstens einen Augenblick Pause aus der tiefen Trauer zu geben, greife ich nach jedem Strohhalm.


    Ich wünsche euch einen guten friedlichen Tag

    fühlt euch umarmt:24::*

    Gisela