.... und die Welt dreht sich einfach weiter

  • Nach ein paar weniger schlimmen Tagen beutelt es mich heute wiedereinmal durch und durch. Kann seit halb sechs nicht mehr schlafen und geistere durchs Haus - möglichst leise, um niemanden aufzuwecken.


    Immer wieder muss ich an ihn denken und weinen. Ich vermisse ihn so sehr!!! Warum musste das passieren, warum konnten wir es nicht verhindern??? Ununterbrochen hämmern diese Sätze durch meinen Kopf, obwohl ich es gar nicht will. Ich weiß schon nicht mehr, womit ich mich ablenken soll. Bin schon froh, wenn der heutige Tag vorbei ist.


    Manchmal wünsche ich mir, dass für mich alles schon vorbei ist, aber dann denke ich daran, dass mich die Kinder noch eine Weile brauchen und wie schlimm es für sie wäre, auch noch die Mama zu verlieren und schiebe diese blöden Gedanken ganz schnell wieder weg.

    Diejenigen, die gehen, fühlen nicht den Schmerz des Abschieds.Der Zurückgebliebene leidet. (Longfellow)

  • Liebe Dschina,


    ja, mir gehts genau so, einmal gut, dann wieder schlecht, einmal sind es Tage, dann wieder nur Stunden.......das ist eben unser "Wellenmeerl", duch das wir immer wieder hindurch müssen. Und die Frage nach dem warum, die niemand beantworten kann.


    Ich drück Dich :24: und schau immer wieder wenn es Dir gut geht nach vorne mit Deinen Kindern und geniesse sie, sie werden so schnell groß.....
    Liebe Grüße


    Evi

    *


    Es gibt Momente im Leben, da hört die Welt auf, sich zu drehen.
    Und wenn sie sich wieder dreht, ist nichts mehr so, wie es war.


    "Tempora praeterire Sed tenera Memoria restat"


    *

  • So ... jetzt haben wir die Weihnachtsfeiertage endgültig hinter uns gelassen. Am 23.12. waren wir bei meinen Schwiegereltern. Meine Schwiegermutter hat sich über das Fotobuch sehr gefreut. Beinahe wäre sie mir um den Hals gefallen. Am 24.12. waren wir mit meinen Großeltern bei meinen Eltern. Meine Großeltern sind 89 und 96 Jahre alt und dementsprechend gesundheitlich bedient. Und da kam der böse, teuflische Gedanke in mir auf, warum denn die zwei nicht sterben dürfen, aber mein Mann mit 46 gehen musste. Alles in allem habe ich die beiden Tage gut überstanden.


    Am 25.12. war ich mit meinen Eltern am Friedhof. Ich war das erste Mal seit der Beisetzung im August dort. Die Situation war für mich so unwirklich. Ich stand vor dem Grab, sah die Marmorplatte mit seinem Namen und fühlte gar nix dabei. Ich hab ihm eine Kerze hingestellt und gesagt, dass er sich nicht an meine Besuche gewöhnen soll. Anschließend waren wir noch beim Grab meiner Urgroßeltern. Auf dem Weg dorthin sind wir an den Ehrengräbern vorbeigekommen und haben die künstlerische Gestaltung vieler Grabsteine bewundert. Es war fast wie ein Museumsbesuch.


    Die nächsten beiden Tage war ich total fertig. Immer wieder musste ich weinen und habe dabei geglaubt ich zerspringe jeden Moment vor lauter Kummer und Schmerz. Zum Glück durfte ich zwischen Weihnachten und Neujahr arbeiten gehen - das ist für mich immer noch die beste Ablenkung. Ansonsten bestanden meine Tage aus Essen (muss man dazwischen, obwohl ich oft gar nicht möchte), Schlafen und Fernsehen. Es gäbe so viel zu tun, aber ich kann mich einfach nicht dazu aufraffen.


    Und heute ist wieder so ein besonderer Tag im Jahr. Ich muss immer wieder daran denken, wie schön unser letzter gemeinsamer Silvester gewesen ist - und schon wieder fließen die Tränen. Ich habe in den letzten 5 1/2 Monaten sicher mehr geheult, als in meinem ganzen Leben davor.


    Zum Glück sind wir heute bei Freunden eingeladen und ich muss Silvester nicht allein daheim verbringen. Trotzdem wird es anders sein.


    Ich wünsche euch allen einen ruhigen, friedlichen Jahreswechsel und viel Kraft für das neue Jahr.
    Eure Dschina

    Diejenigen, die gehen, fühlen nicht den Schmerz des Abschieds.Der Zurückgebliebene leidet. (Longfellow)

  • Hallo Dschina68


    Wie ist es Dir nun ergangen zu Silvester bei Deinen Freunden.


    Das Heulen, von dem Du erzählst. Es ist soviel. Das kenne auch ich. Das 1. Jahr war es so... Das 2. Jahr war es so... Das 3.... nun es ist jetzt ein wenig besser geworden. Aber doch auch immer wieder Zwischendurch. Aber eben Zwischendurch. Und es tut immer wieder Gut. :)


    Danke für Dein Erzählen von Weihnacht. Alles Gute Dir. :022:


    Sei von mir lieb Gegrüßt


    chan

  • Hallo Chan!


    Fein, wiedereinmal von dir zu lesen!


    Der Silvesterabend bei Freunden ist sehr gut verlaufen. Es gab ganz traditionell Fondue und Raclette und wir haben - wie immer - viel zu viel gegessen. Obwohl - oder vielleicht gerade weil - wir oft über meinen Mann gesprochen haben, waren wir den ganzen Abend gut drauf und hatten viel Spaß. Nach einem gemeinsamen Frühstück am frühen Nachmittag habe ich meinen Sohn nach Hause gebracht und mein Mädel und ich sind nach Schönbrunn zum Tiroler Hof gefahren. Dort treffen wir uns immer mit einem Haufen Leute zum Neujahrspunsch. Anschließend war die Runde bei anderen Freunden zur Jause eingeladen.


    Wie schon zu Weihnachten, kam die große Trauerwelle erst nach dem eigentlichen Festtag. Ich denke, das kommt daher, dass ich abgelenkt gewesen bin, weil ich unter anderen Leuten war, die natürlich auch traurig über seinen Tod sind und ihn vermissen, aber distanzierter dazu stehen als ich.


    Als mein Opa vor fast 10 Jahren starb, war ich natürlich auch sehr traurig. Ich hatte das Glück, meine Großeltern von klein auf oft zu sehen und hatte zu ihnen ein gutes Verhältnis. Aber wenn ich zu Hause, in meinem Alltag war, vermisste ich ihn nicht wirklich. Natürlich dachte ich auch an ihn und wusste, dass er gestorben war, aber es fiel mir nur dann wirklich auf, wenn ich im Garten war oder Oma besuchte und er war nicht mehr dabei. Und genauso wie mir damals geht es jetzt unseren Freunden: sie leben ihren Alltag weiter, als ob nichts gewesen wäre. Das soll kein Vorwurf sein - für sie hat sich ja nichts geändert.


    Es tut gut zu lesen, dass es irgendwann einmal besser wird. Grundsätzlich stehe ich noch immer mit beiden Beinen fest im Leben und bin mir vieler Tatsachen auch bewusst (wie zum Beispiel, dass ich nicht der erste und einzige Mensch bin, dem das passiert ist oder dass das Leben weiter geht und noch viel positives geschehen kann oder dass er immer ein wichtiger Teil meines Lebens sein wird), aber manchmal zieht es mir trotzdem den Boden unter den Füßen weg und ich bin mir dann nicht sicher, ob ich noch ich selbst bin. Dann keimen total psychopathische Gedanken in mir auf, für die ich mich am liebsten selbst ohrfeigen möchte.


    Es ist eben nicht einfach, aus dem Paradies vertrieben zu werden und es dauert eine Zeit lang, sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Wie schon einmal erwähnt, Geduld ist nicht unbedingt meine Stärke.


    Liebe Grüße


    Dschina

    Diejenigen, die gehen, fühlen nicht den Schmerz des Abschieds.Der Zurückgebliebene leidet. (Longfellow)

  • Liebe Dschina,


    auch wenn Geduld nicht grad deine Stärke ist - es wär gut, wenn du ein bissel üben würdest ;)
    Denn sie kann ganz ungemein helfen.


    Sei nicht sauer auf dich selbst, so gut wie alle haben wir "komische" Gedanken, sie sind normal.
    Vielleicht magst du uns einmal was darüber erzählen? Vieles spürt sich nicht mehr so schlimm an, wenn es einmal ausgesprochen ist. Und ich bin mir sicher, wir können dir deine eigenen Ohrfeigen "ersparen" und dir zeigen, daß du nicht die einzige mit solchen Gedanken bist.


    Ich schicke dir eine große Portion Geduld ;) .
    Alles Liebe, :24:
    Jutta

    Der Tod eines geliebten Menschen ist wie
    das Zurückgeben einer Kostbarkeit,
    die uns Gott geliehen hat.

  • In den letzten Tagen ging es mir relativ gut. Nur ganz sanfte Wellen aus dem Trauermeer haben mich ab und zu überrollt.


    Heute hatten wir einen Termin beim Notar wegen der Verlassenschaft. Ich bin schon froh, wenn sie endlich abgeschlossen ist. Dabei haben wir die persönlichen Gegenstände, die mein Mann bei sich trug, ausgehändigt bekommen. Ein halbes Jahr lang war es mir sowas von wichtig, sie endlich in den Händen zu halten und dann habe ich gar nix dabei gefühlt, als es endlich so weit war.


    Nachdem ich zur Zeit allgemein etwas emotionslos bin glaube ich, dass ich wieder in einer weiteren Entwicklungsphase der Trauerbewältigung stecke. Nach wie vor kann ich es nicht fassen und verdränge momentan, was passiert ist. Wahrscheinlich brauche ich das, um mich ein wenig erholen zu können. Ich will es einfach nicht wahr haben, dass er nie mehr wieder kommt. Ich will aufwachen und feststellen, dass alles nur ein böser Traum war!!!! ;(

    Diejenigen, die gehen, fühlen nicht den Schmerz des Abschieds.Der Zurückgebliebene leidet. (Longfellow)

  • Nach über 26 gemeinsamen Jahren ist er nicht mehr da. Fort. Einfach weg. 9.660 Tage waren wir zusammen.


    Als wir uns kennenlernten waren wir beide Teenager. Unbeschwert. Das ganze Leben noch vor uns. Wir haben uns weiterentwickelt, sind erwachsen geworden, haben den Beruf gewechselt. Seite an Seite.


    Zweiundzwanzig Jahre davon lebten wir im gemeinsamen Haushalt. Es wurde geheiratet, wir wurden Eltern, zogen 2x um. Wir teilten alles: Arbeit, Freud und Leid. Wir genossen schöne, aufregende Zeiten, aber nicht immer war es nur lustig. Ja, wir hatten auch unsere Schwierigkeiten. Drei Fehlgeburten, Schulprobleme mit den Kindern, Ehekrise, Hausbau .... was halt so dazu gehört zum Leben.


    Aber gemeinsam waren wir stark. Wir zwei gegen den Rest der Welt. Immer wieder besinnten wir uns auf das Versprechen, das wir uns gegeben hatten und nahmen es ernst: in guten, wie in schlechten Zeiten. Wenn eine Beziehung im Freundes- und Bekanntenkreis auseinander ging schauten wir uns an und waren uns einig: wir lassen es nicht so weit kommen. 7.744 Tage durften wir verheiratet sein. Wir waren es gern. Und wir waren stolz darauf, zu den "Ehekrüppeln" zu gehören, wie es mein Mann so liebevoll nannte. Es war ein gutes Gefühl.


    Seit einem halben Jahr ist alles anders. Nichts ist mehr, wie es war. Ich bin zum ersten Mal in meinem Leben ganz auf mich allein gestellt und alles ist auf einmal so schwierig. Es ist niemand mehr da zum Bereden, um gemeinsame Entscheidungen zu treffen und um sich gegenseitig aufzufangen. Auch wenn die Äußerlichkeiten zum Glück geregelt sind, so bleibt immer noch dieses Gefühl der unendlichen Leere in mir. Es ist eine nicht zu schließende Lücke entstanden. Was heißt da Lücke? Es ist eher eine tiefe, klaffende, nicht heilen wollende Wunde - ein Stück, das brutal aus mir herausgerissen wurde.


    Die Zukunft ist immer ungewiss, aber trotzdem hatten wir viele gemeinsame Pläne, die jetzt alle unwichtig gerworden sind. Ohne ihn scheint mir alles so sinnlos. Wofür wir gelebt haben, was wir uns aufgebaut haben - es hat für mich seine Bedeutung verloren. Ich bin froh über jeden Tag, den ich hinter mich gebracht habe. Fast so, als ob ich einem mir unbekannten und ungewissen Ziel ein Stückchen näher gekommen wäre. Nur die Verantwortung für meine Kinder hält mich aufrecht. Sie sind beide noch in der Ausbildung. Außerdem wäre es für sie ein fürchterlicher Schicksalsschlag auch noch die Mutter zu verlieren. Das will ich ihnen nicht antun.


    So bleibt mir nichts anderes übrig, als mich nicht selbst aufzugeben, irgendwie weiterzumachen. Ich hoffe, dass die seelischen Wunden irgendwann zu Narben werden und ich das Leben wieder genießen kann.

    Diejenigen, die gehen, fühlen nicht den Schmerz des Abschieds.Der Zurückgebliebene leidet. (Longfellow)

  • Ich möchte mich nach einer längeren Pause wiedereinmal melden. Ein paar Mal habe ich zwar gelesen, aber war einfach nicht fähig etwas zu schreiben.


    Die letzte Jänner-Woche war für mich ganz besonders schlimm, weil wir da gleich zwei Jubiläen gehabt hätten: Kennenlerntag und Jahrestag. Ich wusste nicht, wohin mit mir und meinem Schmerz und war mir ganz sicher, dass ich jeden Moment überschnappe.


    In der Arbeit war in den letzten Wochen zum Glück irre viel zu tun, sodass ich einiges an Mehrstunden machen durfte. Danach nach Hause, essen und ab ins Bett. Ich war nur noch müde. Diese Woche habe ich Urlaub, aber ich habe mir so viel vorgenommen, wenn ich die Hälfte davon schaffe, bin ich schon froh.


    Grüße an alle von


    Dschina

    Diejenigen, die gehen, fühlen nicht den Schmerz des Abschieds.Der Zurückgebliebene leidet. (Longfellow)

  • Liebe Dschina,
    schau, dass du zwischendurch auch mal zu Ruhe kommst und nicht nur routierst. Tu dir was Gutes, vielleicht ein Saunabesuch oder einen Tag Wellness in einem schönen Bad! Dieser Schmerz, das Gefühl überzuschnappen, ich kenne das. Aber es passiert nicht. Nur musst du eben zwischendurch eine Verschnaufpause einlegen ...
    Liebe Grüße
    Ariadne

  • Heute ist es auf den Tag genau 7 Monate her, dass du von uns gegangen bist und uns allein gelassen hast.


    Es ist, wie es ist - nicht zu ändern - und uns bleibt nichts anderes übrig, als irgendwie weiter zu machen. Tag für Tag gelingt es uns unmerklich besser. Trotzdem werden Schmerz, Trauer, Hilflosigkeit und Verzweiflung von Zeit zu Zeit übermächtig. Dann kann und darf es nicht wahr sein, was passiert ist.


    Ich weine viel um dich, um uns, um all das, was wir noch vor hatten und du nicht mehr erleben darfst. Manchmal beneide ich dich, denn du hast es bereits hinter dir.


    Ich weiß durchaus, dass das Leben soooo schön sein kann, aber derzeit bleibt mir diese Schönheit verborgen. Ja, es gibt noch immer gute Momente, aber ohne dich sind sie nicht einmal mehr halb so viel wert.


    Was wird aus mir, wenn unsere Kinder mit der Ausbildung fertig sind, Partner haben, Familie gründen, endlich auf eigenen Füßen stehen? Muss ich dann für den Rest meines Lebens allein bleiben? Es war doch alles ganz anders geplant! Wo bist du? Warum bist du nicht an unserer Seite, wo du hingehörst?


    WIR VERMISSEN DICH!

    Diejenigen, die gehen, fühlen nicht den Schmerz des Abschieds.Der Zurückgebliebene leidet. (Longfellow)

  • für eure Unterstützung.


    Irgendwie ist dieser schwierige Tag für mich vorbei gegangen. Ich wundere mich immer wieder darüber, wie man soetwas aushalten kann.


    Auch heute ist nicht unbedingt einer meiner besten Tage. Weil er an einem Sonntag gestorben ist, mag ich sie seitdem nicht mehr so sehr. Aber ich werde mich ablenken, indem ich mit meinen Eltern und meiner Tochter meinen Bruder und seine Familie besuche. Da ist immer was los.


    Ich würde gerne gaaaanz viel schlafen, weil ich träume oft von meinem Schatz. Meistens geht es darum, dass ich ihn zum Arzt schicke und er mich immer wieder vertröstet. Eigentlich sind die Träume sehr aufwühlend, aber irgendwie auch tröstlich, weil ich dabei das Gefühl habe, als ob sie wirklich wären. Es tut einfach gut, von ihm in den Arm genommen zu werden oder sich an seine Brust zu lehnen, auch wenn es nur im Traum ist. Leider holt mich nach dem Aufwachen die schreckliche Wahrheit ein und ich muss erkennen, dass er nie wieder kommen wird. :13:

    Diejenigen, die gehen, fühlen nicht den Schmerz des Abschieds.Der Zurückgebliebene leidet. (Longfellow)

  • Liebe Dschina


    Eben erst auf dieses Forum gestossen, stöbere ich umher und bin auf Deinen Beitrag gestossen. An Deinen Nachrichten bewegen mich zwei Dinge besonders: Eine hast Du an dem Tag geschrieben, als mein Mann gestorben ist (4.12.11. - Herzstillstand) und Du schreibst, dass es selten, aber eben doch hie und da "normal" sei, dass Dein Mann nicht mehr da ist. Ich kenne das Gefühl sehr gut und gleichzeitig schimmert immer auch das Bewusstsein mit, dass er eben doch noch da sein könnte. Ein schlechtes Gewissen müssen wir nicht haben, wenn es plötzlich "normal" zu werden beginnt, wenn wir nicht jederzeit an unseren geliebten Mann denken. Wir müssen hier auf der Erde ja weiterleben und den Alltag meistern, ob nun mit Plätzchen backen, arbeiten oder was auch immer.
    Ich übe mich momentan darin, wenn ich weine, meine Augen nicht zu schliessen, damit ich im "Hier und Jetzt" bleibe - ein Tipp meiner Trauerbegleiterin. Und es ist wirklich verblüffend: ich versinke nicht in Trauer, erhole mich schneller und kann auch noch lossprudeln darüber, was mich denn grad traurig macht. Für mich ein toller Tipp!


    Ich kann Deine Enttäuschung so gut nachvollziehen, wenn Dir die Realität nach einem Traum um den Kopf schlägt. Ich bin die letzten Wochen oft erwacht und habe schlagartig und schockiert verstanden, dass mein Geliebter nicht mehr da ist. Du hast Recht: Die ganz schlimmen Tage können mit schlafen, Musik oder Schreiben oder TV etwas gemildert werden. Bestimmt hast Du noch mehr herausgefunden, was Dir hilft. Auch für mich sind es die Sonntage, da mein Mann auch an einem Sonntag (zwei Tage nach unserem Hochzeitstag) starb.


    Ich habe drei Mal von meinem Mann geträumt und hüte diese Träume wie Edelsteine - es sind mir irgendwie Botschaften von ihm. Und obwohl ich es ziemlich schwierig habe (ich wurde auch finanziell in eine ziemliche Notsituation gestossen), freue ich mich so für meinen Mann, dass er nicht lange leiden und im Spital irgendwie vor sich hin dämmern musste. Ich bin sicher, dass es ihm gut geht, dass er meine Liebe, die ich ihm schicke, als Hilfe und Stärkung erfährt.


    Ich wünsche Dir, liebe Dschina, helle Stunden und die nötige Zuversicht für die weniger hellen.


    Giovanna

  • Liebe Giovanna


    Ich danke dir herzlich für deine Worte. Auch ich teile das gleiche Schicksal wie du und Dschina. Mein geliebter Mann ist am frühern Morgen des 27.12.11 gestorben (auch plötzlicher Herzstillstand). Mir sind verschiedene Gedanken ähnlich wie dir auch schon gekommen, z.b. das wegen dem nicht Leiden müssen. Ich habe noch nie von ihm geträumt, leider :(
    Was mir im Moment am meisten zu schaffen macht sind zwei Dinge: oft erlebe oder sehe ich etwas, dass ich mit ihm teilen, ihm erzählen möchte - und das geht nicht mehr im "realen" Leben (natürlich kann man es in Gedanken, aber das ist halt einfach nicht das gleiche ;( ) Das zweite was mich sehr schmerzt ist, dass er so Vieles in seiner viel zu kurzen Zeit unter uns nicht erleben durfte. Vor allem das es bei uns nicht mit Kindern geklappt hat. :33: Er hat immer so viel Liebe gegeben und wäre mit Sicherheit ein wundervoller Vater gewesen :33:


    Wenn es doch nur Antworten gäbe...


    Sandra

    Auch wenn alles einmal aufhört -
    Glaube, Liebe und Hoffnung nicht.
    Diese drei werden für immer bleiben.
    Doch am höchsten steht die Liebe.

  • Liebe Sandra


    Danke für Deine offenen und lieben Worte - sie berühren mich gerade heute besonders, da ein so trauriger Tag war für mich (seit 77 Tagen bin ich ohne meinen Mann, Geliebten, Förderer, Beschützer, Freund, Partner, Ehemann...).
    Ich verstehe Dich so gut, wenn Du schreibst, dass es einfach traurig macht, wenn Du die vielen Momente nicht mehr teilen kannst mit Deinem geliebten Mann. Natürlich kann man mit der Familie oder Freunden teilen, es ist aber nicht dasselbe, weil man in einer fruchtbaren, guten Beziehung eben so vieles teilt, dass nur diese zwei Menschen wissen und dies ist dann für andere einfach nicht erreichbar. Das können kleine, scheinbar unbedeutende Dinge sein, dass eine Zimmerpflanze wieder blüht oder dass der Celloklang beim Spielen heute besonders schön war oder dass einem gerade etwas besonders Witziges eingefallen ist, worüber man bestimmt zusammen gelacht hätte oder, oder, oder. Du weisst bestimmt auch vieles, was Dich Deinen Mann extrem schmerzlich vermissen lässt.
    Was mir dann jeweils hilft (übrigens auch beim Weinen): wenn ich dann einfach losrede und laut darüber rede, was mich so traurig macht (das geht halt nur zuhause oder auf einem Spaziergang). Es erleichtert mich einerseits und andererseits kann ich es durch die entstehende Distanz zum Gesagten etwas besser "reflektieren".


    Dass Euch der Wunsch nach Kindern verwehrt geblieben ist, tut mir sehr leid. Bestimmt denkst Du auch, dass es jetzt, wo Du alleine bist, vielleicht auch tröstlich wäre, mit Kindern weiterzuleben, die Deinen Mann als guten Vater in Erinnerung hätten. Ich kann mir das gut vorstellen. Auch ich habe schon daran gedacht, denn mein Mann und ich hatten auch keine Kinder, obwohl der Wunsch da war - so ab 30 (bin jetzt 48 und wir waren 28 Jahre zusammen) musste ich mich dann entscheiden, entweder dieser Mann ohne Kinder oder einen anderen Mann suchen, mit dem ich Kinder haben könnte... ich habe mich für meinen geliebten Martin entschieden und weiss, dass dies eine der Entscheidungen in meinem Leben war, die absolut richtig war.
    Mein Trost (ich weiss, er dient nicht allen): vielleicht werde ich in einem anderen Leben dann mal Kinder haben. Zudem habe ich in meinem Beruf täglich Kinder um mich herum und das geniesse ich sehr ;-).


    Mit den Antworten ist es so eine Sache: Hat man eine gefunden für sich, ist man so glücklich darüber, dass man sie sofort weiter geben will und gar nicht bemerkt dabei, dass sie für andere Menschen gar nicht die passende ist. Aber Du hast völlig recht: Man muss einfach AKZEPTIEREN, dass es so ist, wie es ist. Das ist der erste und der schwerste Schritt. Trauer zulassen, weinen, vom geliebten Menschen erzählen (auch mit Freunden), an ihn denken - all das ist dann auch wichtig und führt ja schliesslich dazu, dass man so nach und nach ein klein wenig damit beginnt, einen Teil seines Lebens neu zu gestalten. Das ist einfach unsere nächste Aufgabe. So sehe ich es. Und was ich auch bemerkte: Ich darf und muss mit mir auch nachsichtig sein und darf mich nicht überfordern - trauern braucht Zeit und Raum, auch Raum für Gefühle und Gedanken. Ich versuche es mit Schreiben und es hilft extrem.


    Ich schicke Dir, liebe einen herzhaften, warmen Abendgruss, so quasi von Witwe zu Witwe und bin sicher, dass all die geliebten Ehemänner im Jenseits auch hie und da zur Erde gucken und ihren Frauen über den Kopf streichen - lieber Trostgruss!


    Giovanna

  • Liebe Sandra, liebe Giovanna,


    die Suche nach Antworten ist wahrscheinlich ganz normal, aber leider werden wir nie welche finden. Nicht immer gelingt es mir, die bösen Fragen zu verdrängen, aber ich arbeite hart daran, weil sie mich ansonsten früher oder später wahrscheinlich in den Wahnsinn treiben.


    Nach einigen schlimmen Wochen habe ich mich zum Glück wieder etwas gefangen. Da ich eine sehr realistische Person bin, sehe ich meine Träume nicht als Botschaft meines Mannes, sondern als Verarbeitungsprozess meines Unterbewusstseins. Aber ich gebe zu, dass ich auf ein Wiedersehen hoffe, obwohl ich nicht wirklich daran glaube. Ich lasse mich gerne irgendwann eines besseren belehren.


    Was auch immer hilft mit dieser schrecklichen Situation fertig zu werden, muss jeder für sich selbst herausfinden. Es ist nach dem tragischen Verlust eines geliebten Menschen der nächste Schock erkennen zu müssen, dass man mit der Verarbeitung ganz auf sich allein gestellt ist. Wenn dabei jemand zur Seite steht, ist es natürlich eine große Unterstützung, aber bewältigt werden muss alles von einem selbst.


    Ich wünsche euch ganz viel Kraft, den "richtigen" Weg für euch zu finden und Menschen, die euch dabei beistehen.


    Viele liebe "Witwengrüße" von


    Dschina

    Diejenigen, die gehen, fühlen nicht den Schmerz des Abschieds.Der Zurückgebliebene leidet. (Longfellow)