Liebe Katarina,
laß Dir erst einmal danken für all Deine gut gemeinten Ragtschläge, die ganz sicherlich von der Tiefe Deines Herzens kamen. Mit großer War-
scheinlichkeit auch gut zutreffend und helfend für recht viele Menschen in meiner Situation, aber wirklich nicht zu mir passend. Und das meine ich ganz gewiß nicht in aufmüpfiger, hochnäsiger Weise.
Was das Haus betrifft ... ist nun wirklich keine Ecke mehr geblieben die sich nicht gut anfühlen würde. Das fängt damit an das ich das große Glück im Unglück hatte das sich weder sein Todeskampf noch sein Ableben in diesen Wänden abgespielt hatte. Wo es mich einst noch so große Überwindung gekostet hatte seinen Hospizkoffer zu leeren und seine Sachen zu entsorgen bin ich nun an einem Punkt angekommen wo all Das was noch von ihm übrig geblieben ist nur noch als leblose Objekte betrachte die auf den Entrümpler warten. Es mag völlig verdreht klingen, aber seitdem ich erkennen mußte wie wenig ich ihm jeh bedeutet hatte, sind irgendwie all die noch übrig gebliebenen Gefühle die ich noch für ihn hatte wie abgestorben. Der Grund warum ich nun auch keinerlei Beziehung mehr dazu habe das auch er einst in diesem Haus gelebt hatte - unterstützt davon das ich so sehr viel verändert habe das kaum noch etwas an ihn erinnern würde.
Nun ja, und was das Kharma im Haus betrifft hatte ich ja seit seinem Tod so manchen Besuch, und immer wieder wurde mir nicht unbedingt gesagt wie schön und toll Alles geworden war - sondern wie unendlich wohl man sich in der überall herrschenden entspannten und gemütlichen Atmosphere fühlt. Für mich persönlich eigendlich das größte Kompliment was man mir machen könnte um mir zu vermitteln das in diesem Haus wieder ordendlich gelebt wird.
Was den Besuch bei einer Psychotherapeutin betrifft sehe ich ehrlich gesagt keinen wirklichen Grund dazu, denn letztlich weiß ich ja wo die Wurzeln meiner seelischen Probleme liegen, wo und wie sie angefangen haben. Auch da kann ich Deinen gut gemeinten Ratschlag sehr verstehen, aber Du mußt wissen das ich mich schon immer sehr mit all dem was mir wiederfahren ist auseinander gesetzt habe, anstatt die oft extrem häßlichen Erlebnisse zu verdrängen oder sie mir gar schön zu reden. Etwas was mir dabei sehr geholfen hatte war das sehr regelmäßige Führen eines Tagebuches. Im Sinne das ich meine "Analyse" quasi jeden Abend oder jede Nacht - jeh nach Möglichkeit - gemacht habe anstatt abzuwarten bis Alles einen unüberschaubaren Punkt erreicht hatte.
So hatte mich diese letzte irre Entdeckung erst einmal ordendlich aus den Fugen gehebelt, aber mit jedem neuen Tag merke ich auch das ich immer besser damit umgehen kann. Vermutlich weil so viele Fragen die mich sehr schwer belastet hatten plötzlich auf einen Schlag ihre Ant-
worten gefunden hatten. Nach dem Motto ... was ich weiß macht mich nicht mehr heiß. Ich weiß nicht ob Du Das verstehen kannst, aber irgend wann wird man es auch sehr sehr müde immer wieder all Das was einst gewesen ist abzurufen und darüber herum zu grübeln. Besonders wenn man bedenkt das sich Nichts davon mehr ungeschehen machen läßt.
Liebe Katarina, ich kann nur ahnen wie schwer es sein muß für Jemanden der selbiges nicht erlebt hat meine Einstellung dazu zu verstehen. Immerhin gäbe es genug Frauen die an Vielem was ich durchgemacht habe zerbrochen wären oder wirklich professionelle Hilfe brauchen würden um ihre Gefühlswelt wieder in den Einklang zu bekommen. Wenn ich letztlich doch nun recht gut mit dieser sehr grausigen Vergangenheit und einer ebenso grausigen Erkenntnis klarkomme vermute ich das ich möglicherweise schon immer einen viel größeren Lebensmut in mir hatte als es mir jeh bewußt war. Ein Lebensmut der mir immer wieder den Weg nach Vorne zeigte und mich dazu brachte mich stehts erneut aufzurappeln und los zu marschieren - egal wie groß und aussichtslos die Kriese war die vor mir stand. Ich will es gewiß nicht an die große Glocke hängen, aber oft glaube ich das ich den Kampf gegen meinen Mann nur immer wieder gewonnen habe weil er ein Draufschläger und ich eine Strategin war.
Er wild um sich brüllend und schlagend. Ich still schweigend einen Plan A und B schmiedend wie das Kind aus dem Brunnen zu hohlen sein könnte.
Und zu guter Letzt, liebe Katarina, hast Du mich ja als einen sehr pragmatischen Menschen kennen gelernt, der eher selbst den grausigsten Wahrheiten eher ins Auge schaut anstatt sie zu verdrängen oder sie sich schön zu reden. So bin ich nun gespannt was die ganz große dicke externe Festplatte hergeben wird die mein PC Doktor heute zufälligerweise hinter einer Menge Leizordner entdeckte als er mir half endlch 'mal den ganzen Kabelsalat an seinem Schreibtisch auszusortieren.
So schließe ich nun Dir einen tollen restlichen Tag wünschend und alles Liebe dazu, um zu schauen was ich noch dem heutigen Tag abgewinnen kann,
Hanna