Hallo ihr Lieben,
ich habe jetzt einige Zeit hier nicht mehr geschrieben - aber es ging einfach nicht.
Ich habe schlimme Wochen hinter mir und noch vor mir.
Wie ihr wisst, wurde ich an der Lunge operiert. Leider verlief /verläuft die Heilung nicht optimal.
Es kam zu schweren Komplikationen (u.a. Entzündungen, 40 Fieber etc) und ich musste deutlich länger in der Klinik bleiben, wie geplant.
Dann wurde ich endlich entlassen.
Doch am Abend des selben Tages fand ich mich wieder in der Notaufnahme des Krankenhauses und einige Zeit später auf der ITS.
Es ging mir sehr, sehr schlecht. Ich habe zwar noch mitbekommen, wie der Rettungswagen kam, aber ab da habe ich Filmrisse. An einzelne Begebenheiten kann ich mich erinnern, der große Rest liegt im Dunkeln.
Ich weiß noch, dass man mir auf der ITS eine Maske aufsetzen wollte und dass ich da hyperventillierte. Ich erinnere mich an Morphiumgabe, starke innere Hitze... dann fehlt wieder ein Stück.
Später kamen noch massive Herzprobleme dazu... Und nochmal Gedächtnislücken
Ich muss sagen, alle im KH haben einen super guten Job gemacht.
Und alle waren nett zu mir, obwohl ich nicht gerade "pflegeleicht" war und teilweise etwas bissig (so kenne ich mich nicht) und sehr ungerecht und sehr eigensinnig. (vorsichtig und nett ausgedrückt) war.
Seit heute mittag bin ich wieder daheim.
Und als ich die Wohnung betrat, hat mich auch fast der Schlag getroffen
Sohnemann "hauste" (ist der richtige Begriff) ja in diesen Wochen alleine mit den Katzen in der Wohnung. Anscheinend war er kurzzeitig an Alzheimer erkrankt,denn:
Staubsauger? Was ist denn das für ein Ding? Wozu benutzt man so was? Und wie benutzt man das? Hab sowas noch niiiie gesehen...
Und was um Himmelswillen tut man mit einer Spüle? (wir haben keinen Geschirrspüler). Da kommt Geschirr rein? Und Wasser?? Und Spülmittel?...
Staub wischen? Wozu? Staubt ja doch wieder ein!...
Putzeimer, Putzlappen, Besen etc ? Ich weiß doch nicht, wo DUU das versteckt hast.. (Mama versteckt ja auch immer alles...!)
Jetzt ehrlich, in diesen unförmigen Korb kommt Schmutzwäsche?.....
und und und
Was hab ich wohl falsch gemacht bei seiner Erziehung?
Zuviel betütelt!?!!. Wahrscheinlich.
Glaubt mir, jetzt werden andere Seiten aufgezogen.... Jetzt wird die Peitsche geschwungen...
Jedenfalls hab ich zuerst eine Runde geweint... wegen dem Dreck... und dann erst habe ich den wunderschönen Blumenstrauß gesehen, der inmitten des Chaos auf dem Tisch stand. Daneben eine Schwarzwälder Kirschtorte! Und ein Kerzchen...
Ist doch lieb! Oder nicht?
Was ist dagegen doch Staub, Unordnung.
Soooo was von unwichtig!!
Ach ihr Lieben, ich fühle ich mich derzeit sehr schwach.
Ich hab das Gefühl, als wären da ganz
viele kleine Löcher in meinem Körper
aus denen meine ganze Kraft, mein ganzer Lebensmut rinnt.
Unaufhaltsam!
Tropf... tropf...tropf...
In mir ist kein Fitzelchen Optimismus mehr.
Glaub nicht mehr an die Heilung meiner Krebserkrankung.
Bin leer, ausgebrannt, müde, soooo müde...
will nicht mehr,
kann nicht mehr
und muss doch!
Schon wegen meiner Kinder
Aber irgendwie will ich nicht mehr.
Das heißt nicht, dass ich sterben will. Nein,im Gegenteil, ich will leben.
Aber ich will Ruhe! Nur Ruhe. 1000 Jahre schlafen!
Ich will, dass die Situation anders wäre...
ich will das nicht mehr tragen müssen...
Alles nicht mehr tragen..
meine Krankheit,
die gravierenden finanziellen Sorgen,
die Zukunftsangst,
die Trauer um meine verstorbenen Lieben,
die Einsamkeit
und und und.
Ich habe das Gefühl, ich werde immer lebensunfähiger.
Trauer und Krankheit.
Sie machen so mürbe.
Das Schlimme. Ich bin zur Zeit nicht mal fähig Hilfsangebote anzunehnem. Es gibt liebe Menschen, die mir ihre Telefonnummer gegeben haben, damit ich bei Bedarf anrufen kann
und ich bringe es nicht fertig, sie anzurufen.
Es geht einfach nicht. Ich bringe es nicht fertig.
Zum einen, weil ich schon seit meiner frühesten Jugend gelernt habe, alles mit mir selbst ausmachen zu müssen und es mir schwer fällt, Menschen zu vertrauen. Zum anderen, weil ich sie nicht belasten will (sie haben selbst genug Kummer).
Ich empfinde mich als Last, als Klotz am Bein. Ich fühle mich als unzumutbar.
Ausserdem bin ich zur Zeit sprachlos. Zumindest am Telefon. Da weiß ich nicht, was ich sagen soll. Da bin ich stumm. Im besten Fall beginne ich zu stammeln, aber meistens, ist am Telefon mein Kopf vollkommen leer. (wenns um meine Belange geht)
Mir fehlt mein Partner
Mir fehlt meine Freundin (in einigen Tagen ist wieder ihr Todestag),
Mir fehlen meine Pflegeeltern.
Mir fehlt meine Mutter.
Ich will zurück in Mamas Schoß. Klein genug bin ich ja inzwischen wieder geworden.
Ich sehne mich so nach ihnen.
Gerade jetzt bräuchte ich sie so dringend.
Ich möchte, dass die Tür aufgeht und sie hereinspaziert kommen. Sofort!
Sie sind alle jetzt lange genug tot. Es reicht!
Ich will, dass sie wieder leben.
Sie hätten nie sterben dürfen.
Aber dieser Wunsch ist doch egoistisch von mir.
Ihnen geht es jetzt gut. Mama und Klaus haben jetzt keine Schmerzen mehr, müssen nicht mehr leiden.
Warum sollten sie leben müssen und Schmerzen erdulden müssen, nur
damit es mir gut geht.?
Ich war immer der Meinung, dass unsere Verstorbenen als eine Art Energie um uns sind.
Dieser Gedanke hatte für mich etwas tröstliches.
Aber jetzt.?
Ich spüre meine Lieben nicht mehr.
Seit ca 2 Wochen habe ich keine Verbindung mehr zu ihnen.
Es ist, als sei die Leitung gekappt.
Sie sind weg. Einfach weg. Haben mich allein gelassen. So als würden sie sich gar nicht für mich interessieren.
Was ist passiert.?
Ihr fehlt mir so sehr.
Im Moment wirbelt in meinem Kopf alles durcheinander. Ich will meine Gedanken sortieren aber es gelingt mir nicht,sie zu bändigen. Es gelingt mir nicht, einen Gedanken vernünftig zu Ende zu denken.
Liegt vielleicht auch an den Medikamenten, die ich zur Zeit schlucken muss.
Ich glaube, es ist besser, ich höre für heute auf zu schreiben.
Ich schreibe schon wirr genug.
Ich müsste schlafen, aber der Schlaf kommt nicht
und ich habe schon wieder
ANGST
Danke fürs Lesen.
blaumeise