Hallo ihr Lieben,
heute vor zwei Wochen ist meine Mama eingeschlafen. Sie war 59 Jahre alt. Alles kam ganz plötzlich, ich war auf nichts vorbereitet. Und wie aus dem nichts, wurde mir meine Mama genommen.
Sie fühlte sich seit Weihnachten nicht so gut. Wir gingen von einer Grippe aus. Mama ging zum Arzt, bekam Antibiotika und es war immer ein auf und ab. Es ging ihr besser, dann wieder ein bisschen schlechter. Ich war besorgt, aber nicht übermäßig. Ich war einfach nicht davon ausgegangen, dass es so ernst um sie steht. Nichtmal Mama wusste das.
Eine Woche vor ihrem Tod (es ist schrecklich, das so auszuschreiben) bekam sie fürchterliche Rückenschmerzen. Der Arzt ging von einem eingeklemmten Nerv aus, ein MRT-Termin wurde vereinbart. Das war Freitags. Der Termin wäre am Dienstag gewesen. Samstags war ich bei meinen Eltern zuhause und habe für Mama den Haushalt gemacht. Sie war so schwach. Ich machte mir furchtbare Sorgen. Ich bat sie darum, dass ich sie ins Krankenhaus fahren durfte, aber sie wollte nicht. Das wird schon wieder, sagte sie. Lass uns den MRT-Termin abwarten.
Wir redeten noch ein bisschen, ich erledigte die Sachen, stellte noch eine Waschmaschine an und fragte sie noch, ob ich neue Handtücher aufhängen sollte. Sie meinte, sie würde es machen, wenn der Trockner fertig ist. Ich wuselte noch ein bisschen herum und als ich gehen wollte schlief sie. Ich überlegte, sie zu wecken, aber ich wusste, dass sie die letzten Tage nicht gut geschlafen hatte, also ließ ich sie schlafen und ging. Das war das letzte Mal, dass ich meine Mama zuhause gesehen habe.
Abends rief Papa mich an und sagte, dass er den Krankenwagen gerufen habe. Mama ging es immer schlechter. Im Krankenhaus fand man heraus, dass in ihrem Bauch ein großer Abzess war und noch in der Nacht wurde eine Notoperation durchgeführt. Morgens rief Papa mich an und weinte. Er sagte, die Ärzte meinten, es sähe nicht gut aus. Sie hatte eine starke Blutvergiftung und kämpfte.
Sonntagvormittag erfolgte eine zweite Notoperation. Wir waren den ganzen Sonntag bei ihr. Sie lag im künstlichen Koma und am Montagmorgen rief das Krankenhaus an, dass wir schnell kommen sollten. Der Arzt erklärte uns, das Mama es nicht schaffen würde. Sie könnten ihr nur die Schmerzen nehmen. Sie würde bald einschlafen. Für mich war das alles nicht wahr. Ich konnte und kann es noch immer nicht begreifen.
Wir waren alle bei ihr, als sie einschlief. Papa, Opa, Mamas Schwester und ihr Bruder, ihre beste Freundin und ich. Ich hätte nicht gedacht, dass ich die Kraft dazu habe, dass auszuhalten, aber ich wollte Mama nicht im Stich lassen. Ich streichelte sie und küsste sie. Ich sagte ihr, dass sie die beste Mutter der Welt habe. Eine Weile später ging sie. Ich war entsetzt, wie schrecklich sich diese Endgültigkeit anfühlte. Ich war aber auch erleichtert, nicht mehr im Krankenhaus sein zu müssen. Es war total absurd.
Sie fehlt mir so sehr. Ich kann es kaum ertragen. Mein Freund und ich wollten im Mai heiraten. Mama und ich wollten im Januar ein Brautkleid kaufen gehen. Sie hat sich so gefreut auf die Hochzeit. Ich habe alles mit ihr besprochen, sie um Rat gefragt. Jetzt ist sie nicht mehr da. Ich vermisse ihre Stimme, ihre Liebe, ihren Duft. Papa trauert auch so sehr. Ich weiß nicht, wie ich ihm helfen kann. Ich habe das Gefühl, ich müsste für ihn da sein, kann es aber nicht so richtig, weil ich selbst auch so traurig bin. Mein Leben liegt gerade brach. Ich bekomme nichts auf die Reihe. Wenn ich zuhause bin, dann sitze ich nur da, kann mich nicht aufraffen, etwas zu tun. Eigentlich nicht mal die kleinsten Dinge. Mein Freund ist so gut es geht für mich da, aber er kann mir natürlich nicht den Schmerz nehmen. Auch er hat schon einen Elternteil verloren.
Ich frage mich die ganze Zeit, wie mein Leben weitergehen soll. Ich fühle mich beraubt. Ich bin so wütend, dass ich ohne meine Mama heiraten soll, dass Ich nichts mehr mit ihr etwas unternehmen darf. Wir haben noch keine Kinder, aber wir hätten gerne welche. Ich kann es kaum ertragen, dass sie ihre Enkelkinder (sofern uns Kinder vergönnt sind) nicht kennenlernen wird. Es macht mich einfach so wütend, so traurig. Ich bin so verzweifelt.
Am Freitag wird die Urnenbeisetzung im engsten Familienkreis stattfinden. Morgen werde ich das erste Mal seit zwei Wochen wieder zur Arbeit gehen. Ich fühle mich nicht bereit, aber ich kann auch nicht nur zuhause sitzen und grübeln.
Mir fehlen vor allem die kleinen Alltäglichkeiten mit meiner Mama. Eine kleine Whatsapp von ihr. Oder ein Anruf. Manchmal haben wir uns einfach ein kleines Bild geschickt oder nur ein „Na, was machst du gerade?“ Nie wieder wird das kommen.
Vielleicht ist das gerade hier alles ein bisschen wirr, aber es tut auch gut, sich alles einmal von der Seele zu schreiben.
Ich sorge mich auch um meinen Papa, ob er das alles verkraftet. Er ist jetzt allein im Haus. Niemand ist mehr da. Ich habe meinen Freund zuhause, unseren Kater. Ich habe plötzlich totale Verlustangst. Angst ,das meinem Vater was passiert, Angst, dass meinem Freund etwas passiert.
Ende Februar habe ich einen Termin bei einer Heilpraktikerin für Psychotherapie gemacht. Ich glaube, ich könnte ein bisschen Unterstützung gebrauchen. Dennoch bin ich froh, dass ich dieses Forum gefunden habe, einfach um mir ein bisschen was von der Seele zu schreiben.
Liebe Grüße
Kiwi