Und plötzlich ist alles anders

  • Wenn die Gefühle kommen, dann ist manchmal auch der Gedanke da - ich kann nicht mehr. Und das ist dann sehr schwer.

    Manchmal kommen die Tränen, wenn ihr sie gar nicht wollt. Doch sie können ein bisschen von dem Druck nehmen.


    Ich wünsche euch, dass ihr die Wellen der Trauer wie ein Surfer reiten könnt. Und wenn es euch runterwirft und das Board

    für Momente verschwindet, ihr es wiederfindet und wieder aufsteigen könnt.


    Lg. Astrid.

  • vielen Dank für eure Worte, Christine und Astrid.


    Die letzten Tage steckte ich voller Tatendrang. So manches ist in den vergangenen Wochen liegen geblieben, und der ein oder anderen Herausforderung hatte ich mich auch zu stellen:

    Ein Schaden am Haus, von der Baustelle nebenan verursacht - alleine mit 3 Männern die Regulierung besprechen und dabei noch ernst genommen werden...

    Hecke ganz alleine geschnitten, das hat jedes Jahr mein Schöner übernommen. Hab mich 4 Stunden gequält und als Lohn einen saftigen Muskelkater bekommen - aber ich war stolz auf mich, ein tolles Gefühl!


    Und zuletzt hab ich es tatsächlich geschafft, das Fotobuch vom letzten Jahr fertig zu stellen. Das war unglaublich emotional, mein Glück so verbildlicht vor Augen zu sehen - die Tage, als noch alles so leicht und selbstverständlich anmutete...


    Der Schmerz begleitet mich weiter jeden Tag, aber die Wellen waren sanfter...

  • Hallo Sonja

    schön zu lesen, daß du die schlimme Trauerwelle überwunden hast und dir durch die Beschäftigung einen Ausgleich schaffst.

    Ich denke daß ist auch gut fürs Ego - Ich habe am Wochende meinen ersten Apfelstrudel gebacken - ist genau der gleiche Grund - man will beweisen daß man noch fähig sein Leben zu leben und nicht nur von der Trauer gelenkt und gesteuert wird.

    Trotzdem musste ich dann heute weinen als ich ihre Blumen ins Winterquartier gebracht habe.

    Ich schaue mir auch immer wieder Photos an. Unser letzter Urlaub war Pfingsten mit dem Bulli an der Ostsee. Bilder von ihr und dem Labrador am menschenleeren Strand. Wie du schreibst - man kann das Glück sehen.

  • Liebe Sonerl,

    lieber Firefly,


    es ist schön, wie ihr euch neuen Aufgaben stellt, um zu spüren, dass ihr zum (über)Leben fähig seid.

    Die Erinnerungen tun weh und können auch ein bisschen heilsam sein.


    Lg. Astrid.

  • Leider ist die Tatendrang-Phase nahtlos übergegangen in die nächste Verzweiflungsphase.

    Sein Todestag ist heute soviel präsenter, nun sind es auf den Tag genau 3 Monate ohne ihn.

    Er, der meine große Liebe war, der mich in jeder Situation bedingungslos unterstützt hat. Er fehlt mir so unendlich...

  • Liebe Sonerl,<3


    leider kann ich dir deine Verzweiflung nicht abnehmen, aber ich denke an dich und schicke dir ein großes Kraftpaket und eine liebevolle Umarmung :24::30:


    Was könnte dir heute eine Verschnaufpause geben ? - Eine gute Tasse Kaffee? Ein Stückchen Kuchen? Ein längerer Spaziergang? Sitzen unter einem Baum? Ein.....?


    Versuche heute ganz besonders freundlich zu dir selbst zu sein. Das ist schwer, ich weiß das. Aber das ist gaaanz wichtig, besonders an einem Tag wie heute.


    Alles Liebe für dich


    blaumeise

  • Liebe Sonerl, mir geht es ganz genauso wie dir, vor ein paar Tagen gings noch einigermaßen, gestern dann kam der totale Zusammenbruch und ich wünsche mir nur mehr endlich tot zu sein, mein Leben ist sowieso schon so lang gewesen und ich sehe keinen Grund mehr, warum es noch weitergehen soll.

    Auslöser war vielleicht, dass ich gestern von der Polizeit ein Päckchen bekam, in dem seine Pilotenlizenzen, das Medical und das letzte Flugbuch (letzter Eintrag vom 11. Juni) drin waren. Die Sachen liegen nun in seiner Gedenkecke und ich komme damit so überhaupt nicht klar und es gibt niemanden mehr, der mich versteht, denn alle meinen 60 Jahre wäre doch noch so jung, ich könne doch noch soviel aus meinem Leben machen und verstehen nicht, dass mein Leben zu Ende gegangen ist am 14. Juni und ich mich nur aus Angst vor noch schlimeren Qualen im Jenseits nicht schon selbst getötet habe.

  • Liebe Tigerlily :24:

    lass dich von Herzen umarmen.

    Das Päckchen hätte auch mich um Welten zurück geworfen. Es ist, als würde man das Pflaster von einer noch nicht im Ansatz verteilten Wunde am Herzen ohne Vorankündigung wieder und wieder mit einem Ruck wegreißen.


    In deinem Chat habe ich gelesen, dass du dich mit der Spiritualität auseinander gesetzt hast. Ich bin der festen Überzeugung, dass jeder Mensch auf dieser Erde eine bestimmte Aufgabe hat. Meine kenne ich noch nicht wirklich, bin scheinbar immer noch auf der Suche.

    Wie stehst du dazu?

    Ich bin jedenfalls froh um deine Beiträge hier. Schön, dass es dich gibt.

    LG

  • liebe Blaumeise,

    danke für deine lieben und aufmunternden Worte <3


    Ich war Vormittags im Sport. Hab festgestellt, dass mir das immer mehr hilft, wenn meine Seele trauert. Dann spüre ich wenigstens meinen Körper und für einen Moment ist mir diese Anstrengung und der 'körperliche Schmerz' durch das sportliche Verausgaben lieber, als der Schmerz in meinem Herzen.

    Bin heute unglaublich nah am Wasser und wie wir alle hier hätte auch ich gerne meinen Lieblingsmenschen an meiner Seite...

    Traurige Grüße

  • Hallo Sonja

    Gut daß du Dich etwas ablenken konntest wenn es auch nur für die kurze Zeit war so hast du auch einen Ausweg gefunden um wenigsten für kurze Zeit aus dem Trauerzug auszusteigen.

    Auch bei uns war es diese Woche genau 3 Monate als der Unfall unsere Welt aus den Angeln gehoben hat. Ich war an dem Tag an ihrem Grab mit meiner Schwiegermutter und wir haben gemeinsam geweint. Auch sie leidet ungeheuerlich ihre einzige Tochter verloren zu haben. Sie hat uns immer so unterstützt und unterstützt uns jetzt immer noch indem sie Gassirunden übernimmt und mit den Kindern spricht und einfach da ist.

    Es ist für uns immer noch so nah und wir vermissen sie so ungemein. Gerade sind alle ausgeflogen mit Freunden oder im Training. Das war genau die Zeit auf die wir uns gefreut hatten. Die Kinder immer selbstständiger und wir wieder mehr Zeit als Paar. Jetzt sitze ich mit dem Labbi hier und die Stille ist nicht auszuhalten.

    Ich habe wieder nachgedacht und kann nicht verstehen wie es mit der Zeit besser werden soll oder umgekehrt warum ich zwar dankbar für all die schöne Zeit sein soll aber die Traurigkeit die Dankbarkeit komplett auslöscht und man im Loch sitzt. Was soll es also bringen wenn jetzt Zeit ins Land streicht. Ich wünsche sie mir zurück und kann mir ein Leben ohne Sie nicht vorstellen. Und weiss doch jeden Morgen wenn ich aufwache nach einer Sekunde das das unmöglich ist und alles wirklich wahr ist. Ich fühle mich gefangen in dieser Situation und alle sagen daß man sich die Zeit nehmen soll. Es mit der Zeit leichter wird. Aber die Zeit ist doch nur die Zeit. Ein blaues Haus ist nach Jahren immer noch ein blaues Haus so wie der Verlust immer noch der Verlust sein wird. Oder ist es so daß man abstumpft gegen den Schmerz - sich daran gewöhnt wie die Eskimos an die Kälte.

  • Eine gute Frage, lieber Firefly!


    Ich weiß auch nicht, vielleicht lernt man mit dem Schmerz zu leben und dadurch wird er leichter.


    Aber auch wenn man es nicht glauben kann, es ist wirklich so, dass es sich zum Glück mit der Zeit leichter anfühlt.

    Ich weiß genau, dieses körperliche Gefühl, man glaubt das Herz krampft zusammen. Ich hatte lange Zeit meine Kiefer immer so starr aufeinander gepresst (auch im Schlaf), dass ich starke Verspannungen hatte...…. Man fühlt es sogar körperlich!

    All das ließ mit der Zeit nach. Ich weiß nicht genau wann und man weiß nicht genau warum. Aber es ist so. Man würde das Leben sonst gar nicht mehr ertragen können. Mir halfen ganz, ganz sicher meine EMDR und IADC Therapien, die ich gemacht habe. Es ging danach merklich besser!

    Alles Liebe euch allen!

    Hedi

  • Hallo Heidi

    ich kann mir das wirklich nicht vorstellen. Der mit Abstand wichtigste Mensch in unserem Leben ist nicht mehr bei uns.

    Bei mir ist es das Mädchen daß ich seit meinem 17. Lebensjahr liebe und das seit 33 Jahren. Es ist sogar so daß ich sie mit all den Jahren noch viel tiefer liebe als zu Beginn unserer gemeinsamen Zeit. Ich muß dir wohl glauben denn bei all dem Leid das man hier liest und dauernd passiert würden wir alle verrückt werden wenn das nicht irgendwann etwas nachläßt.

  • Liebe Sonerl,

    3 Monate, das klingt so lang und ist immer noch so frisch. Die Wunde klafft noch und es ist kaum zu ertragen. Dazu kommt, dass langsam die neue Realität einsickert - mir kommt vor, das lese ich bei dir heraus. Dieses Vermissen und wissen, es wird nie wieder. Nach dem Tatendrang kommt meist wieder ein Loch. Doch trotzdem ist es wichtig, die Zeiten, in denen du dich tatkräftig und leichter fühlst, zu nutzen. Nutze sie zur Erholung.


    Für heute wünsche ich dir einen erträglichen Tag.

    Und einen wunderschönen Moment mit deinen Kindern.

    Lg. Astrid.

  • Liebe Tigerlily,

    dass dich diese Post zurück wirft, der Schmerz noch größer wird, das kann ich mir sehr gut vorstellen. Es wird nochmal realer.

    Was mir gleich zu denken gab: Meinst du die Erinnerungsecke ist der passende Platz für diese Sachen?

    Achte gut darauf, was es für einen Unterschied macht, wo sie liegen.

    Die Lust am Leben ist einfach mitgestorben und auch dein Leben, wie es war, ist mitgestorben. Deine Trauer ist schmerzvoll

    und du siehst wenig Sinn im Weitermachen. Und auch wenn es seltsam für dich klingt, wir wissen nie, was das Leben noch mit

    uns vor hat. Trotzdem ist jetzt nicht die Zeit um an die Zukunft zu denken, sondern das Jetzt und den Schmerz zu überleben.

    Schritt für Schritt. Moment für Moment.

    Für heute wünsche ich dir eine wundervolle Erinnerung, die dir plötzlich einfällt und dein Herz ein wenig zu wärmen vermag.


    Lg. Astrid.

  • Lieber Firefly,

    ob man sich an den Schmerz gewöhnt, wie die Inuits an die Kälte?

    Ich glaube nicht, denn die Inuits wurden in der Kälte geboren und lernen von ihren Eltern von Baby an, wie mit dieser Kält umgegangen werden kann.

    Das ist bei uns ja nicht so. Wir kommen nicht in ein Leben voller Schmerz und nur wenige haben gelernt, wie mit tiefem Schmerz umgegangen werden kann.


    Der Schmerz ist wie bei einer Wunde. Zuerst unermesslich groß. Mit der Zeit und mit dem sorgsam damit umgehen (desinfizieren, cremen, verbinden, wechseln des Verbandes,...) kann sie langsam heilen. Auch wenn immer etwas zurück bleiben wird. Die Wunde wird irgendwann nur noch bei Wetterwechsel schmerzen. Die Narbe wird sichtbar und spürbar bleiben. Doch mit der Zeit wird sie Teil deines Lebens sein, nicht mehr wegzudenken und auch nicht mehr schmerzhaft, sondern mit einer Sehnsucht nach einer früheren "Unversehrtheit" zusammenhängen. Manche beschreiben den Verlust eines geliebten Menschen auch mit der Amputation einer Gliedmaße. Der Arm wird nicht mehr nachwachsen, doch du wirst lernen, dein Leben ohne diesen Arm zu gestalten und der Schmerz wird weniger und irgendwann wird der Fantomschmerz zu dir gehören.


    Heute wünsche ich dir, dass du einen der leichteren Tage hast.

    Lg. Astrid.

  • Momentan ziehen sich die dunklen Phasen meiner Traurigkeit trotz des wunderschönen Herbstwetters wieder in die Länge. Ich vermisse meinen Liebsten so sehr, dass ich es körperlich spüren kann. Jeder tiefere Atemzug schmerzt, ich bin mittlerweile so verspannt vom Zähne zusammenbeißen, stark sein, wo ich am liebsten schreien möchte, und alle Bälle gleichzeitig in der Luft halten. Wie ungerecht ist es, dass er mir so früh genommen wurde.

    Heute bin ich bestimmt 3 mal zusammengezuckt, weil ich ein Motorrad in unserer Straße gehört habe und für einen Moment dachte (hoffte), er käme nach Hause. Stattdessen kam sein Bruder mit dem Motorrad vorbei, weil ich diese Woche mit so ziemlich jeder Reparatur zu kämpfen hatte - Heizung funktioniert nicht, WC Spülung läuft nicht. Und obwohl sie sich rein optisch überhaupt gar nicht ähneln, haben sie beide diese ruhige, besonnene Art, hilfsbereit und empathisch. Ich dachte, mein Herz bleibt stehen. Es hat wirklich ein zwei Takte ausgesetzt, bis es wieder normal geschlagen hat. Mein Kleiner fiel ihm in für Arme, wie er es sonst immer bei meinem Schönen getan hat. Mein Herz ist so schwer von den Ausmaßen des Verlusts. Ich bin eigentlich ein von Grund auf positiver Mensch, aber irgendwie ist mir mein Optimismus, meine Freude mehr als nur abhanden gekommen.


    Zudem kommt, dass ich heute auch wirklich wütend bin. Ich hatte nach seinem Tod die ganze Zeit sein Handy bei mir und hab es vor ca 3 Wochen seiner Familie gebracht, weil noch einige Fotos und Dateien darauf gespeichert waren, die sie haben wollten. Aber anscheinend geht es jetzt tatsächlich an die Aufteilung des Erbes, Jnd da gehört nun mal das Handy auch dazu.. Was soll ich sagen: unser chatverlauf wurde komplett gelesen. Wochenlang konnte ich die Zeit (zuletzt online am Sterbetag) sehen. Der letzte Kontakt fand mit mir statt, meine Antwort hat er nicht mehr lesen können. Und jetzt seh ich heute auf einmal, dass in unsere Privatsphäre so eingegriffen wurde. Ich bin so enttäuscht und ja, wütend! Die ganze Zeit hab ich mich gefragt, wann endlich die Wut bei mir kommt. Voilà, hier ist sie. Aber nicht auf ihn, sondern weil ich mir einfach gewünscht hätte, dass sie ihm und uns wenigstens diese Zweisamkeit und Verbundenheit lassen....

  • liebe Sonja

    Ich kann deinen Unmut sehr verstehen.Ich finde,den chatverlauf anzuschauen gehörte sich einfach nicht.

    Ich finde es ein Überschreiten eurer Privatsphäre

    Liebe Grüsse

  • So, jetzt kam er endlich, der große Zusammenbruch. Habe Astrids Rat befolgt und laut im Auto geschrien. Besser geht's mir dadurch leider nicht. Jetzt tut mir der Hals und vor allem die Stimmbänder weh. Ich fühle mich wie ein angeschossenes Reh. Alleine, betrogen (mir wurde gesagt, dass sie das Handy auf Werkseinstellung zurück setzen) und von der ganzen Welt verlassen. Wieviel muss ich noch ertragen? Reicht nicht das, was ich schon durchmachen muss???

    Wann hört dieser Albtraum eigentlich je auf?

  • Liebes Sonerl, ich möchte dich ganz fest umarmen und gemeinsam mit dir schreien und weinen, denn genauso fühle ich mich auch.

    Auch bei mir meldet sich der Alltag mit einem verstopften Abfluss, einem anstehenden Service fürs Auto und notariellen Angelegenheiten die ich überstehen muss.

    Gestern war ich bei gemeinsamen Bekannten von uns, die wir schon seit Ewigkeiten nicht besucht hatten, weil immer etwas dazwischenkam. Es war eigentlich schön, und wir sahen uns Flugvideos an, wo mein Mann der Pilot war und ich sehr viel von ihm sehen konnte, wie er so ganz natürlich lebte. Endlich konnte ich auch wieder seine Stimme hören und Leo hat mir versprochen von allen Videos, wo mein Mann drauf ist einen Abzug zu machen, hoffentlich klappt es.

    Auf der anderen Seite wurde mir mein Verlust wieder so richtig bewusst und trotz aller Therapien die ich mache, wird das Gefühl der Sinnlosigkeit weiterzuleben bei mir immer stärker.

    Manchmal denke ich, keiner weiß so recht mit mir etwas anzufangen und alle Unterstützung von außen prallt irgendwie bei mir ab und ich bin selber schuld daran, weil ich mich einfach nicht dazu durchringen kann nach vorne zu sehen und dem Leben irgendetwas Schönes, und sei es nur ein klitzekleiner Moment, abzugewinnen.

    Denn eigentlich möchte ich nicht mehr hier sein und das macht irgendwie alles andere zunichte.