Nie, nie wieder / Schuld

  • Lieber Frank,


    ich mache mir langsam Sorgen.

    Sehe, dass Du manchmal kurz online bist, aber meldest Dich nicht.

    Wie soll ich Dich unterstützen und Du mich, bei deinen Sorgen und meinen Sorgen, wenn du immer auf der Flucht bist.

    Ich bin nicht dein Nachbar. Sei froh.

    Ich würde andauernd an deiner Tür klingeln, machst Du nicht auf, dann würde ich die Tür einschlagen.

    Was ist los bei Dir ? Wenigstens ab und zu. Musst ja nicht sprechen, nur eintippen.

    Ich rede auch nicht gerne.:):)


    Vielleicht dann Montag,

    ich denke an Dich und die beiden Katzen,

    liebe Grüße,

    Uwe

  • Lieber Uwe,


    Du bist ein feiner Kerl, aber das habe ich Dir ja schon mal gesagt. Ich würde mich riesig freuen, wenn Du mein Nachbar wärst und gelegentlich an meiner Tür klingeltest.

    Ich hatte ein Wochenende, das mich noch mehr durcheinander gemacht hat als ich vorher schon war. Dass ich mittlerweile ständig Namen verwechsele, daran habe ich mich mittlerweile gewöhnt. Aber dass ich die ganze Welt für surreal halte, das ist neu. Kurzum: ich war bei Freunden, einem Ehepaar, mit dem wir früher häufiger zusammen etwas unternommen haben. Am Abend ging es dann los: Haben wir wirklich an diesem Tisch zusammen Doppelkopf gespielt? Oder hast du das alles nur geträumt? Im Gästezimmer ging es dann weiter: Ist es wirklich wahr, dass du hier schon mit Tina übernachtet hast? Oder hast du auch das nur geträumt? Inzwischen hat es sich wieder etwas gelegt. Aber die ganze Wellt kommt mir wie ein Kino vor.


    Liebe Grüße


    Frank

  • Lieber Frank,


    freue mich riesig, dass Du wieder bei dir im Haus bist.

    Das Wochenende bei Freunden ist doch gut. Ablenkung und natürlich kommen die Erinnerungen.

    Leider sind es nur Erinnerungen, aber doch schöne. Sie sind schmerzhaft. Aber wie sagst Du: KINO

    Man hat es bildlich vor sich. Glaubt es nicht. Aber so ist es bei mir auch. SCHÖN und dann gleich wieder der SCHMERZ. Verlust. Einsamkeit usw. usw.


    Du verwechselst Namen, na und. Ich bin Montags der ERSTE bei der Bank, wo mir jetzt schon wortlos meine Scheckkarte zurückgegeben wird. Ich kann mir nicht einmal die vierstellige Pinnummer merken. Und Gesichter. Und ich werde aus fahrenden Autos gegrüßt. Hoffe, dass das mal aufhört. Bin stundenlang damit beschäftigt: WER WAR DENN DAS ?? Siehst Du, so geht es auch Anderen.


    Liebe Grüße,


    Uwe

  • Lieber Frank und lieber Uwe,


    WER WAR DENN DAS? Trauer ist Chaos - im Gefühl, im Hirn, im Leben. Also sorgt euch nicht, es wird wieder anders.


    Diese Gedanken: War es wirklich wahr - dieses Leben mit der geliebten Person, diese Erinnerungen an die geliebte Person - habe ich die wirklich erlebt? Diese Gedanken sind auch ganz normal. Das macht es nicht besser und nicht leichter, doch es kann vielleicht ein bisschen den Druck nehmen ganz verrückt zu werden.


    Seid lieb gegrüßt

    Astrid.

  • Lieber Thomas lieber Uwe,



    Ihr rettet mich gerade über den Tag. Habe es heute geschafft, aufzustehen und mit dem Hund rauszugehen, seither sitze ich vor dem Rechner und lese mit...ich kannmich nicht aus dem Tief rausholen, indem ich mich gerade befinde. Die Schmerzen sind übermächtig, ich könnte die ganze Zeit weinen. Wie kommt man da nur wieder raus? Ich vermisse gute Freunde, die drei, die ich habe, wohnen weiter weg, sodass man sich nicht einfach abends treffen kann.Die Sonne scheint,aber selbst das berührt mich heute nicht..die Angst vor der Einsamkeit ist übermächtig.


    Wie vermisse ich es, meinen Mann in den Arm zu nehmen, einfach so, seine Lebenskraft zu spüren, neben ihm einzuschlafen und aufzuwachen...ich schreie lautlos, heule, tobe, nichts hilft.Ich hätte nie gedacht, wie sehr es wehtun wird..und drumherum eilen die Menschen voran.

    Heute irgendwie besonders schnell.

  • Lieber Frank,


    ich möchte mich bei Dir persönlich bedanken.

    Danke, dass Du gestern gedanklich an meiner Seite warst.

    Ein schönes Gefühl.

    Warum bist Du nicht mein Nachbar ?

    Mein jetziger, dass ist ein Griesgram. Meckert den ganzen Tag über Welt und Leute.


    Ich wünsche DIR und deinen beiden hübschen Katzen eine einigermaßen ruhige Nacht.


    Uwe & Prinz

  • Lieber Uwe,


    ich finde es großartig, wie Du mit Deiner Trauer umgehst und dabei immer noch so viel Mitgefühl und tröstende Worte für uns andere in diesem Forum hast. Du bist ein sehr empathischer Mensch, den auch ich gern als Nachbar hätte. Aber Vorsicht: ich kann nämlich auch ganz schön griesgrämig sein. Zur Zeit aber bin ich nicht mal das, sondern nur ein armseliges Häufchen Elend.

    Ich mache es kurz, weil ich sonst vermutlich ein langes Klagelied anfangen würde.


    Liebe Grüße

    Frank

    P.S.: Da Du fragtest, ob die andere Katze (Bella) auch so hübsch ist wie MIa, habe ich ein Foto gesucht, auf dem sie beide zu sehen sind. Seit dem Tod meiner Frau schlafen sie beide immer am Fußende meines Bettes. Sie spüren, dass ich Trost brauche.

  • Lieber Frank,


    danke für deine Antwort.


    Du darfst dein langes "KLAGELIED" immer bei mir rauslassen.

    Ich habe keine Angst vorm bösen Mann "GRIESGRAM".


    Dir geht es zur Zeit nicht gut, aber DU bist kein armseliges Häufchen Elend !!!!!!


    Liebe Grüße

    Uwe

  • ich meine, lieber Frank, wir Trauernden sind viel empfindlicher geworden für die ganzen Oberflächlichkeiten -

    wir merken es viel schneller, wenn nur so Worthülsen und Geplapper kommen -

    wir sind empfindsamer, spüren, was echt ist - und was eben nicht.


    irgendwie, finde ich, bin ich viel näher am "Kern" der Dinge, das Wesentliche zieht mich an, das Eigentliche.


    Das kommt dann schon auch ungesellig rüber, oder die Leute fühlen sich vor den Kopf gestossen,

    wenn von mir dann keine Worthülse zurück kommt...


    liebe, echte, kernige Grüße für dich von

    Bea

  • Ja Frank,


    SIE meinen es ja so gut und denken sich nichts dabei. Menschen, die man kennt, die vergessen zu schnell !!!


    Nachdem Rosi verstorben war, habe ich hier im Ort leider die Menschen zu 85% dazu erzogen, dass sie nicht mehr grüßen, geschweige denn ein schönes Wochenende wünschen.

    Dann sind da noch 10% Einwohner, die sind sooooo dickfellig bescheuert, doof usw. usw. Die merken nicht mal mehr die kleinsten Einschläge. Die quatschen mich immer wieder voll. Da habe ich innerlich schon Paragraphen verteilt. Sie sind für mich unantastbar. Da flüchte ich schon, wenn ich die 10%igen auf mich zukommen sehe. Schaffe es aber nur, wenn es nicht regnet, Du weißt ja, bei Regen habe ich Schnecke an der Leine.


    Jetzt stelle ich mir natürlich die Frage: "Na Uwe, bist Du nun zufrieden ? Jammerst rum, dass dich keiner mehr lieb hat. Hast Du nicht selbst schuld ?"

    Du kennst ja meine Antwort. Der Trotzkopf Uwe hat gaaaaaar keine Schuld. Meine Antworten wurden falsch gedeutet. Die haben Schuld.


    Aber es werden auch wieder Zeiten kommen, wo ich nicht mehr so genau auf deren Worte achten werde. Die Kraft habe, über viele Sachen hinwegzusehen. Hatte mich ja auch zu Lebzeiten von Rosi mit EINIGEN verstanden.


    So nun mein Abschlusssatz:

    Als wir hier herzogen, war der Befehl meiner "CHEFIN" :" Schatz bitte, bleibe freundlich. Wir sind Hinzugezogene im Ort. Unterhalte dich über das Wetter. Wenn sie über Andere herziehen, dann halte Dich daraus. Mache verständliche Witze. usw. usw."

    Ich vergesse es nicht, da unterhält sich ein Bauer, den ich von Anfang an nicht mochte, mit mir. Erzählte, wieviel Land er hat, wie viele Schweine, er immer die besten Rüben hat, Land geerbt, blablablabla. Dann der tolle Satz von Ihm:" Ich habe nicht mal die Volksschule geschafft." Und ich Idiot antworte:" Das merkt man."


    Habe ich der "CHEFIN" natürlich nicht erzählt. Wenn Sie mal fragte :" Was macht denn Martin ?" Ich immer:" Der hat so viel zu arbeiten, den habe ich schon lange nicht mehr gesehen."

  • mit manchen Leuten redet ja man nur, weil die auch einen Hund haben.

    die müssen sich beschnüffeln, das kann dauern.

    man kann nicht immer schweigen.


    ein paar wenige Wochen nach Jades Tod:

    Die Hunde beschnüffeln sich.

    Sie:" Wie geht es dir denn? Also ich finde ja so eine Trennung viel schlimmer als Tod. Als mein Mann sich von mir getrennt hat....."

    Ich:"???"

    Sie:"bla...bla..."

    Ich: "ich geh dann mal."


    Abgang Bea+Lovis.


    Seither nickt sie mir nur noch zu.

    Geschafft!

  • Lieber Frank, ich habe von mehreren Menschen zu hören bekommen : „ in deiner Haut möchte ich nicht stecken“... und das auch von nahe stehenden Menschen...das hat mich sehr verletzt, das war für mich das Schlimmste der letzten Zeit..aber sie wissen nicht, was sie damit so sagen, sie wissen es einfach nicht..

  • Eine aus dem Ort zu mir: " Na, geht es schon besser ? Gucken Sie mich an, schon der dritte Mann jetzt."

    Meine Antwort: " Wie konnte denn das passieren ? -- (kleine Gedankenpause bei mir) So abgewrackt wie Sie aussehen ?"

    Sie: " Eine Unverschämtheit."

    Ich: " Ne, meine Rosi ist erst eine Woche weg. Und die nächste Äusserung verbeisse ich mir."

  • Ihr Lieben,


    habe eben mein Essen für die nächsten Tage in den Backofen geschoben. Als meine Frau schon im Rollstuhl saß, aber die Hände noch bewegen konnte, hat sie ein wunderschönes Kochbuch gemacht. Und immer, wenn ich mich präzise an die Anleitungen gehalten habe, ist es gut geworden. Seit sie tot ist, habe ich das Kochbuch oft in den Händen gehalten, musste aber immer weinen und konnte nicht kochen. Ich glaube, sie freut sich, dass ich mich jetzt getraut habe.

  • Immer wieder versuche ich, es mir zu sagen: Sei nicht traurig, dass sie gegangen ist, sei dankbar, dass sie bei Dir war. Ja, ich bin unendlich dankbar, aber die Trauer geht davon nicht weg.


    Höre immer wieder Mercedes Sosa. Haben wir oft zusammen gehört.



    Ich kann heute nicht aufhören zu weinen

    Gracias a la vida / Danke an das Leben


    Danke an das Leben

    Danke an das Leben,

    das mir soviel gab:

    es gab mir zwei Augen,*

    öffne ich sie,

    unterscheide ich perfekt

    das Schwarze vom Weißen;

    und im hohem Himmel,

    seine sternenhelle Tiefe;

    und in der Menschenmasse,

    den Mann, den ich liebe.

    Danke an das Leben,

    das mir soviel gab:

    es gab mir den Ton

    und das ABC.

    Damit denke und äußere

    ich die Wörter:

    "Vater", "Freund", "Bruder"
    und "Licht", den Weg

    der Seele beleuchtend,

    von ihm, den ich liebe.

    Danke an das Leben,

    das mir soviel gab:

    es gab mir das Gehör,

    das in seiner ganzen Weite

    aufnimmt, Tag und Nacht,

    Grillen und Kanarienvögel,

    Hämmer, Turbinen,

    Gebell, Regenschauer,

    und die so zarte Stimme

    meines Allerliebsten.

    Danke an das Leben,

    das mir soviel gab:

    es gab mir das Herz,

    das erregt schlägt,**

    betrachte ich die Ernte

    menschlicher Ratio,

    betrachte ich das Gute,

    so fern vom Schlechten,

    schaue ich in die Tiefe

    deiner klaren Augen.

    Danke an das Leben,

    das mir soviel gab:

    es gab den Gang

    meinen müden Füßen.

    Mit ihnen lief ich

    in Städten und durch Pfützen,

    über Strände und durch Wüsten,

    in den Bergen und im Flachland,

    und in deinem Haus,

    in deiner Straße, in deinem Hof.

    Danke an das Leben,

    das mir soviel gab:

    es gab mir das Lachen,

    es gab mir das Weinen.

    Mit ihnen unterscheide ich

    Glückseligkeit und Traurigkeit,

    die zwei Substanzen,

    die mein Gesang formen,

    und euer Gesang,

    welcher derselbe Gesang ist,

    und der Gesang aller,

    der mein eigener Gesang ist.

    Danke an das Leben,

    das mir soviel gab.