Ich habe so viel verpasst.

  • Hallo.

    Ich komme aus einer sehr kaputten Familie. Ich bin die älteste von insgesamt 11 Kindern aus Patchworkverhältnissen. Aus Gründen hatte ich die letzten 3 Jahre gar keinen Kontakt zu meinen Eltern und dadurch leider auch nicht zu meinen Geschwistern. Vor 4 Monaten hatte mein ältester Bruder (zu diesem Zeitpunkt 20 Jahre alt) einen wirklich schweren Autounfall... Er lag 3 Tage im Koma und durch weiteren Komplikationen wurde er danach für Hirntod erklärt. Zu der Zeit als wir von seinem Unfall erfuhren, war es so als wären wir eine normale heile Familie. Selbst ich, das schwarze Schaf, gehörte wieder dazu und wir waren gegenseitig füreinander da. Ich weiß einfach nicht wie es weiter gehen soll. Mittlerweile habe ich wieder keinen Kontakt zu meinen Eltern, da sie den Kontakt abgebrochen haben... Mir sei es nicht erlaubt so zu trauern wie die anderen... ich war ja schließlich die letzten 3 Jahre für niemanden da... Mir wurden immer wieder diese Vorwürfe gemacht und ich würde immer wieder angeschrien, als wäre ich deren Ventil für ihre Trauer und Wut und auch, dass er ja "nur" mein Halbbruder sei... Das ich mit ihm 20 Jahre zusammen als mein "richtiger" Bruder aufgewachsen bin spielt plötzlich keine Rolle mehr... Ich mache mir selber schon so große Vorwürfe, die letzten Jahre nicht noch mit ihm verbracht zu haben. Ich weiß einfach nicht wie ich mit all dem umgehen soll... Ich fühle mich so hilflos und alleine... Das erste Weihnachten, Silvester und am 06.01 sein erster Geburtstag an dem er nicht mehr hier unter uns weilt. Hinzu kommt, dass ich im Mai mein Examen ablegen muss und einfach keinen Kopf habe zum lernen... ;(

  • Liebe Yucelia,


    habe eben von Deinem schlimmen Schicksal gelesen. Es ist schon traurig, daß nicht mal der Tod die Familie wenigstens etwas zusammen bringt, auch wenn die Verhältnisse schwierig sind. :13:

    Es ist gut, daß Du dieses Forum gefunden hast. Hier darfst Du trauern wie Dir zumute ist und kannst Dir alles von der Seele schreiben. Hier sind viele liebe Menschen die mit Dir trauern und fühlen.

    Ich bin auch noch nicht lange dabei, aber mir hat es schon sehr geholfen. Der Austausch tut einfach gut, und ich wünsche Dir, daß es für Dich auch so sein kann.

    Sende Dir eine ganz dicke liebevolle Umarmung :30:

    Lilfee

  • Liebe Yucelia,

    Dein Verlust tut mir sehr leid. Und dazu noch die erschwerten Umstände, das raubt zusätzlich Kraft.

    Die Emotionen sind derzeit so stark das vermutlich kein klärendes Gespräch zu deiner Familie möglich ist. Vielleicht wartest du noch etwas ab, und kontaktierst sie zu einem anderen Zeitpunkt, oder du schreibst ihnen was in dir vorgeht. Vielleicht hilft dir das ein wenig...


    Hier kannst du uns immer schreiben was dich beschäftigt.


    Ich wünsch dir viel Kraft <3

    Isabel

  • vielen lieben Dank für die schnellen und verständnisvollen Antworten.

    Ja es ist schade mit meiner Familie...

    Ich meine ich könnte ja damit leben wenn man sagt das wir nun einmal nicht wirklich wieder zueinander finden und im guten getrennte Wege gehen... aber so?

    Ich habe gerade erfahren das meine Oma gestern Abend nun auch bei meinem Bruder ist... ich würde mich einfach in solchen Situationen gerne mit meiner Familie zusammensetzen und einfach nur beieinander sein...

    Das mit dem kontaktieren, da weiß ich nicht ob das eine so gute Idee ist. Ich möchte ihnen nicht mehr zumuten. Sie trauern ja auch und ich bin denke ich nicht hilfreich in dieser Situation.

    Ich habe mich mal erkundigt und eine Trauergruppe in meiner Nähe gefunden und überlege ob ich da einfach mal hin gehen sollte. Hat schon mal jemand Ehrfahrungen mit einer solchen Gruppe gemacht? Muss ich mich vorher irgendwie anmelden oder gar Gebühren zahlen?

  • Liebe Yucelia,


    Du trauerst doch auch und mußt nicht unbedingt "hilfreich" sein. Einige hier haben es mit realen Trauergruppen versucht, die Erfahrungen waren aber nicht so doll, nicht besonders "hilfreich" könnte man sagen. Irgendwie habe ich auch so das Gefühl, daß ich es gar nicht erst versuche. Anmeldung ist sicher empfehlenswert, aber von Kosten habe ich noch nichts gehört. Wenn Du von einer Gruppe weißt, frag doch einfach mal nach.

    Geh auch ruhig hin und probiere es aus. Vielleicht ist ja gerade diese Gruppe eine gute. Und wenn nicht, dann gehst Du einfach nicht mehr hin. Du bist ja nicht dazu verpflichtet.


    Liebe Grüße

    Lilifee

  • Hallo Yucelia


    danke das du deine Geschichte mit uns Teilst. Dein Verlust tut mir sehr Leid.

    Das deine Familie so reagiert ist sehr schade. Klar ihr hattet vorher lange keinen Kontakt aber das hätte sich gerade nach so einen Ereignis ja ändern können gar müssen. Ich hoffe für dich das du einen guten Freundeskreis hast der für dich da ist bzw du Menschen hast mit denen du reden kannst.

    Natürlich bist du hier an einer guten Adresse wenn du ein offenes Ohr brauchst.


    Zum Thema Trauergruppe. (Mein Hintergrund: Ich habe meinen Bruder vor ca 5 Monaten verloren)

    Ich gehe alle 2-3 Wochen zu einem Einzelgespräch bei unserem lokalen Hospizdienst der auch Trauerbegleitung anbietet.

    Gerade das Angebot an hinterbliebene Geschwister ist sehr dürftig von daher gibt es dann eher Gruppen für Partner und Eltern und da sind die Teilnehmer auch schon etwas älter. Stellt sich die Frage ob das so Hilfreich ist bzw in einem Rahmen ist der dir wirklich Hilft. Aber ein Versuch ist es auf jeden Fall wert.


    Deine Situation Erinnert mich so sehr an meine

  • Ich habe mich mal erkundigt und eine Trauergruppe in meiner Nähe gefunden und überlege ob ich da einfach mal hin gehen sollte. Hat schon mal jemand Ehrfahrungen mit einer solchen Gruppe gemacht? Muss ich mich vorher irgendwie anmelden oder gar Gebühren zahlen?

    Liebe Yucelia,

    Die Trauergruppen sind meist kostenlos. Anmeldung ist gewöhnlich erforderlich, da es für die Planung wichtig ist. Aber wenn man kurzfristig absagt, hat jeder Verständnis.


    In meiner Trauergruppe wird auch des öfteren kurzfristig abgesagt, da sich die emotionale Welt eines Trauernden einfach sehr schnell ändern kann. Ich hoffe du findest ein passendes Angebot <3

    Isabel

  • Hallo Yucelia,


    aus deiner Nachricht heraus verstehe ich sehr gut deine Situation und die Dynamik die Du fühlst. Ich wünsche Dir mein tiefstes Beileid und die Offenheit für dein Leben und den Mut deinen ganz persönlichen Weg der Trauerheilung zu finden und zu gehen. Nutze dein Soziales Netzwerk außerhalb des Kernnetzwerkes wie Trauergruppen oder eine auf Dich abgestimmte Beratung das hat mir in meiner Trauer sehr viel geholfen und das möchte ich Dir gerne empfehlen.


    Lichtvolle Grüße zu Dir

    Maik

  • Ok ich denke ich werde morgen dort einmal anrufen und mich anmelden.

    Ich werde dann dahin gehen und es erstmal auf mich wirken lassen.

    Die lieben Antworten hier rühren mich immer wieder zu Tränen. Vielen lieben Dank für das ganze Verständnis.

    Ja ich habe auch in meinem privaten Umfeld Menschen die mir zu hören und denen ich mich anvertrauen kann, aber ich habe das Gefühl sie mit meiner Trauer zu überfordern. Oft wissen sie nicht was sie dann sagen oder tun sollen auch wenn es mir reicht, dass sie einfach nur da sind und mir zuhören. Aber ich will nicht das sie das Gefühl haben mich anders behandeln zu müssen oder so.

  • Sehr gut :) Ich hoffe es gibt ein passendes Angebot für dich und das es dir hilft.


    Am besten sprichst du sie direkt darauf an. Die meisten Menschen wissen natürlich nicht wie sie mit dir umgehen sollen und behandeln dich anders. Wenn dich das stört dann kannst du ihnen auch evtl einfach sagen wie sie mit dir umgehen sollen und was du dir wünscht. Das erfordert zwar viel Kraft und viel Offenheit aber bei mir z.b. hat das ganz gut geholfen.

    Wenn jemand damit nicht umgehen kann ist das ja in Ordnung aber für dich ist das gut zu Wissen den so kannst du "aussortieren" und dich erstmal auf die Menschen konzentrieren die das können und nicht mit der Situation überfordert sind.

  • Liebe Yucelia! Sorry hatte den falschen Namen eingegeben.

    Das tut mir alles sehr leid mit deiner Familie.Ich habe auch versucht nach dem Tode meiner Eltern Kontakt

    mit meinen Geschwistern aufzunehmen,aber umsonst.Wenn ich sie heute mal sehe,dann schaut mich

    die eine gar nicht an ,aber mit der anderen habe ich einmal geredet.Aber schade so eine große Familie

    und das sie nicht verstehen oder verstehen wollen,das du trauerst,laß sie auch wenn es noch so wehtut

    denke jetzt erst mal an dich.Ja versuch das mit der Trauergruppe,war auch mal bei so einem Treffen im Cafe,

    aber da hatten sie Spaß und alle kannten sich schon lange,hatte ich das Gefühl und das brauchte ich nicht,

    Aber eine Bekannte von mir,hat damals richtige Freunschaften geschlossen und die treffen sich weiter

    regelmäßig privat.Versuche es ,denn es kommt auf die Gruppe an und wenn du es nicht kannst,dann

    laße es.Liebe Grüße Helga

  • Ok ich denke ich werde morgen dort einmal anrufen und mich anmelden.

    Ich werde dann dahin gehen und es erstmal auf mich wirken lassen.

    Die lieben Antworten hier rühren mich immer wieder zu Tränen. Vielen lieben Dank für das ganze Verständnis.

    Ja ich habe auch in meinem privaten Umfeld Menschen die mir zu hören und denen ich mich anvertrauen kann, aber ich habe das Gefühl sie mit meiner Trauer zu überfordern. Oft wissen sie nicht was sie dann sagen oder tun sollen auch wenn es mir reicht, dass sie einfach nur da sind und mir zuhören. Aber ich will nicht das sie das Gefühl haben mich anders behandeln zu müssen oder so.

    Liebe Yucelia,


    ich freue mich so sehr für Dich das Du diesen Weg gehst und Du auf dein Soziales Netzwert bei Dir zugreifst es wird dir gut tuhen*g* und allein aus deiner selbst Fürsorge heraus wird es deine Selbstheilung der Trauergefühle unterstützen. Was sehr gut tut und hilft ein Bild zu malen in dem du deine momentane Gefühle durch Kunst und Farbe zum Ausdruck bringst das kannst du auch daheim bei Dir machen mit Papier, Wasserfarben das hilft sehr gut gerade auch dann wenn man nicht so gut Malen dann kommen die besten Kerativbilder dabei raus:). Du kannst mir gerne schreiben und berichten wie dein erstes treffen in der Gruppe, Gemeinschaft war das würde mich sehr interessieren. Maik.holmer@aspetos.com


    Lichtvolle Grüße zu Dir

    Maik :)

  • morgen wäre eigentlich das Treffen, aber durch Corona muss ich morgen im spätdienst arbeiten (arbeite als Krankenschwester) das nächste Treffen ist in einem Monat. Ich weiß auch nicht irgendwie fühlt sich das nach einem größerem Rückschlag an als es eigentlich ist.

  • Liebe Yucelia,


    probiere es als Prozess zu sehen. Und finde bis zu dem nächsten Treffen heraus was Dir im kleinen gut tut und dir kraft und Freude im Alltag schenkt und gibt. Oder Mal ein Bild vielleicht ist es deine ganz persönliche Einladung Dich auf einen Kreativen inneren Prozess ein zu lassen? Ich bin gespannt was Du schreibst? Und was Du für Dich gefunden hast und dir im Alltag gut tut.


    Schicke Dir viel Sonne aus dem Allgäu zu

    Maik

  • morgen wäre eigentlich das Treffen, aber durch Corona muss ich morgen im spätdienst arbeiten (arbeite als Krankenschwester) das nächste Treffen ist in einem Monat. Ich weiß auch nicht irgendwie fühlt sich das nach einem größerem Rückschlag an als es eigentlich ist.

    Liebe Yucelia,

    Das ist eine herausfordernde Zeit. Zu der Trauer kommen derzeit erschwerte Zustände hinzu.

    Schau gut auf dich <3

    Isabel

  • morgen wäre eigentlich das Treffen, aber durch Corona muss ich morgen im spätdienst arbeiten (arbeite als Krankenschwester) das nächste Treffen ist in einem Monat. Ich weiß auch nicht irgendwie fühlt sich das nach einem größerem Rückschlag an als es eigentlich ist.

    Das ist natürlich sehr ärgerlich und ja es fühlt sich wie ein Rückschlag an. Meine Termine wurden auch schon 2 mal verschoben und eigentlich hatte man sich gefreut endlich an den Ort zu kommen von dem man sich Hilfe verspricht. Face to Face nicht "nur" online.

    Du hast dadurch natürlich die Chance dir genauer zu überlegen und aufzuschreiben worüber du reden willst, falls du in dieser Zeit überhaupt Zeit dafür hast da du denke ich mal Beruflich sehr eingespannt sein wirst.

    Bis dahin, und darüber hinaus, sind wir natürlich für dich da :)

    Gerade in dieser wirklich sehr seltsamen Zeit.

  • Ich habe heute nun endgültig meiner Familie geschrieben, dass ich kein Teil davon mehr sein möchte. Auch meine Geschwister haben wieder angefangen mich zu ignorieren und ich kann das einfach nicht mehr. Ich möchte nicht mehr immer das schwarze Schaf für alle sein. Auch wenn ich weiß das es ihnen hilft jemanden zu haben den man hassen kann will ich nicjz mehr diese Person sein. Ich habe das ganze in einer ausführlichen Nachricht an alle Familienmitglieder gesendet. Habe ihnen geschrieben, dass das ganze nichts mit liebe zu tun hat und das ich immer für alle da sein werde, wenn mal was ist. Aber ansonsten möchte ich nunmal aus eigenschutz kein Teil dieser Familie sein. Ich will mir nicht jeden Abend den Kopf darüber zerbrechen, wie ich die Situation anders hätte machen können, wie ich mich wann und wo bei wem melden kann oder wer mich gerade hasst und wer nicht und wann sich das ändert.

    Icj weiß einfach nicht mit dieser Situation umzugehen. Mir tut dieser Schritt so unglaublich weh. Aucj die Antwort... als einziger hat mir mein Vater geantwortet ... auf einer Art und Weise als sei es ihm egal das ich mich dazu entschieden habe... er schrieb unter anderem, dass einzige was ihm wichtig ist ist er und das der Rest meine Entscheidung ist...

    Ich bin gerade völlig neben mir.

    Ich weiß das dies der richtige Schritt für mich ist, aber er tut so weh...

  • Liebe Yucelia!

    Ich finde es richtig,wie du dich entschieden hast.Ja es tut sehr weh und wenn dann nur von deinem Vater eine Nachricht kommt

    dann so eine.Mehr kannst du nicht machen und du mußt auch an dich denken.Sonst gehen die Gedanken nur zu deinen

    Geschwistern und du ärgerst dich nur darüber und du bist doch wieder das Schwarze Schaf.Nein,.das wäre kein Leben

    mehr.Auch wenn es noch so sehr weh tut,war es der richtige Schritt.Alles Gute.Bleib gesund.Liebe Grüße Helga

  • Ich würde auch sagen das war die richtige Entscheidung. Vor allem ist der abgebrochene Kontakt jetzt eine bewusste Entscheidung die du selbst getroffen hast. Nichts was dir aufgezwungen wird.

    Das du nur von deinem Vater eine Antwort bekommen hast ist Traurig, Zeigt aber auch nochmal das es die richtige Entscheidung ist.

    In so einem Fall frag ich mich was in den Leuten vorgeht. Klar ist es in so einer Zeit schwer für etwas zu Kämpfen, aber verdammt noch mal man hat doch gerade erst ein Kind verloren. Was nimmt er davon mit wen er andere einfach gehen lässt bzw sich dann nicht umso mehr um seine anderen Kinder kümmert.

    Natürlich tut der Schritt weh. Aber auf lange Sicht wird es gut für dich sein

    Ich wünsche dir weiterhin viel Kraft. Liebe Grüße


    PS: Ich finde es übrigens Wahnsinnig Bemerkenswert was du Beruflich machst, gerade zur Zeit. Ich hab davor großen Respekt.

  • Liebe Yucelia,

    Das war sehr mutig von dir. Und ein wichtiger und sicher notwendiger Schritt- auch wenn es jetzt weh tut. In der Situation zu verharren hätte auch Dauer sicher mehr geschmerzt.


    Erlaube dir auch hier die Trauer... Ganz viel Kraft dafür <3

    Isabel