Hallo,
mein Vater ist mitte Juli mit einem geschwollenen Arm ins Krankenhaus gegangen. Es wurde vermutet, dass er eine allergische Reaktion auf einen Insektenstich hat. Am Abend rief er an und sagte es ist Lungenkrebs und musste gleich im Krankenhaus bleiben. Da wegen Corona das Krankenhaus mit der Onkologie geschlossen war, befand sich die Onkologie vorübergehend in unserem Krankenhaus. Der anwesende Onkologe veranlasste alle weiteren Untersuchungen und im August begann seine Bestrahlung. Ihm ging es sehr gut, er war sehr optimistisch.
Mitte September war seine Bestrahlung zu Ende und mit dem Ende verschlechterte sich sein Zustand. Er konnte nichts mehr Essen und ich rief im Krankenhaus an um mit dem Arzt dort zu sprechen. Wir sind dann gemeinsam zu dem Arzt gefahren und dort wurde ihm dann erst gesagt, dass sich Metastasen gebildet haben ( man hatte ihm das warum auch immer am Ende der Bestrahlung nicht gesagt). Zu dem Lungenkrebs kamen also noch Metastasen in der Nebenniere, in der Leber und in den Knochen.
Es wurde ihm geraten am nächsten Tag (Freitag) übers WE ins Krankenhaus zu gehen und am Montag dort mit der Chemo zu beginnen. Am Montag erfuhren wir,dass die Onkologie nicht mehr in diesem Krankenhaus ist und man ihn jetzt aufpäppeln würde damit er zu einen Termin in einer onkologische Praxis gehen kann.
Er blieb dort 14 Tage, wurde dann entlassen und wir hatten am Tag darauf den Termin in der Praxis. 2 Tage später hatte er die erste Immuntherapie.
4 Tage später ist er mit dem Krankenwagen wieder ins Krankenhaus, weil er schwach war und wieder nicht essen konnte. Am 4. Tag im Krankenhaus hatte er einen Schlaganfall und kam dort auf die Neurologie. Dort hatte er noch vier weitere Schlaganfälle. Ich sollte mich von ihm verabschieden...das überstand er. Zwar mit Folgen (Arm und Bein der rechten Seite waren gelähmt und sein Kurzzeitgedächtnis hatte gelitten). Die Ärzte waren erstaunt wieviel er aushält und das er sehr zäh ist sagte man.
Dann verlegte man ihn auf die Palliativ Station, dort blieb er 10 Tage und kam dann in ein Hospiz. Die Ärzte im Krankenhaus sagten mir, das bedeutet nicht das er sterben wird, man könne sich besser um ihn kümmern, mehr Übungen machen, ihn aufpäppeln damit die Immuntherapie fortgesetzt werden kann und dann kann er mit einem Pflegedienst nach Hause. 9 Tage später ist er eingeschlafen.
Ich habe es nicht kommen sehen,er hat immer wieder gesagt er will nicht sterben, wann er nach Hause darf usw. An seinem letzten Tag war ich wie jeden Tag seit der Diagnose bei ihm (ich war krank geschrieben), ich habe gesagt ich bin in einer Stunde wieder da und er sagte: ok, bis gleich. Als ich gerade losfahren wollte, kam der Anruf.
Ich bin so wütend auf ihn, er hat mich alleine gelassen und unendlich traurig. Schuldgefühle plagen mich auch. Ich hätte ihm nicht nur essen anbieten sollen, sondern ihm sagen sollen : Du isst jetzt!, vielleicht hätte ich mehr tun sollen. Auch bin ich am überlegen, ob ich ihm noch was hätte sagen sollen, ob er wusste wie sehr ich ihn lieb hab und wie wichtig er mir ist. Ich träume oft, dass er am Telefon ist und ich auf keinen Fall auflegen darf sonst ist er für immer weg. Mich quält es so...
Tut mir leid, dass es so lang geworden ist. Ich habe keinen mit dem ich darüber sprechen kann, vielleicht hilft es alles aufzuschreiben. Für Tipps oder Ratschläge bin ich dankbar.
Gruß Nadine