Manchmal konnte ich am Ende des Tages nicht genau sagen, was ich gemacht habe. Nur eines war ganz sicher, dass ich jeden Tag auf dem Friedhof war. Blumen gebracht, gepflanzt, Kerzen angezündet habe. Aber sonst? Ich weiß es nicht mehr. Später dann habe ich mit den Dingen angefangen, die auf den Fotos sind. Zuerst die Collage. Diese ganzen Aktivitäten haben dann auch sehr viel Zeit in Anspruch genommen. Aber ich habe das gerne gemacht. Tausende von Bildern sichten, sortieren, mich sehr stark mit mit meinem Schatz beschäftigen.
Während seiner Erkrankung (10 Monate) habe ich sowas wie ein Tagebuch geführt. So habe ich jeden verdammten Tag dieses Leidens noch einmal gelebt und nochmal gelitten. Jeden Tag bis zu seinem Tod. Ich habe mich damit gequält, mich jeden Tag damit auseinander gesetzt, jeden Tag die Bilder vor mir gesehen.
Es war so furchtbar, aber ich musste es tun. So schlimm es war, so heilsam ist es gewesen. Nun im zweiten Jahr habe ich mir geschworen, dass ich diese Niederschriften nie mehr lesen werde. Behalten ja, aber nie mehr lesen. Ich habe diese 10 Monate so intensiv noch einmal erlebt, den Schmerz, das Nichthelfenkönnen körperlich und geistig noch einmal alles ausgehalten. Nun habe ich immer noch die Bilder. Die kann man nicht weglegen und sagen, die sehe ich mir nicht mehr an. Sie sind da, sie bleiben da und tauchen immer wieder auf, ob man will oder nicht.
Aber die permanente Beschäftigung mit der Verarbeitung, die Arbeit mit meinen Projekten, hat die Zeit rasend schnell vergehen lassen. Manchmal frage ich mich, wie ich das alles geschafft habe.
Heute habe ich die Todesnachricht von einem sehr guten und engen Freund meines Mannes erhalten. Sehr traurig. Ich bin mit der Witwe auch sehr gut befreundet. Da habe ich eine neue Baustelle. Da ist meine Hilfe sehr vonnöten. Ich werde einiges von mir investieren müssen. Hoffentlich habe dazu genug Kraft. Hoffentlich reissen nicht alle meine Wunden wieder auf.
Vielleicht ziehe ich mich jetzt hier ein bisschen zurück, oder aber ich brauche dieses Forum, um mir manches von der Seele zu schreiben. Für mich nun eine völlig neue Dimension. Was passiert nun mit meiner eigenen Trauer? Wird sie wieder schlimmer?
Zunächst wünsche ich allen hier eine gute Nacht.
LG Angela