Plötzlich Witwe mit 57

  • Ach ihr Lieben,

    Es ist wirklich nicht einfach gerade. Meinen Vater zu sehen, in all seiner Hilflosigkeit, zu sehen, was diese Hirnblutung aus dem vorher noch so selbständigen und lebenszufriedenen Menschen gemacht hat. Er ist mitunter auch sehr verwirrt jetzt, was er vorher noch gar nicht war. Und dann meine Mutter, versucht stark zu sein, muss lernen um Hilfe zu bitten und sie auch anzunehmen. Und beide leiden doch so sehr unter der Trennung - und dass sie dem anderen nicht helfen können. Und ich versuche trotz meiner häufigen Migräne beiden beizustehen, sitze hier allein in dem Hotel, in dem ich zuletzt noch mit meinem Mann war. Gehe abends durch die Straßen, sehe die Menschen fröhlich in den Straßencafes sitzen - und fühle mich irgendwie aus dieser Welt gefallen. Und - manche kennen das ja von mir - suche nach dem Sinn in all dem ....

  • Ach, meine, krafthabenmüssende Sabiene. Wir, die wir das Leid unserer Liebsten ertragen müssen und für jeden da sind, sind ohnmächtig in der Situation. Ich frage mich wer dir hier bei steht, damit du die Kraft und die mentale Stärke aufbringt, alle deine Lieben fast gleichermaßen zu versorgen. Das dein Vater nun so manchmal verwirrt ist, lässt dich angesichts dieser Tatsache hilflos zurück. Es tut mir so unendlich leid, zu sehen, wie du dich zerreißt. Leider kann ich da keinen Sinn erkennen, warum dieses Leid euch trifft. Ich will dir auf jeden Fall sagen, dass ich dir all meine Kraft durchs Universum zu dir schicke in der Hoffnung dass es dir etwas hilft. Liebevolle Umarmung an Dich und ich wünsche Dir viele Momente der Liebe. W.

  • Danke euch! Und danke, liebe Pia, fürs Melden. Ich kann so was ganz gut ausblenden, einfach melden und dann ignorieren. Die Kraft, woher kommt sie jetzt? Aus mir selber, glaube ich, und vielleicht aus der anderen Welt? Ich versuche irgendwie an die Erfahrung vom letzten Jahr anzuknüpfen, als nach dem Tod meines Mannes plötzlich Kraft spürbar war, die ich vorher so nicht kannte. Und es gibt meine Söhne und meinen Bruder und seine Familie. Den hat die Situation letzte Woche allerdings schon so an seine Grenzen gebracht, dass er jetzt erst mal in Urlaub gefahren ist...

  • Liebe Sabiene ❤️


    was du gerade fühlst und durchmachst kenne ich selbst und es ist so schwer "daneben" zu stehen und zu sehen wie die Eltern leiden, dabei tun wir unser möglichstes um zu helfen, das nimmt uns aber nicht den Schmerz über das was wir sehen... das ist ein Teil des Lebens den ich, entschuldige, so sehr hasse...


    Wir alle wollen unsere geliebten Menschen glücklich und nicht leidend und hilflos sehen.


    Ich wünsche dir von Herzen viel Kraft und Mut für diese Zeit mit deiner Liebe im Herzen ❤️Pia 🥀

  • Die Kraft von der du sprichst, kenne ich auch. In Notzeiten ist sie da und man fühlt sich trotz allem irgendwie „getragen“.
    Hoffentlich bleibt diese Kraft noch so lange du sie brauchst erhalten!

    🍀🍀🍀

  • Liebe Sabine,


    es ist so schrecklich das mit ansehen zu müssen.

    Ich habe da auch große Angst vor das es irgendwann mit Papa auch passieren wird.

    Nicht unbedingt soetwas schlimmes aber Demenz Erkrankung liegt in seiner Familie leider auch.

    Krebs ist auch nach wie vor ein Thema.

    Gott sei Dank hat er nie etwas schlimmeres gehabt.

    Ich hoffe das Dir die Kraft erhalten bleibt die Du brauchst und es vielleicht doch Deinen Papa bald wieder besser geht und Deine Eltern nicht weiter getrennt sind.


    Vlg. Linchen

  • So, ich bin wieder zuhause, mit sehr gemischten Gefühlen. Mein Vater ist immer noch im Krankenhaus, kleine Fortschritte sind sichtbar, immerhin, und sie suchen einen Reha-Platz für ihn. Bei meinem letzten Besuch war er wieder so schläfrig, ich hab ihn kaum wach bekommen. Meiner Mutter hab ich versucht, so gut es ging dabei zu helfen, jetzt auf absehbare Zeit alleine klarzukommen. Sie hat ja auch Betreuung in dem Seniorenwohnstift, wo sie lebt, aber all das, was mein Vater vorher an Hilfestellung geleistet hat, kann sowieso keiner ersetzen, schon gar nicht irgendwelche Mitarbeiter im Pflegenotstand. Aber ich kann ja auch nicht ewig dort im Hotel bleiben. Dazu drei Mal Migräne in sechs Tagen, die sich zum Glück relativ gut behandeln ließ, aber es zeigt die Kraftanstrengung und Anspannung, der ich dort ausgesetzt war. Auf Dauer geht so etwas nicht, mit 10 erlaubten Schmerzmitteltagen im Monat.


    Es tut mir für beide so leid, dass sie am Ende eines langen und erfüllten Lebens jetzt so sehr leiden müssen und dass ich ihnen nicht mehr helfen kann. Aber ich hoffe inständig, dass ich wenigstens in diesem Monat nicht noch einmal hinfahren muss. Mein vertrautes Hotel ist an einigen Tagen im Juni ausgebucht und ich habe selbst noch ein paar wichtige Termine hier.


    Wenn ich mir so ihr Schicksal angucke, das dort im Altersheim ja kein Einzelfall ist, dann stelle ich mir schon die Frage, ob nicht ein schneller und schmerzfreier Tod mitten aus einem noch aktiven und von Altersbeschwerden noch unbeeinträchtigten Leben heraus, so wie bei meinem Mann, vielleicht doch die gnädigere Alternative darstellt, zumindest für den Betroffenen selbst, aber vielleicht auch für die Angehörigen.


    Was trotz allem gut an der Situation war? Ich habe mich meiner Angst vor dem Alleine-Verreisen und dem Alleine-ins-Hotel-gehen stellen müssen und auch gestellt und damit wieder einmal ein "erstes Mal alleine" hinter mich gebracht. Selbst die mehrstündige Zugfahrt zurück unter Migränemedikamenten hat irgendwie funktioniert und beim nächsten Mal werde ich bestimmt mit ein bisschen mehr Zuversicht und Selbstvertrauen losfahren.


    Ganz herzliche Grüße und danke fürs Lesen!

  • Liebe Sabine,


    erst mal gut das Du wieder zu Hause bist, auch wenn es bestimmt gut war bei Deinen Eltern zu sein.

    Diese Gedanken die Du hast kann hier mit Sicherheit jeder nachvollziehen.

    Ja sind eben kleine Fortschritte ganz kleine und es dauert eben einfach sehr viel länger.

    Vielleicht wird es bald ein bisschen besser vorwärts gehen Reha ist da natürlich ein ganz wichtiger Punkt.


    Du hast das geschafft allein unter ganz schlimmen Umständen das zeigt Du bist stark....und tust es für Deine Eltern.

    Die Entfernung ist immer sehr schwierig und das Du auch noch mit Migräne zu tun hast macht das alles nicht einfacher.

    Das tut mir leid.

    Einfach nur mal eine Umarmung, wir sind hier und fühlen mit Dir.

    :30::30:

    Vielleicht kannst Du jetzt erst mal wieder Kraft tanken, soweit das möglich ist.


    Vlg. Linchen

  • Liebe Sabiene,


    Ich kann deine Sorge um deine Eltern so gut mitfühlen. Und gerade im Heim ist so oft eine weitere vertraute Person notwendig. Aber die Entfernung die du bewältigen musst lässt nicht mehr zu, das ist in deiner Situation und deinem Beschwerdebild nach einfach nicht möglich und trotzdem hast du "unmöglich geglaubtes" geschafft. Wir haben ungeahnte Kräfte in besonderen Situationen, aber es kostet wieder zusätzliche Energie auch wenn wir stolz sein können, was wir doch noch leisten können.


    In diesem Alter noch so eine schwere Krankheit überstehen müssen, raubt den älteren Menschen ganz viel von ihrer, sowieso, schwindenden Kraft.


    Die Gedanken, die du dir machst sind berechtigt... es wäre wunderbar, wenn wir alle in einem gesegneten Alter ohne Leid und Schmerz einschlafen dürften. Aber alle die jung, viel zu jung, Kinder, Babys, Partner, Eltern einfach aus dem Leben gerissen werden oder noch eine schlimme Krankheit aushalten müssen... für mich wird das immer unbegreiflich bleiben.


    Ich hoffe, dass dein Vater sich wieder soweit erholen kann, dass deinen Eltern noch eine schöne gemeinsame Zeit vergönnt ist. 🍀💚Pia

  • Liebe Sabiene


    Ich kann mich nur den einfühlsam, wunderbar geschriebenen Worten von Pia anschließen. 🙏

    Sie hat alles so lieb geschrieben.


    Und dass du so über dich hinausgewachsen bist mit all den Ängsten es nicht zu schaffen um es dann doch zu schaffen. Respekt !


    Und ja, wenn es um unsere Liebsten geht , können wir über uns hinaus wachsen und wissen im Nachhinein gar nicht wie wir das geschafft haben.


    Herzlichst <3<3

  • Ihr Lieben,


    ich bin gerade bei diesem Zitat von C.G. Jung hängengeblieben:


    „Einsamkeit entsteht nicht dadurch, dass man keine Menschen um sich hat, sondern dadurch, dass man die Dinge, die einem wichtig erscheinen, nicht mitteilen kann.“


    Für mich steckt da viel Wahres drin. Es erklärt mir, warum ich mich auch früher schon manchmal inmitten vieler Menschen einsam gefühlt habe. Und übertragen auf dieses Forum bedeutet es ja, dass wir alle nicht einsam sein müssen, oder?


    Wünsche euch einen schönen oder zumindest gut erträglichen Tag!


    Sabiene

  • Liebe Sabine,


    das Zitat spiegelt mein Empfinden auch wieder. Obwohl ich Kinder und einen Mann habe, fühl ich mich so allein gelassen und einsam. Mein erster Gedanke nach dem Aufstehen gilt meinem verstorbenem Bruder, genauso ist es der letzte, wenn ich ins Bett gehe. Ein ständiges Gedankenkarussell begleitet mich durch den Tag, während meine Familie Themen wie Urlaub, Schule, Arbeit-der normale Alltag eben-beschäftigen. Für mich ist es, als sei das Unglück erst gestern passiert und für alle anderen ist es längst abgehakt.


    Liebe Grüße

    Nicole