Plötzlich allein

  • Hallo an alle,


    mich heiße Anna bin 34 und Witwe.

    Mein Mann ist letzten Dezember völlig unerwartet verstorben.

    Bis heute ist weder ganz klar was passiert ist noch was die genaue Todesursachen ist.

    Er ist früher von der Arbeit nach Hause gefahren, weil es sich nicht gut gefühlt hat, laut seinem Kollegen.

    Zuhause kam er leider nie an.

    Jemand hatte den Notarzt gerufen nachdem er leblos in seinem Auto am Straßenrand gefunden wurde- das Auto stand am Seitenstreifen er muss es noch bewusst dort hingelenkt haben.

    Die Autopsie konnte auch nichts wirklich finden.

    Ich träume sehr oft von dem Moment des Anrufes.

    Ich soll in die Uniklinik kommen mein Mann sei eingeliefert worden- mehr wollte man mir am Telefon damals nicht sagen.

    Ich bin dann besorgt zum Krankenhaus gefahren, habe allerdings nicht im Traum dran gedacht das er sterben könnte.

    Als ich angekommen bin war er leider schon Tod.

    Die Ärzte waren sehr kalt und wenig einfühlsam.

    Seit dem sind fast 2 Monate vergangen und ich weiß manchmal immer noch nicht wie ich den Tag überstehen soll.


    Unsere Tochter ist erst 2,5 Jahre alt und fragt wo Papa ist- diese Frage schnürt mir manchmal die Luft ab.

    Auf der anderen Seite habe ich große Angst vor dem Tag an dem sie nicht mehr fragt oder ihn vergisst.

    Momentan sind meine Eltern bei uns eingezogen und helfen mir viel.

    Ich weiß gar nicht wer ich ohne meinen Mann bin wir waren seit 16 Jahren ein Paar , 9 davon verheiratet.

    Tagsüber reiße ich mich für meine Tochter zusammen, aber die Nächte sind schlimm.

  • Hallo Anna, herzliches beileid zum schrecklichen Verlust deines Mannes, der so plötzlich und unerklärlich über dich und deine kleine Tochter hereinbrach. Solch eine Nachricht zu erhalten löst ein tiefes Trauma in einem aus...Das urvertrauen ins Leben wird bis ins Mark erschüttert...das macht was mit einem, sowohl körperlich als auch seelisch. Es ist gut, dass deine Eltern sich jetzt ganz auf dich und deine Tochter konzentrieren, dass sie so präsent sind. Mein Bruder wurde auch im letzten Jahr zu meinem Anker. Meine Tochter wurde letztes Jahr am 3. Februar auf einem Zebrastreifen von einem Bus erfasst und getötet. Die Nachricht traf mich wie eine Bombe und mein/ unser altes Leben war ein Scherbenhaufen....am donnerstag ist es 1 jahr und ich kann das kaum fassen, habe im letzten jahr komplett das zeitgefühl verloren. Lass dich wenn möglich so weit es geht von den menschen die dich lieben durch diese zeit "tragen" und stützen...ich hoffe, dass du auch hier im forum stütze findest

  • liebe Anna <3

    heute habe ich bei einem anderen Trauernden geschrieben das mir die Worte fehlen für den schmerzhaften Verlust...dieser Papa trauert um sein Kind...

    und ja, du trauerst um deinen geliebten Mann und auch um den Papa deiner Tochter...

    und hast Angst das sie irgendwann nicht mehr nach ihrem Papa fragt...

    Das wird sie wenn du und deine unterstützenden Eltern und viele Freunde deinen geliebten Mann und ihr Papa durch Erzählungen und Fotos

    ihn leider nur bildhaft lebendig "zeigt".


    Diese traurig schlimmen Fragen , die nie endgültig geklärt werden sind einfach grausam das Leben überschattend.

    2 Monate , liebe Anna<3 sind ein sooo extrem kurze Zeit

    und doch so unendlich lange voll Schmerz und das begreifliche sinnieren ... der peinigenden W-Fragen...

    Ein tiefes Mitfühlen von allen hier Trauernden wirst du lesen und erleben ...

    Tagsüber reiße ich mich für meine Tochter zusammen, aber die Nächte sind schlimm.

    ja, tagsüber hast du eine gewisse Stärke für eure Tochter<3:30: doch du darfst auch absolut mit ihr weinen . es gibt auch gute Kinderbücher über die Trauer.

    aber die Nächte sind schlimm....

    jaaaah... da musst du nicht mehr stark sein, da spürst du die fehlende Nähe deines Mannes...

    Ich kann nur wiederholen... es sind erst zwei Monate...

    Schreibe hier immer wieder was du fühlst ...ALLE deine Gefühle , deine Sorgen , deine Gedanken warum und woran dein geliebter Mann gestorben ist...

    wir begleiten dich als MIT<3Trauernde die auch viele dieser Gedanken und gefühle kennen


    ich wünsche dir noch einige Stunden mit etwas tieferem Schlaf

    fühl dich sanft umarmt wenn du dir das vorstellen kannst:30:

    deine<3Sverja

  • Liebe Anna, mit Entsetzen habe ich gelesen was Dir und Deiner Familie vor kurzem geschehen ist. Das ist ja noch so frisch, Du bist sicherlich noch im Schockzustand.

    Ich bin immer wieder erschüttert wieviel Leid um uns herum ist.

    So eine Situation ist unaushaltbar. Unfassbar. Unerträglich.

    Ich sende Dir mein tiefes Beileid und finde es gut, daß Du jetzt zu uns gehörst.

    Fühle Dich hier im Forum angenommen mit all Deinen Gefühlen. Stelle Fragen über egal was Dich beschäftigt.

    Wir hören Dir zu. Wir antworten Dir. Wir verstehen Dich.

    Es kann auch sein, daß Du bei der Nachricht ein Trauma erlebt hast.

    Dann würde eine Unterstützung eines Therapeuten sinnvoll sein.

    Wahrscheinlich ist das Trauern für Dich eine völlig neue Situation. Auch das lernt man erst nach und nach was das alles bedeuten kann.

    Gut, daß Deine Eltern sich um Dich und Deine Tochter kümmern.

    Ich denke an Dich und sende Dir :30:


    Ralfsheidemarie

  • Liebe Anna,

    Dein Verlust tut mir sehr leid.

    Es ist zwar alles noch sehr frisch, dennoch empfehle ich dir, nach einem guten Therapeuten Ausschau zu halten,

    grad auch weil ein Kind betroffen ist. Hier empfinde ich eine gute Begleitung als besonders wichtig.


    Trauer ist KEINE Krankheit, und an und für sich braucht man keine Therapie, weil der Trauerprozess an sich schon die

    natürliche Heilung ist. Jedoch kann sich manchmal schon ein Trauma daraus entwickeln.


    Es gibt auch Familientrauerbegleitung wie die vom Lavia Institut. Hier sind auch Trauerbegleiter aus verschiedenen

    Bundesländer in D & Ö.


    Das wichtigste ist, dir keinen Druck zu machen. Trauer braucht sehr sehr viel Zeit <3

    Isabel

  • Ich danke euch allen für eure Anteilnahme.

    Ich kann irgendwie manchmal gar nicht „richtig“ trauern.

    Es ist einfach so unwirklich- ich glaube oft gleich kommt er wieder.

    Zunehmend fühle ich mich öfter schuldig, dass ich die Zeit vorher nicht genug geschätzt habe.

    Ich habe so oft gemerkt und war unzufrieden obwohl ich gar keinen Grund hatte.


    Warum konnte ich nicht öfter sagen wie dankbar ich für alles bin?


    Ich habe das immer alles als „natürlich“ angesehen- jetzt kommt es mir naiv vor, aber mir kam wirklich nie der Gedanke, dass einer von uns mal so früh stirbt.

    Selbst bei der Entscheidung für unsere Tochter oder dem Hauskauf - habe ich höchstens daran gedacht was passiert wenn einer arbeitslos oder Erwerbsunfähig wird.


    Ich kann mir im Moment auch schwer vorstellen das sich alles mal wieder irgendwie „einrenkt“.


    Es kommt auch soviel zusammen zur Zeit - unsere Tochter hat wieder Probleme mit dem Durchschlafen- normal in der Situation, aber ich merke auch wie doll sie belastet ist.

    Manchmal weiß ich einfach nicht wie ich reagieren oder ihr die Situation erklären soll .


    Die Frage mit dem Haus, Versicherungen …

  • Liebe Anna,

    daß wir das Zusammensein mit unserem Partner für Selbstverständlich genommen haben. Das kommt uns allen naiv vor. Ja ich bereue auch so Einiges. Nachträglich.


    Wenn ich mitkriege wie meine Schwester sich über ihren Mann ärgert, dann sage ich ihr. Das es nicht selbstverständlich ist, daß er da ist. Und das es Quatsch ist sich zu ärgern.

    Aber es kommt nicht an. Sie ärgert sich immer wieder.

    Ich denke man kann nicht leben als sei morgen der Partner weg.

    Das geht nicht.

    Das man denkt, man hätte es ihm viel öfter sagen und zeigen sollen, wie sehr man ihn liebt, braucht und wertschätzt.

    Das gehört alles zum Trauern dazu. Auch das ist Trauern.

    Ich hoffe Du hast Hilfe bei all den Entscheidungen mit Haus und Geld und wie es weiter geht.

    Vielleicht schreibst Du ein Tagebuch welches Du später Deiner Tochter geben kannst. Damit Sie, wenn sie älter ist auch Ihre eigene Geschichte versteht. Und vielleicht ein Fotobuch über Deinen Mann und ihren Vater. Wie ihr Euch kennen gelernt habt und alles danach. Heb ihr Kleinigkeiten auf von ihrem Vater, die er getragen hat, die er angefasst hat oder die er besonders mochte.

    Es gibt sehr gute Kinderbücher über das Trauern. Nur ist es sicherlich sehr schwer sich um das Kind zu kümmern, was den Vater vermisst - wenn man selbst in dem Trauma gefangen ist und um den Partner trauert.

    Ich schicke Dir in meinen Gedanken eine kleine Prise Zuversicht.

    Ralfsheidemarie

  • Liebe Anna


    ich möchte dir auch mein tiefsten Mitgefühl aussprechen. Es tut mir sehr leid, dass du so einen unfassbaren Schicksalsschlag ertragen musst.


    Wir alle sind hier , weil wir Trost in unserem Leid suchen. Fühle dich hier angenommen .
    Mein Mann ist am 14.11. 2021 nach kurzem schweren Leiden an Lungenkrebs verstorben.


    Ich verstehe deine Zweifel, dass du nicht oft genug gesagt hast dass du dankbar bist, dass du unzufrieden warst ohne Grund.


    Das ist der Alltag. Man weiß , dass es einem gut geht . Trägt es aber nicht jeden Tag in seinen Gedanken.

    Ich habe meinen Mann auch nicht jeden Tag gedankt, nicht jeden Tag wahr genommen wie sehr ich ihn liebe.

    Aber es war immer in mir. Ich habe auch vieles als selbstverständlich genommen , was nicht selbstverständlich ist. Dass mein Mann unser Haus mit viel Muskelkraft gebaut hat, soviel konnte, für alles eine Lösung hatte. Und dass er mich liebte .
    Habe ich ihn das oft genug gesagt? Ich weiß es nicht. Ich weiß ich hätte es noch viel öfters tun müssen.
    Ja, da sind Schuldgefühle. Ob berechtigt? Ich weiß es nicht. Da ist er, der Alltag. Das selbstverständliche.
    Und jetzt erkennen wir . Was ist schon selbstverständlich. NICHTS.

    Und jetzt ist mir z.B. auch nichts mehr wichtig, was im normalen Alltag mit unseren Liebsten doch eigentlich so viel Raum eingenommen hat. Dieser Sch….. Alltag.
    Jetzt im tiefsten Verlust , jetzt erkennen wir es.
    Wenn wir die Uhr rückgängig drehen könnten. Würden wir dann wieder dem Alltag „ verfallen „?
    Das frage ich mich bei allen meinen Grübeleien.


    Du bist nicht allein mit deinen Gedanken.:24:


    Ganz liebe Grüße

    Bärbel <3

  • Ja, der Alltag, das ist das richtige Wort. Wenn etwas alltäglich ist ist meist auch selbstverständlich.

    Zum Beispiel, daß wir genug zu essen haben. Das ist für uns hier in Mitteleuropa Alltag und selbstverständlich.

    Aber nicht überall. Nicht jederzeit.

    Hat man es mal anders erlebt, wertet man es anders als wenn man es nicht kennt, den Verlust, den Mangel.

    Dann fühlt man auch nicht die Dankbarkeit und dann spricht man sie nicht aus. Denn würde man darüber nachdenken auch in der Zeit in der es selbstverständlich war könnte man es fühlen und ansprechen.

    Wenn ich meinen Partner verloren habe, habe ich vielleicht noch Eltern oder Geschwister, oder Freunde. Wir können es lernen auch das heutige Selbstverständliche zu beachten, als wertvoll anzusehen.

    Wahrscheinlich am ehesten wenn wir eine Tradition, eine Gewohnheit daraus machen. So das das Beachten und Aussprechen von Dank und Liebe und Freundschaft alltäglich wird.

    Erstmal es aus dem Versteck holen und ins Bewußtsein bringen. Durch ein Dankbarkeitsbuch z. B.

    Früher hat man ein Dank-Gebet gesagt. Z. B. beim Essen. Oder vor dem Schlafen.


    Hat jemand eine Idee wie man das ändern könnte? Durch neue Gewohnheiten und Geflogenheiten? Indem wir etwas üblich machen. Tradition ist sowieso nicht das richtige Wort. Aber ich finde das richtige Wort jetzt nicht.

    ( Wortfindungsschwierigkeiten)

    Wie heißt das Wort, wenn man in der Familie jedes Jahr Ostern das so und so macht?

    Ralfsheidemarie