Liebe Manuela,
ja dieses FUNKTIONIEREN wie ein Apparat. Genauso beschreibe ich mein Dasein. Ich fühle mich wie ein Fernseher im Stand by Betrieb. Ich mache, was notwendig ist und gehe in Ruheposition sobald das Tagewerk erledigt ist.
Derzeit gehts mir besser, weil Mami noch bei mir ist. Heute hat sie geweint, weil sie so traurig darüber ist, dass sie so schwach auf den Beinen und so schwach bei Luft ist. Sie fühlt sich so nutzlos - wie ausgedient....- Hab sie ganz fest in den Arm genommen und ihr alle möglichen Gründe aufgezählt, warum sie da ist, warum wir sie brauchen, VOR ALLEM WEIL WIR SIE ALLE LIEBEN. Meine Zwerge hängen auch total an ihr. Wenn wir unsere Runden drehen, gehe ich mit den kleinen manchmal eine Strecke ein wenig schneller, dass sie sich ein wenig auspowern können. SIe blicken immer zurück, wo denn nur die Omi bleibt. Heute haben wir uns wieder für ein paar Minuten von ihr entfernt und als wir dann endlich zurück gingen, hat mein großer Zwerg seine kurzen Beine im Laufschritt Richtung Oma bewegt. Jeanny und ich kamen kaum mit. Mami hat die kleinen auch irre gern und hat sich so gefreut, wie ihr mein kleiner nachgelaufen ist. Wir haben dann den ganzen Tag gemütlich bei Karten spielen, plaudern, Kaffee trinken und fernsehen verbracht.
Ich hab viel über deine Worte nachgedacht: Der Angst nicht zu viel Raum geben --- Das versuche ich. Es ist halt manchmal wirklich nicht leicht, aber das weißt du ja selbst am besten.
Du bist ein so wunderbarer Mensch. Du fragst dich selber, woher du die Kraft hattest.... Ich bin davon überzeugt, dass Mami sie dir geschickt hat.
Du schreibst: Du bist in den Wald gelaufen, um deinen Schmerz rauszubrüllen---- Das hab ich ähnlich gemacht: Mit dem RAsenmäher bei Regen durch den Garten gelaufen.... der Lärm hat meine Schreie geschluckt. Schreien ist manchmal wirklich sehr hilfreich. Ich mach es immer noch.
Du und dein geliebtes Päpelchen - da ist so viel Liebe, so viel Urvertrauen und Unerschütterlichkeit in deinen ZEilen. Man spürt beim Lesen, wie innig euer Verhältnis ist. Ihr konntet euch gegenseitig helfen. Obwohl ihr beide hilfsbedürftig gewesen seid. Da muss Mami mitgewirkt haben, denn sonst ist es nicht vorstellbar. Ich hoffe sehr, dass wir alle Fragen einmal beantwortet bekommen, wenn wir selber an der Schwelle zum Jenseits sind. Warum musste deine Mami so schnell gehen, ohne Abschied nehmen? Es wäre wohl furchtbar für alle gewesen, wenn sie schwer krank geworden wäre und ihr alle Abschied nehmen hättet müssen von einer Mami, die du so nie gesehen hättest. Was wäre wenn... diese Frage ist wohl die Frage aller Fragen. Die stell ich mir immer und immer wieder. Deine Mami durfte so gehen, wie wir es uns alle wünschen. Ohne Schmerzen, mitten im Leben stehend und in der absoluten Gewissheit von dir und Päpelchen unendlich geliebt zu werden. Sie hatte ein wunderbares erfülltes Leben, eine wunderbare Tochter --- ABER einfach so--- das kann man nicht verstehen. Für sie im Jenseits ist Zeit nicht mit unserer Zeit zu vergleichen. Sie freut sich auf euch alle. Für sie sind es nur ein paar Augenblicke - für dich sind es Jahrzehnte. Genau das, macht es so schwer. Zu wissen, dass man sich nichts sehnlichster wünscht, als die Zeit zurück zu drehen. Nochmal die wunderbaren Dinge gemeinsam machen können. Womöglich noch so viel sagen wollen-- Doch wir dürfen sie nicht zurück drehen, wir können es nicht. Wir können nur darauf hoffen, dass unsere Vorangegangenen wirklich ganz nah bei uns sind. Manchmal fühlen wir uns so allein gelassen. So einsam wie kleine Kinder. Zurückgelassen in der grausamen Realität. Und doch müssen wir einfach weiter gehen, weiter stark sein, weiter unser Leben leben, unser Dasein fristen. Ob wir wollen oder nicht,- wir müssen. Diesen Schmerz jeden Tag aufs Neue ertragen. Er wird ja nicht leichter, wir lernen nur damit irgendwie um zu gehen. Liebste Manuela, ich wünsche dir so sehr, dass es dir bald ein wenig besser geht, und doch weiß ich, dass es Wünsche bleiben. Wie soll es dir besser gehen,---- du hast noch schlimme Zeiten vor dir.
Ich möcht dich einfach fest halten und sagen: Weine mein Mädel, ich halt dich fest, ich tröste dich, Tränen befreien auch manchmal, also lass sie raus - an meine Schulter. ICh bin für dich da. Komm zu mir und lass dich :30:
Innige Verbundenheit
Deine Michi