Nun ist es endgültig

  • Ich finde auch, dass wir stolz auf uns sein dürfen.


    Wenn ich zurückblicke und sehe, was ich alles bewältigt habe, dann bin ich es auch. Wenn ich allerdings sehe, was ich jetzt alles neu lernen muss und wie sehr mich das alles verunsichert und wie schwach ich mich manchmal fühle, dann bin ich es wieder nicht.


    Und das Gefühl, nichts allein zu können und ständig Rücksicht zu nehmen, das ist im Moment auch bei mir Thema. Es kommt mir so vor, als müsste ich mich und meine Bedürfnisse erst neu kennenlernen. Alles irgendwie neu justieren.

  • Heute habe ich einen für mich sehr schweren Weg geschafft:


    Mein Mann ist im Hospiz verstorben. Und heute war ich dort, um ein Feedbackgespräch zu führen und eine Sachspende abzugeben.


    Schon der Hinweg war quälend. So viele Erinnerungen hängen an dieser Zeit. Ich musste weinen, ja.


    Zum Glück muss man sich besonders im Hospiz nicht für Tränen schämen. Das Gespräch war gut und wichtig. Ich konnte eine Zeit im Gedenkraum verbringen und die Ereignisse Revue passieren lassen. Es tat verdammt weh, war aber erleichternd. Und ein kleines bisschen stolz auf mich bin ich auch, dass mir der Weg gelungen ist.


    Ich habe bereits heute früh ein Zeichen meines Mannes bekommen: ein verloren geglaubter Stein in Herzform, der mit im Hospiz war, ist plötzlich wieder aufgetaucht.


    Und auf dem Heimweg Im Auto spürte ich seine Hand auf meiner Wange. Es war traurig, aber sehr schön.


    Ich habe heute das Gefühl, ein kleines bisschen voran gekommen zu sein.


    Liebe Grüße,

    Anke

  • Liebe Anke,

    du kannst wirklich stolz auf dich sein,diesen Weg geschafft zu haben,und dass du den Stein wiedergefunden hast ist doch wunderbar.

    Auch ich hatte heute das Gefühl von Jörg umarmt zu werden als ich im Urnenwald an seinem Baum stand ,ein so schönes Gefühl.

    Herzliche Grüße 🌻💕⭐️Elke

  • Liebe Anke,


    das hast du toll gemacht! Ich könnte mir vorstellen , dass es ein wichtiger Meilenstein auf deinem Weg war. Und du hast dich ihm und damit deinem Schmerz gestellt. Fühl dich umarmt!:24:


    Und dass du deinen Mann bei dir gefühlt hast, finde ich wunderbar!


    Ich wünsche dir einen möglichst ruhigen und erholsamen Abend nach diesem Tag!😘

  • Liebe Anke, das kostet wirklich eine wahnsinnige Überwindung diesen Schritt zu gehen das kann ich gut nachvollziehen. Genau in der Klinik in der mei Mann lag, arbeite ich ehrenamtlich in der Klinikbücherei. Da ich diese Tätigkeit sehr gerne mache bin ich dort auch wieder hingegangen. Die Kolleginnen dort sind einfach super empathisch und ich fühle mich dort angenommen und verstanden. Auch mir ging es mit einem Stein von meinem Mann so, dass ich schon dachte er wäre im Krankenhaus verloren gegangen, vor kurzem fand ich ihn dann zuhause. Er trug ihn immer im Portemonnaie mit sich. Jetzt begleitet er mich in der Tasche.

  • Ihr Lieben,


    ich konnte wieder einen Schritt vorangehen - über Pfingsten habe ich in großer Gruppe den Sehnsuchtsort meines Mannes besucht und dort Urlaub gemacht.


    Die Anreise war schwer, die Abreise ebenfalls. Auch zwischendurch habe ich häufiger weinen müssen. Aber es gab auch fröhliche und sorglose Momente.


    Ich habe meinen Mann oft gespürt - er stand hinter mir und hat seine Hand auf meine Schulter gelegt. Ich bin sicher, dass er mit uns dort war.


    Es hängen 20 Jahre gemeinsame glückliche Erinnerungen an diesem Ort.


    Und nun habe ich das Gefühl, daß das schlimme Tal nach der Trauerfeier durchschritten ist. Ich konnte meine Akkus aufladen, auch wenn sie noch lange nicht voll sind.


    Ich bin stolz darauf, diese Reise unternommen zu haben. Es gibt mir das Gefühl, wieder etwas mehr am Leben teilnehmen zu können.


    Heute ist unser 20. Hochzeitstag. Bisher ist es OK. Meine Tochter und ich waren im Friedwald und haben Wasser von See aus dem Urlaub vergossen.


    Und trotzdem kann ich heute keine Musik hören. Das ist aber in Ordnung für den Moment...


    Viele Grüße,

    Anke

  • Jahm


    was für eine schöne Idee, ihm etwas von dem Wasser mitzubringen! Das finde ich total toll.


    Ich bewundere dich dafür, dass du dich so mutig den Leben stellst und solche Reisen ohne ihn weiterführst.


    Ich glaube, das ist der richtige Weg. Und wie schön, dass du ihn gespürt hast! Was für ein schönes Geschenk!

  • Danke für euer Lob wegen meines Mutes- es fühlt sich oft ganz anders an. Wenn die Kinder nicht da gewesen wären, hätte ich den Schritt nie gewagt.


    Dafür habe ich heute wortwörtlich Rotz und Wasser geheult. Ich muss ein Auto zur Rückgabe vorbereiten - das Auto hat mein Mann geliebt. Alle Erinnerungen sind nun raus, das Fahrprofil gelöscht.


    Es fühlt sich an als würde ich ein Stück von ihm abgeben.


    Trotzdem ist es wichtig, auch diesen Teil zu erledigen - weglaufen geht nicht.


    Ach. Er fehlt mir. Meine starke Schulter, die dann so schwach war. Sein Geruch, seine Nähe- alles fehlt.n



    Traurig bin ich.

  • Ich drück dich mal ganz lieb. :30:

    Es ist sehr schwer. Für mich fühlt es sich auch immer so an. Einerseits möchte man ja vorwärts gehen, aber andererseits fällt es sehr schwer die Dinge von ihm loszulassen.

    Gerade beim Auto geht es mir auch so.

  • Muckelchen Genau. Bei manchen Dingen ist es verhältnismäßig leicht, loszulassen. Und beim Auto fällt es unglaublich schwer.


    Trotzdem bin ich froh, wenn es geschafft ist. Der Schritt der Abgabe war unausweichlich- und es ist auch Zeit.


    Seit gestern steht das Auto und bleibt bis zur Abgabe auch stehen...


    Hast Du Dich schon vom Auto getrennt?

  • Ein Bekannter ist derzeit auf der Suche nach einem Käufer. Er ist so lieb und hat sich bereit erklärt, das für mich zu übernehmen. Es tut immer wieder weh, hinter dem Auto zu parken.


    An seinen Schreibtisch kann ich noch nicht ran ohne gleich in Tränen auszubrechen. Dafür brauche ich noch Zeit.

    Jetzt erstmal das Auto….


    Zahnputzbecher und einige Klamotten habe ich schon geschafft wegzuräumen.


    Es ist immer Gradwanderung weitermachen zu müssen, weil es sonst so weh tut und ihn nicht „rausschmeißen“ zu wollen.

    Kennt Ihr das auch?

  • Liebe Muckelchen,

    ja so ist es bei mir auch.In der ersten Schockphase konnte ich alle Medikamente, Sauerstoffgerät und ähnliches wegschaffen. Jetzt aber habe ich das Gefühl, dass mit jedem Teil, egal was es ist, ihm mehr und mehr aus meinem Leben zu entfernen. Wenn ich mit meinem Mann spreche (innerlich), dann sagt er, er braucht das alles nicht mehr. Trotzdem fällt es unsagbar schwer.

    Liebe Grüße Dietlind

  • Genauso habe ich es auch erlebt, ich habe in den ersten Tagen die Hygiene Artikel schon alle weggeräumt wie in Trance und jetzt bin ich furchtbar traurig, daß ich es so schnell gemacht habe. Glücklicherweise habe ich noch die Kleidung und ihr werdet mich vielleicht für doof erklären, aber ich habe ein Barthaar entdeckt und das hüte ich wie meinen Augapfel.

    LG Karin

  • Ich habe sofort alles Medizinische entsorgt - alle Tabletten, Pflegemittel außerhalb unseres Sichtbereichs. Unterlagen, die an die Krebserkrankung erinnern, lagern erstmal in seinem Kleiderschrank.


    Die alltäglichen Dinge wie Zahnbürste, Pulli über dem Stuhl u.ä. bleiben in Absprache mit den Kindern vorerst liegen.


    Karin56 Das Barthaar hätte ich auch behalten und beschützt.


    Fliegerin Er braucht die medizinischen Dinge ja auch nicht mehr... Er hat recht. Es geht ihm nun gut.


    Ich spreche auch mit meinem Mann. Wenn ich allein bin, auch laut. Meistens dann, wenn ich seine Anwesenheit wahrnehme.

  • Wie ich ja immer wieder lese, ist das was wir fühlen und machen bei uns allen so ziemlich gleich und ich hinterfrage mich selbst oft ob mein Verhalten und tun eigentlich normal ist. Aber ja, es ist normal. Gott sei Dank.