Hallo alle zusammen,
Ich möchte mich gerne vorstellen: Mein Name ist Rosalie, bin 19 Jahre alt, und habe vor 5 Wochen meine Mutter verloren.
Da ich nicht so genau weiß wo anfangen, beginne ich einfach mal mit Fakten:
Meine Mutter wurde nur 47 Jahre alt. Sie verlor ihre Mutter durch Krebs als sie erst 8 Jahre alt war. Dies hat sie niemals richtig überwunden. Seit etwa 10 Jahren beschäftigte sie sich mit dieser Krankheit. Letzten Juni kam nach Monaten mit starken Bauchschmerzen dann der Befund "Krebs". Damals war sie allerdings schon längst davon überzeugt sich nicht in die Hände der Schulmedizin zu begeben - sich also weder aufschneiden zu lassen noch Chemo oder Bestrahlung machen zu lassen. Somit wurde der Befund niemals zur Diagnose. Ab diesem Zeitpunkt hatte sie auf Grund ihrer Vorgeschichte große Angst. Sie nahm in den folgenden Monaten sehr viel ab bis schließlich von 62 Kg nur noch 38 Kg übrig geblieben waren.
Während dieser Zeit studierte ich. Obwohl sie lange Zeit keinerlei Medizin (auch kein Schmerzmittel) genommen hatte, redete man ihr bei einem kurzem Aufenthalt im Krankenhaus (zum "aufpäppeln" mit Flüssigkeitsinfusionen - 1 Woche) "leichte Beruhigungsmittel" ein. Zu dieser Zeit war sie recht nervös und ängstlich und ließ sich schließlich überzeugen diese "total harmlosen Mittel ohne Nebenwirkungen" zu versuchen. Diese wirkten recht gut - sie war "zufrieden" - und so nahm sie sie 6 Wochen lang. Schlussendlich stellten wir fest, dass diese Mittel alles andere als harmlos sind - stark abhängig machend! - und sie wollte sie sofort absetzen. Zu diesem Zeitpunkt unterbrach ich mein Studium um meinem Vater bei der Pflege zu helfen.
Ab dem Tag des Absetzens konnte meine Mutter nicht mehr schlafen - nicht einmal eine Stunde am Tag. Wir unternahmen alles um dies wieder zu ändern nachdem sie deshalb immer schwächer wurde. Jedoch wirkte kein Mittel mehr, keine Alternativen Methoden, nichts. 5 Wochen später starb sie. Die letzten Tage waren schrecklich. Sie war nach 5 Wochen ohne Schlaf nervlich am Ende. Sie hatte nur noch Panik. Auch mein Vater, mein Bruder (er ging aber glücklicherweise noch zur Schule - ist 17) und ich waren einfach ausgelaugt. Sie starb in der Nacht vom Di, 24.03 auf Mi, 25.03 um 00:10.
Wir wussten, dass es passieren konnte, jedoch hat niemand wirklich damit gerechnet.. Mein bruder und ich badeten sie wärend mein vater im billardlokal nebenan war um ein bisschen abzuschalten. als wir sie wieder heruntertrugen kippte ihr kopf immer zurück und ich dachte mir so: mensch mama streng dich ein bisschen an. und als wir sie aufs bett legten waren ihre augen offen aber sie reagierte nicht mehr. und ich gab ihr sauerstoff und rief papa an und sagte nur "papa renn!!". er war in 2 min hier und sagte uns sie ist nicht tot sondern nur im absoluten erschöpfungszustand. Sie erholte sich auch wieder. Wir waren alle bei ihr bis etwa 23:00.
Danach übernahm ich die Nachtschicht und mein Vater & Bruder gingen schlafen. Meine Mutter wollte ihren Bruder sehen also kam er vorbei. Sie schickte mich hinaus und ich ging da ich ja wusste er passt auf sie auf. Kurz schlief ich in der Küche ein. Plötzlich öffnete mein Onkel die Tür und sagte "Komm schnell". Ich kam und sah meine Mum ganz normal dort liegen. Sie schaute mich an. Dann sagte er "Hol deinen Papa" und ich kapierte nichts und antwortete nur "aber mama der schläft schon!" .. ich wollte ihm seinen seltenen Schlaf gönen. und dann hörte ich sie atmen. es blubberte nur. und plötzlich zitterte ich am ganzen körper. ich rief "gib ihr sauerstoff!" und lehnte mich über sie um das sauerstoffgerät zu fassen zu bekommen und mein onkel sagte nur "das bringt nichts mehr" und da kapierte ich es. ich rannte um meinen vater zu holen. und ab da verschwimmt alles ein bisschen. wir kamen hinunter und ihre augen waren weit offen und ihr mund auch. mein vater nahm sie in den arm und ich versuchte die rettung anzurufen (niemand nahm ab) und dann meine tante - sie ist ärztin. da rann ihr blut aus dem Mund. und mein Freund holte auf meinen ruf hin meinen bruder aus seinem Zimmer. er kam. und sie war tot. kein herzschlag- kein puls. und irgendwann zwischendrin hielt ich ihre hände und sagte immer nur "ich liebe dich, mama, ich liebe dich" weil ich hoffte sie möge zumindest das noch hören. sie war keinen moment lang während sie starb (zumindest die die ich sah) ängstlich oder nervös/hektisch. einfach total ruhig. und auch ich war ruhig und hab nur gesagt: jetzt hat sies geschafft... zu meinem bruder weil ich hoffte, dass es ok ist. er wollte sie noch wiederbeleben, aber das hätte nichts mehr genützt. und es tat mir so leid dass ich nicht gleich daran gedacht hatte ihn zu holen. aber als ich meinen vater holte hatte ich nur das gefühl: das kann gar nicht passieren und wenn es noch jemand "richten" kann - noch etwas unternehmen kann - dann mein vater. wir blieben die ganze nacht neben ihr. und ich konnte nicht weinen. alles war total unwirklich. das konnte doch nicht die realität sein.
Ich liebe meine Mutter wahnsinnig. Sie war immer meine nächste Bezugsperson, die tollste Mutter die man sich vorstellen kann, mein geheimnisbewahrer, meine beste Freundin. Sie war das, was meine welt in den angeln hielt. DIE Konstante darin. sie war mein Floß - der Platz zum ausruhen wenn man erschöpft aus der welt zurückkommt. ich konnte mir eine zukunft ohne sie einfach nicht vorstellen: beim gedanken daran war alles einfach schwarz. Sie hat alles für ihre kinder getan. Sie war außergewöhnlich intelligent - auch emotional gesehen. und niemals ist mir ein liebenderer Mensch begegnet. Ich finde nicht einmal annähernd die passenden worte um sie zu beschreiben.
Seit dem Tag ihres Todes hat sich nicht viel geändert. Ich weine kaum. Das große "Tal der Tränen" ist bei mir (noch) nicht gekommen. Zum Teil bin ich sehr traurig. zum Teil glücklich weil ich weiß dass sie wollte dass wir unser Leben leben - glücklich sind, traurig sind - eben mit allem drum und dran. zum Teil antriebslos, in anderen Momenten gut drauf. Oft fühle ich mich einfach leer - wenn das wissen kommt dass sie nicht mehr zurück kommt. denn irgendwie vergesse ich das einfach... Ich habe irgendwie erwartet, dass die Welt sich nach diesem Tag aufhört zu drehen, dass die Zeit stehen bleibt. aber das ist nicht passiert. und manchmal macht mich dieses wissen fertig.. in anderen momenten (wie jetzt z.b. wieder) bin ich total kalt und weiß garnicht wo die ganzen gefühle hin sind.. ich habe einen tollen vater und auch bruder und kann mit beiden sehr gut reden.. allerdings rede ich nicht gern mit der gleichen person immer wieder über das gleiche Thema.. ich weiß auch nicht wieso..
Naja, jetzt habe ich so viel geschrieben und doch noch nicht annähernd alles was ich sagen wollte. bin im moment jedoch wie verwirrt und habe ein bisschen den Faden verloren :).. einige mitglieder fragten mich ob ich nicht ein bisschen über meinen fall/ meine mum erzählen wolle, und irgendwie dachte ich mir wieso eig nicht. vlt liest es ja jemand ganz gerne... tut mir leid dass es so viel geworden ist...
Ich möchte euch jedoch bitten, mir nicht alle mit "mein beileid" zu antworten. ich habe diese ganzen phrasen so oft gehört dass ich sie kaum mehr ertrage. auch wenn ich weiß dass es hier etwas anderes ist da die meisten von euch selbst verluste erlitten haben. Allerdings würde ich viel lieber hören, wie es euch gefühlsmäßig damit geht oder was ihr erlebt habt (auch gerne links zu euren geschichten), da ich bemerkt habe dass es mir gut tut zu erfahren dass ich/wir nicht allein sind..
Hm, vielleicht werde ich den eintrag noch ergänzen wenn ich wieder ein bisschen geordneter in meinen gedanken bin und weiß was ich sagen will...
Dankeschön für das Interesse,
Glg Rosalie