…und die Zeit müsste stehenbleiben

  • endlich habe ich mich dazu aufgerafft mich hier anzumelden.
    im juni ist mein geliebter mann gestorben - ich kann es nicht
    fassen! ich kann auch nicht fassen daß das leben weitergeht.
    jeden morgen beginnt wieder ein neuer tag obwohl man meint
    die zeit müßte stehen bleiben.


    jetzt, wo viele denken daß die schlimmste zeit vorbei ist und viele
    nicht mehr so behutsam und sorgsam mit worten und
    gesten mir gegenüber umgehen und viele menschen auch nicht
    mehr mit mir über den tod meines mannes sprechen wollen (weil
    es ja auch einmal genug sein muß und man sich wieder anderen
    themen widmen sollte…) tut es mir gut unter menschen zu sein
    die ähnliches erlebt haben.


    sigrid

  • Liebe Sigrid,


    schön, daß du dich aufraffen konntest und dich angemeldet hast. Ein herzliches Willkommen hier im Forum!
    Mein aufrichtiges Mitgefühl zum Verlust deines geliebten Mannes.


    Ja, unsere Umwelt verlangt meist viel zu schnell von uns, sich wieder "anderen Themen" zu widmen, die Zeit wieder weiterlaufen zu lassen. Doch wie soll das nach so kurzer Zeit gehen? Es dauert einfach, bis man die Uhr wieder wirklich weiterlaufen lassen kann.
    Du wirst sehen, hier ist immer jemand da, der dir "zuhört", wir begleiten dich gerne ein Stück deines schweren Weges - immer wenn du es möchtest.


    Wenn du magst erzähl uns von deinem Mann, wie war er? Und wie geht es dir jetzt ? Aber natürlich nur wenn du kannst - wenn es für dich "paßt"
    Meist hilft das Schreiben, mehr Klarheit in die eigenen Gedanken zu bringen - auch wenn es oft sehr weh tut.


    Alles Liebe und viel Kraft für diese schwere Zeit wünscht dir
    Jutta

    Der Tod eines geliebten Menschen ist wie
    das Zurückgeben einer Kostbarkeit,
    die uns Gott geliehen hat.

  • Liebe Sigrid!
    Ich möchte mich Jutta anschließen.Es ist gut,das du hier schreibst.
    Mein Beileid zum Tod deines Mannes!Und willkommen bei uns.
    Es ist so,wer noch keinen lieben Menschen verlohren hat,kann es nicht nachempfinden.Aber man kann die Trauer nicht an einer bestimmten Zeit festmachen.Wie früher das "Trauerjahr".Dein Mann ist im Juni gestorben,das war doch eben erst!
    Darf ich fragen,war dein Mann krank? Möchtest du von deinem Mann erzählen?
    Hast du sonst noch jemanden mit dem du reden kannst-Kinder,Geschwister...?
    Schreib nur wenn es dir recht ist.
    Liebe Grüße und viel Kraft
    von Karla

    Mein Kind Juliane,
    Mein Bruder Rene,
    Mein lieber Vati,
    Ihr seid mir nur einen Schritt voraus-tief in meinem Herzen lebt ihr weiter :005:

  • es ist schön menschen wie euch hier zu treffen!
    ich freue mich eigentlich jedesmal wenn ich von meinem mann erzählen darf.
    jetzt muß ich aber ein bißchen ausholen! vor 10 jahren habe ich ihn kennenge-
    lernt und für uns beide war es so als hätten wir uns schon immer gekannt - es
    hat einfach alles gepaßt von anfang an. natürlich nicht immer harmonie pur -
    eigentlich auch oft mit vielen meinungsverschiedenheiten und natürlich manchmal
    auch mit streit. aber immer war klar daß wir füreinander bestimmt sind und daran
    gabs nie zweifel. ziemlich schnell (ca. 1 jahr) nach unserem kennenlernen wurde unsere
    1. tochter geboren, geheiratet haben wir 2002, im mai 2003 kam unsere 2. tochter zur welt
    und 2005 unsere dritte. jetzt im nachhinein kommt mir alles so komprimiert vor -
    als hätte man vorher schon gewußt daß nicht so viel zeit ist. mein mann war selbständig -
    deshalb hatte er beruflich viel zu tun - ich hab das mit den kindern gemanagt. da ich von
    anfang an gewußt habe daß er selbständig ist und die arbeit viel von ihm abverlangt -
    und natürlich auch unser unterhalt war sind wir mit der situation im großen und ganzen
    immer gut zurechtgekommen. ich denke ich kann auch stellvertretend für ihn sagen
    daß wir sehr glücklich waren. angefangen hat alles damit daß mein mann ende april nicht
    besonders gut ging - er bekam schlecht luft. der arzt meinte es wäre ein infekt und so
    sind wir anfang mai (nur wir zwei ohne kinder) nach barcelona geflogen. dort ging´s
    gesundheitlich eigentlich ganz gut nur bei mehr anstrengung bekam er wieder schlecht
    luft. als wir daheim waren ging er wieder zum arzt - der schickte ihn ins kranken-
    haus und dort hat man einen angeborenen herzfehler festgestellt. beim herz-ultraschall
    hat man eine undichtheit an der herzklappe festgestellt und gleich zur operation einer
    mechanischen herzklappe geraten. 3 wochen später der op-termin - wir hatten große
    angst davor aber der arzt hatte keine bedenken daß etwas passieren könnte. mein
    mann hatte in dieser zeit große angst vorm sterben - auch ich hab mich viel mit
    diesem thema auseinandergesetzt. als die op dann gut verlaufen ist und mein mann
    sich sehr schnell erholt hat waren alle sorgen weg - er war so zuversichtlich und auch
    ich dachte mir: "warum macht man sich vorher immer so viele gedanken daß etwas
    schlimmes passieren könnte!" 6 tage nach der operation dann der anruf den ich nie
    vergessen werden - mein mann wurde um 6.30 morgens tot im bett aufgefunden.
    jeden tag hab ich ihn besucht - mal mit mal ohne kinder - am tag bevor er gestorben
    ist war ich nicht bei ihm (meine älteste tochter hatte einen test und ich wollte mit
    ihr lernen - und auch zu hause einiges erledigen). wir haben abends noch telefoniert -
    es war ein sehr liebevolles, letztes gespräch.
    eigentlich habe ich viele, gute freunde und auch eine tolle familie - trotzdem habe ich
    das gefühl daß mich nur jemand verstehen kann der ähnliches erlebt hat.
    es ist wirklich schön euch das erzählen zu können - danke für´s zuhören!
    alles liebe an euch!
    sigrid


    ich liebe ihn noch immer so sehr - meine kinder geben mir viel kraft und energie
    den alltag zu leben - manchmal kann ich einfach nicht mehr. etwas fehlt und
    ist doch noch immer in mir! sein lachen und sein einzigartiger humor fehlen mir
    (wir haben so viel zusammen gelacht).

  • Möchte Dich hier im Forum, so wie schon viele vor mir, recht herzlich begrüßen. Mir fehlen die Worte im Moment. Mein Beileid....


    Bei einem Satz von Dir in Deiner Geschichte bleib ich versteinert.
    "jetzt im nachhinein kommt mir alles so komprimiert vor - als hätte man vorher schon gewußt daß nicht so viel zeit ist."


    Diesen Satz sage ich mir dauernd. Habe selbst so eine ähnliche Liebe erfahren dürfen. Nur für kurze Zeit. Diese Zeit aber wurde in dieser Beziehung so ausgenützt, als hätten wir nicht viel zeit. Dies wurde aber erst im Nachhinein ersichtlich. Denn in dieser Zeit selbst geschah alles in Ruhe und Harmonie. Nie ein Stress, eine Hektik. Das Auffälligste dazu im Nachhinein Betrachtet war, dass wir nie etwas doppelt gemacht haben. OK. Wir gingen öfter Skifahren. Aber nie auf den gleichen Pisten. Das selbige beim Schwimmen gehen. Wir waren nur einmal am gleichen See. Die anderen 4x je auf einen Anderen. Genau so verhielt es sich beim Bergwandern. Spazieren gehen. und....und... und... Und dann von Heute auf Morgen, ohne Ankündigung das Aus.


    Beim Letzten Satz von Dir ging es mir wie beim eben beschriebenen.
    "(wir haben so viel zusammen gelacht)."


    Meine Christa und ich haben soviel gelacht, dass es sogar Nachbarn als störend empfanden. Leider.


    Lieb Gruss


    Walter ( :huh: !! Danke für Deine Erzählung.)


    PS Seitdem ich zu diesem Forum stieß, und selbst auch darin schreibe, geht es mir merklich besser. :)

  • Liebe Sigrid!


    Danke, daß du uns das alles erzählt hast. Aus jedem Wort spüre ich eure Liebe.
    Barcelona - eine Traumstadt für mich. Hat sie euch auch so gut gefallen? Für mich ist sie die "Stadt der Liebe"


    Ach Sigrid - drei, teilweise doch noch soo kleine Mädels. Wie geht es denn deinem "Dreimäderlhaus"?
    Du schreibst, du hast eine "tolle Familie". Können sie dir ein wenig helfen, dir von Zeit zu Zeit die Mädels abnehmen, daß du auch Raum und Zeit für dich , für deine Trauer hast?


    Dem "als hätte man vorher schon gewußt daß nicht so viel Zeit ist", begegnet man öfter, hab ich in gewisser Weise auch schon erlebt.
    Doch manchmal denk ich mir auch, daß man vielem im Nachhinein eine andere Bedeutung zumißt, als es eigentlich wirklich hatte. Wenn man eine wirklich intensive Beziehung hat dann ist wohl alles "komprimiert" (ging halt mir so).


    Du hast schon recht. Wirklich verstehen kann (meist) nur jemand, der ähnliches erlebt hat. Und du kannst alles erzählen, was dir auf der Seele liegt. Wir hören immer gerne zu.


    Alles Liebe
    Jutta

    Der Tod eines geliebten Menschen ist wie
    das Zurückgeben einer Kostbarkeit,
    die uns Gott geliehen hat.

  • Hallo Sigrid,


    zunächst auch mein herzliches Beileid. Hab im April auch meinen Lebensgefährten durch Krebs verloren. Das was Du hier im ersten Schreiben schilderst kenn ich allzugut. Es muß alles furchtbar schnell gehen auch die Trauer. Nach der Beerdigung sollst wieder quietschfidel sein. Und manche Pietätlose Fragen die man über sich ergehn lassen. Hoff Du findest hier Trost und Kraft Deine Trauer zu bewältigen . lg bauxi

  • barcelona war wunderschön - wir waren so fasziniert von den wirklich grandiosen bauwerken gaudís und von der stadt ganz allgemein. seit wir unsere kinder haben war das der erste, einzige und zugleich auch letzte urlaub zu zweit! anfangs dachte ich natürlich: wären wir doch nicht geflogen, dann wäre vielleicht alles anders gekommen - jetzt bin ich einen schritt weiter und bin froh darüber dass wir diese zeit noch gemeinsam verbringen durften, daß wir diesen urlaub gemeinsam erlebt haben!


    meinen mädels geht es eigentlich ganz gut - wir reden viel über ihren papa - wir lachen auch viel über dinge die er gesagt oder getan hat! das hilft denke ich den kindern und auch mir sehr! die kleinste (fast 4 jahre) weint oft abends, dann will sie zu ihrem papa.
    es tut mir weh daß unsere kinder ohne ihren papa groß werden müssen. besonders jetzt zu schul- und kindergartenanfang war´s ganz schlimm.
    wir machen auch viel für´s grab gemeinsam - die kinder haben mit den steinen die sie in den ferien gesammelt haben ein muster auf eine steinplatte geklebt die wir auf´s grab legen - sieht sehr schön aus - es war auch schön das gemeinsam mit ihnen zu machen.


    ja, im nachhinein bekommt alles eine andere, größere bedeutung - jedes wort, jeder gedanke, alles was man getan oder auch nicht getan hat fällt einem ein - das ist mitunter auch sehr belastend.


    danke daß ihr da seid!
    sigrid


    ich werde dich auch weiterhin, bis zu letzten augenblick meines lebens, mit der ganzen zärtlichkeit meiner seele lieben! - für alex - the love of my life

  • Liebe Sigrid!


    Es ist schön, daß ihr diesen einzigen Urlaub alleine erleben durftet. So hast du eine wunderschöne Erinnerung mehr, die dir nichts und niemand mehr nehmen kann.
    Den Grabschmuck aus den selbst gesuchten Steinen finde ich eine tolle Idee. es hat deinen Kleinen sicher gutgetan, etwas für ihren Papa "tun" zu können. Und ich finde es toll, daß ihr viel über Alex sprecht - und (mit ihm) lacht.


    Sicher belasten die Gedanken an Dinge, die man getan oder nicht getan hat, immer wieder. Aber du weißt ja - nichts hätte den Lauf der Dinge ändern können. Das liegt - leider - nicht in unserer Hand.


    Dir und den Mädels alles Liebe
    Jutta

    Der Tod eines geliebten Menschen ist wie
    das Zurückgeben einer Kostbarkeit,
    die uns Gott geliehen hat.

  • wie gerne würde ich wieder seine nähe spüren,
    die wärme seines körpers. wie gerne möchte
    ich von ihm gehalten werden, wie gerne kräftige
    arme um mich spüren die mir geborgenheit
    und kraft geben. diese unstillbare sehnsucht
    zerreißt mich und nimmt mein ganzes denken,
    fühlen und handeln ein. mehr als je zuvor ver-
    misse ich meinen geliebten mann.


    wie soll ich atmen können ohne dich,
    wie soll ich freude finden ohne dich,
    wie solll ich zukunft träumen ohne dich? (christa spilling-nöker)


    sigrid

  • Liebe Sigrid,


    ach es tut mir so leid. Du fühlst dich alleine - alleine gelassen, die Nähe und Wärme des Liebsten fehlt so sehr, ich weiß nur zu gut.
    Was soll ich sagen - ich weiß auch nichts, womit ich dich trösten könnte - eigentlich gibt es ja nichts, was wirklich hilft.
    Ich nehm dich (wenn du magst) in Gedanken in den Arm.


    Diese Zeit in der du jetzt gerade bist - so ein paar Monate "danach" - ist glaube ich, bei vielen die schlimmste. Schön langsam wird einem "klar", was wirklich passiert ist, und es kommt einem alles noch viel schwerer vor als am Anfang, wo man durch den "Schock" noch irgendwie "geschützt" ist.
    Die Sehnsucht und das Vermissen begleiten uns zwar für den Rest unseres Lebens, doch wir lernen (irgendwann) damit umzugehen - damit zu leben. Und so wird es dann ja doch "leichter".
    Ich wünsche dir, daß dein Sturm wieder etwas abflaut, und du dann wieder etwas mehr Luft zum Atmen bekommst.


    Alles Liebe
    Jutta

    Der Tod eines geliebten Menschen ist wie
    das Zurückgeben einer Kostbarkeit,
    die uns Gott geliehen hat.

  • Hallo liebe Sigrid


    Mein tieftes Beileid zu deinen Verlust.Mich hat ein Satz ganz am Anfang ein bischen verwundert.


    Dein Mann ist erst im Juni gestorben.Das ist überhaupt nicht lange her.Früher mal trug man ein Jahr schwarz,ein Trauerjahr.


    Mir ging es gleich wie dir.Ich dacht auch die Welt müsste stehn bleiben.Konnte die erste Nacht ka nicht schlafen und hatte


    am nächsten Tag ziemliche Kopfschmerzen.Ich kann dir leider nicht viel sagen.Einfach nur schön das du hierher gefunden hast.


    Gibts ganz tolle Menschen hier.Ich finde dieses gegenseitige unterstütztem echt sehr hilfreich.


    Alles liebe dir und deinen drei Mädels

  • danke für eure mut-machenden worte!
    es tut gut einfach alles sagen bzw. schreiben zu können was
    einen bewegt - auch das ist schon hilfe - noch schöner ist
    es dann dass es hier menschen gibt die verstehen können.


    es stimmt - jetzt ist alles noch schlimmer als am anfang.
    schön langsam wird mir bewußt dass es dieses "nie wieder"
    gibt. ich fühle mich so einsam - trotzt des kinderlachens um
    mich, trotz familie, trotz freunden - eine einsamkeit die man
    nur kennt wenn man sie erlebt. es tut gut zu hören dass es
    leichter wird auch wenn ich das jetzt kaum glauben kann.


    ich wünschte mir ich könnte alex irgendwo finden - aber ich
    suche (vielleicht zu krampfhaft) und suche und kann ihn
    nirgens finden. mir ist der klang seines lachens, seiner stimme
    abhanden gekommen - das tut weh und irgendwie fühle ich
    mich deswegen schuldig. es tut mir weh zu hören dass andere
    (freunde, kollegen) meinem mann im traum begegnen - warum
    kann ich ihm nicht begegnen??? eigentlich wollte ich dieses "warum"
    aus meinem wortschatz löschen und dennoch ist es immer wieder
    da - "WARUM?" - dieses wort das keine antwort ermöglicht.


    liebe connie - du schreibst dass es dir gleich ging wie mir. wie
    geht es dir jetzt - was ist anderes - was ist leichter oder auch
    nicht? ich freue mich (wenn du willst) über deine erzählung.


    DANKE EUCH ALLEN,
    DANKE DIR JUTTA FÜR DEINE WORTE UND DEINE UMARMUNG!
    Alles Liebe
    Sigrid

  • Liebe Sigrid,


    ein verspätetes herzliches Willkommen von mir! Und: Mein herzliches Beileid!


    Du beschreibst den Verlust deines Mannes und was er für dich bedeutet so gut! Du hast Angst, dass du sein Lachen und seine Stimme vergisst? Du hast Schuldgefühle? Gibt es Filmaufnahmen, auf denen dein Mann spricht, dass du dir die Erinerungen besser herholen kannst? Ich glaube nicht, dass du sein Lachen und seine Stimme wirklich vergessen hast, ich glaube, dass du Angst hast sie zu vergessen und dich damit sehr unter Druck setzt. Wir können uns sicher nicht alle Einzelheiten eines Menschen merken, aber die Dinge, die für dich wesentlich und von Bedeutung waren, die wirst du nicht vergessen!


    Und zu den Begegnungen im Traum: Ich bin mir sicher, du wirst von ihm träumen, ganz bestimmt. Setz dich nicht unter Druck, der Traum kommt, wenn es Zeit dafür ist!


    Alles Liebe


    Christine

  • Liebe Sigrid,


    ich bin zwar nicht Connie – aber ich möchte trotzdem versuchen, dir aus meiner Sicht zu antworten. Bin mir sicher, Connie schreibt dir auch noch die ihre.


    was ist anders - was ist leichter oder auch nicht?
    Wie Christine schon schrieb – du hast soo gut beschrieben, was es für dich bedeutet. Als ich gestern deine Zeilen las, war ich für ein paar Sekunden wieder zurückversetzt, die letzten 35 Jahre waren nie gewesen. Und ich fühlte mich eigentlich nicht anders als damals, als mein Verlobter starb.
    ABER –
    und das ist der Unterschied – nach ein paar Sekunden „dreht sich die Welt wieder weiter“ - "scheint die Sonne wieder".
    Wie ich schon schrieb: die Sehnsucht und das Vermissen – und was ich nicht erwähnte – die LIEBE, sie werden uns immer begleiten.
    Doch sie nehmen nicht mehr das ganze denken, fühlen und handeln ein, ich kann damit leben – wirklich leben - und nicht nur „existieren“. Diese "allumfassende Sehnsucht" ist nicht mehr das vorherrschende, "einzige" Gefühl. Das ist es, was im Lauf der Zeit „leichter“ wird.
    Was kaum leichter wird, das sind diese (mehr oder weniger kurzen) Momente, in denen mich die Vergangenheit wieder voll einholt.


    …vertrau der Zeit. Denn immer wieder geht die Sonne auf…
    Auch wenn das eine „Killerphrase“ ist, die wir eigentlich nicht hören wollen – ich weiß – aus eigener Erfahrung – es ist so. Wenn ich es auch von Zeit zu Zeit selbst vergesse – ich versuche doch, mich so gut ich kann an diesen Worten festzuhalten. Und habe dann (meist) die Geduld, darauf zu warten. Besonders wenn ich mich vorher (wie heute hier im Forum) ausheulen kann. ;)


    Auch ich glaube wie Christine, daß die Träume noch kommen werden – setz dich nicht unter Druck, auch das ist etwas, was einfach „passiert“. So wie der Klang der Stimme, des Lachens – es ist oft schwierig (bis unmöglich) es „bewußt“ zu hören, so auf "Knopfdruck hervorzuholen, doch wenn wir es zulassen, kommt es irgendwann „von selbst“. Hab Geduld – auch mit dir selbst.


    Ich schicke dir eine Umarmung und wünsche dir einen schönen Traum
    Jutta


    PS: falls ich mich für dich unklar oder schlecht ausgedrückt habe bitte sags mir - bin heute ein wenig "von der Rolle"

    Der Tod eines geliebten Menschen ist wie
    das Zurückgeben einer Kostbarkeit,
    die uns Gott geliehen hat.

  • liebe jutta,
    du drückst dich sehr gut und sehr verständlich aus - hätte nicht bemerkt dass du "von der rolle" bist
    wenn du´s nicht geschrieben hättest - aber so gut kenne ich dich ja nicht. außerdem schreibst du
    sehr einfühlsam und liebevoll!
    35 jahre schon! - das ist echt ein lange zeit. für mich eine unvorstellbar lange zeit! das gibt mir wirklich
    mut es zu schaffen!!
    ich denke auch dass "vertrau auf die zeit" keine killerphrase ist - aber zeit ist dehnbar und oft sind wir
    ungeduldig - zu ungeduldig mit uns selbst. viele meinen ja wenn sie sagen "mit der zeit wird´s besser"
    einen zeitraum von monaten - jetzt sind seit dem tod meines lieben alex 4 monate vergangen - und ich
    habe das gefühl die trauer beginnt erst jetzt, denn erst jetzt habe ich immer öfter die gewissheit dass
    das alles WAHR ist.


    ist es dir auch so ergangen dass du in der ersten zeit irgendwie eine art "doppelleben" geführt hast?
    manchmal bewege ich mich in zwei welten - in der realen, mit kindern, verpflichtungen… - und dann
    in der anderen, ganz nahe bei meinem mann in tagträumen, erinnerungen… - und oft in beiden
    gleichzeitig.
    alles liebe
    sigrid

  • liebe christine,
    danke für deinen willkommensgruß!
    ja, es gibt ein paar filme in denen mein mann vorkommt - aber ich
    traue mich (noch) nicht sie anzusehen, ich werde es aber bestimmt
    irgendwann machen. vielleicht ist es ja wie du schreibst - man denkt
    man hätte jemanden verloren weil man sich an einige dinge nicht
    mehr so gut oder schwer erinnern kann - aber das alleine macht
    den menschen nicht aus und ich hoffe es bleiben ganz viele dinge
    in mir die nie verloren gehen. in den ersten paar wochen nach
    dem tod meines mannes konnte ich mich überhaupt nicht an dinge
    erinnern die kurz vorher passiert sind - eher an dinge die passiert
    sind als wir uns kennengelernt haben. mein mann hat sich natürlich
    in den zehn jahren die wir zusammen waren äußerlich verändert
    (wie jeder eben) und in der ersten zeit habe ich ihn immer nur
    entweder so gesehen wie er vor zehn jahren ausgesehen hat (neuere
    fotos waren mir richtig "fremd") oder so wie er im krankenhaus
    ausgesehen hat als er schon tot war. das war irgendwie befremdlich!


    danke daß ihr mir mut macht, daß ihr mir kraft und hoffnung gebt
    wo andere nicht mehr mithalten können.


    alles liebe sigrid