• ...dass unser kleiner Julian (7 Jahre alt und von uns nur "Julchen" genannt) von uns gehen musste. Ein unerwarteter Leukämieschub hat ihm keine Chance mehr gelassen. Nach einem ersten Schock", der wie bei vielen "echten" Verletzungen auch eher schmerzfrei verlaufen ist, merken wir nun, wie sehr uns dieser "Sonnenschein" fehlt. Anders kann man seinen Charakter nicht umschreiben.
    Wir wohnen in Deutschland (Allgäu), haben noch zwei weitere Kinder im Alter von 14 und 12 Jahren und sind in unserer Stadt durch Arbeit für die Lokalpresse und Mitgliedschaft in einigen Vereinen sehr bekannt. Die Beerdigung war sehr groß, überall war große Anteilnahme zu spüren, die über den ersten Schmerz hinweg half. Wir haben schon sehr viele unaufdringliche Angebote von Freunden zum Reden erhalten, wissen aber noch nicht so recht, ob und wie wir unsere Trauerarbeit durch professionelle Hilfe ergänzen sollen. Als freiberufliche Journalisten sind sowohl meine Frau als auch ich auf nahezu jede Einnahmegelegenheit angewiesen und daher schon wieder schneller in der Alltagsmühle, als es manchmal lieb ist. Die große Zerstreuung, die man so hat, hilft einem zwar dabei, nicht in Depressionen zu verfallen, aber wir wissen nicht, ob wir das so allein alles "stemmen" können.


    Wir würden uns freuen, wenn ein fruchtbarer Dialog entstehen könnte.


    Joachim und (derzeit abwesend) Lucia

  • Lieber Joachim, liebe Lucia!


    Euch beiden ein herzliches Willkommen hier im Trauerforum.


    Möchte euch meine aufrichtige Anteilnahme zum Heimgang eures Sonnenscheines Julian aussprechen. Bin auch Mutter dreier Kinder und bin erst einmal sprachlos. ;(


    Joachim, würdest du uns ein bißchen von Julian erzählen? Wie gehen seine großen Geschwister mit seinem Tod um? Können sie über ihrern kleinen Bruder sprechen?


    Seid ganz lieb gegrüßt


    Linda

  • Lieber Joachim, liebe Lucia,


    mein herzliches Mitgefühl zum Tod eures Julchen.
    Und natürlich ein liebes Willkommen hier im Forum.


    Schön, daß ihr viele Angebote zum Reden erhaltet, nutzt sie, so gut es euch möglich ist - ich weiß, es ist oft gar nicht so leicht, solche Angebote auch anzunehmen. Und die professionelle Hilfe - ich glaube, ihr werdet es spüren, ob und in welcher Weise ihr sie braucht.


    Ja, als "Freiberufler" muß man "funktionieren", und die beiden Welten, in denen man sehr schnell lebt (leben muß), lassen sich meist nicht leicht vereinbaren bzw verkraften. Man ist "sein eigener Chef" und damit oft viel strenger zu sich selbst, als jeder "normale" Chef es je sein könnte. Ich kann nur aus eigener Erfahrung sagen - versucht so viel "Geduld und Mitgefühl für euch selbst" zu haben, als nur irgendwie möglich ist, sonst bleibt man sehr schnell auf der Strecke. Flüchtet euch nicht all zu sehr in die Arbeit, sonst holt euch irgendwann alles "doppelt" ein.


    Sonst möchte ich mich Linda anschließen - wie geht es euren beiden "Großen"?


    Alles Liebe und viel Kraft wünscht euch
    Jutta

    Der Tod eines geliebten Menschen ist wie
    das Zurückgeben einer Kostbarkeit,
    die uns Gott geliehen hat.

  • Hallo Joachim und Hallo Lucia!


    ein stilles Willkommen im Forum!


    mein tiefste Anteilnahme zum zu frühen vorausgehen euren lieben Sohnes Julian "Julchen"


    es tut mir leid das auch Ihr diesen schmerz kennenlernen mustet, meine Tochter Abi ist auch mir Vorrausgegangen


    ich wünsche Euch VIEL Kraft und liebe Menschen die euch auffangen


    ich habe die erfahrung gemacht "Hier" ist immer wer da der zuhört


    alles liebe, maki

  • Lieber Joachim, liebe Lucia,


    Herzlich willkommen hier bei uns.
    Es tut mir sehr, sehr leid was ihr erlebt habt und ich möchte Euch mein ehrlich gemeintes Beileid aussprechen.


    Ich wünsche euch viel Kraft von Herzen!


    lg manu

  • huhu lucia, huhu joachim,


    mein mitgefühl zu dem verlust von julchen
    herzlich willkomen im forum!


    ich finde es mutig von dir/euch eure geschichte hier zu schreiben. ich hoffe mit euch auf einen fruchbaren diolog. einige haben schon ähnliche erlebnisse in ihrem leben verarbeiten müssen und können sicher gute tips weitergeben. ich selber hab keine kinder und kann von daher nur erahnen was ihr durchmacht.


    stark fand ich die aussage das ihr viele gesprächsangebote habt. doch bei all den angeboten zur hilfe ist man manchmal hilflos da man nicht genau sagen kann was mann selber braucht.


    deine aussage: "aber wir wissen nicht, ob wir das so allein alles "stemmen" können." lässt die frage in mir aufkommen was ihr benötigt um es zu stemmen? was benötigt ihr persönlich?


    lieben gruss
    burkhard

  • [quote='Linda',index.php?page=Thread&postID=14115#post14115]Lieber Joachim, liebe Lucia!


    ...


    Joachim, würdest du uns ein bißchen von Julian erzählen?


    Julian war ein sehr aufgewecktes Kind mit einer hohen Intelligenz. Ob er wirklich hochbegabt war, wissen wir nicht, interessiert uns jetzt auch nicht mehr. Wir haben ihn (geb. 3.6.02) jedenfalls nicht früher als üblich einschulen lassen und nachdem er den (nicht nur nach unserer Meinung) erfahrensten und besten Lehrer der Schule als Klassenleiter hatte, haben wir auch nicht wegen eines evtl. Springens in die nächste Klasse unternommen - man wollte ja diesen herausragenden Pädagogen nicht verlieren. Obwohl Julian sich schon vor dem 5. Geburtstag das Lesen selbst beigebracht hat, ist er nie mit Äußerungen im Stil von "Die Schule ist langweilig" nach Hause gekommen. Rechnen hat er sich auch selbst beigebracht, u.a. indem er mir beim Katalogisieren meiner CDs geholfen hat. Auf der Zahlentastatur hat er dabei stets die Dauern der einzelnen Stücke eingegeben.
    Für sein Alter wirkte er souverän und blieb dabei trotzdem kindgemäß. Als wir im September 2007 zusammen mit der Kolpingfamilie unserer Stadt ein Wochenende auf der Kolpinghütte in Weißenbach (Außerfern) verbracht haben, erklärten wir ihm, dass wir nach Österreich ins Bundesland Tirol fahren. Kaum hatten wir den Füssener Grenztunnel verlassen und er das Schild "Republik Österreich" gesehen, sagte er voller Tatendrang: "Jetzt müssen wir nur noch Tirol suchen!". Ansonsten war er sehr musikalisch und spielte u.a. seit eineinhalb Jahren Geige - und das auf sehr viel versprechende Weise.


    Wie gehen seine großen Geschwister mit seinem Tod um? Können sie über ihren kleinen Bruder sprechen?


    Die Bewältigung erfolgt auf sehr unterschiedliche Art. Der Bruder (12) hat am ersten Abend nicht nur um Julian geweint, sondern förmlich nach ihm geschrieen. Er hatte sich mit ihm ein Zimmer geteilt und immer von einem eigenen Zimmer geträumt, aber nicht auf solche Weise. Mehrmals täglich kommt ihm immer noch ein Stoßseufzer über die Lippen. Weinen tut er fast nicht mehr, aber wir müssen schwer aufpassen, dass seine schulischen Leistungen nicht zu sehr abfallen.


    Die Schwester (14) hat zwar im Krankenhaus auch geweint, als sie ihren toten Bruder kurz im Arm gehalten hat, aber schon kurz danach machte sie ganz auf souverän und lässt kaum etwas an sich heran. Im Gegensatz zu ihrem Bruder stürzt siie sich in ihre schulischen Aufgaben. Ihr Argument "Wir waren doch früher auch zu zweit" wirkt in manchen Situationen auf uns fast gefühlskalt.


    lg
    Joachim



    Ansonsten herzlichen Dank an alle für die freundliche Aufnahme hier im Forum.

  • huhu lucia, huhu joachim,


    ihr habt wunderbare kinder. so wie du von julia erzählst, schein euer verhältnis von gegenseitigem respekt und liebe geprägt worden zu sein.
    kinder sind jeder für sich eine eigene starke persönlichkeit. jeder ist einmalig und drückt trauer zu seiner zeit und für ihn passend aus. julchens bruder hat die trauer schon erreicht. er lebte ja mit ihm in einem zimmer. für ihn bedeutet der verlust noch etwas anderes als für seine schwester.


    seine schwester hat ein anderes tempo der trauer. wahrscheinlich läst sie das ereignis noch nicht an sich heran. sie braucht noch zeit. ich kann mir vorstellen das es später kommt.


    ich wünsche euch viel weisheit im umgang mit euern kindern.


    übrigens in einem punkt hat julian recht: tirol ist nicht österreich :thumbsup:


    burkhard

  • Lieber Joachim, liebe Lucia!


    Wau, euer kleiner Julian war wirklich ein kleiner Sonnenschein, du hast ihn sehr gut beschrieben, kann ihn mir ein bißchen vorstellen. "Souverän und dabei trotzdem kindgerecht" - er war schon eine richtige Persönlichkeit. Lesen und schreiben hat er sich selbst beigebracht - ich staune. Was hatte doch euer kleiner Julian für Fähigkeiten!


    Als ihr damals dann Tirol gefunden habt, hat es euch bei uns gefallen?? Hattet ihr eine gute Zeit?


    Eure beiden Großen gehen ganz unterschiedlich um mit der Trauer. Ich denke Mal, bei eurem Mädel ist das irgendwie nur eine Schutzreaktion, wenn sie sagt, früher waren sie auch nur zu zweit. Vielleicht ist ihr Gedanke, zu "zweit" werden sie es schaffen.


    Darf ich fragen, wie ihr bei Julian die Krankheit bemerkt habt?


    Eurer Familie ganz liebe Grüße


    Linda

  • [quote='Linda',index.php?page=Thread&postID=14172#post14172]Lieber Joachim, liebe Lucia!
    ...
    Als ihr damals dann Tirol gefunden habt, hat es euch bei uns gefallen?? Hattet ihr eine gute Zeit?

    Ja, wir waren zweimal dort, jeweils am letzten Wochenende vor dem Ende der bayerischen Sommerferien. Wer es sich zutraute, marschierte dann am Samstag zur Bergmesse bis zum Thaneller-Kar. Diese wird jährlich dort in Erinnerung an einen früheren Kolping-Präses der Diözese Augsburg gefeiert, der 1987 dort oben einem Herzinfarkt erlegen ist.. Julian war damals allerdngs beide Mal zu jung, um mit hoch zu gehen und blieb in einer Kinderbetreuungsgruppe in der Hütte.
    Ich selbst habe als Journalist mit Schwerpunkt Blasmusik viel in Nord- und noch mehr in Südtirol zu tun, beispielsweise in Zusammenhang mit den Innsbrucker Promenadenkonzerten im Innenhof der Hofburg.


    Eure beiden Großen gehen ganz unterschiedlich um mit der Trauer. Ich denke Mal, bei eurem Mädel ist das irgendwie nur eine Schutzreaktion, wenn sie sagt, früher waren sie auch nur zu zweit. Vielleicht ist ihr Gedanke, zu "zweit" werden sie es schaffen.
    Ich hoffe, dass bei meiner Tochter die Trauer - wenn sie mit Verspätung kommt - nicht umso stärker durchschlägt. Am meisten zu schaffen machen uns momentan die Rivalitäten der beiden. Sie geraten wegen jeder Nichtigkeit in Streit, obwohl sie sich mögen. Grundtenor: "Ich hab' Dich ja lieb, aber ..."


    Darf ich fragen, wie ihr bei Julian die Krankheit bemerkt habt?
    Sie hat sich gar nicht angekündigt, bzw. nur mit Symptomen, die man durchweg auch anderweitig deuten konnte.
    Knochenschmerzen - Da denkt man bei einem 7jährigen Kind an Wachstum.
    Nasenbluten - kam gelegentlich vor, aber nie so häufig, dass wir uns deshalb Sorgen gemacht haben. Am Tag vor seinem Tod (Montag, 5.10.) sagte er bei der Rückkehr aus der Schule in der für ihn typischen Art: "In der ersten Stunde hatte ich Nasenbluten. Da hab ich wohl zu viel gepopelt."
    Übelkeit, Erbrechen Fieber - Wenn dies auftrat, war bei ihm meistens ein Magen-Darm-Virus im Spiel.
    Am 5. Oktober ging es nachmittags dann auch mit den letztgenannten Symptomen los. Abends kam noch Kopfweh hinzu, was er aber durch Finden einer Schonhaltung im Bett ganz gut in den Griff zu bekommen schien. Auf Julians Wunsch hin legte sich Lucia in der Nacht darauf zu ihm ins Bett. Als sich sein Bruder gegen 7 Uhr auf den Weg zum Zug machte (sein Gymnasium liegt außerhalb) sagte er beim Verlassen des Hauses noch: "Julian schnarcht wie ein Weltmeister!" und wir deuteten dies im Sinne von "Das Kind schläft sich gesund." Ich legte mich nach dem Frühstück noch ein wenig zu Julian, während Lucia die Arbeit an einem Zeitungsartikel begann. Nach einigen Minuten merkte ich, wie er vom Kopf weg begann, auszukühlen. Da seine Atmung schon recht flach war, fuhren wir sofort ins Krankenhaus, was glücklicherweise nur einen halben Kilometer von unserer Wohnung entfernt liegt. Ein Notarzt wäre erst viel später da gewesen.
    Im Krankenhaus selbst wurden sofort mit allen verfügbaren Kräften (einschl. der drei Chefärzte für Innere Medizin, Chirurgie und Anästhesie) umfangreiche Reanimationsmaßnahmen ergriffen. Aber nach gut zwei Stunden teilte man uns mit, dass die Lage aussichtslos sei. Julian hatte einen "Blastenschub", so der Fachausdruck, mit einem Leokozythenwert von 200 000 (4000 seien normal). Ein damit verbundener Anstieg von Kalium im Körper habe die Herztätigkeit sehr geschwächt. Herztätigkeit war nur noch unter der Beatmungsmaschine mit Ergänzung von manueller Herzmassage vorhanden. Ein behandelnder Arzt hat versucht, uns unsere Selbstvorwürfe zu nehmen. "Bei den äußeren Anzeichen, die sie beschrieben haben, hätte ich sie am Vorabend nach Hause geschickt."
    Die genannten Symptome würden sich in zwei bis drei Jahren aufbauen und seinen in etwa einem von gut 100 000 Fällen tödlich. Vor fünf Jahren bekam Julian die Mandeln gelasert (also gekappt und nicht ganz entfernt) und damals war im Blut noch alles in Ordnung. Im Nachhinein sagt / fragt man sich, ob durch regelmäßige Blutuntersuchung etwas hätte verhindert werden können. Aber soll man jedes Mal in der Voruntersuchung beim Arzt sagen: "Bitte nehmen Sie dem Kind Blut ab. Es könnte ja was sein."?
    Ich hoffe, dass ich als medizinischer Laie jetzt keine zu schwerwiegenden Fragen offen gelassen habe.


    Herzliche Grüße an alle.

  • huhu lucia, huhu joachim,


    es berührt mich zutiefst was du über die krankheit von julian schreibst. alles ging so rasch. alles ging so rasch und war nicht vorrauszusehen. selbst der artzt hätte euch am vorabend nach hause geschickt. diese geschichte erinnert mich an eine junge frau in innsbruck. sie verstarb innerhalb von 3 wochen von den ersten syntomen. sie hatte keine chance. es gibt so wilde krankheiten :(


    mit deinem schwerpunkt bist du ja in tirol und südtirol voll am rechten platz. viele tiroler lieben diese art von musik 8) manchmal, wenn die musikgruppe wirklich gut ist, gefällt sie mir auch. ansonsten steh ich lieber auf musik aus meiner jugend. ich bin froh das jeder seine vorlieben hat. auch hier zeigen sich die unterschiedlichen persönlichkeiten jedes menschen. ich find es super das wir so unterschiedlich geschaffen wurden, auch wenn es dadurch hier und da nicht immer so leicht ist im umgang miteinander. der streit unter euern kindern kann durch ihren unterschiedlichem umgang mit der trauer hervorgerufen werden. ich kann mir vorstellen das eure tochter sich zu schützen versucht und die entgültigkeit von julchens tod noch nicht wahrhaben will oder kann.


    sind die rivalitäten schon vorher da gewesen oder erst jetzt? ansonsten gehören, denkich mal, rivalitäten zum alltag in diesem jahren. es ist ja auchmöglich das ihr sie durch eure trauer nun anders spürt als vorher. macht euch nicht zuviel sorgen. die zwei finden sich schon wieder.


    lieben gruss
    burkhard

  • Lieber Joachim, liebe Lucia!


    Oh Wahnsinn, diese Krankheit ist ja über euch total ohne Vorwarnung mit einer Wucht heireingebrochen. Unfassbar. Natürlich denkt man bei all den Symptomen nicht an eine schlimme Krankheit. Meine Kinder haben diese auch alle durchgemacht und nie hatte ich den Gedanken an so was Schlimmes. Wie auch der Arzt sagt, er hätte nichts Besorgniserregendes an diesen Symptomen gesehen.


    Ich verstehe eure Gedankengänge, ob eine Blutuntersuchung was gebracht und geändert hätte. Aber wie du schon schreibst, man geht nicht jedes Jahr hin und lässt seine Kinder Blut abnehmen. Aber immer wieder kommen wahrscheinlich diese quälenden Gedanken.



    Man sieht, wie liebevoll ihr in der Familie miteinander umgeht, zuerst hat sich sein großer Bruder zu ihm hingelegt und dann noch du. Zärtlichkeiten kommen bei euch sicher nicht zu kurz.


    Wegen der Streitereien zwischen den zwei Großen. Beide werden halt nun ev. empfindlicher sein. Aber es kommt sicher wieder die Zeit, wo wieder weniger gestritten wird. (Bei uns wechselt das auch oft ab. Und manchmal, wenn ich mich einmische, dann streiten sie auf einmal mit mir ;) )


    Euch liebe Grüße


    Linda

  • Lieber Joachim, liebe Lucia,


    ich möchte euch hier herzlich willkommen heißen und auch mein herzliches Beileid ausdrücken. Selbst Mutter von einem inzwischen 11-Jährigen kenne ich Knochenschmerzen und Nasenbluten und wenn ich eure Geschichte lese, da rinnt es mir nur kalt über den Rücken runter, so etwas ist einfach nur schrecklich! Man denkt sich wirklich nix, wenn Kinder in diesem Alter diese Symptome haben ... ;(


    Ich denke, dass eure Tochter mit dem Satz "früher waren wir auch zu zweit" einfach versucht ihre Trauer im Schach zu halten. Das ist eine Rationalisierung, so sagen wir im psychologischen Fach-Jargon. Wenn Gefühle zu stark werden und wir sie nicht mehr aushalten können, dann neigen wir dazu, sogenannte Abwehrmechansimen einzusetzen. Etwas zu "rationalisieren", ist ein solcher Abwehrmechansimus. Ich würde sagen, das ist jetzt ihr Schutz, um das alles auszuhalten. Es ist ja nicht nur ihre Trauer, mit der sie fertig werden muss, sondern auch eure. Das ist alles sehr viel für ein Kind bzw. für einen Jugendlichen. Lasst ihr diesen Schutz erst mal. Vielleicht bröckelt er selber. Versucht über Julchen weiterhin zu sprechen, gebt ihm einen Platz in eurer Wohnung und in eurer Erinnerung, versucht eine Atmosphäre zu erhalten, in der Trauer sein darf, aber in der jeder in seinem Rhythmus trauern kann und auf seine Art und Weise (und das kann sehr unterschiedlich sein!).
    Wenn die beiden Geschwister miteinander streiten, seht das als Teil der Trauer-Arbeit. Trauer-Gefühle gibt es ja viele und Wut ist eine ganz wichtige Emotion in der Trauer. Wütend werden wir immer, wenn man uns etwas Wichtiges wegnimmt, das ist eine natürliche und angeborene Reaktion. Ich denke, die beiden lassen aneinander Wut ab, die mit dem Tod von Julchen in Zusammenhang steht. Lasst dieser Wut Platz, erklärt ihnen, woher sie kommt, dass sie normal ist. Wenn klar ist, dass die beiden sich ja trotzdem lieb haben, kann man sich gegenseitig in schweren Zeiten schon mal als Reibungsfläche oder Blitzableiter dienen.


    Was macht ihr beiden denn mit eurer Wut? Wo ist die und wie lasst ihr sie raus?


    Alles Liebe, viel Kraft!
    Christine

  • Liebe Christine,


    tja, wie gehen wir Eltern mit der Wut um? Keine Aggressivität untereinander, da ist in den allermeisten Fällen das Gegenteil der Fall. Aber oft richtet man ein grimmiges Gebet nach oben, fragt mit Zorn "Warum gerade unser KInd? Hast Du ausgerechnet ihn als neuen Engel gebraucht?"


    Mir (Joachim) hilft es oft, Trauer-Lieder anzuhören. Wenn meine Tränen dann getrocknet sind, fühle ich mich anschließend wieder ein Stück befreiter - wobei ich mich auch in der Öffentlichkeit nicht der einen oder anderen Träne geschämt habe. Das Tabu, das man als Mann nicht weinen darf, ist zwar schon ein wenig aufgeweicht, aber noch nicht ganz aus den Köpfen verschwunden.
    Einige Trauerlieder, die mir wichtig waren, auch wenn dies vielleicht eher in den Thread "Musikemotionen" gehört:
    - "Tears in Heaven" von Eric Clapton, wohl das berühmteste Lied, wenn es um den Verlust von Kindern geht
    - "Der Weg" von Herbert Grönemeyer: Da geht es zwar um den Verlust der Ehefrau, aber die Refrainzeile "Du hast jeden Raum mit Sonne geflutet, hast jeden Verdruss ns Gegenteil verkehrt" passt eben zu 100 Prozent auf unseren Julian.


    Ein weiteres Lied, das nicht ganz dazu passt, ist "The Living Years" von Mike & the Mechanics, wo es um Generationenkonflikte geht und Probleme, die man mit dem inzwischen verstorbenen Vater gerne noch zu dessen Lebzeiten geklärt hätte. Mein Vater lebt noch, wird im nächsten Jahr 80. Ich sehe das Lied als eine Art Mahnung bzw. Erinnerung an, trotz eines zeitlebens nie sonderlich belasteten Verhältnisses, rechtzeitig alles ins Reine zu bringen.


    Ich wünsche allen noch einen schönen Sonntag.

  • ...beim Gedanken an Julian ist Stolz, einen so tollen Sohn gehabt zu haben. Das beste Gefühl wäre natürlich die Gewissheit, dass er noch unter uns ist.Das Anschauen seiner Fotos ist für mich im ersten Moment ein beglückendes Erlebnis und verdrängt für einige Momente die Trauer über seinen Verlust. Ich sollte mir danach aber nicht zu intensiv vorstellen, dass er um die Ecke gefegt kommt. Dann steht wieder das große "Warum?" im Raum.


    Danke an alle Mit-Foristen für Euer Mitgefühl und Eure Anmerkungen.

  • Lieber Joachim, liebe Lucia,


    von mir im Nachhinein auch ein herzliches Beileid zum Verlust eures Sohnes.


    Ich denke auch, dass ihr euch keine Vorwürfe zu machen braucht. Von meiner ehemaligen Arbeitskollegin ist der Sohn vor vielen Jahren in der Nacht verstorben und das Kind (es war 11 Jahre jung) hatte eine Herzmuskelentzündung. Manche sagen, das Kind hätte blasser sein müssen oder so. Was aber nicht so war. Aber ich bin sicher, Eltern merken es, wenn dem Kind etwas fehlt und leider gibt es oft keine Anzeichen für irgend etwas. Ihr seid sicher sehr aufmerksame Eltern und hättet reagiert, wäre euch etwas aufgefallen.


    Man ahnt doch nicht, dass in einem Kind etwas schlummert und läßt ihm nicht so ohne Grund Blut abnehmen. Das haben wir bei unserem Sohn auch nie so machen lassen.


    Ich schicke euch ein großes Kraftpaket und fühle mich euch.


    lg


    Regenbogen

  • Lieber Joachim,Liebe Lucia!
    Auch von mir ein Willkommen bei uns, und gleichzeitig tut es mir sehr leid,das euch euer Julchen so schnell und unerwartet verlassen hat.
    Ja,die unsägliche "Warum-Frage".Man wird sie niemals klären,das ist so hart.Es wird irgendwann leichter.
    Euer Kleiner ist immer unter euch.Das Foto von ihm,er sieht so wunderhübsch und spitzbübisch(eben ein Junge!) aus!
    Liebe Grüße
    Karla

    Mein Kind Juliane,
    Mein Bruder Rene,
    Mein lieber Vati,
    Ihr seid mir nur einen Schritt voraus-tief in meinem Herzen lebt ihr weiter :005:

  • huhu lucia, huhu joachim,


    vielen dank für das bild von julian.
    ihr könnt stolz auf euch und auf euren sohn sein. ihr wart ihm die besten eltern die er hätte haben können. um es mal so auszudrücken: gott wusste warum julian bei euch leben sollte. zum teil kann ich es nachvollziehen wie du/ihr euch fühlen mögt. beim anschauen der bilder von julian kommen all die erinnerungen an ein fröhliches kind wieder hoch.


    auch wenn es auf die "warum fragen" nicht wirklich eine antwort gibt, kommen sie in uns hoch. ich finde die fragen legetim und verständlich. bis zu einem gewissen grad finde ich sie auch hilfreich. doch in dr gewissheit keine antwort zu bekommen, frage ich mich wie man aus dem strudel der w-fragen wieder herrausfindet. was ist wichtig für euch? was hat euch vielleicht schon geholfen?


    liebe grüsse
    burkhard