Lieber Tommi,
Ich finde es auch großartig und sehr mutig von dir, dass du den Urlaub machen möchtest.
Vor allem hast du dir mit dem Urlaub auch ein sehr klares Ziel gesetzt, möchtest einen Lösungsansatz für das Hamsterrad der Gefühle finden.
"Nie mehr kann ich mit Uti......."
und
"Das erste Mal muss ich ohne Uti......."
Diese beiden Dinge muss ich in den Griff bekommen,
Ja, das ist wohl genau das, was viele von uns wie Kaninchen vor hypnotisierenden Schlangen in Starre verharren lässt, zumindest zuweilen, mal stärker, mal sanfter.
Es ist schön, dass du schreibst, dass du das "in den Griff bekommen musst" und nicht dass du das zum Beispiel "abstellen" musst.
Es darf einen Platz in seinem Leben behalten, es kann ja nicht einfach rausgeschnitten, oder wie ein Fleck auf einem Bild mit Photoshop wegretuschiert werden.
Aber ich muss einfach eine zusätzliche Anmerkung dazu machen und hoffe, dass du sie als genau das verstehst: Eine Anmerkung, vielleicht ein Denkoption und nicht als Angriff oder so.
Es geht um diese Bemerkung von dir:
Bin gerade in Gedanken wieder ständig auf der Palliativstation unterwegs, stelle mir vor, wie scheußlich es gerade in diesem tiefen kalten Grab sein muss.
Verzeih mir meine Direktheit aber ... Wie um alles in der Welt kommt man auf die Idee, sich vorzustellen, wie scheußlich es in diesem tiefen, kalten Grab sein muss?!ß WARUM? Sie ist doch gar nicht dort. Wieso stellst du dir sowas vor?
Du scheinst dir generell nur düstere Gedanken zu "gönnen".
Denn schöne Gedanken, Erinnerungen scheinen dir nicht gut zu tun
und da waren sie wieder, diese schönen Erinnerungen und Erlebnisse, mit Uti, und schon ging meine Stimmung wieder gegen "Null"
Das ist so schade ...
Natürlich, diese Erinnerungen sind ja der Nährboden für dieses so grausam schmerzhafte "nie wieder" aber haben sie es deshalb verdient, gar nicht mehr gedacht zu werden?
Ich meine mich zu erinnern, dass du mal hast durchblicken lassen, dass die die Gedanken an Uti auf der Palliativstation tatsächlich weniger weh tun, als die aus der Zeit, bevor sie von diesem hinterhältigen Monster in ihrem Kopf angefallen wurde. Zumindest zu Beginn.
Danach hattest du ein oder zwei Mal geschrieben, dass die Gedanken an die schlimmen letzten drei Monate weniger werden.
Ich denke, das gehört ganz unbedingt dazu, zu den Dingen, die du in diesem Urlaub "angehen" solltest. Dass du immer mehr zulassen kannst, dass die schönen Erinnerungen an die Oberfläche kommen dürfen. Dass deine Stimmung dann nicht gegen Null geht, sondern sie im Gegenteil durch diese Erinnerungen gehoben wird.
Das wünsche ich dir und zudem wünsche ich dir viel, viel Kraft für deinen bevorstehenden Urlaub, und dafür alle Eindrücke und Erfahrungen so zu verarbeiten, dass es nicht heißt "obwohl es ohne Uti war", sondern wie Ingrid es so treffend schreibt "ich kann auch ohne" und wie ich hinzusetzen möchte "aber mit Uti im Herzen"