• Hallo Christine, ja, wir sehen wohl beide jünger aus als wir sind. Mein Foto ist ca 1,5 Jahre alt. Ist deins aktuell? Wie 81 siehst du da auch echt nicht aus!

    Was zu Ulrichs Tod geführt hat, weiß man bis heute nicht genau. Lies nochmal meinen allerersten Bericht hier in meinem Wohnzimmer, da steht alles drin was ich weiß. Komisch sind halt die hohen Entzündungswerte, man weiß einfach nicht woher die rühren. Allerdings hatte er die schon länger. Ehrlich gesagt hatte ich schon öfter heimlich gedacht, dass wir nicht zusammen alt werden, also dass er nicht so richtig lange leben wird. Er hatte einige Baustellen. Mehrere Bandscheibenvorfälle, seit dem letzten war das linke Bein gefühllos. Bluthochdruck. Immer wieder sehr schmerzende, dicke Füße. Arthrose vielleicht? Oder Rheuma? Man war auf der Suche. Vielleicht eher kein Rheuma, stattdessen Borreliose? Manchmal Cortison deswegen. Und eben diese hohen Entzündungswerte, aber niemand fand die Ursache heraus. Und übergewichtig war er und hat viel zu viel Fleisch gegessen. Wie dein Sohn. Geraucht hat Ulrich nicht mehr, das hatte er sich für mich abgewöhnt. Also, sein Körper war einfach nicht so richtig gut beinander.

    Ist dieser Freund von dir am Alkohol gestorben? Warst du mit ihm zusammen?


    Ja, von Gießen hattest du schon geschrieben, das ist von hier noch ca 70km nördlich. Mein Sohn hat dort Freunde.

  • Ja mein Freund ist am Alkohol gestorben aber da waren wir nicht mehr zusammen. Gott sei Dank. Wie du schreibst, war Ulrich nicht so ganz gesund. Silvio auch nicht.Bluthochdruck und auch mit den Beinen immer Probleme. Da kommt dann einiges zusammen. Zum Arzt ist er auch kaum gegangen. Es ist einfach nur tragisch ,wenn man so jung stirbt. Mein Foto ist vom letzten Jahr.

  • Guten Morgen,


    der Tag des Grauens nähert sich. Freitag ist Urnenbestattung. Ich hoffe, dass mir gar nicht angeboten wird die Urne zu tragen. Denn wenn ich sie tragen muss werde ich ohnmächtig. Aber ausschlagen kann ich es auch nicht. Ulrich hätte meine Urne festgehalten bis zum Schluss. Ich kann doch nicht sagen: och nö, tragt sie mal selber oder tut sie auf den Karren... Wenn ich sie tragen muss, muss ich sie dann auch loslassen. Ogott, ich habe solche Angst vor Freitag.


    Ulrich hatte sich schon eine kleine Weile ein Wohnmobil gewünscht. Er wollte so gerne einen Kastenwagen selbst ausbauen. Und ich habe ihn erst ausgebremst: was das kostet, wie viele Nächte in schönen Hotels kann man stattdessen mit dem Geld bezahlen, rentiert sich doch gar nicht... Heimlich war er in facebook- Gruppen "Kastenwagen Selbstausbau" und so unterwegs, er hatte schon einige Ideen wie er es machen wollte...


    Dann rief mich ein Freund an. Er berichtete, dass er jetzt leider Krebs habe. Zwar keine schlimme Form, gut heilbar, aber es habe ihn über die Endlichkeit des Lebens nachdenken lassen. Und er hätte sich schon länger ein größeres Boot gewünscht. Ein kleines Boot hätte er zwar schon, aber ein größeres sollte es sein. Und das erste, was er gemacht hat nach der Diagnose? Größeres Boot gekauft.


    Dann erzählte ich ihm, dass Ulrich sich ein Wohnmobil wünscht. Und Stefan sagte: "Macht es. Und zwar JETZT."

    Am selben Abend gab ich Ulrich das OK zum Kauf vom Kastenwagen. Er wusste schon genau wo sein Wunschauto gerade zum Verkauf steht, eine Woche später stand es fertig angemeldet bei uns vor der Tür. Der Umbau begann, und vier Wochen später ging Corona los. Da hätte es so ein Auto, wenn überhaupt, nur noch zum doppelten Preis gegeben.

    Seitdem waren wir ständig unterwegs, es war wunderbar und ich habe es nicht eine einzige Sekunde bereut. Geocaching in Kombination mit Wohnmobil ist perfekt! Ich kann gar nicht mehr sagen, warum ich mich anfangs so gesträubt hatte, aber ich bin so froh dass ich doch recht schnell die Kurve gekriegt habe.


    Und jetzt gerade während unseres Urlaubs im Baltikum rief Stefan mich wieder an. Er stirbt. An dem Krebs. Dies ist sein letzter Sommer. Er lädt uns ein zu seinem 60., letzten Geburtstag. Wir sagten sofort zu. Ich sagte zu Stefan: Dir haben wir die schönste Zeit unseres Lebens zu verdanken.


    Und dann starb Ulrich zuerst. Neun Tage vor Stefans letzter Party. Ich rief Stefan an, wir weinten zusammen. Um Uli, um Stefan... ich sagte ab für die Party. Ich konnte da jetzt nicht alleine hin, zumal es 350km zu fahren wären, dazu fehlte mir die Kraft.


    Vorgestern rief Stefan mich wieder an. Er ist jetzt ein Pflegefall. Es geht rapide bergab mit ihm. Zu seiner Party hat er sich aus dem Krankenhaus beurlauben lassen.

    Seine Frau überlebt das letzte halbe Jahr nur mit Tabletten. Sie sind auch erst seit 6 Jahren zusammen und so glücklich.


    So ein langsames Sterben ist auch nicht gut. Also, aus Ulis Sicht hat er es richtig gemacht. Grausam für mich, aber anders ist es auch grausam.

    Und vor Allem: viel zu früh.

  • Liebe Angelika.Ich. Ich möchte dir etwas sagen. Du brauchst die Urne nicht tragen. Das macht doch der Bestatter.Das hatte ich mit ihm vereinbart .Oder ein Sohn von Ulrich. Ich war nicht in der Lage, die Urne zu tragen. Charlie,mein Enkel, hat mich mehr oder weniger geschleppt.Ich möchte dir auf keinen Fall Angst machen. Die Beerdigung geht vorbei. Wir hatten noch ein schönes Lied. Das hat die Bestatterin mit einem kleinen CD Player gespielt, von der Kapelle bis zum Grab. Die Menschen haben sehr unterschiedliche Formen des Begräbnis. Für mich war es die schwerste Stunde. Ich konnte auch danach nicht zum Essen in die Gaststätte gehen. Ich bin ganz alleine zu Hause gewesen. Ich wollte für mich sein.Manchmal stören auch Menschen, wenn es einem so schlecht geht. Er war ja mein Kind. Das konnte keiner nachempfinden. Nur wer es selbst erlebt hat.

  • Viel Kraft, liebe Greteline!:30:Und wie schnell und absolut gnadenlos der Tod überall um sich greift auf einmal und wie gut, dass euer lieber Freund Stefan das so bewusst schon vorher lebte und euch riet! Und wie kostbar eure gemeinsamen Traumteisen im WoMo!<3

    Die Urne tragen die Bestatter wie Christine schon schrieb. Ich glaube, wenn man das nicht selber anders anregt, ist es selbstverständlich, dass die Bestatter die ganze Zeit Urne oder Sarg betreuen, bei meinen Eltern war das so. Und wie schön sie die mit meinen Blumen geschmückt haben, Mutti gelbe Rosen, Pape rote Rosen wie von meinen Eltern gewünscht.

  • Guten Morgen,


    um 10 Uhr kommt der Pfarrer zu mir, um die Abschiedsfeier am 21. zu besprechen. Eva kommt auch. Eva übernimmt die Organisation, da bin ich sehr dankbar. Eva ist eine liebe Freundin von mir, sie war einige Male mit uns unterwegs im Womo, hat oft gegessen was Ulrich gekocht hat und sie ist hier Gemeindesekretärin. Also genau die Richtige um hier zu unterstützen.


    Es ist seltsam mit den Menschen. Jeder ist anders. Das ist gut so, macht die Sache aber nicht immer einfach. Ich nehme mir fest vor: wenn irgendwann in meinem Umfeld jemand stirbt, will ich für den Hinterbleibenden da sein. Aber ich darf ja nicht davon ausgehen, dass derjenige dann genau das gleiche braucht wie ich.


    Christine wollte nach Silvios Bestattung nur noch alleine sein- ich habe mir extra eine Freundin eingeladen, um die Folgenacht neben mir zu schlafen.

    Linchen hätte so gerne die Urne getragen- für mich das pure Grauen

    Daggi (kennt ihr nicht) wollte nach dem Tod ihres Mannes nur alleine sein und war genervt von jedem, der an der Tür klingelte. Sie sagt aber selber: wenn niemand geklingelt hätte wäre es auch nicht recht gewesen

    Das Thema "Melde dich, ich bin immer für dich da" hatten wir ja schon- ist auch nicht gut.

    Ich glaube, behutsam klingeln und anbieten dazusein und zuzuhören ist ein guter Weg. Dabei aber spüren, ob man besser wieder gehen sollte.


    Ich weiß einfach noch nicht, was für ein Blümchen ich morgen zu Ulis Urne lege. Ich darf ja nur was ganz kleines in den Friedwald mitbringen. Alles was aus dem Blumenladen kommt und gebunden ist, kommt mir so gekünstelt vor, sowas hatten wir hier eigentlich nie. In meinem eigenen Garten wächst nichts.

  • Liebe Angelika.Ich denke morgen an dich.Das Begräbnis im Friedwald kenne ich nicht.Bestimmt findest du in einem Blumenladen ein paar kleine ungebunde Blumen .Ich war mal zu einer Urnenbeisetzung auf einer Wiese.Da hatte niemand Blumen mit und die Urne war kahl.Das fand ich schrecklich. Silvios Urne war liebevoll in gelbe Rosen eingebunden. Ich habe auch noch ein Foto von uns beiden mit in die Grabstätte gelegt. Jeder Mensch macht das auf seine Art. Liebe Grüße von Christine.


  • Liebe Greteline

    kauf dir ein paar Rosen im Topf und schneide die schönste ab. Oder andere Blumen. Binde ein Haar von dir darum. Das sieht keiner, aber du bist dann immer dort.

    Liebe Grüße, Elster

    Unsere Toten sind nicht abwesend nur unsichtbar,

    sie schauen mit ihren Augen voller Licht in unsere Augen voller Trauer.

    Es gibt ein Wiedersehen auf einer anderen Ebene.

    Und die Seelen unserer Vorausgegangenen begleiten uns

    Aurelius Augustinus

  • Liebe Greteline, du kannst auch im Blumenladen eine Tüte voller Rosenblättern bestellen und mitnehmen.
    Ich hatte bei der Bestattung meines geliebten Vaters am Grab ein Glasgefäß voller roter Rosenblätter, die jede/r auf das Doppelurnengrab meiner Eltern streuen konnte.

    Und der Blumenladen hatte diese Blätter mit allem von mir bestellten Blumenschmuck direkt dem Bestatter geliefert, so dass ich gar nichts zu liefern hatte, nur zu bestellen.

    Und in der Kapelle waren dann auch lauter Teelochter mit Rosenblättern dekoriert, das geht doch auch gut bei einer Trauerfeier.

  • Liebe Greteline,


    du musst ja die Urne nicht tragen das ist völlig freiwillig.


    Was für andere gut ist muss für Dich nicht gut sein.

    Das ist so unterschiedlich eben ja wie Du schon schriebst wie wir Menschen.


    Ich wollte auch alleine sein absolut.


    Gott sei Dank blieb ich eh verschont von der Situation mit Leichenschmaus oder Kaffee oder oder da es ja im ersten Lockdown war und es durften auch nicht viele bei der Beerdigung sein.


    Von dem her für mich genau das richtige absolut.

    Eine gute Bekannte von mir kann das z.B gar nicht die braucht dann HalliGalli um sich Menschen aber richtig.


    So unterschiedlich ist das.

    Es gibt kein richtig oder falsch.


    Vlg. Linchen

  • Wie lieb ihr alle seid! Danke, danke, danke für die schönen Ideen und Gedanken. Ja, ich werde ein Haar von mir mit reinschmuggeln!


    Leichenschmaus ist ein so grauenvolles Wort. Meinen ersten Leichenschmaus erlebte ich mit 12 Jahren, da war mein Opa gestorben und es wurde Bienenstich serviert. Das war so schlimm für mich, dass ich seitdem keinen Bienenstich mit Genuss essen kann. Das ist für mich Leichenkuchen.


    Morgen gibts bei dem einen Sohn zu Hause Würstchen.


    Heute früh das Pfarrgespräch (für den 21.) war gut. Ich muss Eva nur ein paar Fotos schicken, sie kümmert sich bzw. deligiert an die Theatergruppe ums Ausdrucken, Größe auswählen, Bilderrahmen drum. Auch wird sie sich drum kümmern dass der Fleischkäs' und die Brötchen besorgt werden. Ich werde Ulis Fahrrad, seinen Campingklappstuhl und noch ein paar kleine Gegenstände, die ihn ausmachen, um den Altar herum dekorieren. Jeder Gast darf, wenn er möchte, eine Kerze anzünden und in ein großes Holzherz hineinstellen. Esther wird Harfe spielen und vielleicht auch singen. Jeder, der eine schöne Erinnerung an Ulrich teilen möchte, wird dazu eingeladen, dies laut zu tun, Teilnehmer von der Theatergruppe trauen sich bestimmt und bereiten da schonmal was vor, vielleicht trauen sich dann spontan auch andere, etwas zu sagen. Es wird bestimmt sehr schön und persönlich.


    Ich habe ziemlich viel Papierkram und alte Fotoalben zusammengesucht, den packen wir morgen in den Kofferrraum und bringen ihn den Söhnen mit.

  • Liebe Greteline,


    ich mag das Wort auch überhaupt nicht.

    Ich mag diese Veranstaltung einfach nicht.


    Aber wie gesagt das ist ja sehr individuell.

    Ich brauchte nur eins meine Mama sie war immer die einzige die dann zu mir durfte.


    Ich hab so viele Verluste erlebt eigentlich reicht das für 2 Leben und das schon sehr früh seit ich klein war.


    Manche Menschen trifft das andere gar nicht.

    Meine älteste Freundin noch aus der Schulzeit hat bis jetzt nur ihren Opa verloren tja.

    Ich wünschte das wäre bei mir genauso nicht ein Leben mit so vielen lieben die gegangen sind.


    Nun ist der wichtigste Mensch auch weg mein wichtigster Mensch.


    Vlg. Linchen

  • Was für ein schrecklicher Tag, nun ist er fast vorüber.

    Ich musste die Urne nicht tragen.


    Es war grauenhaft. Die Pfarrerin dachte, ich kippe gleich um. Habe selbst gemerkt wie ich auf der Stelle rumschaukel. Konnte nicht anders.

    Mir laufen schon wieder die Tränen.