Hallo in die Runde,
leider habe auch ich nun einen Grund, mich hier anzumelden.
Vor 3 Wochen ist mein Vater gestorben. Es fühlt sich so unwirklich an, das zu schreiben, da diese Nachricht noch gar nicht bei mir angekommen ist, auch nach 3 Wochen nicht...
An dem Tag kam meine Mutter ganz normal von Ihrer Nachtschicht heim, und fand meinen Vater tot auf dem Küchenboden liegen. Sie hat sofort versucht, ihn wieder zu beleben, hat parallel dazu den Krankenwagen gerufen, die auch alles versucht haben, aber es war zu spät. Danach rief sie mich an, und ich konnte gar nicht glauben, was sie sagte.
Mein Vater war vollkommen gesund, er war 58 Jahre alt, hatte einen gesunden Lebensstil mit Sport und gesunder Ernährung, er hat weder getrunken noch geraucht noch sonstiges. Am Vortag bzw. Vorabend war alles ganz normal, meine Eltern aßen noch Abendessen zusammen, bevor meine Mutter zu ihrer Schicht ging, es war alles ganz normal, er hatte keine Beschwerden, Schmerzen etc. Niemand hat damit gerechnet.
Nach dem Anruf bin ich dann sofort los gefahren, meine Eltern wohnen ungefähr 1 Stunde entfernt, aber wir haben ganz oft miteinander telefoniert und uns regelmäßig gesehen. Meine Schwester kam am nächsten Tag erst, da sie weiter entfernt wohnt. Fassungslosigkeit. Er war doch noch so jung! Meine Mutter ist ein paar Jahre jünger und sie waren so glücklich miteinander. Das einzige, was sie mir noch sagt, ist, dass sie sterben will...
Ich bin 29 und habe nun keinen Papa mehr. Und wer weiß wie lang noch eine Mama. Sie will ohne ihn nicht mehr leben.
Ich bin meistens noch relativ gefasst. Manchmal weine ich ein bisschen, aber so einen wirklichen Gefühlsausbruch hatte ich noch nicht. Dieses schwarze Loch, von denen alle reden. Mein Hausarzt hat mir gesagt, dass es im Schnitt 2 Monate dauern würde, bis man es wirklich realisiert. Und Jahre, bis man es verarbeitet hat.
Wenn ich abgelenkt bin, auf der Arbeit, was mit Freunden mache, vergesse ich manchmal, dass mein Vater tot ist. Auch wenn ich das aufschreibe, denke ich, es ist nicht so. Ich weiß, dass der Körper einen Schutzmechanismus hat, damit man alles wichtige "erledigen" kann, aber alles wichtige ist erledigt. Ich warte auf das große schwarze Loch, darauf, dass ich es realisiere, dass ich weinen kann, aber es kommt und kommt nicht.
Ich bin wütend, dass er einfach so gestorben ist, ich mach mir die klassischen Vorwürfe, ich hätte öfter zu Besuch kommen sollen, auch, wenn es ein "weiter" Weg war, ich hätte ihm öfter sagen sollen, wie lieb ich ihn hab usw.
Ich weiß nicht, was ich denken oder fühlen soll. Meine Mutter ist völlig am Ende und redet von Sterben, meiner Schwester (wir haben kein besonders enges Verhältnis und nie wirklich viel Kontakt miteinander) geht es wie mir. Wann kommen all diese Gefühle bei mir an? Ich war immer ein richtiges Papakind, und hab immer alles mit ihm zusammen gemacht, während meine Schwester eher das Mamakind war.
Ich weiß, niemand kann mir die Trauer nehmen (die ja noch gar nicht richtig da ist), und die "was wenn" Fragen bringen nichts (und man stellt sie sich doch: Was wäre, wenn meine Mutter frei gehabt hätte, und da gewesen wäre?), aber ich fühle mich so hilflos und überfordert! Ich habe Angst, dass meine Mutter auch stirbt, und ich niemanden mehr habe. Ja, ich habe ein paar tolle Freunde, aber für die geht die Welt ganz normal weiter, mit ihren "lächerlichen Alltagssorgen", sagen, sie wären für mich da, aber sind dann doch alle furchtbar beschäftigt mit ihrem eigenen Leben. In den Momenten wünsche ich mir dann immer, dass auch sie einen Todesfall in der Familie haben, und genau so leiden müssen, und im nächsten Moment schäme ich mich dafür.
Die Kunden auf der Arbeit sind lächerlich (arbeite im Verkauf), wie sie sich über Kleinigkeiten aufregen, als ginge es um etwas wirklich wichtiges. Lächerlich. Hatten die jemals wirklich Probleme? Alles scheint so unwichtig.
Meine Eltern haben mir immer Halt, Schutz und Unterstützung gegeben, Das ist nun weg. Für immer. Das Gefühl wird nienie wieder da sein. Weihnachten, Geburtstage, Hochzeitstag der Eltern usw. Die Magie ist für immer raus. Weg. Das macht mich so unglaublich traurig.
Ich habe das Gefühl, mit niemandem darüber reden zu können. Freunde haben zu sehr ihren eigenen Alltag, können es ja überhaupt nicht nachvollziehen, wenn sie kein Elternteil verloren haben, meine Mutter hat nur ihre eigene Trauer (verstehe ich ja auch), und mit meiner Schwester, wie gesagt, habe ich normalerweise keinerlei Kontakt und sie steht mir nicht nahe.
Was soll ich nur tun? Ich fühle mich, als wäre ich ganz allein auf dieser Welt...