Fragen an die Trauerbegleiter

  • Hallo <3

    In diesem Thread möchte ich die Möglichkeit geben uns Trauerbegleitern Fragen zu stellen. Da wir nicht immer in Gespräche drein reden wollen, oder auch nicht gern ungefragt fachliches ansprechen, da sich dann viele in ihren Emotionen gestört fühlen könnten.


    Dennoch tauchen immer wieder Fragen auf, und auch die brauchen Raum und Antworten.

    Maik.Holmer und ich beantworten gerne eure fachlichen Fragen, allgemeine Fragen zur Trauer, zum Umgang mit Trauernden, und alles was euch beschäftigt...


    Alles Liebe,

    Isabel & Maik

  • Hallo an Euch.


    was für eine schwere Aufgabe , die ihr beiden macht. Größten Respekt von mit 🙏👏🏼

    Ich habe schon 2 Menschen in ihren letzten Stunden begleitet. Sehr schwer aber auch irgendwie schön.

    Ich finde , es kommt total auf die Beziehung an , die man zu der Person hat.

    Ein Bekannter lag mit Lungenkrebs schon auf einer Palliativ Stadion.Ich wollte ihn nochmal besuchen und kam so dazu. Wir waren 5 Frauen (Ex Frau , Tochter , beste Freundin ....) und mehrer Stunden mit ihm verbracht. Es war traurig aber auch sehr schön. 2 waren immer bei ihm und wir haben so abgewechselt. In den letzten Minute saßen wir alle bei ihm auf dem Bett. Wir haben gelacht und geweint gleichzeitig. Dann war ich völlig ko.

    Bei meiner Mama war es viel schwerer. Eine Koma und hab jeden Tag bei Ihr gesessen. War echt schwer weil ich von Anfang an musste das sie nicht will und es auch nicht schafft. All die Geräte , nach 6 Stunden Not OP ein künstlicher Darmausgang , schwer Demenz krank. Sie lag da völlig aufgedunsen bei 30 Grad Körpertemperatur.

    Ich hab alle meine Kraft dafür eingesetzt um zu kämpfen , das sie gehen darf. Habe nur funktioniert und stand wohl ziemlich neben mir. Jeden Morgen um 5 Uhr dort angerufen und nach ihren Zustand gefragt.
    ich hab mich so gut wie möglich um sie gekümmert, die hab ihr leise ihr Lieblings Musik vorgespielt an Hand ihrer Werte hab ich ihre Reaktion gesehen.

    Nach einer Woche hab ich gewonnen , sie bekam auch noch ein Nierenversagen. Die Ärzte haben nicht immer vertröstet.... sie schafft es ..... sie braucht Zeit und Geduld.

    An ihrem 73. Geburtstag durfte sie endlich die Reise antreten....Die Ärzte meinten es könnte mehrer Stunden dauern , da sagte ich ihnen gleich .... Nein es dauert nicht lange , Mama ist reisefertig.Ihr Sohn hat mich wie immer auch in dem Augenblick wieder alleine gelassen. Es war sehr schwer...weil natürlich auch meine Mama

    Muss Luft holen....😢😢

    Danach ist dann mein starkes Gerüst von mir zusammengebrochen...und ich bin ein Loch gefallen.

    Es hat mich so ausgenoggt , das ich nun das Leben auf arbeiten muss.

    Die Woche werde ich wohl mein ganzes Leben nicht vergessen. Es ist als wenn es gestern war und alles ist wieder da.

    Aber ich finde auch wieder kleine schöne Ausblicke in meinen Leben und das zählt. Ich habe alles richtig gemacht und kein schlechtes Gewissen.

    Und Mama geht es jetzt viel besser.


    liebe Grüße Kleene

  • Hallo liebe Kleene,

    vielen Dank das Du mit uns deine bewegende Erfahrung geteilt hast. Vielen Dank auch für deine Wertschätzung die Du uns entgegen bringst. Isabel und ich sind auch sehr gerne für Euch Alle da und wir leben unsere Berufung mit all unserem Wissen. Ich finde es sehr schön das Du den Mut und die stärke hast deine geliebte Mama zu begleiten da gehört viel dazu und sehr oft ist es so das Personen danach in eine starke Erschöpfung übergehen. Denn es kostet viel Kraft und Energie.Kannst Du bennen was Dir in dieser Zeit geholfen hat wieder in die Kraft zu kommen? Du hast eine schöne Art deine Erfahrung aus deinem Leben heraus zu erzählen und zu benennen. Ich freue mich von Dir zu lesen.


    Sommerliche Grüße und eine positive Zeit wünsche Ich Dir

    Maik


    Kleene-3

  • Hallo Maik

    Maik.Holmer


    vielen lieben Dank für deine Worte.ich bin der Typ der über mich und meine Gefühle redet. Ich bin gerade dabei es zu lernen.

    Ein kleiner Kreis von Freunden war in der schweren Zeit für mich da, meine Familie ist leider sehr klein und das was ich noch habe ist leider teilweise nicht das was man sich wünscht.

    Mein „Bruder“ und ich sind wie Feuer und Eis. Bin gerade dabei mich von ihm zu entfernen, weil er mir nicht gut tut und wir einfach zuuu unterschiedlich sind.

    Ich habe ich die Woche bei meiner Mama alles gegeben.Jeden Morgen wie gesagt um 5 Uhr auf der ITS angerufen , am Tage meine berufliche Qualifizierung gemacht ( wobei ich in der ersten Nacht in der Not OP schon echt überlegt habe alles hin zu schmeißen. Aber in mir kam dann schnell hoch ,.... das hätte Mama nicht gewollt ) Ab mittags dann bei ihr am Bett gewesen. Viele Gespräche mit den Ärzten gehabt.... die mir immer erklärten sie braucht Zeit , sie erholt sich wieder. Der Oberarzt sagte mir , das meine Mutter der Zustand wieder erreicht , den sie hatte bevor sie ins Krankenhaus kam. Es ging in dem Gespräch zu Sache. Ich fragte ihn ob er mir nicht zu hört, meine Mutter ist schwer Demenz krank, er kann sich gerne in der Wohnung um die Ecke angucken oder sich mal ihren Körper angucken. Denn mit Körperpflege war schon lange nicht mehr viel. Ich fragte ihn , wie ich ihr erklären soll , dass sie jetzt dauerhaft einen künstlichen Darmausgang hat und mehrmals am Tage gereinigt werden muss. Da guckte er mich nur an und sagte nichts mehr. Ich fragte ihn , ob er seine Mutter hier so liegen haben möchte. Ich sagte ihm mehrmals , das sie das alles hier nicht will und hat sie nicht das Recht zu gehen. Das waren Augenblicke in denen die Ärzte leise waren. Ich sagte ihnen auch , das sie froh sein können , das sie nicht bei Bewusstsein ist , sie würde sich alles raus und richtig Theater machen.

    In der Woche habe ich nur funktioniert , da konnte mir wenig helfen. Danach habe ich und meine Freunde gemerkt , wie ich in ein Loch rutschte. Ich hatte einfach keine Kraft mehr. Ich habe richtig gemerkt , wie mein Kartenhaus zusammengebrochen ist. Dazu nur Stress mit meinen Bruder. Meine Kindheit war nicht so toll. Mein ganze Leben bin ich immer stark gewesen und habe immer alles gegeben, im Beruf wie bei Freunden. Die letzten Jahre mit Mama war nicht einfach und auch da musste ich fast alles alleine stemmen.für Mama einkaufen, ob sie zum Arzt musste, irgendwelche Anträge alles blieb an mir hängen.

    Ich habe dann ca. 1/2 Jahr später eine Verhaltenstherapie begonnen , dort wurde schnell erkannt das das nicht ausreicht. Dann habe ich eine tiefen psychologische Therapie begonnen. Das habe ich Glück , wir haben einen guten Draht und gute Gespräche. Aber auch das ist sehr hart , da einiges aufgearbeitet werden muss. Auch der Tod von Mama ist immer wieder ein Thema und ist sehr schmerzhaft 😥😥😥😥

    Mir wurde geraten eine Trauergruppe zu suchen, aber ich habe nicht das passende in meiner Nähe gefunden. Viele sind mit zu kirchlich. Das ist nicht so mein Ding. Dann habe ich hier eine Weile still gelesen. Und irgendwann getraut , mich anzumelden. Das tut mir gut. Ich kann mit das eine oder andere, Gedanken von der Seele schreiben( z.b. Der Brief den meine Mama an mich geschrieben hat, zumindest in meiner Phantasie) klingt blöd , Tote können doch keine Briefe schreiben. Aber mir es gut getan. Und wir hier eben nicht blöd angeguckt oder man muss sich nichts anhören. Entweder schreibt jemand dazu was oder nicht. Jeder wie der mag.

    Ich treffe hier auf viel Verständnis und das tut auch gut. Jeder muss einen Weg finden, um mit seiner Weg finden. Sich hier auszutauschen ist echt schön.
    herzliche Grüße

    Kleene

  • DANKE<3

    für das einrichten dieser guten Möglichkeit...


    Es ist vielleicht eine etwas komplexe Frage...

    Seht ihr den Tod eines geliebten Menschen auch als eine TRAUMATISCHE Erfahrung an ?

    Betonung lieg tauf traumatisch...

    und

    findet ihr auch EMDR als hilfreiche Möglichkeit ?

    Habt ihr Erfahrung sammeln dürfen bei Menschen , die EMDR gemacht haben?


    Ich wünsche euch beiden , liebe Isabel<3 und lieber Maik<3 ein entspanntes Wochenende

    <3lichst Sverja


    Isabel L.K. Maik.Holmer  

  • Ich denke, der Tod kann durchaus und absolut traumatisch sein! Besonders der plötzliche, unvorherahnbare oder der gewaltsame Tod...der Tod eines Kindes, Suizid oder Mord... das hinterlässt Bilder und Spuren in der Seele, die sich nur ganz schwer "lösen" lassen... Wenn jemand sehr krank ist und in Frieden einschlafen darf dann ist das zwar auch furchtbar schmerzhaft aber sicher nicht so traumatisierend wie das oben Beschriebene...

  • Hallo liebe Sverja,


    vielen Dank für deine Nachricht und das verbundene Lob das Du uns ausgesprochen hast. Ich finde die Idee von Isabel auch sehr schön. Ich hoffe Dir geht es gut und Du genießt auch das Sonne und Regen Wetter dieses Jahr ? :) Zu deiner frage liebe Sverja ein Tot kann auch Traumatisch wirken es kommt immer auf die Konstitution der Person an und wie viele Fähigkeiten und Resilienz sie mitbringt um Seelische Erschütterungen im Leben zu überwinden. Zu glauben es ist wie ein Trauma heißt noch nicht das es auch eins ist. Die meisten Personen fühlen sich nach einer Verlust Erfahrung wie nach einem Trauma da es mit starken Gefühlen und Träumen oft umhergeht. Ein Trauma hat z.B Flashbacks sogenannte Rückhallerinnerungen die massiv und immer wieder kehrend kommen. Generell gesagt ist eine Todeserfahrung ein Risikofaktor der die Begünstigung an einer Seelischen Erkrankung zu erkranken erhöht.


    EMDR ist eine Therapieform die man bei Trauma einsetzen kann neben der Traumatherapie sie dient generell zur Verarbeitung der Emotionen auf Kognitiver und Emotionaler ebene. Man kann EMDR oder Hypnose auch bei starken oder länger andauernde Trauerreaktionen anwenden zur Stabilisierung und Beruhigung so wie Verarbeitung. Ich hoffe ich konnte Dir weiter helfen.


    Einen positiven Tag wünsche Ich Dir liebe Sverja

    lg Maik :)


    Sverja  

  • DANKE<3

    lieber Maik für deine freundlichen ... und ja in Bezug auf meine Fragestellung ... informativen , sachkundigen , Zeilen:)


    Ich habe mich vielleicht wieder einmal zu unkonkret ausgedrückt, was mir leider immer wieder einmal passiert...

    Ich versuche meine Frage jetzt etwas klarer zu formulieren, da auch Mirachen es glaube ich so ähnlich wie du interpretierst...


    Es gibt ja die Meinung , die Sichtweise

    das unsere Geburt unsere erste traumatische Erfahrung ist... Da ich selber zwei Kinder geboren habe , kann ich mich nicht völlig dieser Ansicht verschliessen...

    Jetzt zum Tod...

    den wir ja NICHT selber erleben wie die Geburt... aber unausweichlich erleben...

    Ja, ich weiss , das es traumatisch wirken kann, aber nicht unbedingt ein Trauma ist... Ich habe ja viele Todesstunden von lieben Menschen persönlich begleitet und erlebt und konnte durch meine medizinischen Fachkenntnisse und vor allem durch meine spirituelle Erfahrung dies nicht für MICH als traumatisch ansehen...


    Nur wer bestimmt , was ein Trauma ist und was nicht ??? Das meinte ich unter anderem mit "komplexe Frage"...


    Aber vielleicht ist es ja in dem Sinne keine Frage, sondern eine Lebens- und Verarbeitungssichtweise die ich gestellt habe ????...

    Ich vermute es jetzt bei meiner Rückantwort an dich...


    Eines aber würde mich immer noch sehr interessieren..<3:)


    Hast du Erfahrung sammeln dürfen mit Menschen , die EMDR gemacht haben ... und wenn ja, wie war der Unterschied von "vorher " und Nachher" für dich ?

    Ich merke gerade wieder , dass das alles eigentlich keine Fragen in dem "üblichen " Sinne sind... sondern eher vllt. eine Diskussionsgrundlage über das Leben , wie man es ansieht und vllt. führen kann<3 Also vllt. doch eher in "impulse Thred " von Isabel hineingehören???<3


    Ich merke das ich immer neue Gedanken und Gefühle bekomme, je mehr ich dennoch beschreibe , was mich bewegt... und dadurch immer mehr achtsamer zu mir und anderen werde.<3<3

    DANKE :)

    dir noch einmal für deine Gedanken und Sichten.


    Ich wünsche dir eine kraftvolle Woche

    mit realem Regen und Sonnenschein und erfreulichen Erlebnissen

    <3 Sverja

    Maik.Holmer , Isabel L.K. Mirachen Kleene-3  

  • An die Trauerbegleiter:


    Trauerbegleitung gibt es wahrscheinlich in jeder Stadt?

    1. Wie sieht sowas konkret aus?

    Was kostet das?

    Wie komme ich an sowas dran?


    2. Ist es "normal" oder auch eine Stufe des Trauerns seinen verstorbenen zu überhöhen, ganz romantisch zu idealisieren? Ich mache das nämlich im Moment. Die ärgerlichen und schwierigen Situationen der letzten Monate und Jahre mit ihm blende ich aus und sehe in ihm etwas Großartiges, was ich verloren habe.

    Meine Freunde, die die Probleme und meine Verzweiflung oft mitbekommen haben sind überrascht über die Intensität meiner Trauer. Sie meinten früher schon ich solle mich trennen. Und jetzt meinen sie ich könne froh sein.


    3. Kennt Ihr neben Gesprächen auch die Möglichkeit der Hypnose als Trauerhilfe zur Heilung.


    4. Wie erkenne ich, und wann wird aus dem Trauern eine reaktive Depression?

    Oder andere psychische Erkrankungen.


    5. Ich bin seit vielen Monaten depressiv, nehme Antidepressiva und mir fehlt jeglicher Antrieb.

    Und jetzt kommt dieses Alleine zurückbleiben dazu.

    Was macht das Trauern mit einem sowieso schon depressiven Menschen?


    6. Ist Eurer Erfahrung nach "das schwarze Loch", das Trauern und Fühlen für hypersensible Menschen anders?


    7. Da ich als Ergotherapeutin im Suchtbereich gearbeitet habe möchte ich meinen momentanen Zustand (psychisch und zum Teil auch körperlich) mit einem Entzug vergleichen. Ich fühle mich entzügig.


    8. Gibt es Untersuchungen, in denen die Gehirntätigkeit im MRT oder Ähnlichem untersucht wurde bei Trauernden?

    Welche Bereiche sind aktiviert? Oder gerade nicht aktiviert?


    9. Was macht das Trauern bei den Botenstoffen Serotonin oder Dopamin oder Adrenalin oder...... des Gehirns und der Synapsen?

    Gibt es dazu Erkenntnisse oder Untersuchungen?


    10. Gibt es spezielle Kliniken, Einrichtungen oder Möglichkeiten in denen ich begleitet werden kann?


    So, nun hab ich erstmal alles gefragt.

    Ich habe das Gefühl "Trauer-krank" zu sein. Denn es geht ja jetzt nur noch um mich. Eigentlich ganz egoistisch. Weil ich ja leide ohne meinen Gefährten weiter zu leben.

    Insofern würde ich auch alles was hilft als "Therapie" bezeichnen. Und ich habe den Eindruck, daß die Meisten damit allein gelassen werden.


    Ralfsheidemarie

  • liebe RalfsHeidemarie,

    Ich weiß ja nicht, wo Du lebst.

    Ich lebe in Bayern, und weiß, dass hier das BRK kostenlose Hilfe für trauernde anbietet, wie dies abläuft, weiß ich aber nicht, ich habe es nicht selber ausprobiert.

    Aber es war für mich eine Option, die ich im Hinterkopf hatte.

    Es wäre für mich eine Option ohne Klinik gewesen.


    Liebe Grüße.

    Bernio

  • Liebe RalfsHeidemarie,

    Danke für deine guten Fragen. Ich werde sie gleich in einem eigenen Thread beantworten. Da ich denke, das sie für ganz viele wichtig sein könnten. Danke für deine Anregung. Ich werde dich dort auch markieren, damit du den Beitrag nicht übersehen kannst.


    Liebe Grüße,

    Isabel

  • Hallo Ihr Trauerbegleiter,

    wenn wir in Betracht ziehen, daß es eigentlich nie einen Zeitraum in der Vergangenheit gab, in dem so viele Menschen in Deutschland und auch Sonst wo trauern. Und zumindest der Grund für dieses Trauern Dauerthema in den Medien ist, müsste es doch möglich sein auch TV Sender für dieses ythema zu sensibilisieren.

    Wenn ein Autor ein neues Buch raus gebracht hat, sitzt er oft in verschiedenen Talkshows.

    Gibt es niemanden, der mal bei Böttcher sitzt mit diesem Thema?

    Der Vater gestorben, die Mutter gestorben, der Partner gestorben..... Das allgemeine Desinteresse weil es weh tut. Weil es ansteckend ist. Das Wissen über die Trauer Abläufe usw.

    Das wäre doch wichtig für tausende von Menschen im Moment.

    Wie kann man das anstoßen? Wie kann man das bekannt machen?


    Ralfsheidemarie


    PS. Können wir da irgendwas anstoßen?