Gedichte, Geschichten, Zitate und Aphorismen für jeden Tag

  • Von Hermann Hesse:

    Alle Bücher der Welt voll Gedanken und Gedichten sind nichts gegen eine Minute schluchzen,

    wo Gefühl in Strömen wogt, Seele tief sich selber fühlt und findet.
    Tränen sind schmelzendes Seeleneis, dem Weinenden sind alle Engel nah.

    Unsere Toten sind nicht abwesend nur unsichtbar,

    sie schauen mit ihren Augen voller Licht in unsere Augen voller Trauer.

    Es gibt ein Wiedersehen auf einer anderen Ebene.

    Und die Seelen unserer Vorausgegangenen begleiten uns

    Aurelius Augustinus

  • Segenswunsch der Lakota-Indianer


    Steh nicht weinend an meinem Grab,

    ich bin nicht dort unten, ich schlafe nicht.

    Ich bin tausend Winde, die weh'n,

    ich bin das Glitzern der Sonne im Schnee,

    ich bin das Sonnenlicht auf reifem Korn,

    ich bin der sanfte Regen im Herbst.

    Wenn Du erwachst in der Morgenfrühe,

    bin ich das schnelle Aufsteigen der Vögel

    im kreisenden Flug.

    Ich bin das sanfte Sternenlicht in der Nacht.


    Steh nicht weinend an meinem Grab,

    Ich bin nicht dort unten, ich schlafe nicht.

    Du kannst mich nur nicht mehr sehen, nicht mehr berühren.

    Aber ich werde immer da sein, egal wo du bist.

    Werde der Wind sein, der zärtlich durch dein Haar streicht -

    der Regen, der sanft deine Haut berührt -

    der Regenbogen am Horizont, der dir die schönsten Farben schenkt -

    die Sonne, die dich wärmt und mit dir lacht -

    der Duft von Sommer, den du einatmest -

    die Erde, auf der du gehst -

    die Nacht, in der ich für dich die Sterne erstrahlen lasse -

    der Tag, der dir tausend Überraschungen bringt -

    die Hoffnung, die dich trägt, wenn du traurig bist -

    dieses Gefühl, was in dir ist, wenn du glücklich bist.


    Du kannst mit mir reden, ich werde dich immer hören -

    oder einfach weinen, dann nehm ich dich in meinen Arm und du wirst dich frei fühlen.

    Ich werd über deinen Schlaf wachen und dir wundervolle Träume schenken.

    Du brauchst keine Angst haben, wenn du daran glaubst - du bist niemals allein,

    weil ich immer da sein werde -

    wenn du an mich denkst, so wie ich an dich denke!

  • Erich Fried/Aufhebung


    Sein Unglück

    ausatmen können

    tief ausatmen


    so dass man wieder

    einatmen kann


    Und vielleicht auch sein Unglück

    sagen können

    in Worten

    in wirklichen Worten

    die zusammenhängen

    und Sinn haben

    und die man selbst noch

    verstehen kann

    und die vielleicht sogar

    irgendwer sonst versteht

    oder verstehen könnte


    Und weinen können

    Das wäre schon

    fast wieder

    Glück


    Die gesprochene Version als Link:

    https://www.deutschelyrik.de/aufhebung.html