Noch ganz frisch...Witwe mit 38

  • Papa geht (oder ging?) es heute nicht so dolle. Ihm war schlecht und er war viel am WC. (Telefonat mit Mama)


    Auch nimmt er viel ab obwohl er ordentliche Portionen isst. Freitag hatte er noch knappe 62kg, heute nur mehr 57kg. Ich weiß der Krebs frisst mit...


    Auch hustet er manchmal Blut mit. Ich weiß, bluthusten ist ein Zeichen für lungenkrebs. Aber vor der Chemo hatte er das nie...


    Sagte Mama, sie sollen mal beim hausarzt anrufen und nachfragen. Auch ob es sowas wie einen Krebs - ernährunsplan gibt - die Antwort: Papa muss am Freitag eh ins KH (zur Kontrolle?), da fragt er dann alles und sagt auch alles


    Super, sind ja noch ein paar Tage...

  • Seit gestern "fange" ich mich irgendwie gar nicht mehr... Wobei ich eigentlich beim Aufwachen für einen klitzekleinen Moment ein wenig positiv gestimmt war, denn ich dachte "Tag 139 - ja, die Tage vergehen irgendwie, es wird immer weniger bis meine Zeit kommt und ich bei dir sein kann".


    Dann war ich auf der Baustelle, daneben ist die Straße. Seit September rennt die Baustelle. Gestern fuhr dreimal die Bestattung vorbei, und 8mal LKW-WALTER. Mein Mann heißt Walter. All die Zeit vorher keiner dieser LKW. Aber gestern... Da war ich dann nur noch am Heulen. Und am Gedankenkarussel. Ich kann es nicht abstellen. Es war ja auch sehr warm und sonnig. "Ach, Schatzi, mit dir ein Eis essen. Mit dir ein Picknick machen..." - Und jetzt, alleine, denke ich, daheim die Rollos runter, alles dunkel machen, bloß nichts von draußen mitbekommen...


    Auch sehe ich jetzt, wo es schöner wird, häufiger so richtig ältere Paare spazieren. Das gibt mir jedes Mal einen Stich. Ich hätte dich so gerne so richtig weißhaarig gesehen - ich kann mir gar nicht vorstellen, wie du mit weißen Haaren aussiehst... Warum konntest du nicht DEINETWEGEN 80/85 werden?


    Auch wenn mir deine Lungenärztin sagte, ich hätte nichts tun können, es wäre nicht zu verhindern gewesen, ich soll mir keine Vorwürfe machen - so mache ich mir dennoch einen Vorwurf. (die machen wir uns alle hier, da unser Verstand das nicht akzeptieren kann oder will). Ich hätte mich schon viel früher, als du noch hier warst, über deine Krankheit informieren müssen. Nicht jetzt, im Nachhinein. Aber ich vertraute dir, dass du weißt, was du tun musst, was gut für dich ist, da du ja vor unserer Zeit bereits 16 Jahre mit COPD verbrachtest...


    Beim Heimkommen gestern wünschte ich mir so sehr, dass du da stehst, wenn ich die Tür aufmache und die Wohnung betrete... Leider nicht!


    Nun habe ich praktisch bis nächste Woche Sonntag frei, grad ein paar Mal für ein paar Stunden Nachtdienst - ich weiß noch nicht, wie ich die langen Tage überstehen soll. Warum kann ich nicht einfach den halben Tag verschlafen? Putzen, staubsaugen hab ich schon alles erledigt... Das schlimmste ist tatsächlich die Stille. Wenn ich nur mit dir reden könnte... ich rede die ganze Zeit mit dir (mit mir)... Ich würde dich gerne sehen, schmecken, riechen, berühren können, aber wenn ich dich nur hören könnte, wenn wir uns nur unterhalten könnten, das wäre schon das Höchste für mich.


    Ich habe dir auch versprochen, dass ich jeden einzelnen Tag um die weinen werde - mal mehr, mal weniger. Bis jetzt war das auch keine Kunst - es geht von selbst.


    Ich liebe dich, mein Schatz

  • Mein lieber Schatz <3


    Du fehlst mir jeden Tag mehr. Ich bin den ganzen Tag nur am Quatschen mit dir - doch leider erhalte ich keine Antwort.


    Gestern war ja die Hundefriseurin bei den Eltern. Also war ich den halben Tag bei ihnen, hielt den Hund für die Friseurin -und ja, Angie war sehr ruhig und brav bei ihr. Du weißt, wie traumatisiert Angie mittlerweile ist, wenn irgendjemand irgendetwas bei ihr macht... Vielleicht hast du uns ja zugesehen? Vielleicht hast du ja Angie auch gehalten und ihr zugesprochen, da sie wirklich brav war? Du weißt, wie sehr ich an Angie hänge - sie hat beigetragen, dass wir zusammenkamen. Sie ließ sich SEHR selten von jemand anders angreifen - doch dir sprang sie gleich auf den Schoß und leckte dein Gesicht... Doch als ich dann Stunden später zögerlich und letztendlich nur wegen Luigi heim ging, traf mich der Schmerz wieder mit voller Wucht. Zuhause ist kein Zuhause mehr. Es ist ruhig, still, einsam, leer, kalt.


    Für Luigi hab ich mal wieder (Un-) Mengen an Futter bestellt - unser Kater soll es gut haben. Ich bedanke mich jeden Tag bei dir, dass du Luigi so gut erzogen hast.


    Ich weiß, du wärst gerne mit mir alt geworden. Ich beschäftige mich im Moment sehr viel mit dem Thema Jenseits und allem was dazu gehört. Es ist wirklich schwer, weil keiner beweisen kann, dass es so etwas gibt, aber es kann auch keiner das Gegenteil beweisen... Ich versuche so sehr dran zu glauben, dass es danach etwas gibt, dass du noch hier bist, dass wir uns wieder sehen, Ich versuche alles, um irgendwie ein Zeichen von dir zu bekommen. Am 13. Juni hab ich meinen Termin beim Jenseitsmedium.


    Du darfst einfach nicht für immer verschwunden sein, du musst noch "da" sein. Ich weiß es nicht, vielleicht werde ich noch verrückt, vielleicht bin ich schon verrückt, es ist mir egal... ich schreibe wirres Zeug, auch leidet mein Deutsch schon ein wenig darunter, dass ich die meiste Zeit mit dir - oder mit mir alleine - rede, manchmal fallen mir echt die einfachsten Worte nicht ein - ist das der Anfang?


    Manchmal zerreißt es mich vor Schmerz und ich warte darauf, dass ich wirklich zerreisse, aber nichts passiert. Es geht einfach immer weiter, ein beschissener Tag auf den nächsten, jeder Tag entfernt mich ein bisschen mehr von dir, wirst du irgendwann ganz weg sein? Ich denke jeden Tag voller Liebe an dich und unsere Zeit, von mir wirst du sicher nie vergessen und ich hoffe, dass du mich auch nicht vergisst, vorallem nicht vergisst mich dann abzuholen. Du fehlst mir so unendlich und ich kann nichts dagegen tun, oder es irgendwie ändern, es ist einfach so und fertig. Man kann einfach nichts tun. Das lässt mich manchmal schier verzweifeln. Ich liebe dich


    Mir blutet das Herz bei dem Gedanken. Ich vermisse dich schrecklich, und versuche möglichst wenig darüber nachzudenken, dass du nie mehr bei mir sein wirst. Was bleibt, ist die Hoffnung auf ein Wiedersehen.

  • Liebe manu,

    ich weiß nicht was ich dir tröstendes schreiben könnte.

    Es ist und bleibt einfach nur schrecklich,die Trauer mit all ihren Facetten und das vermissen unserer Liebsten,

    Eine liebe Umarmung für dich :24:vielleicht hilft es ein bisschen.

    Glg🌻☀️Elke

  • Ich habe vorhin meinen ganzen "Mut" hergekommen, und im KH bei der Intensivstation einen Termin für ein Gespräch mit dem leitenden OA (der meinen Schatz bis zum Schluss behandelt hat) vereinbart.


    Das schiebe ich auch schon sehr lange hinaus... Ich schaffte es nervlich einfach nicht diese Nummer zu wählen. Es fehlt mir noch das Wissen um seine letzten Stunden/Minuten, die ich nicht dabei sein konnte. Mit Medikamenten vollgepumpt ist klar... Aber sonst? War er wach? War er ängstlich? War er verwirrt? Hat er sich suchend umgesehen? Wollte er noch etwas sagen?