Mein Leben ist nur noch ein Scherbenhaufen

  • Hallo an Alle, liebe Karin, entschuldige, dass ich hier mich in deinem Wohnzimmer an alle wende, aber wir sind ja alle gemeinsam ein gebeutelter Haufen..

    Manchmal wünsche ich mir, wir säßen in einer Runde zusammen und könnten uns dabei ansehen, aber so ist ja auch schon was.

    Ich frage mich auch oft, wie würde ich nach einem halben oder einem Jahr reagieren, wenn ich meine Freundin oder Freund immer noch in Trauer und unterschieden Stimmungsschwankungen erleben würde…

    Ich weiß es nicht.
    Eines weiß ich aber, sollte es im Freundeskreis passieren, werde ich da sein und einfach nur zuhören. Keine Floskeln absetzen, und schon gar nicht „ dir öffnen sich doch ganz neue Perspektiven „ bezgl. neue Partner. Das ist so schrecklich zu hören.

    Eine Freundin sagte das zu mir, da war mein Mann noch nicht beerdigt!!!

    Natürlich verstehe ich, dass die Einsamkeit uns allen das Leben weiterhin schwer macht und manchmal kann ich sie nicht ertragen, aber ich könnte mir auch jetzt, nach 9 Monaten, alleine den Gedanken an einen neuen Partner nicht vorstellen.


    es ist okay wenn es Menschen passiert, vielleicht sind sie beide verwitwet und sie können durch diese Gemeinsamkeit eine Basis haben und sich zusammenschließen.

    Alles prima, aber solche Ratschläge in frischer Trauer zu geben ist sehr schmerzhaft und verletzend, so habe ich es empfunden und habe auch meine Freundin gebeten sowas nie wieder zu mir zu sagen, das versteht sie wieder nicht 🤦🏻‍♀️

    Ich wünsche mir für die Zukunft neue Leute kennenzulernen, Alleinlebende, mit denen man auch mal an Wochenenden etwas unternehmen kann, ich denke unterhalb der Woche schaffen wir es alle leichter als an den Wochenenden.


    es kostet insgesamt alles eine riesige Disziplin!


    Habe gestern im WDR 5 einen Philosophischen Podcast zum Thema Glück gehört.

    Da ging es um die Frage, warum man morgens aufstehen soll, warum??

    Man steht auf, weil man „einen Willen zum Sinn „entwickelt, diesen Satz fand ich faszinierend.

    Die Sinnlosigkeit im Dasein die man empfindet, aus der will man irgendwann raus.

    „Man geht durch die Hölle wieder in‘s Leben.“

    So muss es sein, wann auch immer.

    Ich denke aber, wenn man sich oft genug gefragt hat „welchen Sinn macht es denn, dass ich noch lebe“, wird sich die Antwort in unserem Hirn herauskristallisieren und uns bewusst werden, wenn wir suchen… und ich hoffe, wir suchen alle unseren Platz im Leben wieder und finden somit auch den Sinn bald wieder.

    Ich wünsche es uns allen aus tiefstem Herzen.

    Seid umarmt

    Elisabeth

  • Liebe Elisa,

    Das war ein grandioser Beitrag von Dir, vielen Dank dafür. Ich kann mich Dir inhaltlich voll und ganz anschließen. Es ist gut, auch die Perspektive zu wechseln und sich zu fragen. Wie man als Nicht-Betroffener reagieren oder sich verhalten würde. Ich bemühe mich durchaus auch um Verständnis für die Umwelt. Ich bemühe mich auch darum, gut gemeinte Aussagen oder Ratschläge nicht persönlich zu nehmen, wenn die unpassend sind. Die Gesellschaft hat verlernt mit dem Thema Trauer umzugehen. Für mich ist wichtig, ob jemand mit wohlgesonnen ist und ggfs. ungeschickt oder ob jemand gedankenlos oder gezielt agiert. Das ist ein großer Unterschied für mich.
    Auch Deine Ausführungen zum Thema Sinnhaftigkeit sprechen mich sehr an!
    lg Herzschmerz

  • Danke für deine schöne Rückmeldung, liebe Herzschmerz, ich muss mich zurückhalten keine Romane zu schreiben, manchmal habe ich ein so großes Mitteilungsbedürfnis, dass ich kein Ende finde, aber es tut so wahnsinnig gut , hier gehört und verstanden zu werden.

    Liebe Grüße 🙋🏻‍♀️

  • Der Umgang mit Trauer in unserer Gesellschaft ist wirklich sehr arm und bedauernswert. Wir sind hilfsbereit, wenn es darauf ankommt, legen uns beruflich in‘s Zeug, pflegen Freundschaften und Familie , reisen durch die Welt, bezeichnen uns als weltoffene Gesellschaft und versagen, wenn wir plötzlich vom Tod eines nahestehenden Menschen hören, meiden die Angehörigen, mahnen sie an, dass das Leben weitergehen muss und das alles wieder besser wird…dahinter steckt für mich eine große Angst mit der eigenen Endlichkeit.

    Der Tod wird banalisiert und passt nicht in diese kraftstrotzende Gesellschaft, obwohl wir jeden Tag damit in den Medien konfrontiert werden, aber das ist ja weit weg, und schnell mit dem nächsten Thema überdeckt.

    Zuhören, innehalten, aushalten, in den Arm nehmen, schweigen, „ich bin bei dir „ sagen, mehr braucht es doch nicht?!

  • ..... mehr braucht es doch nicht. Die meisten Trauernden erleben es leider nicht so, aber ich stimme Dir vollkommen zu. Ich betrachte inzwischen auch beide Seiten, zu Anfang konnte ich das gar nicht. Es war ein Prozess. Manches verstehe ich allerdings bis heute nicht. Viele Menschen sind einfach nur empathielos.

  • Liebe Elisabeth,


    ich danke Dir von Herzen für Deinen Beitrag. Da steht so viel, über das ich nachdenken muss. In meiner heutigen trüben Stimmung bin ich vor allem an dem Satz "Man geht durch die Hölle wieder ins Leben" hängengeblieben. Im Moment ist es wirklich die Hölle, und ich kann nur hoffen, dass es tatsächlich einen Weg da durch gibt, der in irgendeine Art von Leben führt. Sonst weiß ich irgendwann wirklich nicht mehr, warum ich morgens aufstehen soll.


    Herzliche Grüße

    Tine

  • Liebe Tine, diese Hölle kenne ich nur zu gut, leider, und ich habe noch immer nicht alle Ausgänge gefunden.

    Weiter suchen, auch wenn es so schwer fällt und man immer wieder abstürzt, man steht wieder auf und will da raus , Hölle bietet keine Zukunft.

    Ganz liebe Grüße 🙋🏻‍♀️

  • Guten Morgen ihr Lieben,

    Es ist zum verzweifeln, man ist mit der eigenen Trauer noch so sehr beschäftigt, da tritt schon der nächste ein. Heute Nacht ist nach einer kurzen aber schweren Krebserkrankung die Lebensgefährtin meiner Tochter mit 47 Jahren verstorben. Es tut mir für meine Tochter so leid, sie haben nicht zusammen gelebt, waren auch erst seit 2019 zusammen aber seit Februar hat sie sie durch ihre schwere Krankheit begleitet. Sie tut so wahnsinnig stark, ich kann mir nicht vorstellen, dass das wirklich spurlos an ihr vorübergeht. Jetzt haben wir beide innerhalb von 7 Monaten unsere liebsten Menschen verloren.

  • Liebe Karin, das ist schlimm und deine Tochter hat jetzt eine schwere Zeit vor sich.

    Wenn du kannst, stehe ihr bei, denn du kannst dich in sie hineinfühlen und trösten, weil du sie verstehst in ihrem Schmerz, auch, wenn sie es momentan nicht so zeigen kann, wie ich aus deinem Text herauslese.

    Vielleicht könnt ihr euch miteinander trösten.

    Liebe Grüße

    Elisabeth

  • Liebe Karin,

    Das tut mir wirklich leid zu lesen, dass nun die Lebensgefährtin Deiner Tochter gestorben ist. Noch ein schlimmer Verlust. Da Du weisst, was Drine Tochter erwartet, ist es noch mal schlimmer, das wünscht man seinem Kind ja nicht. Es wird ihr sicher gut tun, Dich an ihrer Seite zu haben aber für Dich wird es noch msl ein Stück herausfordernder.

    Ich wünsche Euch beiden Kraft!

    Lg Herzdchmerz

  • Liebe Karin,

    welch schlimmer Schicksalsschlag für Eure ganze Familie.

    Das tut mir unendlich leid für Euch.

    Jetzt ist es umso wichtiger, daß ihr beide noch fester zusammen steht und Euch gegenseitig unterstützt.

    Wenn sie sich jetzt als stark darstellt,muss das nicht bedeuten, daß sie weniger fühlt als Du. Sie weiß ja sicherlich,wie sehr Du leidest und möchte Dich mit ihrer eigenen Trauer nicht noch zusätzlich belasten. Es ist ja auch erst passiert und bei manchen Menschen bricht der Schmerz erst dann so richtig aus,wenn sie alleine sind.


    Ich sende Dir ganz viel Kraft für alles, was auf Euch beide jetzt zukommt.


    Liebe Grüße

    Matthias

  • Ja es kann auch sein, daß sie es trotz der Sterbebegleitung in den letzten Wochen und Monaten innerlich nicht wahrhaben kann oder will und ihre Seele noch alles abblockt. Sozusagen zum eigenen Schutz. Das gibt es auch.

    Und dann wirkt der Mensch nach außen hin stark,während er innerlich am Weinen ist.