Hallo liebe Forumsmitglieder(innen),
wie Ihr bereits im Titel seht, hat mein persönlicher Weltuntergang bereits vor über einem Jahr stattgefunden (um genau zu sein: 463 Tage). Ich war ursprünglich in einem anderen Forum, das aber bei weitem nicht so aktiv ist, wie hier. Über Shiva3010, die ich dort kennengelernt hatte, bin ich dann hier gelandet, habe mich registriert und eine Weile mitgelesen.
Ich habe hier sehr viele Parallelen zu meinen eigenen Erlebnissen und Empfindungen gefunden und daher beschlossen, mich ebenfalls vorzustellen.
Wie ich gesehen habe, sind Links zu anderen Trauerforen verständlicherweise nicht übermäßig beliebt, ich füge daher zwei meiner Posts hier ein.
Meine über alles geliebte Frau ist am 4.7.2018 um 14:50 Uhr, im Alter von nur 55 Jahren, viel zu früh gestorben. An diesem Tag hat es mir das Herz herausgerissen und meine Welt ist zusammengebrochen. Obwohl bereits 83 Tage vergangen sind, ist nichts besser geworden. Manchmal kommt es mir sogar noch schlimmer vor. Wie viele andere hier, kann ich mit Standardsprüchen wie “Die Zeit heilt alle Wunden“ und Ähnlichem wenig anfangen, ganz im Gegenteil. Es macht mich nur zornig.
Sie ist für mich nicht nur die großartigste Ehefrau der Welt, sondern auch der beste Mensch, den ich je kennen gelernt habe. Sie war unglaublich bescheiden und hat sich bis zuletzt als erstes um andere gesorgt und jede Sorge um sich selbst zurückgewiesen. Das hat auch dazu geführt, dass kaum jemand wusste, wie schlecht es ihr wirklich ging.
Wir waren fast 35 Jahre verheiratet und sie war in dieser Zeit nicht nur meine Liebes- und Lebenspartnerin, meine beste Freundin, sondern auch meine Arbeitskollegin und Geschäftspartnerin. Wir haben also einen großen Teil dieser 35 Jahre 24 Stunden am Tag zusammen verbracht. Wir haben sehr viel zusammen erlebt, möglicherweise mehr als viele andere in einem ganzen, oder auch mehreren, Leben. Aber trotzdem niemals genug.
Meine geliebte Maus war nicht nur unglaublich tapfer, sondern auch unfassbar stark. Sie hat fast 10 Jahre gegen den verdammten Krebs gekämpft, obwohl dieser bereits zu Beginn der Diagnose gestreut hatte (leider ist es von Anfang an auch immer wieder zu Problemen mit Ärzten gekommen).
Trotz Knochenmetastasen, Lebermetastasen (nicht operierbar, da zu nahe an der Aorta) und Gehirnmetastasen kam ihr Tod letztlich überraschend. Schließlich hatte Sie alle Prognosen der Ärzte, nach OP, mehreren Strahlentherapien und zahlreichen Chemoserien lange überlebt. Die Strahlentherapie ihres Gehirns, gemeinsam mit der nachfolgenden schweren Cortisonbehandlung und einer Tumorkachexie, waren letztlich, zusammen mit einer schlechten Spitalsbetreung, dann doch auch für sie zu viel.
Ein total verpatzter “Krankentransport“ hat dann noch für den “passenden“ Abschluss gesorgt. Sie ist, nachdem man sie zu Hause “abgeladen“ hatte in eine Art Koma verfallen und 2 1/2 Tage später verstorben. Das einzig tröstliche war, dass wir sie, wenn auch zu spät, aus dem Spital herausgeholt haben. So ist sie, wie von ihr gewollt, wenigstens zu Hause gestorben. Im Kreis ihrer Liebsten (neben mir waren auch ihr 31-jähriger Sohn, ihre Mutter und ihre Lieblingstante anwesend).
Ihr Sohn hat ihre restliche Zeit zu Hause bei ihr im Bett schlafend verbracht, während ich die meiste Zeit bei ihr gesessen bin. Wir haben ihren Mund befeuchtet, sie mit Morphiumpflastern und der bestmöglichen Hausbetreuung versorgt, so gut wir konnten.
Kurz nachdem ich ihr versichert habe, dass wir einige neue Behandlungsideen haben und sie mit allem unterstützen würden, es aber auch verstehen würden, wenn sie keine Kraft mehr hat und sie in diesem Fall gehen lassen würden, hat sie ein letztes mal die Augen geöffnet. Während sie ihren Sohn und mich angesehen hat, sind ihr einige Tränen aus den Augenwinkeln gelaufen und sie hat ihren letzten Atemzug getan. So schmerzhaft und schrecklich dieser Moment war, möchte ich ihn um nichts auf der Welt verpasst haben.
Neben dem bürokratischen Wahnsinn, den wir alle viel zu gut kennen, habe ich seitdem vor allem viel gelesen. Unsere Firma ist im Laufe der Zeit ohnehin schon den Bach hinunter gegangen und ich bin seit einiger Zeit nach dem Supergau im Krankenstand. Ich muss gestehen, mir fehlt auch jegliche Motivation, etwas zu tun.
Hatte ich mich früher beim Lesen neben Unterhaltung vor allem für IT, Politik und Sport interessiert, habe ich in den ersten Wochen danach vor allem über Krebs, dessen Behandlungsmethoden und Strategien der Pharmakonzerne gelesen. Ergänzt mit Recherchen im Internet und persönlichen Gesprächen mit Insidern frage ich mich seitdem immer wieder, ob wir nicht noch viel mehr hätten tun können, um meiner Frau das Weiterleben zu ermöglichen. Klar, dass dadurch meine Schuldgefühle, die schon schlimm genug waren, weil ich meine Frau, obwohl sie fast darum gebettelt hatte, nicht früher aus dem Krankenhaus heim geholt hatte, noch gesteigert wurden.
Parallel dazu und in letzter Zeit noch verstärkt, habe ich Unmengen über Sterbebettvisionen, Nah- und Nachtoderfahrungen, sowie über das Jenseits und ein mögliches Leben nach dem Tod ganz allgemein, gelesen. Obwohl ich natürlich realisiert habe, dass meine geliebte Maus unwiederbringlich tod ist, und nichts, das ich tun könnte, sie wieder zurückbringen wird, kann ich es einfach nicht akzeptieren.
Damit gibt es nur eine Möglichkeit, bald wieder bei meiner geliebten Frau zu sein, die scheinbar auch einige andere hier bereits in Erwägung gezogen hatten. Das Hauptproblem dabei ist unser großartiger Sohn, der nach allgemeinem Konsens die größten Probleme damit hätte, jetzt auch noch diesen zusätzlichen Schicksalsschlag zu verkraften. Seine Sorge um mich hat ihn auch dazu gebracht, mich vor kurzem zu einem Kriseninterventinsteam zu schleppen, von dem ich derzeit betreut werde.
Häufige Friedhofsbesuche, abendlicher Alkoholkonsum (nachdem ich jahrzehntelang so gut wie nichts getrunken habe) und endlose Nachdenkphasen in jeder freien Minute, gepaart mit wenig Schlaf und immer wieder auftretenden Weinkrämpfen, bestimmen derzeit meinen Tagesablauf. Von meinem bisherigen Optimismus, der mich mein Leben lang begleitet und auch zur Selbstständigkeit gebracht hatte, ist nichts mehr übrig, nachdem ich das Licht meines Lebens verloren habe. Den Menschen, der meine ganzen verrückten Ideen und Aktivitäten immer unterstützt und mich gleichzeitig immer in der Spur gehalten hat.
Liebe Shiva , ich hatte es ja bereits vor einiger Zeit angekündigt, aber mir ist nach der überraschenden Diagnose eines 7,5cm großen, bösartigen Tumor (sprich Krebs ), eine offene Nieren-OP (36 Klammern) dazwischen gekommen, bei der mir neben dem Krebsgeschwür auch eine Teil der linke Niere und die ganze Nebenniere entfernt wurden.
Die Diagnose war reiner Zufall, da ich mit meinen immer häufiger werdenden Synkopen (kurze Ohnmacht) im UKH gelandet bin (ausgeschlagener Zahn, Rippenprellung, Gehirnblutung und noch ein paar Kleinigkeiten). Während meines KH-Aufenthaltes zur Nieren-OP ist man dann auch auf den Grund für die Synkopen gekommen: autonome Neuropathie mit Fehlen jeglicher Baroflex-Aktivität. Na ist das wenigstens auch geklärt.
Alle Ärzte haben mir versichert, was ich doch für ein Glück hatte. Da bin ich mir auch jetzt noch keineswegs sicher, aber egal. Ich habe es jetzt noch, gerade vor dem einjährigen Todestag meiner geliebten Maus geschafft, mir mein erstes Tattoo stechen zu lassen.
[IMG:http://www.leichter-lernen.com/Downloads/MyPics/Robert_Tattoo-1_20190627_144934.jpg]Forum hier
Im Übrigen möchte ich niemanden enttäuschen, aber für mich hat sich auch nach einem Jahr nichts gebessert. Kann es wohl auch nicht.
Sky
Der erste Thread den ich hier (nach dem von Shiva3010) gelesen habe, war von Yanouk/Uwe, bei dem mir nicht nur sofort ins Auge gestochen ist, dass seine liebe Frau Rosi nur zwei Tage nach meiner unermesslich geliebten Christie gestorben ist, sondern auch sein wunderbare Art, darüber zu erzählen. Ich bewundere und beneide ihn vor allem um sein fantastisches Gedächtnis, das so viele Details behalten hat.
Besonders die Postings von Tigerlilly/Gabi und mlederer/Matthias konnte ich sehr gut verstehen. Ich hatte vor dem Wechsel meiner geliebten Maus auf die andere Seite nicht viel mit Spiritualität am Hut, mit Religion schon gar nicht. Das hat sich schlagartig geändert. Ich habe mir seitdem dutzende Bücher gekauft (zum Teil sogar mehrmals durchgearbeitet), Videos und Interviews angehört und unzählige Beiträge im Internet gelesen. Auch in vielen Berichten im Forum hier habe ich Teile von mir immer wieder gefunden.
Ich glaube und hoffe mittlerweile, wie viele Andere auch, dass wir unsterbliche Wesen sind, die eine Zeit lang einen Körper bekommen haben, um hier zu lernen. Dennoch ist es sehr schwer, trotz der erzwungenen Trennung auf dieser Seite auszuhalten. Jeder einzelne Tag ist ein neuer Kampf mit ungewissem Ausgang.
Sky / Robert