Mein erwachsener Sohn ist tot

  • Liebe Iris, das ist sehr lieb von dir. Es geht wieder einigermaßen, habe etwas Kraft tanken müssen und aus diesem Loch wieder raus krabbeln. Unsere Sky hält uns auf Trapp, ich schaue mir jetzt Hundetrainer auf YouTube an und übe fleißig mit Ihr. Hundeschule hat zur Zeit noch zu aber wir machen trotzdem Fortschritte und es ist wieder eine Aufgabe 😊.
    Liebe Iris ich glaube fest daran das unsere Kinder bei uns sind und auch an Zeichen. Alleine die Beerdigung war mehr als unheimlich, in dem Moment wo der Sarg runter gelassen wurde fing es so stark an zu regnen, wie ein Weltuntergang und wo wir den Friedhof verließen kläffte es auf einmal auf und es schien die Sonne. Alle sagten mir später das es nicht normal war und alle spürten eine Ruhe und sagten das selbst der Himmel weinte. Auch das ich zwei Tage nach den Unfall bei meinen Sohn im Status das Lied entdeckte in the Arm off the Angels, was er genau einen Jahr zuvor als Lieblingslied markierte. Das Lied hatte mir in den ersten Tagen so viel Kraft gegeben, den ich wusste das mein Kind in den Armen eines Engels war und gut behütet. Wir hatten das Lied in der Kirche laufen und ich hatte in den letzten Momenten bei meinem Sohn das Lied immer immer wieder laufen, es hatte mir Ruhe gegeben. Auch bei der Auswahl der Blumen für die Kränze war ich mir so unsicher, wir hatten uns für Pinke Rosen entschieden und in jener Nacht träumte ich von weißen und Lila Lilien nach den ich mit aller Kraft versuchte zu greifen. Am nächsten Tag haben wir die Kränze umbestellt. Und wo wir 40 Tage hatten träumte ich von Max...

    Es sind so viele Sachen passiert und ich bin fest davon überzeugt das auch bei dir dein Sohn seine Finger mit im Spiel hatte und die Liebe geschickt hatte

    Ich umarme dich ganz fest

  • Liebe Olga,


    vielen Dank für das Teilen deines sehr persönlichen Beitrag den Du geschrieben hast und anderen hier deine Erfahrungen und Momente die Dich unterstützt haben und dir in deiner Zeit der tiefen Trauer geholfen haben teilst. Das finde ich sehr schön von Dir.


    Eine wärmende Umarmung für Dich

    sendet Dir von Herzen der Maik

  • Dieses Forum, dieses Ventil muss wieder herhalten. Einige Tage ist es schon wieder so schwer auszuhalten. Ja, mehr als aushalten geht nicht, nie mehr.

    Gestern bat ich meinen Mann, auf dem Weg nochmal Floris Platz zu besuchen. Wir haben bereits vor einigen Wochen bemerkt, dass nur wenige Schritte von Floris Platz entfernt, ein neues Grab war,...eine junge Frau genauso alt wie Flori. Gestern trafen wir auf die Mutti. Wir sahen uns direkt an. Es war wie ein Blick in den Spiegel. Das Unbegreifliche, Unfassbare, die Wahnsinnstrauer um das eigene Kind... . Sie wollte, wie es aussah, etwas sagen..., ich auch. Aber es ging nicht. Wir sagten kein Wort. Tränen liefen. Diese Begegnung hat ihre Spuren hinterlassen. Es beschäftigt mich.

  • Hallo Maik, danke dir. Ich empfinde es als wichtig zu wissen ob es anderen auch so ergeht. Als Iris erzählte das sie die Uhr umdrehte, war es für mich genauso. Den in den ersten Monaten war für mich Samstag um 22.30 die Hölle und ich bin jede Woche Amok innerlich gelaufen. Jetzt wird mir auch um diese Zeit ungut aber nicht mehr so stark. Vielleicht sind es Etappen, die man durchlebt aber bei den Austausch, weiß man das man nicht verrückt wird.
    LG Olga

  • Hallo Iris, ich verstehe dich so gut. Das war auch so als ich nach den das mit Max passiert ist meine Oma in Altenheim besucht habe, dieser Blick von Ihr. Ich habe das nie zuvor so wahrgenommen gehabt. Es war auch wie ein Spiegel. Meine Oma hatte insgesamt drei Kinder beerdigen müssen zwei als Babys und eine Tochter ist mit dreizehn Jahren ertrunken. Ich fragte meine Oma wie alt sie war als es passiert ist und sie sagte mir 32 fast wie du und ich hatte noch das ganze Leben vor mir. Ihr Flossen einfach nur die Tränen. Dann sagte ich ihr das Sie so viel Glück hat das Sie schon bald zu Ihren Kinder kann und zu meinen Maxik und sie sagte mir trocken, dass weißt du doch garnicht vielleicht bist du eher da. Sie hat so recht😢, das weiß keiner. Ich bewundere so meine Oma für Ihre Stärke und ihre Liebe, dass sie nicht verbittert wurde und nur für uns lebte und für Ihre weiteren drei Kinder. Sie musste alles alleine ziehen, den Hoff (Kühe, Schweine...Arbeit und auch die Kinder) mein Opa trank nach dem das mit Galina passiert ist und war keine Hilfe für meine Oma. Ich bin so froh das mein Mann mir so eine Stütze ist. Ich hoffe so sehr das meine Kinder davon keinen Psychischen Schaden erleiden müssen und nicht auf die schiefe Bahn geraten. Bei Max auf dem Friedhof in der gleichen Rheie sie zwei weitere junge Männer ( Kinder) beerdigt. Die auch durch einen Unfall ums Leben gekommen sind. Ich bin den Müttern bis jetzt noch nicht begegnet. Iris vielleicht könnt Ihr euch auch austauschen irgendwann mal. Zu frisch ist es für die Mutter😢. So viel Leid auf dieser Welt... Ich war früher so fest davon überzeugt das man dass Leben selber lenken kann aber da wurde ich einen anderen Gelehrt.
    Ich drücke dich

  • Liebe Olga,

    wenn auch unfreiwillig... ich bin froh, dass ich dich getroffen habe. Es gibt so viele Parallelen.


    Heute Nacht habe ich geträumt. Ich war mit dem noch kleinen Flori, vielleicht 4 oder 5 Jahre und meinem Schwiegervater einkaufen. Flori wollte unbedingt eine Blume für ein Grab kaufen und hüpfte mit seiner Blume immer um uns herum, lief ein Stück vor, kam wieder zurück und fragte immer wieder " stimmts Mama gleich da wo Oma liegt, gleich daneben"...........


    Ich bin schweißnass aufgewacht und der Rest der Nacht war gelaufen.


    Ja gleich daneben ist jetzt sein Platz ;(

  • Guten Morgen ihr Lieben

    ich bin neu hier und hoffe auf Hilfe,oder einfach auf ein paar nette Worte. Mein Sohn Tim ist am 16. Februar diesen Jahres durch einen schrecklichen Unfall, den er selbst verursacht hat,mit 22 Jahren ums Leben gekommen. Es sind einige Wochen/Monate vergangen und ich habe das Gefühl der Schmerz wird nicht besser. Ich bin immer froh, wenn ich mal einen Tag habe, wo ich etwas durchatmen kann. Als das schreckliche Unglück mit Tim passierte, war ich mit meiner Tochter in Thailand um Ware (selbstständig) einzukaufen. An dem schrecklichen Sonntag waren wir dort am Strand und es war alles gut und friedlich und wir waren spazieren. Ob Ihr es glaubt oder nicht, habe ich ohne das ich irgendwas wusste,auf einmal eine furchtbare Panik, Angst und Unruhe bekommen und fing an zu weinen. Meine Tochter verstand überhaupt nichts, da das sonst überhaupt nicht meine Art war.Ca. eine Stunde später bekam ich den Anruf von Sven (meinem Mann), der mir versuchte zu sagen, was passiert ist. Den Rest hat die Polizei erzählt. Ich bin sooo enttäuscht von der Polizei....aber kann ich euch vielleicht später mal schreiben... Wir sind dann völlig zusammen gebrochen und mussten irgendwie sehen, wie wir nach Hause kommen..Ich weiss kaum noch was, nur das die Thailänder sehr lieb waren und sich um alles (Rückflug etc.) gekümmert haben..

    Tim stand mitten im Leben...hatte gerade einen neuen Job (Mechatroniker), den er am 1. März anfangen wollte; hatte seine erste große Liebe gefunden, wohnte noch zu Hause, wollte aber jetzt mit seiner Freundin zusammenziehen. Er hatte viele Freunde, hat jedes Festval und jede Party mitgenommen. Er war etwas chaotisch, aber auch sehr hilfbereit und fürsorglich, aber ich hatte immer Angst um ihn, schon als kleines Kind Er war waghalsig und interressierte sich nur für Sportarten die auch spannend waren. Nur... wurde er von seiner letzten Firma völlig verheizt..Die letzten 2 Jahre, nach seiner Ausbildung, wurde er weltweit auf Montage geschickt. Er hatte in dieser Firma gelernt und man sagte ihm, wenn er das macht, dann nicht alleine. Sei erster Einsatz war dann für 3 Monate in Peru und der Altgeselle der dort war, verschwand nach 2 Wochen und es kam kein Ersatz. Tim war dann mit dieser riesen, für ihn fast unlösbaren Aufgabe alleine und rief mich oft völlig verzweifelt an. Er sprach kein Spanisch und musste unter einem immensen Druck arbeiten. Er stand vor einer Aufgabe die er kaum meistern konnte. So ging es die nächsten 2 Jahre weiter...nur Druck, keine Anerkennung, bis er dann endlich kündigte. Eigentlich wollte er danach mit seiner Freundin ins Ausland und sich die Welt weiter angucken. Aber sie hat ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht und wollte auf einmal nicht mehr. Dann hat er seiner Freundin nachgegeben und sich wieder für einen für ihn doch mittlerweile so verhassten Job als Mechatroniker entschieden....

    Er fehlt mir sooo unendlich. Ich bin sooo traurig. Zu Anfang waren ganz viele Freunde und Verwandte da und haben uns unterstützt und waren für uns da. Es wird jetzt immer weniger. Es ruft kaum noch jemand an..Ich bin schon am überlegen, ob ich mein Handy weg lege, da ich da immer raufgucke, ob mir mal jemand etwas nettes über Whatsup schreibt....macht aber kaum noch jemand..wo sind eigendlich meine ganzen Freundinnen? Ich war doch auch immer für sie da... Ich habe das Gefühl, wir haben eine ansteckende Krankheit und die Leute ziehen sich zurück. Aber gerade jetzt braucht man eigentlich nur mal ein nettes Wort und etwas Aufmunterung...Meine Mutter leidet auch sehr und ich besuche sie trotz Corona jeden Tag und wir setzen uns draußen mit Abstand auf die Terasse. Tims Schwester ist 26 und unterstützt uns sehr, aber bricht auch zeitweise zusammen und dann mache ich mir um sie große Sorgen. Sven ist dabei das Haus aufzumöbeln, wir wollen es verkaufen..Wir können hier nicht mehr leben, alles erinnert mich an Tim. Aber es ist gerade eine schlechte Zeit, wegen Corona..Hier gibt es keine Trauergruppen (Nähe von Bremen), aber wir sind in psychologischer Behandlung. Nur helfen kann uns die nette Dame kaum. Wir waren schon mit Ihr am Überlegen, ob sie mich in eine Rehaeinrichtung mit einer Krankenhauseinweisung schickt, welche auch Trauer behandelt, aber die Wartezeiten sind extrem lang. Und jetzt noch länger, dank Corona...Ich möchte am liebsten auch tot sein und bei meinem Tim sein, aber ich kann das meiner Familie ja nicht antun, da ich ja sehe wie schrecklich die Trauer ist.

    Martina

  • Liebe Iris, ich bin auch sehr das ich dich hier habe😘. Wie schlimm das für dich war aber du hattest deinen Flori heute Nacht bei dir und es ist so Kostbar das du von Ihn geträumt hast. Dein Flori wollte dir damit zeigen das er bei seiner Oma ist und nicht alleine. Deine Mama passt auf Ihn auf und jetzt auch dein Schwiegervater. Das dein Flori neben deiner Mama einen Platz hat ist wie schlimm es auch ist schön. Meine fünf jährige Tochter hatte uns Ostern gefragt warum wir kein Familiengrab haben, den es wäre doch toll wenn wir alle zusammen mit der ganzen Familie wären. Mir kamen die Tränen, mein kleines Mädchen. In den Moment wo wir das alles entscheiden mussten haben wir garnicht an sowas denken können. Und jetzt ist auch schon zu spät dafür, den unser Max hat jetzt Nachbarn. Dein Flori ist dir bestimmt dankbar das er gleich neben seiner Oma ist. Bis jetzt habe ich nur drei mal von Max geträumt und ich wollte am liebsten wieder einschlafen damit ich mein Kind wieder bei mir habe. Fühle dich gedrückt

  • Liebe Martina, es ist so Schrecklich dass Kind so plötzlich und ohne Vorwarnung zu verlieren und es spielt keine Rolle ob er schuld war oder nicht. Mein Sohn ist am 12.10.2019 durch einen Unfall ums Leben gekommen und er war nicht Schuld. Ein Betrunkener Autofahrer hat meinen 16 Jährigen Sohn umgefahren... und es macht es auch nicht besser, mein Kind ist trotzdem nicht da. Die Zeit ist stehen geblieben und das Leben hat sich umgedreht und man kann nicht mehr in die Zukunft planen, den man lebt von einem Tag zu den anderen. Dein Mann versucht sich eine Aufgabe zu geben um das Gedanken Karussell etwas zu stoppen, mit den Werken am Haus. Es ist schwierig, ich weiß nicht ob ihr das wirklich mit den Verkauf durchziehen könnt. Ich kann mich von nichts trennen, das Kinderzimmer ist unberührt, selbst die Bettwäsche ist noch drauf und ich brauche diesen Raum. Mir fehlt die Kraft Max seine Schuhe aus den Schuhregal zu räumen. Auch bei uns im Haus erinnert alles aber wirklich alles an meinen kleinen aber genau das ist doch was von unseren Kindern bleibt. Aber ich denke jeder geht damit anders um und wenn es sich für euch richtig anfühlt dann ist es richtig. Du hast so recht das man es den Angehörigen nicht antun darf, besonders deiner Tochter und deinen Mann. Ich wünsche dir sooooo viel Kraft für deine Tochter da zu sein und Ihr eine Stütze zu sein. Das die Menschen auf Distanz gehen ist normal, den sie wissen nicht wie sie mit dir umgehen sollen und haben Angst etwas falsch zu machen, denn es ist dir das schlimmste passiert was einen Menschen passieren kann. Ich hatte meinen Freunden und meiner Familie gesagt das ich Angst habe wen Stille einkehrt und ich zuhause alleine mit meinen Gedanken alleine bin. Das war echt in den ersten drei vier Monaten das mindestens zwei drei mal in der Woche jemand da war. Sage es denen offen, vielleicht wird es anders, das wünsche ich dir sehr. Habt Ihr bei euch in der Nähe Trauerbegleitetin, vielleicht wäre sowas für dich. Ich gehe alle zwei Wochen zu meiner Heilpraktikerin und bekomme pflanzliche Mittel und die Gespräche bei ihr tuen mir gut. Erzähle gerne mehr über dich und deinen Sohn wenn du das möchtest, den es ist wie ein Ventil und es tut einen gut das von der Seele zu Schreiben und wir verstehen dich zu gut, den wir Sitzen alle im selben Boot. Fühle dich lieb umarmt

  • Liebe Martina,

    auch ich kann dir mein tiefes Mitgefühl versichern :30:

    und muss Olga in allen Punkten zustimmen.


    Nahe Freunde und Bekannte distanzieren sich plötzlich, als ob man ein Verbrechen begangen hat. Nach einiger Zeit lernt man damit umzugehen und diese Menschen direkt anzusprechen. Sie haben Angst, genauso wie wir. Angst vor der Situation, Angst etwas falsches zu sagen. Und sie sagen, sie wollen in der Trauer nicht stören. Warum nicht? Gerade jetzt braucht man jeden Kontakt, den man bekommen kann und fühlt sich so einsam und verlassen. Manche sagen, melde dich, wenn du etwas brauchst. Was braucht man denn in so einer Situation? Du bist im luftleeren Raum und schaffst es kaum zu atmen. Wünsche formulieren geht schon gar nicht. Auch ich habe es erlebt, wie plötzlich die Straßenseite gewechselt und man ignoriert wird. Aber es sind plötzlich andere Menschen da, die man vorher nicht auf dem Schirm hatte, auch völlig fremde Menschen Diese sind unbefangener und sind plötzlich da und tun gut.


    Ich bin mir auch nicht sicher, ob der Verkauf gut für euch ist. Beinahe alles, was unser Sohn hatte, haben wir zurück geholt, zurück in sein altes Zimmer. Sein Kleiderschrank steht hier -voll mit seiner Kleidung. Wir brauchen das, wir brauchen so viel wie möglich von ihm und müssen es bei uns haben. Ich bin bei einem Online-Trauerseminar angemeldet. Dort werden immer die "tollsten" Aufgaben gestellt. ... Zerschneide ein Lieblingsteil des Verstorbenen und mach ein Lesezeichen daraus. Oder nähe dir aus den verschiedenen Kleidungsstücken ein Patchworkbild. Wie kann ich so etwas tun??? Nichts, nicht ein Stück will ich zerschneiden. Sogar seine Schuhe, Zahnbürste,.... sind bei uns. Er hat weiterhin seinen Platz am Tisch. Wie immer liegt sein Portemonnaie auf dem Tisch. Ich weigere mich, so zu tun, als wenn es ihn nie gab und seine Sachen nur nette Dekoration sind. Hin und wieder können wir inzwischen das eine oder andere Teil seines Hausrates verschenken. Wenn es sich für euch richtig anfühlt, wegzuziehen, dann ist es richtig. Wenn Zweifel bestehen, lasst euch Zeit. Trotzdem verstehe ich, dass dein Mann diese Arbeiten braucht, um mit seiner Trauer umzugehen. Männer trauern anders.


    Meiner Tochter habe ich eine Art Tagebuch mit dem Titel "Damit das Leben wieder heller wird" von Eva Terhorst geschenkt. Vielleicht ist es auch eine kleine Hilfe für dich und deine Tochter. Außerdem habe ich ihr ein Buch geschenkt mit 365 Dingen, die man unbedingt mal getan haben muss. Das ist eine schöne Aufgabe.

    Ich hoffe, dass ich dich nicht zusätzlich sehr belastet habe. Ich umarme dich, wenn ich ich darf.:24:

    Alles Liebe

    Iris

  • Liebe Olga, liebe Mutz,

    Ersteinmal vielen, vielen Dank, dass ihr geantwortet habt, das hat mich sooo getröstet. Ich musste wieder weinen, was ich zur Zeit ständig tue. In dieser schrecklichen Zeit waren Euren warmherzigen Worte wirklich ein kleiner Lichtblick für mich. Es ist einfach so schlimm und wenn man weiss, das jemand den gleichen Schmerz fühlt wie man selbst, hilft es schon.

    Ich komme gerade vom Friedewald, wo ich mit meiner Mutter Tim besucht habe. Mein Mann konnte heute einfach nicht mit. Eigentlich war es windstill, aber als ich mich auf eine Bank gesetzt hatte und ich meine Mutter zum Trauern alleine bei Tims Baum war, kam ganz viel Wind auf der durch die Bäume rauschte, solange, bis meine Mutter sich zu mir setzte. Das war auf Tims Beerdigung auch so, ich habe da zwar nicht viel gemerkt, da ich unter Beruhigungsmitteln stand, aber das schon. Vielleicht war er da? Ich glaube langsam,ich fange an zu spinnen oder mir irgendwas einzureden, nur weil ich auf ein Zeichen hoffe, das es Ihm gut geht. Das wünsche ich mir so... Ich mag das Niemanden erzählen, aber vielleicht versteht ihr mich.

    Ich habe Tims Sachen alle in einen Karton getan..alles was mir wichtig war, auch seine Lieblingsklamotten. Meine Tochter hat jetzt ständig Sachen von Ihm an. Sie hat fast alles was sie sich neu in Thailand gekauft hat, weggeschmissen. Ich habe seine anderen Sachen verschenkt, seiner Freundin und seinen Freunden. Die besten Freunde haben sich sogar seinen Namen tätowieren lassen. Ja, waren ja immer die vier Musketiere, sind jetzt nur noch drei..Ich trage auch zwei von seinen Lieblingspullovern, nur den roten den er immer so gern anhatte, habe ich nicht gefunden. Wahrscheinlich hatte er ihn an dem schrecklichen Tag an.

    Ich erzähle Euch ein bisschen von uns und Tim, damit Ihr uns kennenlernt. Ich bin Kunsthandwerkerin und war von März bis Dezember an den Wochenenden auf Veranstaltungen unterwegs, was jetzt nun auch durch Corona alles wegfällt. Sven ist Schlosser, war über 30 Jahre in einer Firma und dann legte man ihm letztes Jahr nahe zu gehen. Das hat ihn so umgehauen, das er depressiv wurde und lange in Therapie war. Ich dachte eigentlich, schlimmer kann es nicht werden.... Im Februar ging es Ihm gerade wieder besser und er wollte wieder arbeiten, da ist das Schreckliche mit Tim passiert.

    Tim hatte nach der Schule eine Ausbildung als Mechatroniker bei einer Firma in Bremen begonnen. Er wurde dann übernommen und gefragt, in welche Abteilung er möchte. Er hat sich dann leider dazu entschieden, als Auslandsmonteur zu arbeiten. Man sagte ihm, dass er das erste halbe Jahr nicht alleine arbeiten muss, aber nach 2 Wochen in Peru war der Geselle weg. Das ging dann immer so weiter...Druck,druck druck..Sie schicken ihn ständig überall hin und wenn er zu Hause war, war er völlig fertig. Er hatte durchschnittlich 100 Überstunden pro Monat. Er konnte einfach nicht "Nein" sagen und wurde ausgeblutet bis zum geht nicht mehr..Wenn er dann zu Hause war, erkannte ich ihn gar nicht mehr wieder...der fröhliche Tim..ihn gabs nicht mehr...er wurde mürrisch und gereizt..alles fing mit Peru an..er interessierte sich auf einmal für Nahtoterfahrungen, Astralreisen usw...aß kein Fleisch mehr, kaufte nur noch Bio und hatte irgendwann den ganzen Schrank voll mit Nahrungsergänzungsmitteln...was alles vielleicht gar nicht so schlecht ist, aber er hat es dann völlig übertrieben.. ich glaube er hatte einen Burnout oder Depression und versuchte so sich selbst zu behandeln und durch das viele Alleinsein, schaute er sich wohl im Ausland ständig Youtube Videos über alles Mystische an.. Einige waren in unserem Fernseher noch gespeichert..Marco Hümer, die Matrixer usw... keine Ahnung.. hatte da kurz reingeschaut und das dann schnell sein lassen..Bauernfänger.... Im Dezember hatte er dann endlich gekündigt und sich dann bis zum letzten Arbeitstag krankschreiben lassen..Er wollte und konnte nicht mehr in die Firma..Sein Plan war, mit seiner Freundin ins Ausland und erstmal leben, aber sie wollte dann ja plötzlich nicht mehr. Nach der Kündigung gings ihm dann auch besser. Aber wir haben ihn dann alle gedrängt wieder in seinem Job zu arbeiten (ich auch!), er wollte das eigentlich nicht. Ich wollte jetzt eigentlich schreiben, wie es zu seinem Unfall gekommen ist, schaffe ich aber gerade nicht. Wisst Ihr, ich bin so froh, das ich mich hier angemeldet habe, denn ich habe einfach das Gefühl jeder andere, der sowas nicht durchgemacht hat, meint, man muss nach kurzer Zeit wieder "gerade"laufen.. Aber unsere Kinder sind immer noch tot und kommen nicht wieder....Danke, danke, das ihr einfach nur da seit..

  • Liebe Martina,

    Trotz der traurigen Umstände ist es "schön" das du zu uns ins Forum gefunden hast. Mein Mitgefühl zu deinem Verlust.


    Du kannst hier deinen eigenen Beitrag starten. Unter dem Thema "Verlust des Kindes" kannst du deine Geschichte erzählen. So hat hier jeder sein eigenes "Zuhause" in dem er besucht werden kann.


    Ich hoffe das Schreiben hilft dir ein wenig beim verarbeiten. Schreib wann immer dir etwas auf der Seele liegt. Ich bin Moderatorin und Trauerbegleiterin im Forum. Wenn du Fragen hast meld dich bitte jederzeit.


    Fühl dich willkommen <3

    Isabel

  • Ich sitze hier gerade wieder weinend und vermisse meinen Sohn so sehr. Sein Tod mit gerade einmal.20 Jahren hat mein Leben und das Leben seiner Schwester und seines Vaters so sehr verändert. Soviel ist gestorben mit ihm . Ich kann es nicht begreifen