Mein lieber Andreas, die Liebe meines Lebens, ist nicht mehr

  • Liebe Lilifee,


    Ja, du hast vermutlich recht; ich bin mir auch nicht sicher, ob manche Fragen nicht vielleicht doch unbeantwortet bleiben sollen. Ich frage mich oft: Willst du das wirklich wissen?
    Diese Frage befeuert das Kopfkino… also bin ich eher vorsichtig damit.


    Im Falle meines Partners? Ja, ich bin mir sicher, dass ich jedes Detail wissen möchte. Inzwischen könnte ich auch die schlimmsten Erkenntnisse ertragen.
    Aber vielleicht überschätze ich mich. Hätte das Schicksal gewollt, dass ich alles erfahre, hätte es die Situation anders gestaltet.
    Die Polizei fand seinen leblosen Körper am frühen Vormittag. Ich hab erst am frühen Abend davon erfahren. Ich bin alle Wenns tausend Mal durchgegangen. Wenn nur eine einzige Kleinigkeit anders gewesen wäre, wäre ich mittendrin gewesen in der Situation… sie war aber nicht anders. Warum?
    Dies ist eine Situation, die mein Vertrauen ins Schicksal, ins Universum auf die Probe stellt. Gibt es so etwas wie Schicksal? Gibt es Zusammenhänge? Gibt es womöglich einen Masterplan? Oder sind wir wie Korken in einem Ozean, hin und her geworfen und planlos treibend, bis wir untergehen?


    Für mich war gestern ein schwerer Tag… deshalb auch die vielen Fragen, die gerade wieder auftauchen…


    Ich werde für deinen Andreas ein Kerzerl anzünden… und stelle mir vor, wie unsere Lieben alle zusammensitzen und gemeinsam auf uns warten…


    Viel Kraft für heute, alles Liebe,

    Puzzle

  • Liebe Lilifee,

    Unglaublich, schon drei Jahre, oder soll ich sagen erst. Ich kann jedes deiner Worte nachvollziehen, ich fühle genauso. Im April sind dann meine drei Jahre voll, und der Gedanke daran hat keine Angst mehr, weil es ist eben so, aber ein bitterer Nachgeschmack bleibt. Die letzten Male, an seinen , ich gehe Tag, hab ich das ganze durch gespielt, bis hin zu seinem letzten Herzschlag. Ich hoffe das ich es schaffe anders diesen Tag zu vollbringen.und wünsche es dir auch von ganzen Herzen. Vielleicht ein wenig in Erinnerung, an die guten Dinge, das werde ich versuchen, ob es mir gelingt ist fraglich.


    Schwer, bleibt es dennoch.

  • liebe Lilifee <3 ( heute mal nicht hessisch:*)


    das ist so viel... unbeschreiblich viel LIEBE <3

    <3HERZ<3VOLL deine Sverja

  • Ihr Lieben, die ihr heute an mich gedacht habt, Danke für den Trost, das Mitfühlen und das Verstehen. <3:30::24:<3


    Liebe Hedi, liebe Steffi, liebe Puzzle, liebe Mischi, liebes Bettinalein, liebe Sverja (heute ganz unhessisch)


    die Liebe zwischen Andreas und mir war so groß, ich hätte nie gedacht daß es solch eine Liebe wirklich geben kann. Dachte, das gibt es nur in Romanen. Ich will jetzt nicht theatralisch werden, aber Andreas war der einzige Mensch in meinem Leben, der mich wirklich bedingungslos geliebt hat. Auf den ich mich hundertprozentig verlassen konnte. Das bringe ich immer wieder zum Ausdruck, und werde auch nicht müde das zu tun. Und diese Liebe läßt mich durchhalten bis wir uns wiedersehen. Ich kenne auch Momente in denen man nicht zu atmen wagt.



    Liebe Pia, liebes Linchen,


    euch auch ein herzliches :2: für eure wunderschönen Bildergrüße. Ihr bereichert und verschönert mein Wohnzimmer, und das nicht nur heute.



    Liebe Renate,


    wo ist nur die Zeit geblieben? Das frage ich mich manchmal auch. Morgen beginnt mein 4. Trauerjahr, und es wird bestimmt nicht besser als die ersten 3 Jahre. Der Unterschied ist nur, daß die Trauer so langsam ruhiger wird. Die Abstände zwischen den Trauerwellen werden größer, aber es gibt sie nach wie vor. Es kann auch weiterhin passieren daß mir ein Gedanke, eine Erinnerung oder der bloße Anblick eines Gegenstandes der mit Andreas verbunden ist, das Wasser in die Augen treibt. Aber es ist nicht mehr der wilde Schmerz der ersten Zeit. Und es macht mir auch keine Angst mehr, ändern laßt es sich ja ohnehin nicht mehr. Gibt es liebe Menschen mit denen Du den Tag gestalten kannst? Schwer bleibt es dennoch, aber auch das läßt sich nicht ändern, leider.


    Nochmal ein ganz liebes Danke an euch alle.

    Lilifee

  • Das ist die diesjährige Anzeige in unserer Tageszeitung

    Liebe Lilifee


    Ein schwerer heutiger Tag.

    Tut mir so leid.
    Habe ich auch erst jetzt gesehen.


    Meine Gedanken für dich. Für deinen geliebten Andreas.

    Für euch.


    Unvergessen.

    Für immer.



    LG
    Simon

  • Lieber Simon, (wie willst Du eigentlich lieber genannt werden, King oder Simon? Habe mich jetzt mal für Simon entschieden:/)


    Danke für das schöne Licht das Du für Andreas und mich angezündet hast. Es ist und bleibt ein schwerer Tag. Um diese Zeit war Andreas schon viele Stunden tot. Er ist morgens um kurz vor acht Uhr gegangen. Aber diesen schlimmen Tag hat ja jeder von uns irgendwann. Auch deshalb bin ich so dankbar für dieses Forum. Weil man hier nicht alleine gelassen wird. Weil es hier Menschen gibt die mitfühlen. Und Du bist einer von diesen lieben Menschen.:2: dafür.

    Liebe Grüße

    Lilifee

  • Liebe Puzzle,


    Du bist sehr stark, das erkenne ich immer wieder in Deinen Beiträgen. Und ich habe schon wesentlich mehr davon gelesen als Du bei mir geschrieben hast. Aber täusche Dich nicht. Bist Du wirklich sicher daß Du es Fall Deines Partners ganz genau wissen willst?


    Als das Herz von Andreas stehen geblieben ist haben die Ärzte fast eine Stunde lang versucht ihn zu reanimieren. Und wenn ich es richtig verstanden habe wurde dabei mindestens eine Rippe gebrochen. Ich weiß ja nicht was man in diesem Stadium noch mitbekommt, aber ich will es auch gar nicht wissen. Auch heute nicht. Der Gedanke daß er bei dieser Tortur doch noch etwas gefühlt hat, läßt mich frösteln. Deshalb gebe ich diesem Gedanken erst gar keinen Raum und hoffe nur daß er schon tot genug, und seine Seele bereits gegangen war. :5:

    Ich bin alle Wenns tausend Mal durchgegangen. Wenn nur eine einzige Kleinigkeit anders gewesen wäre, wäre ich mittendrin gewesen in der Situation… sie war aber nicht anders. Warum?


    Diese Überlegungen wegen "hätte, könnte und was wäre wenn" kennen wir doch alle. Andreas war vor seinem schweren Schlaganfall schon einige Tage krank zuhause gewesen. Es war aber nichts wirklich greifbares. Er hatte oft Kopfschmerzen (die hatte er aber schon von Kind an), ihm war manchmal schwindlig, er war sehr schlapp und hat viel geschlafen. Der Hausarzt mußte sogar zu uns kommen, weil ich Andreas nicht mal bis ins Auto, geschweige denn bis in die Praxis bekommen hätte. Er hat Andreas abgehört und befunden, es wäre eine Magen- und Darmgrippe. Die ist damals nämlich bei uns umgegangen. Ich habe mich zwar gewundert, dachte immer dann kommt man nicht mehr vom Klo weg, und weiß nicht ob man erst drauf sitzen oder davor knien soll. Aber wer bin ich, daß ich einem Arzt ernsthaft widersprechen kann.


    Als Andreas dann den Schlaganfall hatte war er zufälligerweise im Wohnzimmer, weil es ihm sogar etwas besser ging. Er saß auf dem Sofa, wir haben geredet, und auf einmal ist er langsam zur Seite gekippt und hat den Mund weit auf und zu gemacht. Da habe ich flugs den Rettungsdienst gerufen, und der kam auch sehr schnell. Zuerst wollten sie Andreas in ein bestimmtes Krankenhaus nach Wiesbaden bringen, aber dann haben sie gesagt ein anderes KH in unserer Gegend wäre näher, und sie bringen ihn dorthin. Später habe ich immer wieder gedacht, warum habe ich dem Hausarzt nicht doch widersprochen und gesagt welche Beschwerden Andreas hatte, und daß das nicht nach einer Magen- und Darmgrippe klingt. Warum habe ich nicht darauf gedrungen daß Andreas in das Wiesbadener KH gebracht wird. Dort gibt es nämlich eine gut ausgestattete Stroke Unit.


    So ist er erst abends um halb zehn in ein Koblenzer KH zur CT weiter transportiert worden. Er wurde noch in der Nacht operiert, aber es ist viel wertvolle Zeit verschenkt worden. Der Schlaganfall, an den ja niemand gedacht hat, war gegen 18 Uhr. Und dann ist mein Kopfkino gekreiselt. Hätte es was ausgemacht wenn ich dem Hausarzt die tatsächlichen Symptome geschildert hätte? Hätte es vielleicht noch etwas genutzt wenn Andreas vom Rettungsdienst gleich in die Stroke Unit gebracht worden wäre? Vielleicht ja, vielleicht nein, ich werde es nie wissen. Und ich will es auch nicht wissen. Der Gedanke, Andreas hätte gerettet werden können wenn ich energischer gewesen wäre, ist zu unerträglich. Vielleicht wäre er auch gerettet worden, aber dann ein schwerer Pflegefall geblieben. Und dann denke ich, wenn etwas vorherbestimmt ist kann man sich auf den Kopf stellen und mit den Füßen wackeln, es hätte nichts geändert. Und daß Andreas als schwerer Pflegefall vor sich hin vegetiert wäre hätte ich auch nie gewollt.

    Gibt es so etwas wie Schicksal? Gibt es Zusammenhänge? Gibt es womöglich einen Masterplan? Oder sind wir wie Korken in einem Ozean, hin und her geworfen und planlos treibend, bis wir untergehen?

    Das frage ich mich auch. Einerseits kann ich nicht glauben daß alles nur Zufall ist, aber andererseits fühle ich mich eher wie ein Korken. Das Dumme ist nur daß Korken nicht untergehen. Die können sehr gut schwimmen.


    Es tut mir sehr leid daß Du auch einen schweren Tag hattest. Das habe ich leider jetzt erst gelesen. Hoffe aber, er war zu bewältigen. Hat es etwas mit Deinem Partner zu tun? Wenn die Frage aber zu persönlich ist, überlies sie einfach.

    Ich werde für deinen Andreas ein Kerzerl anzünden… und stelle mir vor, wie unsere Lieben alle zusammensitzen und gemeinsam auf uns warten…

    Danke fürs Kerzerl, und das stelle ich mir gerne mit vor. Dieses Kopfkino gefällt mir viel besser.


    So, nun ist es kurz nach eins, ich habe wieder viel zu viel geschrieben und wünsche Dir eine ruhige Nacht. :19:


    Für Dich auch viel Kraft und eine liebe :24:

    Lilifee

  • Guten Morgen, liebe Lilifee…

    Danke für die lange Antwort und das Beschreiben jener Dinge, wie du sie erleben musstest.


    In den ersten Wochen nach dem Tod meines Partners habe ich vorallem damit gehadert, nicht bei ihm gewesen zu sein, ausgeschlossen gewesen zu sein, nicht eingreifen zu können… ich war so wütend deshalb…

    Aufgrund der Analyse sämtlicher Fotos und Daten, die ich ermitteln konnte, stand zu befürchten, dass er versucht hat, Hilfe zu holen, als er unfähig aufzustehen, hilflos am Boden lag. Ich kann dir nicht sagen, wie viele Nächte ich im Kopfkino damit verbracht habe, die Rettung zu rufen. Immer und immer wieder bin ich durchgegangen, was ich sagen würde, damit sie einsatzmäßig zufahren und ihm das Leben retten.
    Ich war so neidisch auf alle, die bei ihren Lieben waren, die helfen konnten und entscheiden konnten, einfach weil sie nicht ausgeschlossen waren….
    Und dann höre und lese ich Berichte wie deine. Du warst bei ihm und konntest nichts ändern. Du fragst dich, was du anders hättest machen müssen/können. Du spielst, wie ich, hundert Möglichkeiten durch…


    Langsam dämmerte es mir: ich muss nicht wütend sein, weil ich nicht dabei war. Meine Anwesenheit hätte an der Situation nichts geändert. Ich wäre ebenso hilflos und machtlos gewesen, wie ich es jetzt bin. Ich hätte mir ebenso viele Fragen gestellt und hätte mir die Situation tausendmal anders gewünscht….

    Das führt mich zur Erkenntnis: Egal, wie die Katastrophe stattfindet, egal, welche grauenhaften Details wir aushalten müssen, egal, ob sie uns plötzlich und unerwartet trifft oder wir lange davor Bescheid wissen und die Katastrophe wie ein Damoklesschwert über uns hängt: es geht uns allen gleich… Trotz unserer unterschiedlichen Geschichten, geht es uns allen gleich.

    Also folgere ich für mich: egal, wie die Katastrophe stattgefunden hätte, egal, was ich gemacht oder unterlassen hätte, egal was auch immer, es ginge mir heute nicht besser und nicht schlechter. Es muss einfach so sein, wie es ist.


    So habe ich Frieden geschlossen.


    Und diesen Frieden wünsche ich uns allen. Nicht mehr fragen, nicht mehr suchen… Frieden.


    Ich hoffe, du hast deinen schwierigen Tag… meiner war sein Geburtstag… tröstlich und hoffnungsvoll gestalten können.

    Alles Liebe,

    Puzzle

  • Liebe Puzzle,


    der gestrige Tag ist rumgegangen. Ich hatte Kontakt mit den Geschwistern von Andreas, habe eine sehr liebe unerwartete SMS von Andreas Lieblingskollegin bekommen, sogar meine Schwester hat eine Mail geschickt, und abends hatte ich das Forum und euch. Ich hoffe, Du hast Deinen schwierigen Tag auch überstanden. Der Geburtstag des geliebten Partners ist ja nicht irgendein Tag. Aber was bleibt uns letztlich übrig, als auch solche Tage zu überstehen. Bei mir konzentrieren sich diese Tage auf einen Zeitraum von knapp 2 Monaten. Nach dem Todestag am 02. Dezember kommen Weihnachten und Silvester ohne Andreas, und am 31. Januar sein Geburtstag. Und dann noch im Sommer unser Kennenlerntag und der Hochzeitstag. Aber diese beiden Tage belasten mich seltsamerweise nicht so sehr. Vielleicht weil sie schon so unwirklich geworden sind. Wie aus einem ganz anderen glücklichen Leben.


    Ich habe auch lange damit gehadert daß ich nicht bei Andreas sein konnte als er starb. Es hatte ja nichts auf seinen Tod hingedeutet, und ich hätte niemals grundlos schon morgens um 8 Uhr im Krankenhaus sein dürfen. Habe auch diejenigen beneidet, die ihre Partner im Arm halten durften als sie gegangen sind. Für Andreas hätte ich das auch so gerne getan. Ich hätte ihn gerne spüren lassen daß er seine letzte Reise nicht alleine antreten muß, hätte ihm gerne noch ein letztes Lebewohl gesagt. Aber das Schicksal hat es nicht gewollt. Oder hat Andreas es nicht gewollt? Weil er mir genau das ersparen wollte? Wenn wir uns wiedersehen werde ich ihn danach fragen. Ob es so war und warum er mich ausgeschlossen hat. So habe ich mich nämlich auch gefühlt.


    Ja, das liebe Kopfkino. Unsere Geschichten sind naturgemäß sehr unterschiedlich. Bei manchen kam der Tod plötzlich, bei anderen hat das Sterben länger gedauert. Einige konnten bei ihren Angehörigen sein und sie noch ein Stück weit begleiten, andere hatten diese Möglichkeit nicht. Aber eines haben alle Geschichten gemeinsam, das schlimme Ende. Was auch immer noch getan werden konnte oder nicht, es hat nichts geholfen und nichts geändert.


    Dein Partner hat mit Sicherheit versucht Hilfe zu holen wenn er noch bei Bewußtsein war. Da fragt man ja nicht, bin ich dazu in der Lage? Das ist einfach der Überlebenswille, der einen noch antreibt. Und Du hast Dich immer wieder gefragt, was wäre gewesen wenn. Du hättest sofort Hilfe holen können, ganz bestimmt. Aber hätte es letztlich was geändert? Was glaubst Du, wie oft ich im Geiste den Besuch des Hausarztes nochmal erlebt und durchgespielt habe. Er war Montags bei uns, und der Schlaganfall war am Donnerstag. Hätte sich der Schlaganfall vielleicht sogar verhindern lassen wenn Andreas noch am Montag in eine Stroke Unit gekommen wäre? Fragen über Fragen, sie treiben Dich um, doch das Schicksal bleibt stumm. Habe ich sinngemäß irgendwo gelesen und fand es sehr passend.

    So habe ich Frieden geschlossen.


    Und diesen Frieden wünsche ich uns allen. Nicht mehr fragen, nicht mehr suchen… Frieden.

    Das wäre schön. Keine Fragen mehr, einfach nur Frieden. Leider ist das nicht so einfach. Ich hadere inzwischen nicht mehr, und das Kopfkino hat sich auch beruhigt. Trotzdem gibt es immer noch ein kleines Teufelchen das sich manchmal in den Vordergrund drängt und fragt: Hättest Du nicht doch und was wäre gewesen wenn? Ja, hätte hätte, Fahrradkette. Alles Sch….


    Aber irgendwann bekommen wir Antworten, und irgendwann haben wir Frieden. Irgendwann ….


    Ich wünsche Dir einen ruhigen und besinnlichen 2. Advent.

    Alles Liebe

    Lilifee