Mein Vater, mein Seelenverwandter

  • Ich habe mal noch eine Frage an euch. Seit ein paar Tagen merke ich dass ich immer abweisender gegenüber meinem Mann und meinen Freunden bin. Ich möchte zur Zeit mit niemandem viel zu tun haben weil ich das Gefühl habe, dass mich eh niemand versteht. Gleichzeitig ärgere ich mich dann aber darüber dass sich niemand um mich bemüht. Es ist eine ganz komische Situation aber ich fühle so eine Grund Aggressivität gegenüber allem und jeden. Ging es euch auch mal so? Ich weiß nämlich nicht so recht wie ich damit umgehen soll und für meine Mitmenschen ist es mit Sicherheit auch nicht einfach

    Liebe Jenny, diese Gefühle kenne ich nur zu gut. Aggressivität und Rückzug. Ich denke, es hat etwas damit zu tun, dass wir Abstand und Ruhe brauchen um zu verstehen, zu begreifen, und zu trauern. Unsere Seele braucht Raum. Es ist normal, dass wir auf Abstand gehen, wir befinden uns in einer absoluten Ausnahme -Situation. Alles Liebe sendet Dir Kitty ❤️

  • Liebe Jennymaus


    Es tut mir sehr leid, dass du deinen Papa so plötzlich verloren hast. Ich verstehe dich sehr gut, denn ich hatte so eine enge Verbundenheit mit meiner Mama wie du mit deinem Papa. Wir sind auch jedes Jahr zusammen in den Urlaub gefahren bis meine Kinder zur Welt kamen. Meine Mama hat die Beiden über alles geliebt und die Kinder sie. Leider ist meine Mama ganz unerwartet gestorben, die Kleine war erst 3 Jahre alt. Ich bin fast im gleichen Alter wie du und weiß, dass wir keine Kinder mehr sind und doch unsere Eltern noch so sehr brauchen würden. :30:


    LG,

    Caro :24:

  • Es tut so gut so liebe Nachrichten von euch zu bekommen. Danke dafür.

    Seit einigen Tagen beschäftigen mich zwei Dinge und ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll.

    An dem Tag an dem ich meinen Vater bewusstlos in der Küche gefunden habe wollte ich eigentlich um halb zehn da sein. Doch ich bin kurz vorher noch zur Post gefahren und daher eine halbe Stunde später bei meinen Eltern angekommen. Die ganze Zeit denke ich darüber nach warum ich das unbedingt an diesem Morgen noch machen musste. Wenn ich pünktlich gewesen wäre hätte seinen Sturz vielleicht noch verhindern können. Und was mich ebenfalls beschäftigt ist dass ich nicht bei ihm war als er gestorben ist. Die Ärzte haben mich gefragt ob ich bleiben will aber ich konnte nicht. Ich hätte das nicht ertragen. Und jetzt denke ich dass ich ihn alleine gelassen habe. Es tut so weh darüber nachzudenken.

  • Hallo Jenny,


    das sind so typische Schuldgefuhle die jeder von uns hat, ich habe mir die letzten 2 Monate über nichts anderes Gedanken gemacht, wie ich meinen Vater hätte retten können. Ich kann dir nur sagen, dass du es zu diesem Zeitpunkt nicht wusstest und es auch nie hättest wissen können, und dass man vorher noch etwas erledigt ist doch was ganz normales. Man kann einfach nicht die Zukunft voraussehen und alles wissen :/ ich glaube aber, man muss sich mit der Todesursachen und mit diesen Gedanken eine Zeit lang beschäftigen, um damit abschließen zu können... Bei mir merke ich, dass diese Gedanken jetzt nicht mehr so präsent sind, aber ich finde/fand es total wichtig darüber sprechen zu können. Ich wollte auch mit meiner Mutter am Anfang darüber sprechen, wie offensichtlich man ja den Tod meines Vaters hätte verhindern können. Leider kam bei ihr nur der Kommentar, "ja stimmt, aber bringt ja jetzt nichts mehr drüber nachzudenken weil man es ja eh nicht mehr ändern kann". Das fand ich etwas unangebracht, ich finde man muss doch trotzdem darüber sprechen was passiert ist. Auf der anderen Seite hatte sie natürlich recht. Also diese Gedanken sind normal und ich glaube, irgendwann lernt man dann einfach das alles zu "akzeptieren" ,...

  • Liebe Jennymaus,


    ich stimme MarieSophieWu absolut zu.

    Es ist völlig normal dieses Gedankenkarusell oder Kopfkino.

    Unser Verstand und unser Herz sind da überhaupt nicht beisammen und wir gehen es immer und immer wieder durch.

    Das ist völlig normal irgendwann lernt man das loszulassen und ein Stück zu akzeptieren das wir schlicht darauf keinen Einfluss haben.


    Du hast so reagiert auch im KA weil Du es einfach nicht ertragen hättest, Dein Vater weiß das, abgesehen davon gehen viele sowieso erst wenn sie allein sind.

    Warum ich weiß es nicht vielleicht um es uns einfacher zu machen, vielleicht auch weil sie dann besser den Übergang schaffen ich hab keine Ahnung warum.


    Es ist wichtig darüber zu reden, schreiben es zu verarbeiten damit der Verstand und das Herz da wieder etwas näher zusammen rücken können.

    Es ist eine Art der Verarbeitung wenn auch quälend und schmerzvoll, das lässt aber nach mit der Zeit.


    Vlg. Linchen

  • Hallo ihr Lieben, ich schreibe weil es mir seit zwei Tagen sehr schlecht geht. Ich breche ständig in Tränen aus und der Gedanke dass mein Vater nie wieder kommt, ich nie wieder mit ihm reden kann oder ihn in den Arm nehmen kann zerreißt mich innerlich. Ich habe mich dazu entschlossen zu einer Psychotherapeutin zu gehen die spezialisiert ist auf Trauerverarbeitung. Ich bin gespannt ob sie mir etwas helfen kann.

    Wie geht es euch anderen zur Zeit? Ich schicke euch allen eine Umarmung aus der Ferne

    Liebe Grüße

    Jenny

  • Liebe Jennymaus,


    das ist gut das Du Dir Hilfe suchst, wir kennen diesen Schmerz ich habe ihn durchlebt wie viele hier.

    Es zerreißt einen, der Schmerz ist unbeschreiblich.

    Ich wünsche Dir das Dir etwas geholfen werden kann, es reicht manchmal wenn man reden kann und gehalten wird.


    Vlg. Linchen

  • Liebe Jenny,


    der Schmerz ist unbeschreiblich, ich habe ihn heute auch wieder gespürt... Ich verstehe dich so gut. Ich kann dir leider nichts tröstendes sagen.


    Es ist gut, dass du dir Hilfe holst.


    Alles Liebe Pia 🥀

  • Liebe Pia,


    ach mensch ja es tut immer wieder irre weh unbeschreiblich weh und dann kommen wir nicht weiter eine Grenze ein Abgrund und wir stehen davor und starren hinunter.


    Wir müssen uns festhalten an ihrer Liebe an dem was sie uns gaben.

    Sie liebten uns bedingungslos und nun müssen wir lernen ohne Sie weiter zu gehen.

    Wie das geht und wie das funktionieren kann weiß ich nicht.


    Vlg. Linchen :30:<3

  • Ich glaube ganz fest daran dass er in irgendeiner Form bei mir ist aber ich würde ihn gerne umarmen, mit ihm reden, mit ihm und meiner Tochter spazieren gehen, einfach bei ihm sein. Mein Mann meinte zu mir dass ich ja trotzdem mit Papa reden könnte. Aber ich kann das zur Zeit noch nicht.

  • Liebe Jenny,


    bei mir ist das mit dem reden einfach so passiert... ich kann Dir nicht sagen warum oder so. Es war erschreckend, als ob er da war, vielleicht war er es auch, seine Seele... ich weiß es nicht. Ich glaube auch, dass es etwas gibt, was zeigt, dass unsere Lieben bei uns sind. Ich habe mir ein Buch gekauft, hab es noch nicht ganz durch. Es heißt "wenn die Seele fliegen lernt". Kannst ja mal gucken. Vielleicht spricht Dich ja auch sowas an. Ganz liebe Grüße Tati

  • Hallo ihr Lieben,


    ich wollte mich mal wieder bei euch melden. Seit einigen Tagen geht es mir nicht sehr gut. Papa fehlt mir so sehr. Es gibt keinen Tag an dem ich nicht an ihn denken muss und dann in Tränen ausbreche. Ich kann immer noch nicht fassen, dass ich ihn nie wieder sehen werde. Das ist einfach nicht zu begreifen für mich.

    Letzte Woche bin ich den Spazierweg gegangen, den ich mindestens einmal die Woche mit ihm zusammen gegangen bin. Ich dachte es sei eine gute Idee, weil ich mich ihm so vielleicht näher fühlen würde. Aber das Gegenteil war der Fall. Ich habe den ganzen Tag geweint und war tieftraurig, weil mir schmerzlich bewusst wurde, dass ich diesen Weg ab jetzt für immer ohne meinen Vater gehen werde. Dann hab ich in letzter Zeit oft das Gefühl, dass ich meinen Vater "verrate" weil das Leben einfach "normal" weitergeht. Meinen kleine Tochter, sein größter Schatz, wird immer größer und hat sich in den letzten Woche so sehr weiter entwickelt, nächste Woche feiern wir ihren zweiten Geburtstag, mein Mann und ich unternehmen viel mit ihr. Und jedes Mal denke ich, wie schade es ist dass Papa nicht dabei sein kann und all das miterlebt. Wäre er enttäuscht von mir, dass ich einfach so weitermachen, ohne ihn? Dieser Gedanke macht mich ganz krank.

    Letzte Woche war ich zum ersten mal bei der Psychotherapeutin für Trauerverarbeitung. Ich habe einige gute Erkenntnisse erlangt. Vor allem meinte sie dass ich meine Trauer so ausleben darf wie sich das für mich richtig anfühlt. Für mich bedeutet das nämlich im Moment, dass ich mich von vielen Bekannten zurückziehe, die mir nicht gut tun. Viele benehmen sich mir gegenüber so als wäre nichts passiert. Dabei hat sich für mich ein ganzes Leben verändert. Nichts ist mehr so wie es vorher war. Die meisten verstehen das aber nicht. Laut ihren Aussagen muss dass Leben wie bisher weitergehen. Vor ein paar Tagen hat mich eine Freundin gefragt wie es mir geht. Als ich meinte nicht gut, meinte sie: "Oh das wird schon wieder". Daraufhin hat sie mir eine Stunde von ihren Eheproblemen erzählt. Als sie fertig war meinte sie: Siehst du, das sind Probleme. Über deine können wir uns ja ein anderes Mak unterhalten!". Ich war geschockt wie unverschämt manche Menschen doch sein können. Ich weiß dass auch andere Probleme haben, aber könnt ihr mich verstehen wenn, der Tod meines Vaters zur zeit das Schlimmste es??? Ich denke so oft in Gesprächen mit anderen, eure scheiß Probleme hätte ich mal gerne. Daher merke ich wie ich mich immer mehr zurückziehe. Ich möchte mich damit nicht belasten. Und ich kann auch nicht immer so tun als wäre alles gut bei mir nur damit die anderen sich gut fühlen. Ich will so trauern wie ich es für mich richtig empfinde.

    Ich schicke euch allen eine Umarmung. Danke dass ich hier meine Gefühle und Gedanken mit euch teilen darf.

    Jenny

  • Liebe Jenny,


    Dein Beitrag hat mich sehr berührt. Ich habe auch viel Schlimmes mit sogenannten Freunden erlebt, was

    zur Folge hatte, das ich mich sehr zurückgezogen habe. Was Du von Deiner Freundin geschrieben hast,

    ist wirklich bitter und egoistisch.


    Ich meide ein wenig "unsere" Plätze, weil mich das zu traurig macht, aber jeder erlebt das natürlich anders.

    Für mich ist auch die Welt stehen geblieben durch den Verlust, aber die Menschen um mich herum

    erleben das natürlich anders. Ich denke auch oft, Deine Probleme hätte ich gerne.


    Dein Verlust um Deinen Vater tut mir sehr leid. Ich bin mittlerweile "draußen" verstummt, was die Trauer

    betrifft. Ich hätte nie im Leben gedacht, dass das so ein Tabuthema ist und von den gut gemeinten Rat-

    schlägen erhole ich mich immer noch.


    Nicht nur, dass der Partner nicht mehr da ist, auch die Freunde sind nicht mehr da. Mich hat das sehr

    verletzt, dass ich so alleine war in der schlimmsten Stunde meines Lebens.


    So bin ich dann irgendwie auf dieses Forum gestoßen und bin nicht mehr allein in meiner Trauer.


    Lieben Gruß


    Turicum

  • Liebe Jennymaus,


    Da reagierst Du wie viele und wie ich weil es besser ist sich zurück zu ziehen.

    Nein das Leben geht nicht normal weiter.

    Nun hast Du natürlich noch eine kleine Maus die natürlich Deine Aufmerksamkeit will uns braucht und die raus muss und Freude und Spaß erleben soll.

    Das ist ein Spagat den man in so einer Situation natürlich irgendwie bewältigen muss.


    Nein Dein Papa ist bestimmt nicht traurig, ganz im Gegenteil er will ganz sicher das Du weiter machst für Dich für Deine kleine einfach weiter gehen und irgendwann wieder Spaß und Freude haben.


    Es dauert einfach seine Zeit.

    Es wird anders, vermissen wirst Du ihn immer.


    Vlg. Linchen

  • Liebe Jennymaus


    Ich find die Art deiner Freundin auch unverschämt.
    Die Trauer um deinen Papa ist so allumfassend und schmerzlich . Die lapidaren Probleme , für uns , nach diesem Verlust , lapidar, sind so unbedeutend. Wir können das nicht mehr verstehen . Und deswegen ziehen wir uns zurück.

    Ich kann das auch nicht mehr ertragen . Ich war früher gern „ draußen“ , gern unter Menschen. Heute ist mir alles zu laut , zu hektisch . Einfach anders.


    Dein Papa ist dir ganz sicher nicht böse . Deine kleine Tochter ist dein Halt und sein Halt in verschiedenen Dimensionen.


    Ich hatte früher immer Angst um meine geliebte Großmutter, sagte oft zu ihr was ich ohne sie machen soll .
    Sie sagte mir „ Du hast deine Kinder“ . Diese Worte waren mein Halt, um weiter zu machen .


    Jetzt , wo mein geliebter Mann nicht mehr da ist , weiß ich nicht was mein Halt ist .


    Ich wünsche dir ein gutes Familienleben , mit deiner kleinen Tochter und deinem Mann. Im Herzen mit deinem Papa.


    Herzlichst 🧡🧡

  • Liebe jennymaus,


    du machst alles richtig. Schütze dich vor merkwürdigen Freunden, die deinen Schmerz nicht hören und nicht sehen wollen. Du bist nicht allein mit diesen Erfahrungen, sie machen nur noch zusätzlich traurig, verwirrt und enttäuscht.


    Nein, es ist überhaupt kein Verrat an deinem Vater, wenn du mit deinem Mann und deiner Tochter etwas unternimmst. Deine Tochter braucht dich jetzt, damit sie zu einer glücklichen Erwachsenen werden kann. Sie entwickelt sich. Ich glaube eher, dass dein Vater tief bestürzt wäre, wenn du dich nicht um sein Enkelkind kümmern würdest und dem Kind nicht vermitteln würdest, dass das Leben trotz allem auch schön sein kann.

    Natürlich wäre er gern dabei. Was meinst du, was er alles getan hätte, um deiner Tochter eine Freude zu machen?

    Jetzt musst du diese Aufgabe an seiner statt übernehmen.

    Liebe Grüße

    Mena

  • Liebe Jenny,


    ich kann so gut nachvollziehen wie es dir geht. Bei mir ist es ähnlich. Ich vermisse meinen Vater auch mit jedem Tag der vergeht immer mehr und weine viel. Jede Erinnerung an ihn tut so weh. Ich habe mich auch total zurückgezogen und habe ein schlechtes Gewissen Dinge zu unternehmen, bei denen ich Spaß haben könnte, weil ich das Gefühl habe, dass wäre so wie du schreibst Verrat. Auf der anderen Seite glaube ich, dass unsere Väter sich am meisten für uns wünschen würden, dass es uns gut geht. So wie ich nicht will, dass meine Tochter traurig ist, glaube ich, dass auch mein Vater wollen würde, dass ich wieder Freude empfinde. Das ist aber noch ein sehr langer Weg bis dahin.


    Ich erlebe momentan auch, dass viele aus meinem Umfeld mit Unverständnis reagieren, wenn ich sie mit meiner Trauer konfrontiere. Sogar mein Mann meint, ich muss wieder in die Normalität zurückfinden und kann nicht noch ewig so weitermachen.

    Momentan lese ich das Buch „Es ist ok wenn du traurig bist“. Es hilft mir sehr, weil da genau beschrieben wird, wie falsch eigentlich die Gesellschaft mit Trauer umgeht und uns als „ungesund“ abstempelt. Dabei sind es sie die eine komplett verkehrte Einstellung zur Trauer haben. Ich kann dir das Buch wirklich sehr empfehlen.


    Fühle dich umarmt. Alles Liebe

    Alisa (Wintermond83)

  • Liebe Jennymaus ❤️


    Ich wollte dir auch gerade schreiben und voller Empörung über deine Freundin.


    Aber du hast schon so liebevolle und verstehende Worte bekommen, dass ich mich nur anschließen kann.


    Ich merke auch dass der Schmerz "stiller" wird, aber nicht leise... und er ist immer da, rund um die Uhr um dann irgendwann wieder mit Getöse auf mich einzustürzen.... ❤️💔

  • Liebe Wintermond,

    Es hilft mir sehr, weil da genau beschrieben wird, wie falsch eigentlich die Gesellschaft mit Trauer umgeht und uns als „ungesund“ abstempelt.

    es ist genau umgekehrt. Wir verhalten uns normal, die Gesellschaft ist absolut krank. Das ist meine Erkenntnis nach einem Jahr Trauer.

    Liebe Grüße

    Mena