Mein Leben ist nur noch ein Scherbenhaufen

  • Hallo Karin,


    ich habe zwar nicht meinen Partner, aber meinen Vater vor 4 Monaten an Corona verloren. Er war jedoch nicht 4x geimpft, trotzdem war es für mich auch ein Schock, obwohl ich es immer im Hinterkopf hatte. Das ist halt das Opfer was die Freiheit der jungen gesunden Menschen in der Pandemie jetzt bringt.

    Tut mir wirklich leid für dich. Leider ist es aber so, dass die Impfung nicht lange wirkt, ca. 6 Monate,... danach ist der Schutz fast vollkommen weg. Die Medikamente haben bei meinem Vater auch nichts bewirkt,.. Ich kann dir sagen, dass die Trauer aufgrund dieser Todesursache für mich sehr viel schwerer ist, weil es so vermeidbar wirkt:/ man fühlt sich so sinnlos, die letzten 3 Jahre hat man sich immer an die Maßnahmen gehalten und alles getan und ich habe das Gefühl es war jetzt alles umsonst...

  • Das Gefühl der Ungerechtigkeit ist ganz normal. Das wird mich auch für den Rest meines Lebens verfolgen :(, also 73 ist heutzutage wirklich kein Alter.

    Menschen über 60 müssen sich für einen guten Schutz eiglt alle 4-6 Monate impfen und um sicher zu gehen auch Antikörpertests machen, denn bei manchen schlägt die Impfung nun mal nicht an... Es sind nun mal 170.000 Menschen an Covid gestorben, klar ist dann das schlimmste vorbei, die Menschen sind tot und die die es überlebt haben werden ja nicht bei der Zweitinfektion sterben. Die Durchseuchung nimmt jetzt nun mal die letzten Opfer noch mit und medial ist das Thema halt durch, deswegen bekommt man davon nichts mehr mit, die Leute nehmen es halt nicht mehr ernst obwohl es noch genauso ernst ist wie 2020 und man extrem vorsichtig sein muss, eigentlich die Maßnahmen genauso radikal einhalten muss wie damals wenn man zur Risikogruppe gehört und es noch nicht hatte... Ich wünschte auch dass ich das vorher gewusst hätte, irgendwo war auch diese Angst da, aber man hat geglaubt es wird schon alles gut. Aber leider sterben noch täglich 100 Menschen an Corona...

  • Liebe Karin,


    es tut mir sehr leid, dass du deinen Mann wegen dieser furchtbaren Pandemie verloren hast.

    Ihr habt versucht, euch zu schützen und es hat nichts genützt.

    So viele haben sich impfen lassen und sterben trotzdem. Das kann man nicht verstehen.

    Ich verstehe z.B. auch nicht, warum es jetzt so viele Menschen gibt, die an Herzinfarkt sterben. Gefühlt ist das auch erst seit Corona so.

    Aber das ist ein anderes Thema.


    Fühl dich Willkommen hier.

  • Liebe Karin,

    meine Mutter ist zwar nicht an Covid gestorben, aber auch ich habe unter Corona extrem leiden müssen. Ich durfte sie in den letzten Tagen vor ihrem Tod nicht besuchen, weil man ausgerechnet diese Station "zum Schutze der Patienten" als Vorsichtsmaßnahme geschlossen hatte. Pech gehabt, wenn man auf der falschen Station lag...

    Ich bin auch noch traumatisiert, zumal weitere Dinge passiert sind. Sie haben z.B. nicht mitbekommen, dass sie völlig dehydriert war. Damit haben kurzzeitig die Nieren versagt...

    Das hat sie noch irgendwie überlebt.


    Viele Menschen sterben zurzeit unnötig in den Krankenhäusern, weil die Versorgung der Patienten teilweise hundsmiserabel ist.

    Jeder Zweite, mit dem ich spreche, berichtet mir von teilweise haarsträubenden Fehlern, die nur durch Zufall überlebt werden.

    Eine Bekannte von mir hat ihren Vater 2 Tage suchen müssen, weil man vergessen hatte, mitzuteilen, in welchem Krankenhaus der Vater nun war. Dem Mann war ein Bein amputiert worden.


    Ich will damit ausdrücken, dass du (übertrieben) im Moment mit einer Fußpilzinfektion ins Krankenhaus kommen kannst und dann nur noch aus dem Hinterausgang raus.


    Weißt du, du und dein Mann, ihr habt alles getan, um euch vor dieser Infektion zu schützen. Mehr konntet ihr nicht tun.

    Und trotzdem sorgt das Schicksal und das desolate Gesundheitssystem dafür, dass man es nicht überlebt.


    Ich verstehe, dass du total geschockt bist, weil du dich nach dem Impfungen in Sicherheit gefühlt hast. Aber er hätte trotz strotzender Gesundheit z.B. einen Unfall haben können, eine Sepsis entwickeln können (ist meinem Onkel beim Spargelschälen durch einen Schnitt in den Finger passiert )


    und wäre trotzdem gestorben.


    Das ist kein Trost, ich weiß. Aber ihr hättet nicht mehr tun können.


    Liebe Grüße

    Mena

  • Liebe Karin,

    ich denke, dass sie alles versuchen. Sie sind schlicht überfordert. Und so eine Lungenschädigung ist wirklich nicht einzuschätzen. Guck mal, sie haben ihren Beruf gewählt, um Leben zu retten. Es ist ihnen nicht egal, wenn ihnen jemand unter den Händen weg stirbt.

    Den Eindruck hatte ich auch bei meiner Mutter. Es tat ihnen in der Seele weh.


    Liebe Grüße

    Mena

  • Das weiß man natürlich nie, ob eine andere Behandlung das Leben hätte retten können, aber man muss auch immer im Hinterkopf haben, was so einen Intensivbehandlung für gesundheitliche Nachfolgen hat in dem Alter. Naja man wird es nie wissen. Nach 3 wochiger Behandlung bei meinem Vater und sämtlicher Organschäden, die einfach irreversible waren, hatte ich mir auch gar nicht mehr erhofft oder gewünscht, dass er das überlebt. Es wäre wahrscheinlich ein Leidensweg geworden und er wäre vllt dann ein paar Monate später an einem Infekt o.ä. gestorben.. Das ist wie ich damit umgehe, ich glaube man konnte ihm einfach nicht das Leben retten, man hätte die Infektion vermeiden müssen, aber das war bei meiner Mutter die jegliche Corona Maßnahmen und die Impfung abgelehnt hat eh nicht möglich... Oder vielleicht doch irgendwie, ich weiß es nicht.


    Aber da wo Menschen arbeiten passieren nun mal auch Fehler und im Krankenhaus ist das natürlich auch extrem tragisch. Mein Vater hatte auch erst seine Vorerkrankungen (weswegen er wahrscheinlich Covid auch nicht überstehen konnte) durch einen Behandlungsfehler entwickelt. Vor 4 Jahren hatte er einen Nierenstein, der entfernt werden sollte, eine total harmlose OP. Wegen Fehllagerung des Stents hat er 3 Tage nach der OP eine Urosepsis entwickelt mit anschließenden skeptischen Schock und multiplen Organ versagen.. Er hatte das irgendwie überlebt.. Aber musste dann die letzten 4 Jahre mit chronischen Nierenversagen vorletztes Stadium leben. Das hat ihn natürlich zum Risikopatient en gemacht. Und leider war das wirklich offensichtlich ein Arztfehler, das hat der Chirurg sogar damals halb zugegeben...


    Aber verhindern kann man so etwas nicht wirklich, man kann nicht in die Zukunft schauen :(

  • Liebe Marie,


    indirekt haben sie Fehler auch bei meiner Mutter zugegeben. Offiziell ist das in unserem Gesundheitssystem nicht möglich, denn dann verlieren sie ihre Versicherung.... Die Versicherung wiederum hat nur ein Ziel: Kosten möglichst gering halten.


    So kann man das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt, Patient und Angehörigen auch spalten.


    Fehler sind nicht vermeidbar. So schlimm das ist, es ist verkraftbar. Aber wenn Ärzte und Schwestern sich nicht trauen, Fehler zuzugeben und zusätzlich, dass es in unserem Gesundheitssystem bereits 5 nach 12 und nicht 5 vor 12 ist, sehe ich schwarz.


    Und manches ist eben schicksalsbedingt nicht beeinflussbar. Wie kann man durch eine Spargelschälerei so schlimm erkranken? Tausende schälen jährlich Spargel, meinen Onkel hat es getroffen. Das ist wirklich einfach Schicksal.


    Liebe Grüße

    Mena

  • So ganz wie vorher wird die Person wahrscheinlich nicht, je nachdem wie groß der Lebenswille ist... Aber jetzt wird man es nie wissen... Bei meinem Vater hatten sie den Luftröhrenschnitt gar nicht mehr gemacht, die Viruslast war zu hoch.. Seine Niere hatte noch vor seiner Lunge versagt wegen des Cts was sie gemacht haben und des Kontrastmittels, da war er 3 Tage an der Dialyse, danach haben sich die Nierenwerte wieder stabilisiert. Alle Werte waren ein paar Tage wieder sehr gut, aber ab der Beatmung ging es mit ein paar Ausnahmen eigtl nur bergab :( dieses hin und her hat mich sehr fertig gemacht, er hat so viel gekämpft und es am Ende einfach nicht geschafft. Am Ende musste er dann eiglt auch wieder an die Dialyse, das haben die aber gar nicht mehr gemacht...


    Die Zeit nach einem schweren Verlauf der überlebt wird ist glaub ich wirklich nicht ohne, für die Angehörigen kann das auch sehr schwer sein, mein Vater hatte sich nach dem septischen Schock vor 4 Jahren auch nie mehr richtig erholt, mir ging es die letzten 4 Jahre auch sehr schlecht deswegen, weil ich meinen gesunden aktiven Vater wieder haben wollte. Jetzt nachdem er gestorben ist, frage ich mich, wieso mir das nicht gereicht hat, er war ja noch "relativ fit".

    Mit der Zeit lernt man das Geschehende einfach zu akzeptieren, ich weiß nicht, ob bei dir dieser Prozess auch so ablaufen wird. Ich bin alles tausendmal durchgegangen und ich glaube das muss man auch. Vieles hat sehr viel Wut in mir ausgelöst und tut es immer noch wegen des ganzen Coronaquatsch, meine Eltern hatten es ja leider nicht ernstgenommen. Manchmal steigere ich mich noch total darein. Bis heute weiß ich nicht, ob das ein gesunder Verarbeitungsprozess ist oder ob man das vermeiden sollte, aber das wäre dann vllt. schon Unterdrückung der Trauer. Ich lasse meine Gedanken jetzt einfach zu und das wird auch empfohlen, auch wenn sie teilweise wirr und logischgesehen nicht zielführend sind, weil man an allem nichts mehr ändern kann. Aber ich vermute, dass dann diese unerträglichen Gefühle der Verzweiflung, Traurigkeit, Unruhe usw., die plötzlich bei mir auftauchen, nachlassen könnten/ertraglicher werden.

  • Liebe Karin, liebe Marie,

    ich habe auch immer wieder alles analysiert, ich gehöre nicht zu den Menschen, die gut verdrängen können. Für mich war und ist es wichtig, alles noch einmal durchzuspielen, um es letztendlich akzeptieren zu können. Wenn ich es nicht täte, dann würde ich wahrscheinlich krank, auch wenn ich oft den gegenteiligen Rat erhalte: "Vergiss es. Sonst wirst du noch krank." Ich glaube, dass für mich genau das Gegenteil zutrifft. Deshalb und das tut mir leid, bin ich auch von deinem Kummer (Karin) etwas abgewichen und habe erst mal auf das Gesundheitssystem geschimpft.


    Liebe Marie, ich denke, dass es sehr individuell ist, wie man am besten mit der Situation umgeht. Es hängt stark von den eigenen Charaktereigenschaften ab. Und wenn sich diese unfassbare Ohnmacht und Hilflosigkeit in Wut wandelt, dann gewinnt man wenigstens einen kleinen Teil Kontrolle über das eigene Leben zurück.

    Wut lässt sich auf ein Ziel richten, Ohnmacht und Hilflosigkeit sind zerstörerisch.


    Liebe Karin, was wäre geworden, wenn dein Mann überlebt hätte?

    Das wissen wir nicht. Es ist nur klar, dass ihr nicht sofort an euer altes Leben wieder hättet anknüpfen können. Das ist irgendwie so eine Illusion, die man mit sich herumträgt. Vielleicht wären "nur" viele Monate Reha erfolgt, vielleicht wären viele Jahre mit starken Einschränkungen gekommen. Es sagt sich so leicht, das wäre besser gewesen.

    Ich glaube, dass wir einfach unserem Wunschdenken, unseren Illusionen ausgeliefert sind, so wie du es selbst geschrieben hast. Eine Rückkehr in das alte, gewohnte Leben wäre für eine längere Zeit nicht möglich gewesen.


    Liebe Karin, ich gehe schon wieder zu weit. Du musst erst mal das Jetzt realisieren und das ist seelische Schwerstarbeit. Und ich verletze gerade etwas, dass ich für mich selbst so sehr gewünscht hätte: dass mir einfach erst mal jemand zuhört und mich nicht mit seinem eigenen Senf beschallt.


    Ich drücke dich jetzt erst einmal und - versprochen -, nehme mich ein wenig zurück.


    Du bist jetzt wichtig.


    Mena

  • Liebe Karin,

    dass kann ich gut nachempfinden, bei mir ist die Beerdigung jetzt auch erst 4 Wochen her und ich hatte auch große Angst davor.

    Aber du schreibst von Familie und das ist gut, sie werden dich auffangen. Mein Bruder und meine Schwägerin hatte ich ganz nah an meiner Seite, dass hat mir großen Halt gegeben, meine Kinder brauchten natürlich ihre eigenen Partner, sie haben genauso gelitten wie ich.

    Du schaffst das und du entscheidest, wieviel Trost man dir schenken darf!!

    Du musst dich vor niemandem rechtfertigen, ich bin zum Beispiel direkt vom Friedhof runter, da ich es nicht ertragen konnte, aber das entscheidet jeder für sich.

    Anderen tut dieser Trost vllt auch gut, entscheide dich so, wie du es in dem Moment für richtig hältst.

    Fühl dich umarmt!

    Liebe Grüße

    Danne

  • Liebe Karin,

    nein, alles ist erlaubt. Es ist ein unglaublicher Schlag, der einen trifft. Du darfst alles fühlen, was du fühlst. Du darfst auch nichts fühlen. Am Anfang steht nur Einatmen, Ausatmen, Überleben. Sonst nichts.


    Im Moment sind hier im Forum so viele, die gerade erst einen Verlust erleiden mussten. Lies bei ihnen. Das tröstet zwar nicht, aber man fühlt sich nicht so allein.


    Liebe Grüße

    Mena

  • Hallo Karin,mir geht es genauso wie dir.Mein Mann starb am 10.05.

    Bei mir ist auch noch alles frisch und ich kann meine Gefühle auch nicht einordnen.Den einen Tag musste ich die Schuhe weg räumen,den anderen die Jacken.Aber seine Decke und Kissen muss bleiben.Irgendwie bescheuert.Wir hatten im März Corona und in folge darauf erkrankte sein Herz....

    Ich wünsche dir viel Kraft und vergiss nicht zu essen,Kathi

  • Liebe Karin,es tut mir so leid, daß es Dir im Moment so schlecht geht. Ich war ein halbes Jahr wie gelähmt. Fühlte mich wie amputiert nach dem Tod meiner geliebten Frau.

    Ich möchte Dir heute tröstende Gedanken schicken. Bitte verzweifle nicht.


    Liebe Grüße

    Matthias

  • Liebe Karin

    Ich kann dich gerade so gut verstehen- bei mir waren es gestern 7 Wochen- nach meiner Trauerreise ging es mir jetzt 3 Tage ganz gut und gestern Abend hab ich wieder einen totalen Zusammenbruch gehabt. Gerade am Wochenende ist es noch schlimmer- wir haben immer ausgiebig, gemütlich gefrühstückt mit frischem Gebäck das mein Mann für uns holte. Jetzt sitz ich allein vor dem Fernseher und esse irgendwas. Aber ich habe mir vorgenommen einmal in der Woche zu kochen.

    Momentan versuche ich alleine in der Wohnung zurecht zu kommen- habe aber für alle 3 Tage zwischendurch ein Treffen geplant mit Freundinnen und Tochter.

    Dieses alleine sein ist einfach schlimm

    Ich schick dir eine ganz herzliche Umarmung und liebe Grüße

    Karin :24::30: