Zuerst, ich hätte mal Lust mich mit dir in real zu unterhalten Katarina, denn ich bin nur ein Jahr älter als du, 1976 geboren, allerdings in der ehemaligen DDR.
Ich war in der Schule immer gut, aber nie wirklich ehrgeizig außer in Deutsch. Meinen Schulabschluss habe ich mit Auszeichnung als Beste gemacht und kann mir heute dafür immer noch nichts kaufen. Meine acht Semester Uni werden mir nicht anerkannt, weil ich die Uni während der Bologna Reform gewechselt und ich noch auf Magister studiert habe. Um einen Abschluss zu erhalten, müsste ich von vorn beginnen, heißt im Bachelor neu starten.
Da stehe ich also mit 39 Jahren, trotz sehr guter Zeugnisse ohne Abschluss da. In Deutschland ist das ein Desaster. Die Frage, die ich mir immer wieder auf´s Neue gestellt habe: "Hätte ich ehrgeiziger sein sollen?"
Mein Fazit: "Nein!" Hätte ich die Stadt damals nicht gewechselt, hätte ich viele Teile meiner wunderbaren, intensiven und bereichernden Beziehung zu meinem Freund so nie erleben können. Ich lebe zwar für die Gesellschaft an der Armutsgrenze, habe aber auch kaum Ausgaben, denn hier ist nichts auf Kredit gekauft, ich nutze gern gebrauchte Sachen und mein größtes Gut, ist die Zeit, die mir trotz Arbeit noch zur Verfügung steht.
Vor drei Wochen habe ich beschlossen wieder privat im Nebenerwerb, dass zu tun, was ich tatsächlich studiert habe, nämlich Deutsch für Migranten zu unterrichten. Es hat mich unglaublich viel Überwindung gekostet, den derben Unirückschlag und die damit verbundenen Selbstzweifel aufgrund des fehlenden Abschlusses mental beiseite zu drängen, aber es hat sich gelohnt. Binnen zweier Tage hatte ich bereits meinen ersten Schüler und es macht richtig viel Freude. Ich erkenne mich in dem wieder, was du über deine Schwedisch Lehrerin schreibst. Das war und ist genau mein Weg. Und wisst ihr, was das Schönste ist, meine Schüler zeigen die gleiche Freude, wie bei meinen ersten Kursen vor sieben Jahren - ich kann´s noch
Katarina, ich freue mich riesig für dich, dass du so eine gute und empathische Sprachlehrerin hast. Deine Wahl der schwedischen Persönlichkeit war erstklassig! Gerade in einer multikulturellen Klasse ist das explosiver aber auch einprägsamer Denkstoff. Mir hätte das gefallen