Hallo !
Ich suche hier in diesem Forum etwas Halt unter Gleichgesinnten. Ich habe das Gefühl wahnsinnig zu werden vor Sehnsucht nach ihm.
Aber kurz zu meiner Geschichte:
Ich musste meinen Mann (54 Jahre) (ich 42 Jahre) am Sonntag gehen lassen. Meinen besten Freund, mein Seelenverwandter. Er ist unter meinen Händen weggestorben. Ich konnte für ihn nichts mehr machen.
Die negativen Gedanken dazu, was habe ich zum Schluss evtl. falsch gemacht. Hat er mein letzten Blick freundlich in Erinnerung? Ich konnte ihm einfach nicht helfen. Quälende Fragen.
Seit Jahren ist mein Mann Diabetiker Typ2 mit Insulinpumpe.
Zu Weihnachten 2013 hat er eine vorläufige Diagnose Multiples Myelom (Krebs) erhalten, welche sich am 2.1.14 bestätigte. Hochrisiko Patient (Aggressive Form dieser Krebsart). Die Chemo fing darauf gleich an, welche aber keinen Erfolg zeigte. Im August 2014 hat er eine autologe Stammzelltransplantation (THX) (eigene Stammzellen) erhalten. Dies hielt auch nicht lange an. Im Oktober 2014 (31.10.2014) erhielt er eine allogene THX (fremde Stammzellen). Nun sah es schon besser aus. Es wurde eine Erhaltungstherapie begonnen. Als die Werte wieder anfingen zu steigen hat er 2016 DLIs erhalten. Die ersten 3 Sitzungen zeigten keine Wirkung. Die 4. war erfolgreich. So gleich folgte eine heftige GVHD. Aber der Krebs war unter Kontrolle. Weiter mit der Erhaltungstherapie, und immer die Frage wie lange die Krankenkasse die Medikamente noch erstattet (privatversichert). Die KK sträubte sich schon seit längerem.
Durch den Krebs hat mein Mann Osteolysen.
Seit Anfang des Jahres hatte mein Mann starke Rückenschmerzen, so dass wir uns schlussendlich dazu entschlossen haben dies operativ beheben zu lassen. Mit einer Brustwirbelkörperversteifung (Kyphoplastie) an 2 BWKs. Laufen mehr als 300m ohne Schmerzen war nicht möglich. Es sollte ja durch diese OP alles besser werden.
Am 2.7.18 rein ins KKH. Am 3.7.18 OP.
Nach Erwachen aus der Narkose war mein Mann ab Achselhöhe abwärts vollständig gelähmt. Keine Sensibilität und Motorik mehr vorhanden. Am 4.7.18 erfolgte eine 2.OP : Spinalkanalerweiterung. Keine Besserung.
Durch die Querschnittlähmung bedingte Probleme (Blasen- und Darm-Ausfall) (Anfängliche hartnäckige Verstopfungen, kurz vor Not-OP). Er konnte durch die Lähmung nicht mehr richtig Abhusten, die Bauchmuskulatur fehlte dazu.
Am 12.7.18 ab in die REHA.
Keine eigenständige Körpertemperaturregulierung mehr vorhanden. Durch den heissen Sommer hat er hohes Fieber gehabt, da kein schwitzen mehr vorhanden war.
Fast 2 Monate lag er nur im Bett. Ende August konnte mit dem Rollstuhl gestartet werden. Anfängliche Kreislaufprobleme haben sich schnell beruhigt. Dann wurde er schnell stabil und es ging bergauf.
Hilfsmittel wurden beantragt. Die KK wollte dies und jenes noch (sträuben, s.o.). Mein Mann war jetzt bereits schon fix und fertig durch die REHA (unter anderem auch durch den Pflegenotstand). So oft ich konnte (neben meinem Volltagsjob + Nebenjob + 2 Kids 14 und 18) habe ich meinen Mann in der REHA gepflegt, so dass er dem unfreundlichen Pflegepersonal nicht ganz ausgeliefert war. Es gab aber auch sehr liebe und einfühlsames Pflegepersonal!!!
Schlussendlich haben wir uns dazu entschieden die techn. Hilfsmittel zu kaufen, damit mein Mann so schnell als möglich aus der REHA entlassen wird, denn er war bereits fit für den Alltag gemacht. Es gab nichts mehr zu erlernen.
In der letzten REHA-Woche würde er mit Therapien noch zu gebombt. Hochleistungssport.
Am 2.10.18 war es soweit, er kam nach Hause.
Leider hatte er sich kurz vor Entlassung den Urinalnerv eingeklemmt. Im rechten Arm war keine Kraft und Greiffunktion mehr vorhanden, mit Schmerzen verbunden. Das sollte aber in einigen Wochen von allein weggehen, in seltenen Fällen mit einer OP.
Anfänglich konnte er selbst kathetern . Später habe ich ihn aktiv Unterstützt, denn die Schmerzen wurden immer schlimmer.
Durch den Transport von der REHA nach Hause hat er sich eine kleine Wunde am PO zugezogen. Diabetiker = Wundheilungsstörung. Gefahr einer Dekubitus. Auch hier zu Hause lag er tagelang im Bett, um das die Wunde endlich verheilt und der Arm zur Ruhe kommt. Wir hatten für diese Woche zwei Transporte zum Arzt geplant. Neurologe (Arm) und Onkologe (Krebs). Sonst hätte er seine Medikamente nicht mehr bekommen. Denn in der REHA wurde keine Verlaufskontrolle (spezielle Blutuntersuchungen) gemacht.
Am Sonntag gegen 20.30 Uhr habe ich ihn bettfertig gemacht inkl. manueller Darmentleerung. Ihm ging es den ganzen Umständen entsprechend gut. Für die Darmentleerung musste er dafür auf der Seite liegen.
Als ich ihn mit seiner Hilfe wieder in Rückenlage gebracht habe, habe ich gemerkt, dass er von jetzt auf gleich apathisch wirkte. Er driftete mir weg. Ich hab ihn in Seitenlage wieder gebracht, weil ich dachte, dass er sich verschluckt hätte. Auf dem Rücken geklopft. Keine Besserung. Geschaut, ob er seine Zunge verschluckt hat. Sanfte quälende Atemzüge sind ihm entwichen. Notruf 112. Ich sollte ihn wieder in Rückenlage bringen ohne Kopfkissen. Wenn er nicht atmen sollte, dann sollte ich wieder die 112 anrufen. Der RTW war bereits auf dem Weg. Er atmete nicht mehr. 112. Warteschleife. Endlich ging jemand ran. Herzdruckmassage. 1-2-3-4. 1-2-3-4. .... Der RTW kam. Mein Mann wurde vom Bett auf dem Boden gelegt. Ich sollte beim tragen den Kopf stützen. Ich hatte Angst, dass der Kopf mir aus den Händen gleitet und er auf dem Boden knallt. Auf dem Boden angekommen sollte ich mit der Herzdruckmassage weitermachen. Der Notarzt kam und löste mich ab. Gedanklich war ich schon beim Transport ins KKH, was ich alles mitnehmen muss. Schuhe waren schon angezogen. Dann kam die Frage nach einer Patientenverfügung. Flaues Gefühl in der Magengegend. Gesucht. Gefunden. Ausgehändigt. Dann kam die Aussage vom Notarzt, dass mein Mann keine lebenserhaltenden Rettungsmaßnahmen im unabwendbaren Sterbeprozess haben wollte. Ich wusste dies. Aber trotzdem waren bei mir nur noch Fragezeichen vorhanden. Ich fragte den Notarzt schließlich, wie denn jetzt überhaupt der aktuelle Stand meines Mannes wäre. Er sprach mit mir. Seit eintreffen des RTWs gab es nur noch eine Nullinie.
Es wurde mir das weitere Prozedere erklärt. Ein 2. Arzt wird die Nacht noch kommen (der kam gegen 2.30 Uhr) und dann sollte ich entscheiden, wie lange ich seinen leblosen Körper noch zu Hause haben möchte. Bis zu zwei Tagen wären möglich gewesen. Ich sollte dann nach dem Arzt ein Bestattungsunternehmen kontaktieren. Dieses kam dann gegen 5 Uhr. Vorher mit meinen Kindern und Familie Abschied genommen. So gut es ging, wenn man noch völlig unter Schock steht. Als die Bestatter zum Abfahren bereit waren, konnte ich Ihnen nicht die Tür aufmachen, dass musste irgend jemand anders übernehmen. Ich konnte es einfach nicht. Ich hätte ansonsten meinen Mann aus der Wohnung und meinem Leben geschmissen.
2 Tage später sitzt man schon beim Bestatter und klärt alles. Und immer wieder der Gedanke: das ist alles ein absoluter Alptraum- was machst du hier eigentlich???
Nun sitze ich hier mit den ganzen Hilfsmitteln und versuche sie irgendwie zu verkaufen, damit für die Kinder wieder etwas wohnliche Normalität einzieht.
Aber ich bin der festen Überzeugung, wenn wir die Hilfsmittel gemietet hättet, dass mein Mann es nicht mehr bis nach Hause geschafft hätte. Es war sein großer Wunsch zuhause zu sterben. Und ich hatte das große Privileg ihn bis dahin zu begleiten ?
Ich habe das Gefühl es wird immer schlimmer. Egal wo ich hin gehe oder wohin ich schaue es erinnert mich alles an ihn. Ob es der Weg irgendwo hin ist, der Beifahrersitz im Auto, beim Einkaufen. Ich hab das Gefühl ich könnt durchweg brechen. Ständig driften die Gedanken weg, obwohl man es nicht will. Ich bin körperlich total platt bis hin zur Bewegungsunfähigkeit und doch habe ich das Gefühl, dass mir hier zuhaus die Decke auf dem Kopf fällt.