Hallo Ihr Lieben,
ich bin Petra aus Wien, 56 Jahre alt und auch ich habe einen schweren Verlust erlitten. Hier ist meine Geschichte:
Ich lernte Andi sehr spät kennen, ich war 39 und hatte zwar davor immer wieder kurze Beziehungen, aber der Mann fürs Leben war nicht darunter! Dieser wunderbare Mensch hat mich im Sturm erobert, mit Charme, Hartnäckigkeit und seiner fröhlichen Art. Er war mein 2. Teil, mein bester Freund und Lebensmensch! Nach 10 Jahren heirateten wir und wir waren unglaublich glücklich. Beide hatten wir keine Kinder und entschieden uns aus "Altersgründen" bzw-, Arbeitsgründen. So hatten wir also uns und das war uns beiden genug.
An meinem Geburtstag im September des Vorjahres erlitt Andreas einen epileptischen Anfall, der fast 2 Stunden dauerte. Da wir zu der Zeit in unserem Wochenendhaus waren, kam er in ein kleines Landspital. Er war über diesen Anfall so fassungslos und konnte sich das alles nicht erklären. In diesem kleinen Krankenhaus glaubte man an eine Encephalitis und behandelte ihn mit Cortison. 2 Wochen später wurde er entlassen ohne das es eine wirkliche Diagnose gab. 2 Wochen später der zweite Anfall, mein Mann rief noch selbst die Rettung und kam wieder in das Landspital. Wieder keine klare Diagnose. Irgendwann war es mir zu dumm und ich überredete Andreas sich endlich in ein großes Wiener Spital zu begeben. Im Dezember wurde eine Biopsie gemacht und da kam die ganze schreckliche Wahrheit zu Tage. Gehirntumor - Glioblastom IV, nicht operabel und unheilbar. Es folgte das Übliche, Chemo und später sollte noch bestrahlt werden.
Kurz hat Andi mal seine Erkrankung im Internet gegoogelt, aber dann vollkommen ignoriert. Er wollte es nicht wahrhaben und glaubte an Heilung. Der Tumor saß am Kurzzeitgedächtnis, was sich später als Gnade erweisen sollte. Wir haben alles versucht, dass heißt ich habe organisiert und Andi ist halt mitgegangen. Im Frühjahr ging er noch hin und wieder arbeiten, aber es strengte ihn sehr an und er fand plötzlich nicht mehr heim. Von da an ging er nicht mehr ohne Begleitung außer Haus.
Im Mai einen Tag nach seinem Geburtstag war das Kurzzeitgedächtnis fast verloren. Er konnte sich nicht mal daran erinnern, dass er am Vortag Geburtstag hatte. Er konnte nicht mehr schlafen, hatte starken Harndrang und hatte Atemprobleme . Nachdem ich wochenlang 4 bis 5 mal nachts mit ihm zum WC ging, ihm die Harnflasche anlegte oder ihm aufs Zimmerklo half, konnte ich nicht mehr, ich bin ja noch immer berufstätig. Ich konnte ihn für ein paar Tage in einer Palliativstation unterbringen und daheim alles für eine 24 Stunden Betreuung vorbereiten. Das Esszimmer wurde zum Krankenzimmer er konnte von dort aus die ganze Wohnung überblicken, war im Mittelpunkt wenn er wollte. Er kam am 17 Mai heim und war überglücklich wieder daheim zu sein. Er fand sich auch mit dem "seinem neuen Zimmer" ab und auch seinen Pfleger fand er cool. "Hey" sagte er, "wir haben jetzt eine WG".
Es ging sehr schnell bergab, bereits Ende Mai konnte er kaum noch gehen und ich zog ein Palliativteam an unsere Seite. Die letzten Wochen saß ich stundenlang an seinem Bett, sah in immer mehr verfallen und wusste, dass es nicht mehr lange gehen würde. Das schlimmste ist aber, wir konnten darüber nie sprechen, er hat es doch so negiert und wollte es nicht wahrhaben, wie sollte ich denn fragen, ob er Angst habe oder wie sollte ich nach ganz profanen Sachen fragen, wie: wo sind eigentlich deine Dokumente - für den Notfall. Ich konnte es einfach nicht und er - er konnte es wirklich nicht mehr. Er hätte es nicht mehr gewusst. Einem Freund hat er am Anfang seiner Krankheit sein Herz ausgeschüttet und geweint. Er mache sich so große Sorgen um mich und möchte mich nicht belasten. Der Freund riet ihm: "sprich bitte mit ihr" Aber er hat es nicht und ich wusste nicht, wie ich das Thema Tod ansprechen sollte. Wie gerne hätte ich mit ihm geweint, um uns, um unsere Zukunft, über diese Hoffnungslosigkeit: Er wollte mich aber nicht mit diesen Szenarien belasten.
Die letzten 5 Tage hat er nur noch geschlafen und ich konnte nur daneben sitzen und auf seinen Tod warten. Er hatte nie Schmerzen und auch sofort vergessen, welche tödliche Erkrankung er hatte, das war das Gnädige daran. Am 2. Juli um 4 Uhr in der früh ist er mit knapp 53 Jahren eingeschlafen. Ich war fassungslos, ich wusste doch dass es soweit kommen würde, aber ich war auf den Tod trotzdem nicht vorbereitet.
Das ist nun auf den Tag genau 3 Wochen her und ich befinde mich in einem seelischen Vakuum. Er kommt nie wieder bei der Türe herein, er wird nie mehr "mein Schatzale" zu mir sagen, ich werde seine Wärme nicht mehr bekommen, seine Umarmung nicht mehr spüren und seinen Geruch verlieren. Es tut so unglaublich weh. Mein Lebensmensch, er ist nicht mehr. Es ist so unbegreiflich und so traurig. Er fehlt mir so! Ach, wem sag ich das, ihr kennt das ja alle!
Wie wird es weitergehen, wie kann man nach so einem Schicksalsschlag weitermachen? Ich bekomme die Bilder der letzten Stunden und Tage nicht aus meinem Kopf, nicht weil sie so fruchtbar waren, sondern er so klein und hilflos - mein starker selbstbewusster Mann als Pflegefall. Diese Bilder schmerzen und die Lücke die er hinterlässt für mich unüberbrückbar. Dieser sch….. Krebs hat mir mein Liebstes genommen und ich muss jetzt mein Leben ungewollt alleine leben. Ich hatte so gehofft, dass er mir noch irgendwo letzte Zeilen geschrieben hätte und als sein Freund sagte, er hätte was für mich, wo Andi gebeten habe, es mir erst nach seinem Tod zu geben, da dachte ich, er hat mir etwas hinterlassen, w as ganz Persönliches, aber es war nur eine Excel-Tabelle mit Kontonummern und Polizzen - keine einzige persönliche Zeile. Da bin ich zusammengebrochen, ich hätte so sehr seine Hilfe gebraucht. Einen Satz nur, wie z.B. "Bitte lebe dein Leben, du schaffst das schon, sei nicht zu lange traurig, mach in meinem Sinne weiter" Aber da war nix, gaar nix ur zAHLEN UND Daten: Freunde sagen, als er es noch konnte, hat er seinen Tod nicht für möglich gehalten und als er es wusste, da konnte er nicht mehr schreiben. Das macht mir so zu schaffen, es wäre für mich leichter gewesen, das alles zu ertragen:
An manchen Tagen geht es und an anderen heule ich mir die Augen aus dem Kopf. Da ich arbeiten gehen muss, muss ich mich zusammen nehmen und das geht in der Firma ganz gut, weil das ja immer Andifreie Zone war, aber das nach Hause kommen, dass ist furchtbar. Oft gehe ich nochmals um den Häuserblock, nur um nicht in die Wohnung gehen zu müssen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser Schmerz je anders wird. Wie soll das nur weitergehen? Ich bin zur Zeit so unglücklich.
Bitte bitte wünscht mir jetzt kein Beileid, das ertrage ich grad nicht. Sagt mir lieber, wie ihr das alles schafft
Traurige Grüße
Eure Petra