Ihr Lieben, ich habe mich einige Wochen nicht mehr gemeldet.
Manchmal kann ich einfach nicht. Manchmal kann und will ich nichts vom Tod, von Trauer und Kummer lesen.
Seit nunmehr 15 Monaten ist mein Mann tot.
Ich fange langsam an, mich an den Zustand eines Lebens ohne ihn zu gewöhnen.
Es gibt sogar wieder schöne Momente, solche, wo ich herzhaft über etwas lachen kann, Stunden, in denen ich nicht ständig an ihn denken muss.
Noch sind sie eher selten, ich hoffe, sie werden zahlreicher.
Aber es kommen immer wieder Momente, wo ich fassungslos bin, weil sich das alles nicht rückgängig machen lässt.
Ich hätte so gerne mein altes Leben zurück.
Diese Endgültigkeit, dieses "nie wieder", "nie mehr" ist für mich ein Graus.
Alles kann man ändern, irgendwie noch drehen, nur den Tod nicht.
Gestern hatte meine Tochter Geburtstag, ich war bei ihr und ihrem Lebensgefährten zu Besuch. Sie hatte sich von mir Eierkuchen zum Essen gewünscht, ganz so wie früher, als sie klein war. Die habe ich zuhause gebraten und mitgenommen.
Wir haben dann zu dritt zusammengesessen und gespielt.
Dann kommen natürlich die Gedanken, wie schön es wäre, hätte mein Mann dabei sein können.
Aber nein, wir beide hätten gar nicht hinfahren dürfen, es darf ja nur einer zu Besuch kommen.
Mein Mann hätte jetzt kaum noch das Haus verlassen dürfen, weil er zu den Hochrisikogruppen gehört hätte.
Dann denke ich manchmal, vielleicht ist es gut, dass du, mein geliebter Mann, diese Zeit nicht mehr erleben musst.
Du bist gegangen, als es noch schön war.
Ein letzter wunderbarer Urlaub war uns kurz vor deinem Tod noch vergönnt, zusammen mit unserer Tochter und ihrem Freund.
Darauf hattest du dich monatelang gefreut.
Jetzt hätte dich niemand von uns umarmen dürfen, aus Angst, wir könnten dich unbemerkt anstecken.
Du liebtest ein volles Haus, die Familie und gute Freunde um dich herum, hast alle in den Arm genommen und fest gedrückt.
Du bist so gerne essen gegangen, hast gemütliche Abende in einem Biergarten am Wasser genossen, mit mir Konzerte und Theatervorstellungen besucht, eifrig den nächsten Urlaub oder Wochenendtrips geplant. Vor meinem geistigen Auge sehe ich dich hier am PC sitzen und nach schönen Reisezielen suchen.
All das wäre jetzt nicht möglich gewesen. Aber wir hätten uns gehabt und von besseren Zeiten geträumt.
Deine optimistische Lebenseinstellung und Zuversicht hätte mir Kraft gegeben. Du hattest die Geduld, die mir leider so oft fehlt.
Da ist es wieder, dieses elende „nie mehr“.
Mein Mann ist nicht mehr da und die Welt dreht sich trotzdem weiter.
Heute ist einer dieser Tage, an denen es mehr schmerzt und die Wehmut mich überwältigt.
Aber es wird besser, ganz langsam besser.
Nach wie vor gehe ich wöchentlich zur Psychotherapie, das hilft mir sehr.
Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass es wieder gut werden kann. Anders als früher, aber trotzdem irgendwie gut.
Ich denke oft an euch, meine Weggefährten durch die Trauer.
Bleibt tapfer und geht weiter, Schritt für Schritt.
Bis bald!
Alles Liebe
Sabine