Ich wollte den letzten Weg mit dir gehen

  • Vor drei Tagen starb mein Vater. Ich kann es noch nicht fassen und weiß nicht wie es weiter gehen soll. Ich brauch ihn doch! Er wollte nicht sterben. Er sagte im Krankenhaus, dass er bis zum Schluss alles gibt. Vor vier Wochen wurde er in die Kurzzeitpflege entlassen, da die Palliativstation voll war. Er pendelte immer zwischen Krankenhaus und Pflegeheim. Nirgends durften wir ihn besuchen, wegen Corona. Beim letzten Lebensweg braucht man doch die Angehörigen. Ich komme damit nicht klar, dass ich nicht für ihn da sein konnte. Dienstag durfte er Besuch empfangen, aber nur von einer Person. Meine Mutter fuhr hin und kurz nachdem sie das Zimmer betrat, verstarb mein Papa. Ich habe mich so auf Mittwoch gefreut, da ich ihn dann hätte besuchen dürfen. Ich komme mit dem Verlust nicht klar und alle sagen, sei doch froh er ist erlöst

  • Liebe/Lieber JaRo,


    Gut, dass du so schnell hierher gefunden hast.


    Tief bewegt habe ich deine Zeilen gelesen.

    Mein tiefes Mitgefühl.


    Es tut mir leid, dass du deinen Vater verloren hast.


    Es tut mir soo leid - und es macht mich wütend, dass du ihn - wegen diesem Schei..Corona - nicht auf seinem letzten Lebensweg begleiten durftest.

    Das ist ganz schrecklich...


    Natürlich haben die anderen irgendwie recht wenn sie sagen: "sei froh, er ist von seinem Leiden erlöst." Sie meinen es gut, wollen dich trösten.

    Aber das hilft dir im Augenblick nicht weiter... Dieses Wissen lindert nicht diesen grausamen Schmerz in dir. Diesen bohrenden Schmerz, der JETZT da ist. Und nur das zählt im Augenblick.

    Du hast einen geliebten Menschen verloren, einen Menschen, der dir sehr wichtig ist.


    Mit dem Tod des Vaters verliert man einen Teil seiner Kindheit, einen Teil seiner Wurzeln.


    Ich kann erahnen, wie es dir gerade geht. Ich habe selbst schon viele heißgeliebte Menschen (darunter u. a. auch meine Eltern und Pflegeeltern) beerdigen müssen.


    Dieser Schmerz und die Leere sind überwältigend.


    Aber mir fallen keine Worte des Trostes ein.


    Lass mich dich daher einfach nur wortlos umarmen, wenn ich darf.

    :30:


    Schreib hier immer wenn dir danach zumute ist und du die Kraft dazu hast.


    Mir hilft das hier schreiben. Es befreit.


    Und immer ist irgendeiner da, der mich versteht, der mir zuhört und meinen Schmerz nicht "wegquatschen", nicht zudecken will.


    Hier kann ich alle meine Gefühle zur Sprache bringen. Alles was in mir vorgeht, alles was mich bewegt und sei es noch so widersprüchlich. Hier darf man sein, wie man ist.Und man darf sich unendlich wiederholen, immer wieder dasselbe schreiben, bis es besser wird. Alle verstehen das, denn sie durchleben oder durchlebten ebenfalls diese Schmerzen, diese Sehnsucht...


    Ich hoffe, auch du machst hier diese Erfahrung und ich wünsche dir einen guten Austausch.


    Magst du uns ein bisschen von deinem Vater erzählen? Natürlich nur, wenn du willst.


    Dir und deiner Familie alles Gute und ganz viel Kraft


    blaumeise

  • Liebe (r) JaRo! Mein tiefes Mitgefühl zu deinem großen Verlust und herzlich Willkommen hier! Ich kann mir vorstellen, wie schlimm das sein muss, wenn man nicht ins Krankenhaus darf, das tut mir sehr leid! :( Sei ganz lieb umarmt! :30:

    LG Andrea

  • Danke für eure lieben Worte!

    Mein Papa war der fürsorglichste Mensch, den ich jemals kennen gelernt habe. Leider hat er nicht auf sich und seine Gesundheit geachtet und sich aufgeopfert. Er pflegte meinen Zwillingsbruder da, er von Geburt an im Rollstuhl sitzt. Also 35 Jahre lang.
    Dazu kümmerte er sich noch um meine Mutter, die Demenz und Diabetes hat. Er selber ging nicht zum Arzt, obwohl er Wasser im Bauch und in den Beinen hatte. Er müsse sich doch um seinen Sohn und seine Frau kümmern und könne nicht ins Krankenhaus gehen, sagte er immer.

    Er wollte nicht, dass ich ihn bei der Pflege unterstütze. Er meinte ich hätte genug um die Ohren und müsse mich um meine Kinder kümmern.

    Vor ca. acht Wochen rief ich gegen seinen Willen den Krankenwagen, da es ihm sehr schlecht ging. Dort wurden Tumore in der Leber und Nieren festgestellt. Die Ärzte konnten nichts mehr machen, außer ständig Wasser punktieren und Schmerzen lindern. Es ging so schnell. Plötzlich war er selber ein Pflegefall und bettlägerig. Der Körper ist doch nicht plötzlich voller Krebs. Er muss doch lange Zeit davor gelitten haben.

    Hätten wir mehr auf ihn achten müssen? Die Ärzte meinten, er wäre ein starker Charakter und leide heimlich.

    Dazu kommt noch, dass ich nicht trauern darf. Mein Lebensgefährte meint, ich müsse mich zusammenreißen und mich um meine Kinder kümmern und aufhören zu weinen.

    Gestern kam er dann auf die Idee mit seinen Nachbarn grillen zu müssen, Ablenkung wäre gut für mich. Spinnt er? Habe natürlich nicht mitgegrillt. Ich kann nicht fröhlich sein. Mein Papa fehlt mir so sehr! Ich weiß gar nicht, wie ich diese Lücke schließen soll, die er hinterlässt.

  • Dazu kommt noch, dass ich nicht trauern darf. Mein Lebensgefährte meint, ich müsse mich zusammenreißen und mich um meine Kinder kümmern und aufhören zu weinen.

    Liebe JaRo! Bitte lass dir deine Trauer nicht nehmen! Dein Papa ist gerade erst verstorben, du bist noch nicht mal wirklich in der Trauerphase, sondern sicher eher noch in einem Schockzustand!

    Jede Trauer ist ganz normal und es ist ganz wichtig, dass du trauern kannst und darfst!

    Gibt es eine Trauergruppe in deiner Nähe? Vielleicht kannst du dich da anschließen!

    Und Trauer schließt doch nicht aus, dass man sich um seine Kinder kümmert! Gib bitte Acht auf dich! :24:

    LG Andrea

  • Hallo JaRo


    mein herzliches Beileid... da kommen mir gleich die Tränen.

    Ich bin auch neu hier , ich finde gut das man alle schreiben und das man auf Verständnis trifft.

    Es tut irgendwie gut aber nimmt nicht den Schmerz.

    Ich wünsche dir für den schweren Weg ganz viel Kraft 😞

    Nimmt die Trauer so wie sie ist , zeigt Tränen. Ich habe es versucht zu unterdrücken und das geht nach hinten los.

    Lg

    Kleene

  • Liebe Jaro,

    Dein Verlust tut mir sehr leid. Du hast alles Recht deine Trauer auszuleben. 3 Tage!! Es ist mir unbegreiflich wie jemand nach 3 Tagen sagen kann, es wäre genug mit weinen. Auch für dein Kind ist es wichtig zu lernen, das Trauer zum Leben gehört, das man sie leben darf und das Trauer auch die Liebe zu einem Menschen zeigt.


    Schreib hier jederzeit wenn dir etwas auf der Seele liegt. Ich hoffe das Schreiben hilft dir ein wenig beim verarbeiten.

    Fühl dich willkommen <3

    Isabel

  • Liebe JaRo,


    Mein herzliches Beileid zu deinem Verlust. Es hört sich alles so an, als ob dein Leben allgemein schon schwerer war, als das von vielen anderen. Und nun auch noch der Verlust deines Vaters...das ist sehr schwer für einen! Mein Mann hat so ähnlich reagiert wie dein Lebensgefährte, nachdem meine Mama im Herbst plötzlich gestorben ist. Nachdem ich nach circa 3 Tagen sagte, dass ich nie wieder glücklich werden kann, war er den ganzen Tag sauer auf mich. "Wie kannst du sowas sagen, das ist nicht fair mir und den Kindern gegenüber. Als ob wir dir nichts bedeuten. "UND UND UND....

    Er war auch traurig, das weiß ich...aber er hat noch nie einen richtigen Verlust erlebt und kann es deswegen auch einfach nicht nachvollziehen. Niemand kann es, der es nicht selber erlebt hat. Ich hoffe, dein Lebensgefährte zeigt etwas mehr Verständnis für dich.


    Viele Grüße,

    Linda

  • Liebe Jaro!

    Es tut mir sehr leid,mein Beileid.Ja dein Vater war ein Kämpfer hat alles gegeben und war für alle da

    und jetzt so.Das tut so weh.Ich habe auch sehr früh meine Eltern verloren,da waren sie erst 55 und 57 und

    ich weine manchmal heute noch,obwohl es schon solange her ist.Ich verstehe deinen Lebensgefährten

    nicht,denn in so einer Zeit ist es so wichtig,das er zu dir hält und dich stützt.Es ist schon schwer genug

    für dich,das du mit den Kindern lachen mußt obwohl dir nach weinen zumute ist,aber sie begreifen

    das sicher noch nicht so richtig.Und es ist erst einpaar Tage her.Er hat so etwas sicher noch nicht durchgemacht,

    deshalb versteht er es nicht so.Sicher wäre es anders,wenn es sein Vater wäre.Ich hoffe,das du noch eine gute

    Freundin hast,die dich versteht,Gerade in dieser Zeit ist es so schwer.Keine Besuche im Krankenhaus.

    Das hat dich sicher auch sehr belastet,ihnnicht besuchen zu können.Ich wünsche dir ganz viel Kraft.

    Liebe Grüße Helga

  • Lieber Jaro,


    vielen Dank für deinen Beitrag den ich mit tiefer Bewegtheit gelesen habe.

    Ich möchte Dir mein tiefes Mitgefühl zur Aussprache bringen. Das Forum ist eine schöne Möglichkeit für Dich deine Gefühle und Gedanken zum Ausdruck zu bringen. Es ist sehr auffangen hier in einer Gemeinschaft aufgenommen zu werden wo Menschen ähnliche Geschichten und Stimmungen sowie Gefühle mit einem Teilen. Jede Geschichte und jede Person hier ist so individuell und einzigartig. Der Trauerprozess brauch Zeit lieber Jaro diese wünsche ich mir für Dich das Du sie dir gibst. Komm hier erst einmal an und wenn Isabel L.K. und Ich Maik.Holmer dir Helfen können oder Du fragen hast sind wir gerne für Dich da.


    Eine Mitfühlende Umarmung für Dich

    verbunden mit ganz viel Kraft und Liebe.


    Maik

    JaRo