Hallo an alle, die das lesen,
so recht weiß ich nicht, was ich schreiben oder wie ich all das, was in meinem Kopf und meinem Inneren passiert, beschreiben soll.
Ich habe im Mai meinen engsten Menschen verloren. Der Mensch, der mich in 35 Jahren von allen, die ich je kannte, am besten verstanden hat, mit dem ich alles teilen wollte und konnte, ohne den mir jeder Tag jetzt wie Zeittotschlagen und krampfhafte Ablenkung vorkommt. Wir kannten uns 12 Jahre und in diesen Jahren haben wir allenfalls 3 Tage einmal keinen Kontakt gehabt.
Ich habe schon viel verloren, Familie und Freunde. Die letzten vier Jahre waren für mich sehr schwer und meine Seelenpartnerin war der Mensch, der mich da hindurch gebracht hat, mir in den dunkelsten Monaten wieder Hoffnung und Mut gegeben hat. Letztes Jahr dann ging es endlich aufwärts und wir waren voller Pläne, bis es ihr plötzlich im Dezember immer schlechter ging. Im Februar kam die Diagnose Krebs, Endstadium. Aus dem Nichts - sie war immer so viel stärker als ich, so lebensfroh, optimistisch. Ich habe mir oft Sorgen über meine Mutter (die einzige Familie, die ich noch habe) oder um eine Freundin gemacht, aber nie um meine Seelenpartnerin, weil sie der Mensch zu sein schien, bei dem immer alles gut ausging - das erscheint mir heute alles so unwirklich und lässt mich auch nach jetzt 4 Monaten noch nicht begreifen, dass das wirklich passiert ist, dass sie Krebs hatte, tot ist, wirklich nicht mehr wieder kommt.
Die Zeit seit ihrem Tod, der schnell und unerwartet kam (jedenfalls so bald) bin ich irgendwie gar nicht wirklich da. Es tut mir alles weh innerlich oder ich bin wie betäubt. Langsam kann ich wieder Gesprächen folgen, obwohl mich die Menschen um mich herum - es tut mir leid, das so zu sagen - überwiegend ankotzen oder gar nicht mehr berühren. So kenne ich mich nicht, ich habe immer von meinen Beziehungen gelebt, das Miteinander hat mir immer geholfen. Aber da ich niemanden, von meiner Mutter abgesehen, habe, mit dem ich über meine Partnerin reden kann, möchte ich am liebsten gar nicht mehr reden, bis ich mich besser fühle. Ich habe Menschen erlebt in den letzten Monaten, die sich Freunde nennen, mir aber nicht einmal zugehört haben oder etwa meinten, nach ein paar Wochen sei es mal gut mit dem Trauern - lenk dich ab, bin für dich da (während nur über eigene Probleme geredet wird, und keiner sich wirklich für mich interessiert) und weiteres Blabla.
Es tut mir sehr leid, wenn sich das enorm negativ liest. Ich kenne mich so selbst nicht, ich war normalerweise immer dankbar für jeden Mensch und versuche mir zu sagen, ich sollte dankbar sein für alles, das ich jetzt noch habe. Die meisten meinen es ja sicherlich gut. Das Ding ist aber, ich hatte mein Leben überwiegend schon lange satt, die meisten Menschen in meinem Leben wollte ich hinter mir lassen und letzten Oktober hatten mein Lieblingsmensch und ich ein für allemal beschlossen, zusammen wegzugehen und neu anzufangen. Trotzdem es ihr schon nicht so gut ging, war sie bester Dinge. Ich werde nie ihr "vergiss nicht, das wird unser Jahr" an Silvester vergessen. Jetzt sitze ich ganz allein hier und weiß nicht, was ich aus meinem Leben machen soll.
Dass meine Mutter noch da ist, ist momentan mein Halt im Leben. Ich muss für sie da sein. Ich habe diese Woche eine Therapie begonnen, weil ich einfach nicht mehr kann, mir aber eine Chance geben will, weil ich ja doch mal Träume hatte (auch wenn sie ohne meinen Lieblingsmensch momentan so sinnlos scheinen - mit ihr werde ich sie nicht mehr teilen und erleben können, nicht mal ihr davon erzählen können). Außer Erinnerungen ist mir gar nichts geblieben, alle Freude ist weg und ich habe niemanden, der mich stützt, mit dem ich offen reden kann im Alltag. Bei früheren Verlusten hatte ich sie oder wenigstens einen echten Freund an meiner Seite...
Es tut mir wirklich leid, wenn das alles sehr negativ und hoffnungslos klingt. Ich habe mich hier registriert, weil ich wohl darüber reden/schreiben möchte. In der Hoffnung, dass es mir irgendwann wieder besser geht und, weil das hier wohl einer der wenigsten Orte ist, wo Menschen ähnlich fühlen. Vielleicht kann man sich gegenseitig helfen, vielleicht ja sogar einen Bekannten oder Freund finden.
Ich wünsche allen, denen es heute geht wie mir, wo wieder mal so eine harte Welle der Trauer über einen kommt und einem jeden Mut nehmen will und der Schmerz untertäglich ist, dass es ihnen bald besser gehen möge.
Liebe Grüße, Ethel