Bruder tödlich verunglückt

  • Hallo ihr Lieben :)
    also erstmal, ich bin neu hier und habe mich gerade angemeldet.. Also kurz zu meiner Geschichte, ich bin jetzt 18 Jahre alt und habe mit 12 Jahren meinen großen Bruder bei einem Unfall verloren.. also wie man merkt - ist schon 6 Jahre her. Nur ist es so, dass ich das ganze nie wirklich bzw. eigentlich gar nicht verarbeitet sondern total verdrängt habe. Für mich ist das kleine Mädchen von damals eine andere Person - komisch ich weiß, aber halt alles ziemlich verdrängt. Durch ein Gespräch mit einer Schulkameradin (geh in die 13. Klasse FOS) wurd mir das Thema mit meinem Bruder wieder bisschen mehr bewusst - und das es halt doch ein großer Teil von mir ist. Ich hab das Bedürfnis, mich mit euch auszutauschen - und doch weiß ich gar nicht über was genau. Vielleicht denkt ihr euch auch, ja is doch eh schon 6 Jahre her usw. doch für die damals 12-Jährige ist es immer noch ein Ding. Jetzt grad frage ich mich, was ich hier mache oder schreibe - aber würds gern mal auf mich zukommen lassen. Ach ich weiß ja auch nicht:)

    Eventuell noch ein paar Sachen: Er war 16 und wurde an seinem 17. Geburtstag beerdigt.. Am Tag des Unfalls, es war kurz vor 7 Uhr morgens, wollte mich meine Mutter in die Schule fahren, wie jeden Montag halt, weil sie in der Nähe arbeitet. Noch in der Einfahrt wurden wir von einem Nachbarn aufgehalten, dass mein Bruder einen Motorradunfall hatte. Also gleich dahin - ca. 1km vom Haus entfernt. Also er wurde trotz Wahnweste übersehen - wobei ich dem dem Autofahrer keinerlei Schuld gebe - Unfälle passieren. Noch an der Unfallstelle gestorben und ja. Muss ehrlich zugeben, kapiert hat das die kleine Conny damals nicht. War wie im Tunnel. Erst am nächsten Tag, als wir uns verabschieden durften (am Sarg) hats bei mir Klick gemacht. Hab eine ganze Stunde nur folgenden Satz vor mich hingesagt: Des is ned mei Bruada (komme aus Bayern;)) ~ Das ist nicht mein Bruder. Ja, da hats Klick gemacht. Die Zeit danach war schwierig und dann doch irgendwie auch nicht - hab mich ins Lernen geflüchtet - top Noten geschrieben. Seitdem ist auch Lernen oft Stress-Coping für mich. Hab mich distanziert und das ganze verdrängt. War bei 3 Psychologen, bei der Dritten dann ca. ein halbes Jahr denk ich mal. Hauptsächlich wegen meiner Selbstverletzung. Ohne Witz es war für mich die reinste Tortur ohne Ende. Ich hatte so unglaublich Angst, wirklich panische Angst mich da reinzusetzen. Bin da dringesessen und hab eine Stehlampe angestarrt. Die Frau war super lieb und konnte mit ihr solange reden, bis es zu dieser Thematik ging. Den Unfallhergang konnte ich ihr ganz gefühlslos beschreiben - was mein Verdrängen glaub ich noch deutlicher macht. Aber zu Gefühlen oder irgendetwas emotionales - keine Chance. Ich kenne diese Stehlampe in und auswendig. Hab kein einziges Wort mehr rausgebracht, wie gesagt echt ne Tortur für mich.
    Naja das dazu, wollts gar nicht so ausschweifen lassen, tut mir leid.

    Danke an alle fließígen Leser, die sich dieses Textes angenommen haben. Bin gespannt auf Antworten bzw. ob welche kommen. Ganz ganz lieben Dank schonmal. Und wieder denk ich mir grad - soll ich das wirklich so abschicken - oh man:) Ich machs jetzt und mach mir keine Hoffnungen:) Danke euch!

  • Liebe Corny

    Ein leises sanftes Willkommen hier wo eigentlich niemand sein möchte und wir doch alle froh sind das es diesen Ort gibt.

    Das du deinen Bruder so jung verloren hast tut mir so unglaulich leid.

    Mein Sohn Luan hat mit 14 am 18.November 2020 seinen überalles geliebten Bruder Robin verloren. Meinen wunderbaren Sohn💔😢

    Robin ist mit 21 Jahren 1 Monat und 16 Tagen ins Nimmerland voran gegangen.....

    Die Zeit heilt glaub ich keine Wunden, schreibe dir hier alles von der Seele. Es ist immer jemand da ❤️

    Ich bin nicht weg.... nur schon mal voraus gegangen...


    • "Wenn du bei Nacht den Himmel anschaust, wird es dir sein, als lachten alle Sterne, weil ich auf einem von ihnen wohne, weil ich auf einem von ihnen lache. Du allein wirst Sterne haben, die lachen können." Robins Lieblings Zitat aus der kleine Prinz
  • Liebe Corny909,


    sei hier in deiner Trauer ... ❤️lich Willkommen und umarmt

    (wenn ich darf ?).


    Ich kann dich gut verstehen,

    „auch nach 6 Jahren“

    wo du um den Verlust/Tod das uuuuunendliche vermissen um deinen Bruder trauerst!


    Meiner Cousine ihr Sohn verstarb auch vor knapp 7 Jahren mit 24 nach einem Verkehrsunfall -mit dem Auto- direkt an der Unfallstelle.

    Die Ohnmacht der tiefsten Trauer zog die ganze Familie

    Mama, Papa & die 3 Geschwister

    (damals knapp 20, 9 & 5)

    in einen tiefen Strudel.


    Die 2 Kleinsten trösteten sich etwas mit anziehen seiner T-Shirts,

    aufsprühen seines Rasierwassers ...


    Seine große Schwester in Sprachlosigkeit „über den Unfall“.

    Es war dieser Ausdruck dafür :

    Der Unfall.


    Schreibe wann immer dir danach ist, du wirst hier verständige Menschen finden.



    Bei mir (uns) verstarb mein Mann urplötzlich mit 55 ,vor demnächst 3 Jahren.

    Meine 2 Kinder waren 2018 :

    17 & 21 Jahre alt.


    Sei gegrüßt

    Stille Perle 🐚

  • Liebe Corny, sei herzlich Willkommen! Der Verlust deines Bruders tut mir von Herzen leid! :30:

    Ich finde es gut, dass du nun hier bist und über deinen Bruder und deine Gefühle schreiben magst!

    Gerade weil du damals auch noch sehr jung warst und wie du schreibst, vieles verdrängt hast! Vielleicht ist es jetzt genau richtig, darüber zu schreiben, heir ist immer jemand, der dir auch zuhört! :24:

    LG Andrea

  • Liebe Corny,

    Dein Verlust tut mir sehr leid. Zeit spielt in der Trauer überhaupt keine Rolle. Emotionen kennen keine Zeit, und unsere Lieben dürfen uns immer fehlen. Es ist gut das du professionelle Unterstützung gesucht hast.


    Wie geht der Rest der Familie damit um? Könnt ihr darüber sprechen?


    Fühl dich willkommen bei uns <3

    Isabel

  • Liebe Corny.egal wie lange her,Du würdest nicht schreiben wenn es kein Thema mehr wäre,.Wenn es für Dich gut ist zu schreiben oder sprechen ist es richtig. Es ist die richtige Zeit. 🙋‍♀️Willkommen, Liebe Grüße Kikiro

  • Wow, erst mal vielen lieben Dank, dass Ihr mir alle geschrieben habt:) Freut mich total, ehrlich. Danke:)

    Mel021099 danke für deine lieben Worte und es tut mir wirklich sehr leid um deinen Sohn.. Für meine Eltern war es auch ein unglaublich harter Schlag ins Gesicht.

    Als wir die Nachricht über den Tod bekommen haben - es war wie im Film. Meine Mama und ich sind am RTW gesessen, meine Mutter total in Tränen aufgelöst - ich ziemlich gefühlskalt, als der Notarzt kam und halt echt wie im Film uns sagte: "Wir haben alles getan, was wir konnten, aber.." Schon komisch oder?

    Stille Perle Oh ja das kenn ich mit den Sachen von Verstorbenen, ich hab mir damals ein paar Tage nach dem Unfall eine Sweatshirtjacke meines Bruders aus seinem Zimmer geholt, die noch nicht gewaschen war. Das ist, was ich weiß, das einzige Kleidungsstück von ihm, was noch von ihm getragen, aber nicht gewaschen wurde. Später hab ich mir noch den grünen Pulli von ihm "geklaut";) den er am letzten Hl Abend anhatte - außerdem war grün seine Lieblingsfarbe - sein ganzes Zimmer war grün:D
    Mit den Sachen hab ich dann immer geschlafen oder einfach nur gekuschelt, es gab eine Zeit, da konnte ich ohne seinen Pulli in den Armen nicht einschlafen - hat ihn auch in allen Urlauben usw. dabei. Kenne das also sehr gut, was für eine Bedeutung so ein Kleidungsstück haben kann :)
    Bei mir ist es auch derselbe Ausdruck: Der Unfall oder auch wenn ich von ihm rede, ist es nicht sein Name Martin, sondern halt mein Bruder. Wenn ich über ihn rede, ist es mein Bruder. Sogar mein Freund hat mich erst vor Kurzem gefragt, wie er eigentlich heißt, weil ich halt immer nur von meinem Bruder spreche:)

    Isabel L.K. danke für deine Nachricht:) wie es dem Rest der Familie geht? ganz ehrlich - weiß ich nicht so genau.. Ich bin ein eher introvertierter Mensch, der alles mit sich selber ausmacht. Ich gehe auch z. B. nicht zum Grab, weil mir der Gedanke einfach keine guten Gefühle bringt. Meine Großmutter und meine Eltern sind aber bspw. jeden Tag dorten (wohnen auf dem Land, also direkt neben der Kirche und neben meinen Großeltern). Ich glaube, dass alle anderen schon über meinen Bruder reden, aber ich nicht - bin das nicht. Glaub, das ist auch ein Aspekt des Verdrängens - aber mir taugts auch einfach nicht, deswegen waren auch diese Sitzungen bei der Psychologin ganz grauenvoll für mich. Bin halt eine, die alles mit sich selber ausmacht.

    Danke euch allen nochmal und ich freue mich total, wieder von euch zu hören:)

    Alles Liebe!

  • Liebe Corny909,


    .... genau gewaschen durfte für sie alle NICHTS sein,

    es musste nach M. riechen !!!

    Sie benötigten die Klamotten einfach mit seinem Geruch daran.

    Was in der Dreckwäsche von ihm lag, wurde wieder herausgeholt und „gehütet“.

    Ausserdem sassen sie viel & lange in seinem Zimmer.

    Wenigstens das Gefühl des „bisher Gewohnten um ihn“ zu haben.


    Mit den Worten :“der Unfall“, konnten sie mit etwas Abstand zum Schrecklichen umgehen & genau dasselbe sagst du ja auch dazu.

    Man benötigt einen Schutz um es irgendwie aushalten zu können.


    Ich und auch meine Kinder gehen auch nicht oft an‘s Stehlengrab meines Manne‘s / ihres Vaters.

    Er ist BEI uns ...

    Andere Menschen benötigen den Gang zum Friedhof und alles ist richtig & gut.

    So, wie es jedem/jeder gut tut im Umgang damit.


    Wie hast du dieses Jahr bisher Ostern verbracht ?


    Wir 3 waren unter uns.

    Heute haben wir einen wunderschönen laaaaangen Spaziergang gemacht bei +12 Grad (etwas frisch) und Sonne pur ☀️😎.


    Ich sende dir ❤️-liche Grüße

    Stille Perle

  • Liebe Corny, mein herzliches Beileid zu dem Verlust deines Bruders. Beim Lesen deiner traurigen Geschichte sind mir sehr viele Parallelen zu einem Unfall 2015, wie du geschildert hast, aus unserem Gemeindebereich aufgefallen. Meine Tochter ist 21 und hat diesen schrecklichen Unfall von damals auch noch in Erinnerung. Bitte nicht erschrecken!!

    <3liche Grüsse

  • Stille Perle Ja das kann ich total nachvollziehen. Bei uns ist es auch so, dass sein Zimmer fast noch genauso ausschaut wie am Tag vom Unfall - meine Mutter hat das Bett schön hergerichtet mit frischer Bettwäsche und unseren Kuscheltieren (komme von einem ehemaligen Bauernhof und wir haben noch Hühner, im Auslauf der Hühner haben mein Bruder und ich ganz viel Zeit verbracht und dementsprechend auch ganz viele Hühner-Kuscheltiere :)). Aber sonst sieht alles noch so aus wie vor mittlerweile fast 6 Jahren.
    Was ich daran recht schön find, dass der Geruch auch gleichgeblieben ist. Hört sich bisschen irre an, aber es riecht einfach noch an ihm, was ich total genieße:)

    Für meine Familie ist das Grab auch total der Anhaltspunkt, dort sprechen sie noch mit ihm und ja.. auch an Ostern z. B. haben meine Schwester und ich einen Tankgutschein bekommen und er im gleichen Wert dafür halt Blumen. Für sie lebt dort mein Bruder einfach irgendwo ein Stück weit weiter. Auch haben wir unter unserem Herrgottswinkel in der Küche ein Bild von Ihm und da heißts dann nicht, stells die Blumen zum Bild sondern stell die Blumen zum Martin dazu.

    Freut mich sehr, wenn ihr das *noch* so schöne Wetter genießen konntet:) Bei uns waren einige Gottesdienste (sind da alle recht engagiert, mein Papa ist Kirchenpfleger, meine Mutter Lektorin und ich Oberministrantin) und jetzt genießen wir noch den restlichen schönen Tag:)

    Ganz ganz liebe Grüße
    Corny:)

  • @Corny....doch, ich denke, wir schreiben hier von dem selben Unfall. Ich möchte nicht den genauen Wohnort nennen, aber nähe Aich, denn Aich gibt es ja viele in Deutschland und Realschule in Vib....

    LG Eva

  • @corny, ich glaub sie hatte keinen Bezug zu deinem Bruder, aber es wurde in der Schule darüber geredet, weil eine Julia Ai aus Tr. mit ihr in die Klasse ging...

  • Total doofe Frage, aber wie kann man die Trauer irgendwie verarbeiten? So wirklich Gefüle zugelassen, die von diesem Thema handeln, hab ich in den letzten fast 6 Jahren kaum nur ganz selten. Hab ganz arg Distanz dazu bewahrt. In einem Gespräch neulich mit einer Klassenkameradin, die mir zur Trauerverarbeitung auf welche Art und Weise auch immer geraten hat, hat mir das ganze wieder mehr ins Bewusstsein gemacht.
    Merk ja selber, dass es mir mit dem Thema nicht gut geht bzw. es ist kein Thema, das halt einfach so existiert. Für die 12-jährige Conny war es doch irgendwo ein kleines Trauma, war ja selber an der Unfallstelle.

    Hatte dann auch mal durch Zufall den Obduktionsbericht meines Bruders gefunden - aus Zufall sowas zu finden war auch heftig. Da sind ja auch Bilder drinnen - nicht in Farbe und die meisten so Schemenhaft dargestellt. Aber ganz am Ende waren zwei Bilder in schwarzweiß jeweils - eines mit Blut auf der Straße ud das andere die Leiche meines Bruders, abgedeckt mit einer weißen Decke oder was auch immer das war. Hab mir ihn erst letztens wieder angeschaut, da wir Thema Pathologie/Rechtsmedizin in der Schule behandeln. Und da bin ich besonders auf diese Bilder - mehr noch das zweite - aufmerksam geworden. Wenn ich jetzt so drüber nachdenke. Eine Leiche (find des Wort schon so grausam) eingehüllt - mein Bruder. Lange Zeit hat ich auch immer wieder den Gedanken, ich war ja an der Unfallstelle - evtl war er noch am Leben, wie meine Mutter und ich dort angekommen sind. Evtl hätt ich ihn nochmal lebend sehen können (rein objektiv und logisch, war er dort nicht mehr am Leben - aber was ist bei so einem emotionalen Thema noch objektiv betrachtbar). Diesen Gedanken hab ich besonders verdrängt, und rührt mich jetzt wieder zu Tränen.

    Der Ersthelfer, direkter Anwohner der Kreuzung, hat meinen Eltern nochmal gesagt, dass er noch gelebt hat, als er zu ihm hin ist und er ihn mit seinen wunderschönen braunen Augen (die ich auch habe) noch einmal angeschaut hat, bis er dann ja. Keine Ahnung ob das so stimmt, eigentlich hoffe ich, dass er schon vom Aufprall nicht mehr viel mitbekommen hat und sofort in die Bewusstlosigkeit bzw. gestorben ist. So ähnlich stehts auch im Obduktionsbericht. Spätestens beim Aufschlag auf den Boden eigentlich, da der Schädel danach nicht mehr intakt war (nett ausgedrückt).


    Es gibt drei Bilder, die mir an der ganzen Geschichte nicht mehr aus dem Kopf gehen. Das eine vom offenen Sarg, als es bei mir Klick gemacht hat. Das Bild mit seiner Leiche auf der Straße. Und.. Der Anblick von 2 RTWs, Polizei, Presse, anfliegender Hubschrauber usw. als wir den Hügel zur Unfallstelle hochgefahren sind. Im Nachhinhein hab ich gemeint, da meinen Bruder liegen zu sehen, was aber durch Lesen des Obduktionsberichtes "widerlegt" wurde. Dies mildert auch den Gedanken, mit ihm nochmal lebend sehen, weil ich dachte, ich hätt ihn da liegen sehen und hät mich verabschieden können. Mir ist natürlich klar, dass das für die 12-jährige kein schöner Anblick wäre und ich hätte ihn nie sehen können und trotzdem.. Ich vermiss ihn einfach und er war fast 17 ich 12 - da ist die kleine Schwester einfach uncool. Dementsprechend hatten wir auch kein so gutes Verhältnis zueinander und so gingen wir halt auch auseinander, was für mich das aller aller schlimmste an seinem Tod ist. Ich hab mir immer vorgestellt, dass wir in 10 Jahren gemeinsam am Tisch sitzen und uns einfach vertragen/gern haben, wie auch immer. Ich weiß, dass er mich trotzdem gern hatte, aber ja. Dieses im "schlechten" auseinander gehen - es tut so weh und mir tut es so leid. Er lebt nicht mehr und da ist keine Möglichkeit, des wieder grade zu Biegen. Ich denk da an jede Situation, in der ich einfach mal genervt von ihm war, weil ich halt immer die uncoole Schwester war - aber er dann gerade eben eigentlich nett - und diese Momente nicht genutzt zu haben, bricht mir das Herz. Es fühlt sich schrecklich an..

  • Total doofe Frage, aber wie kann man die Trauer irgendwie verarbeiten? So wirklich Gefüle zugelassen, die von diesem Thema handeln, hab ich in den letzten fast 6 Jahren kaum nur ganz selten.

    Liebe Corny, Das ist überhaupt keine doofe Frage, sondern eine ganz wichtige. Die in den letzten Jahren verdrängten Gefühle lässt du ja jetzt zu. Du stellst dich deiner Trauer, und nur so können wir auch verarbeiten. Es gibt leider kein "Rezept", das bei jedem gleich wirkt.

    Es gibt ganz viele Arten Trauer zu verarbeiten, und das ist immer abhängig vom Typ, wie man als Kind gelernt hat mit Emotionen umzugehen, usw.


    Die einen werden kreativ, die anderen brauchen eine professionelle Begleitung, andere verarbeiten durch Bewegung und Sport, wieder anderen hilft der Glaube sehr. So auch mir. Und bei mir war auch das Schreiben sehr wichtig. Ich verarbeite gerne schriftlich und durch reden. Ich habe immer und ständig alles wiederholt und anderen haargenau erzählt.


    Wenn du das Gefühl hast, das dir ein Abschied fehlt, kannst du einen Abschied symbolisch nachholen. Das mach ich mit Klienten auch ganz gern, und es war immer hilfreich. Abschied ist der Grundstein für unsere Trauer. Vielleicht magst du für dich ein kleines Ritual machen...

    In deinem Fall könnte auch eine Traumabegleitung in Frage kommen.


    Wenn du Fragen hast, schreib hier jederzeit.

    Alles Liebe <3

    Isabel

  • @Corny Ich habe einen ehrenamtlichen Trauerbegleiter aus dem Hospizverein in Vib. Wir treffen uns alle 2 Wochen zu einem langen, intensiven Gespräch. Einmal im Monat finden Trauerwanderungen statt, diesen Samstag Treffpunkt Bergkirche. Während der Wanderung sich mit anderen Trauernden und ausgebildeten Trauerbegleiterinnen, auszutauschen, dabei die Natur geniessen, gibt mir sehr viel Kraft.

    Meine Tochter ist beruflich sehr eingespannt und macht noch nebenbei den Fachwirt, für Trauer bleibt da wenig Zeit. Dennoch denkt sie über eine Reha im nächsten Jahr nach, weil sie sehr intensive, belastende Träume hat. Sie musste ihrem Papa 2 wochenlang beim Sterben zusehen, zuhause auf der Wohnzimmercouch. Diesen langen Leidensweg wird sie wohl nie vergessen. Trauer begleitet uns ein Leben lang, aber sie sollte irgendwann etwas erträglicher werden..

  • Isabel L.K.

    Ich mache tatsächlich relativ viel Sport oder flüchte mich dann ins Lernen, wenn es zu arg wird. Ich war nie ein Mensch, der über Gefühle spricht, dementsprechend ist das schwierig bzw. fast unmöglich wenn es meinen Bruder angeht. Kurz nach dem Unfall war ich bei einer Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche - aber reden über mich war für mich nicht möglich. Wie schon in meinem ersten Beitrag erwähnt, saß ich stillschweigend dar und starrte die Stehlampe an. Dementsprechend könnte auch Nasch Vorschlag zum Problem werden, wobei es eigentlich was total schönes ist- find den Gedanken schon schön, bloß darüber sprechen - hab da irgendwie eine innerliche Blockade. Keine Ahnung ob aus Angst oder halt der gewahrten Distanz zur 12-jährigen Conny.


    Isabel L.K. wie könnte so ein Ritual aussehen? Bzw. Die Traumabegleitung..


    Danke euch, dass ihr mir schreibt - freut mich jedes mal wieder, von euch zu lesen <3

  • @corny, bei der Trauerwanderung am Samstag steht die Natur im Vordergrund, sich Bewegen, sich ablenken, man KANN sich austauschen, aber man MUSS NICHT! Alles ganz locker !!

    Als mein Mann letztes Jahr zuhause starb, hab ich monatelang immer wieder dieselben Ereignisse erzählt, die letzten Stunden, Tage, dieses Trauma. Immer und immer wieder hab ich die letzten Ereignisse erzählen müssen, bis es irgendwann leichter für mich wurde...

    Keiner zwingt dich zu erzählen, wenn du nicht willst. Es gibt auch viele andere schöne Erinnerungen über die man reden kann..