Nie wieder wir

  • Hallo Susi1965 , ich kann dich gut verstehen. In solchen Situationen merke ich immer wieder dass meine Worte die ich bei der Beisetzung meiner grossen liebe 🥰 sagte : bei euch allen geht das Leben weiter aber meins steht still 😥und wie recht ich doch hatte. Es schmerzt mich sehr zusehen wie überall das Leben spriesst und bei wird es immer weniger. Aber was soll ich schon erwarten nach 11 Wochen wo mein Mann gegangen ist. Heute habe ich mir mal die Mühe gemacht und einzelne Schicksale von Anfang an gelesen zum Beispiel von Steppi . Januar 2022 🙈😢. Es sind über 2 Jahre und es macht mir Angst mich in zwei Jahren immer noch am Boden zerstört zu sehen. Um so grösser der Abstand zwischen Todestag und heut wird um so klarer die Erkenntnis mein Toni kommt nie wieder. 😥😥😥

    Ich versuche raus zu gehen aber ich kann mich kaum bewegen ich fühle mich wie gelähmt. Umso mehr bewundere ich dich und deine Energie um diese Reise angetreten zu haben.
    Respekt 👍🫶

  • Liebe Ini,

    das "Gelähmtsein" kenne ich nur zu gut. Wenn ich mich nicht zwinge, verbringe ich meine freien Tage zu Hause. Nur hier habe ich das Gefühl von Sicherheit und René nahe zu sein. Aber irgendwann (keiner kann dir sagen wann weil es bei jedem unterschiedlich ist) wirst du merken dass sich etwas verändert. Mit Steffi/Steppi hast du falsch gelesen, sie ist doch auch erst ganz neu hier... Habe keine Angst, du bist in 2 Jahren nicht am Boden zerstört so wie jetzt. Das kann ich dir versprechen. Die Trauer verändert sich, aber wenn man nicht genau darauf achtet, bemerkt man es kaum. Trotzdem bleibt alles unfassbar, nicht greifbar. Ich hatte immer Angst vor dem Zeitpunkt, dass meine Eltern sterben. Nun ist alles anders gekommen und mein Mann ist gestorben. Wenn jetzt meine Mutter oder Vater stirbt habe ich keine Tränen mehr übrig. Ich denke einfach nur "dann ist das so". Oft kann ich mir auch nicht vorstellen, dass ich hier vielleicht noch weitere 20 Jahre rumhampeln soll. Was ist das für ein merkwürdiges Theaterspiel. Aber dann kommen doch wieder kleine Lichtblicke. An manchen Tagen kann man sie erkennen und annehmen, an manchen möchte man sie einfach nur wegboxen weil man diese Lichtblicke nicht mehr mit seinem Lieblingsmenschen teilen kann.

  • Liebe Susi,

    Es tut mir leid zu lesen, dass der Mädels Kurztrip so anders gelaufen ist als Du es Dir erhofft hast.
    was ich gut fand, dass Du den Mut und die Konsequenz aufgebracht hast, die Freundschaft zu Deiner Freundin zu beenden. Wenn jemand in der größten Not nicht da ist und noch nicht mal erkennen kann/will, dass man Dich einfach hängen gelassen hat, dann ist das niemand, auf den man bauen oder sich verlassen kann. Das Leben ist eben nicht nur Party. Nach einem solchen Verlust kann man diese Oberflächlichkeit nicht mehr ertragen. Und ich finde es nicht Zuviel verlangt, wenn man seinen geliebten Mann in seinen Alltag integrieren möchte und ihn nicht totschweigen möchte. Damit stirbt er nämlich zum zweiten Mal. Es geht ja auch nicht darum, den Freunden ständig etwas vorzujammern, es geht darum, ganz normal über ihn sprechen zu dürfen ohne dass beklommenes Schweigen oder ein Themenwechsel entsteht.
    Es ist schwer, zu erkennen und sich auch einzugestehen, dass sich Beziehungen nach Verlusten verändern aber es geht letztendlich darum, wer Dich jetzt so nimmt wie Du bist und Du keine Maske im Umgang aufsetzen musst….

    Fühle Dich in Deiner Enttäuschung gesehen und angenommen…..

    Lg Herzschmerz

  • Hallo ihr Lieben,

    ich habe schon ewig nicht mehr geschrieben. Aber jeden Morgen vor der Arbeit bei meinem Milchkaffee und jeden Abend im Bett mitgelesen. Schon sooo lange. Immer über Renés Handy, so musste ich mich nicht lange am PC anmelden und einloggen.... So bin ich aber auch als "Gast" aufgetaucht und habe manches Mal gedacht, wie ein Stalker der hier heimlich mitliest und nicht mehr selber schreibt. Habe mich damit nicht wohl gefühlt. Besonders mitgenommen haben mich die Schicksale von Carmen mit ihrem Lars und von Ron mit seinem neuen Leben auf der Strasse. Das lässt mich nicht los, beschäftigt mich gefühlt 24 Stunden....Wie kann man helfen, was kann man tun...Schicksale im "geschützten Raum" kann ich dann natürlich nicht verfolgen, weil ich ja über René´s Handy nur Gast bin.

    Ich habe Gott sei Dank kein Problem mit dem "sich einsam fühlen" . Ich bin alleine, sehr sogar weil wir viel umgezogen sind, Das ist der Preis für ein gewolltes Nomadenleben. Trotzdem fühle ich mich nicht einsam, ich kann das nicht erklären. Manchmal denke ich, ich bin ein autarkes Kraftwerk. Darüber bin ich froh, über alles andere nicht. Ich bin immer noch nicht in der Lage, am Aussenleben der Anderen teilzunehmen. Ich bin ich, das andere ist fremd und verstörend, macht Angst. Manchmal schaffe ich es, so zu tun als ob... An meinem Geburtstag bin ich nach HRO gefahren und wollte bummeln und essen gehen. Ganz alleine, weil ja alle weiter weg wohnen und ich ja so tue als wenn ich stark bin..Ganz schnell bin ich die Einkaufsstrasse rauf und runter gerannt ohne irgendwo anzuhalten. Nur in den Buchläden bin ich gewesen und habe mich mit Büchern selber beschenkt. Dafür muss man ja auch noch sorgen, für die Geschenke... Gegessen habe ich auch nicht in dem Lokal wo ich wollte (wo wir unseren letzten Hochzeitstag gefeiert haben), das ging nicht... irgendwo sass eine Frau auch alleine draussen und ich habe mich einen Tisch dahinter gesetzt... voll feige.. Als ich die Treppen zum Aussenbereich des Restaurants hochgestiefelt bin hat mich ein Kellner noch gefragt "Ja bitte schön?". Diese Scheiße wäre mir mit René an meiner Seite niemals passiert. Er wusste sich und dadurch auch mir immer zu helfen. Hätte dem Kellner die passenden Worte gesagt und wäre woanders mit mir hin gegangen. Habe es trotzdem geschafft einen Kopf größer zu werden (bin ja schon 180 groß) und ganz bestimmt zu sagen "Ich bin alleine und möchte gerne bei Ihnen essen". Ist das normal? Warum muss man sich rechtfertigen? Hat der gedacht, ich will aufs Klo oder was? Dann habe ich erstmal eine Vorspeise bestellt, wie wir das immer gemacht haben. Manches Mal kommt hier in Deutschland das Hauptgericht schon, wenn man noch die Vorspeise geniesst, das geht gar nicht. Auf dem Tisch standen nur Pfeffer-/Salz-Streuer. Ich will aber Mühle. Früher hätte René ALLES für mich geregelt. Bin über mich hinaus gewachsen, Besteck zur Seite gelegt, gewartet, Hand gehoben und meinen Wunsch geäußert... es hat geklappt, habe Mühle bekommen. Aber es ist ein Kampf. Das war am 25.07. seitdem habe ich mich keiner weiteren Challenge gestellt. Es ist ein ständiger Kampf gegen mich selber, gegen die Außenwelt,.. gegen... gegen.. Am Liebsten möchte ich eh zuhause alleine sein, aber das geht doch nicht, oder doch? Ich habe ja alles. Unser kleines Häuschen, unser großes Grundstück, kann morgens mit meinem Kaffee barfuss raus.. egal wie ich aussehe.. Trotzdem: alles ist Scheiße ohne meinen René

  • Liebe Susi,

    schön, dass Du Dich wieder gemeldet hast! Es macht nichts, dass Du eine Zeit lang mehr gelesen als geschrieben hast. Trauer ist kein linearer Prozess und es gibt Zeiten, wo der Antrieb zur aktiven Teilnahme (Z. B. durch Schreiben) einfach nicht da ist. Dennoch nimmst Du ja Anteil….

    Ja, manche Schicksale stechen durch erneuten Verlust wie bei Carmen und Karin, prekäre Bedingungen wie bei Ron oder aber auch ständige Krankheit/Schmerzen wie Pia oder Luise hervor und das sorgt für eine gewisse Demut, dass man selbst es selbstverständlich auch schlimm hat aber die Begleitumstände ggfs. etwas besser sind. Dafür bin ich z. B. wirklich dankbar.
    Es freut mich für Dich, dass Du mit dem Alleinsein scheinbar recht gut zurecht kommst und Dich nicht explizit einsam fühlst. Das ist ein großer Vorteil, das empfinden doch einige hier anders und leiden sich unter Einsamkeit. Ich finde es sich toll, was Du für Dich gelernt hast, zu erkämpfen. Früher hat Dein Rene viel geregelt und nun schaffst Du vieles ganz allein und für Dich selbst, Rene wäre gewiss stolz auf Dich!
    Ob Du lieber allein bist oder Dich unter Menschen begibst, das entscheidest Du ganz allein für Dich, da gibt es kein richtig oder falsch. So, wie Du Dich wohl fühlst. Ggfs. gibt es ja auch ein paar Unternehmungen, die keine Massenveranstaltungen sondern klein, fein, ruhiger, wo Du mit ein paar Frauen oder sogar alleine hingehen kannst (Z. B. eine Ausstellung o. ä.).
    Aber ja, es ist so ganz anders ohne unsere Liebsten und wir hätten sie so gerne wieder…..

    Lg Herzschmerz

  • Liebe Cathrin,

    vielen Dank für deine einfühlsamen Zeilen. Ich habe mich sehr darüber gefreut. Es ist wirklich wahr, was alle schreiben: echtes Verstehen findet man nur hier in diesem Forum. Das mit den Unternehmungen ist ja so eine Sache für sich. Ich nehme mir schon etwas vor. Eigentlich fühle ich mich auch wieder bereit, am Aussenleben teilzunehmen. Manchmal klappt es, manchmal nicht. Aber das kennst du (und jeder andere hier wahrscheinlich) ja auch. Du hast das Wort "kneifen" in deinem Wohnzimmer gebraucht, so empfinde ich es auch. Wenn ich es nicht schaffe, in die Tat umzusetzen was sich der Kopf ausgedacht hat, komme ich mir wie ein Looser vor. Aber im Juli habe ich es geschafft, an einem Klassentreffen in Viersen teilzunehmen, fast 700 km von meinem jetzigen Zuhause in M.-V. 11 Stunden über Land gefahren, 2 Nächte im Hotel gebucht und dorthin gegangen. Es war schön und ich war stolz, dass ich das geschafft habe. ABER: immer wieder diese langen Kämpfe im Vorfeld die im Kopf stattfinden. Diese Gefühle, die einen hin- und herschwanken lassen, das raubt so viel Kraft.

    Wie du passend schreibst: es ist so ein ganz anderes Leben ohne unsere Liebsten als vorher, und es gibt auch nach etwas über einem Jahr immer noch keinen Tag ohne Tränen. Verzweifelte Momente, ungläubiges stummes Kopfschütteln. Mein einziger Trost ist, dass wir unser gemeinsames Leben wirklich auch gelebt und geliebt haben, kein nebeneinander her. Es war schön so wie es war, mit allen Höhen und Tiefen. Nur das zu frühe Ende ist wie aus einem schlechten Film...

    LG Susi