• Liebe Greteline,


    Bisher habe ich noch nicht bei dir geschrieben, von daher kommt es vielleicht seltsam, wenn ich dir nach der ganzen Zeit, wo du hier bist jetzt erst sage, dass es mir unheimlich leid tut zu lesen, dass du deine Lebensliebe verloren hast.

    Auch wenn ich in deinem Wohnzimmer noch nicht geschrieben habe, habe ich alles aufmerksam gelesen, oft direkt mit dem Herzen, denn vieles kommt mir so sehr bekannt vor.
    Also bis auf das "Gehetzte" - da bin ich das genaue Gegenteil. 😅
    Aber da haben ja schon viele geschrieben, dass das absolut individuell ist und sich vielleicht sogar mit der Zeit ändert. Und das ist auch ganz genau so.

    Der Umgang mit der Trauer ist so individuell wie wir es sind und wie unser Verlust und wie die Liebe.
    Dennoch gibt es Gemeinsamkeiten. Dieser "Niewieder-Hammer" zum Beispiel. Oh, wie gut wir ihn alle kennen und verfluchen!
    Dann gibt es manchmal noch so kleine Gemeinsamkeiten ... ich erkenne mich zum Beispiel in deinen Zeilen wieder, wenn du von Ritualen schreibst.
    Das kann man kaum beschreiben, so dass Paare es verstehen, die das nicht kennen. Denn es geht nicht einfach nur um "Gewohnheit" oder noch schlimmer: "Routine". Sondern es sind Dinge, bei denen man sich fast verschwörerisch vorkommt. Wie junge Kinder, die mit der Taschenlampe unter der Bettdecke gemeinsam Pläne aushecken - wir gegen die Erwachsenen. Eine Geheimsprache, für die kein anderer eine Enigma hat. Auch das trifft es nicht ganz, aber es beinhaltet diese Unbeschwertheit in den Ritualen und das Zusammengeschweißte, die Verbundenheit.
    Und ja, die Unbeschwertheit ... die ist soooo oft - zumindest bei mir - Bestandteil dieses Niewieder-Hammers.

    Warum ich nun aber gerade heute doch bei dir schreibe, ist gar nicht so sehr der Niewieder-Hammer, sondern etwas ganz anderes.

    Es wird hier so oft von "Zeichen" geredet. So viele Seelen warten auf Zeichen und bekommen sie nicht (oder sehen sie nicht, bzw. nehmen sie nicht wahr). Andere kennen sie hingegen sehr gut, diese "Zeichen".
    Was genau sind Zeichen? Jeder hier wird dir darauf etwas anderes antworten. Denn die Zeichen sind genauso individuell wie all das, was ich oben beschrieben habe. Sie sind so absolut individuell und persönlich wie eure Liebe, euer Band es war - und IST.

    Man mag an gewisse Dinge glaube, oder auch nicht glauben. Selbst "Spiritualität" ist hochindividuell, besonders, ja, ganz besonders bei uns.
    Für so manchen ist das eng mit Glaube, also Religiosität, verbunden. Für andere ist es gleichbedeutend mit Esoterik oder zumindest Aspekten davon. Und es gibt noch so viele andere Richtungen und unzählige Nuancen dazwischen.
    Aber eines ist es nie: Spinnerei. Denn egal, ob es "wahr" ist oder nicht. Ob es greifbar, beweisbar ist oder nicht - das ist irrelevant. Denn es gibt hier kein "richtig" oder "falsch". Wichtig ist, dass es uns gut tut und das tut es, solange es nicht zu einem "Realitätsverlust" führt.

    Warum ich auf einmal von "Zeichen" spreche? Nun, deshalb:


    und dann saß er da doch nicht und sein Platz war leer

    und ich hatte das Gefühl dass Ulrich hinter uns läuft

    und ich drehte mich um

    und da lief er doch nicht


    Liebe Greteline,

    Ganz wichtig: Das Folgende ist mein Empfinden und meine Erfahrung. Ich erhebe null Anspruch, dass es irgendwas Allgemeingültiges ist, dass es allen so geht - oder auch nur einigen.
    Aber vielleicht kennt es der ein oder andere und dann könnte es für dich ein Trost sein. Ein Trost für etwas, wo es eigentlich keinen Trost gibt, keinen Trost zu geben scheint.
    Denn der Spruch "die Zeit heilt alle Wunden" ist Mumpitz, denke ich. Nein, sie heilt nicht. Aber sie mildert. Sie verändert. Sie transformiert. Wir hatten hier im Forum schon mehrfach den Vergleich zu Kintsugi, vielleicht sagt dir das was.

    Und diese Sätze von dir, die ich grad zitiert habe, gehen in ganz genau diese Richtung.
    Weißt du: Noch verbindest du das mit "Nie wider". Absolut verständlich. Und mehr als nur nachvollziehbar. Denn er wird nie wieder physisch dort sitzen oder hinter euch gehen. Brutal, unfassbar und schreiend, schreiend unfair!

    Aber dass du dieses Empfinden hast, dass er da sitzt oder hinter euch läuft ... DAS ist das Gefühl, das irgendwann mehr und mehr Raum einnehmen könnte gegenüber dem Nie-Wieder.

    Noch schreibst du: "Ich sah ihn da [...] und dann saß er da doch nicht"
    Wenn ich dir nun sage, dass sich bei mir in meinem Empfinden das sehr, sehr schnell gewandelt hat in "Ich sah in da ... und er war / ist da, aber anders".
    Wenn ich dir nun sage, dass ich denke, dass er dort hinter euch ging, dein Uli. Aber anders.
    Dann ist das vielleicht für dich im Moment absoluter Kokolores. Aber ich wünsche dir ganz, ganz doll, dass du eines Tages, vielleicht schon ganz bald, feststellen wirst, dass ich gar nicht so einen Kokolores rede, auch wenn es wie gesagt sehr, sehr subjektive Erfahrungen sind.

    Nein, es bringt den geliebten Menschen nicht zurück. Er ist das, was er ist. (Ich selbst habe kein Problem damit, es auszusprechen, aber ich weiß, dass es hier genug Seelen gibt, die um dieses Wort herum lavieren, daher spreche ich es in anderen Wohnzimmern wenn es nicht um meinen Schatz geht, nicht ungefragt aus.)
    Aber es ist ein unglaublich beruhigendes Gefühl, wenn sie - unsere Liebsten - uns wissen lassen, dass sie nicht "weg" sind. ✨💖



  • Liebe Greteline,

    Sonnenente hat es so schön behutsam ausgedrückt. Ich bin meist eher der "mitderTürinsHausfallen"-Typ. Darum geb ich meinen Senf nicht dazu.

    Wenn es für dich stimmig ist und du den Gedanken zulassen möchtest, dann möchte ich dich ermutigen zu glauben. Du hast keinen Nachteil davon. Wenn es nämlich nicht stimmt, dass sie uns begleiten (was ich persönlich ablehne, weil ich es einfach besser weiß!), dann ist es doch auch egal, wenn du in dem Fall irrtümlich geglaubt hast, dass er es tut. Der Gedanke soll aber gut tun und dich tragen. Den Niewieder Hammer kann er nicht verhindern, denn der ist körperlich. Da tut alles weh und man kann sich nicht verstecken. Aber die empfundene Einsamkeit kann er eines Tages lindern. Heute wohl noch nicht. Aber wie Sonnenente schrieb: die Trauer wird milder, verändert sich langsam und wird irgendwann auf längere Strecken erträglicher.
    Jetzt hab ich doch ein bisschen gesenft. Ich kann scheinbar nicht anders. Ich glaube einfach mit allem was ich bin an meine Unterschrift.

    Unsere Toten sind nicht abwesend nur unsichtbar,

    sie schauen mit ihren Augen voller Licht in unsere Augen voller Trauer.

    Es gibt ein Wiedersehen auf einer anderen Ebene.

    Und die Seelen unserer Vorausgegangenen begleiten uns

    Aurelius Augustinus

  • Liebe Greteline,


    ging mir gestern genauso. Bei einer Radtour mit Ursels Schwester und ihrem Mann hab' ich mich ständig umgedreht weil ich das Gefühl hatte dass sie wie früher hinter mir fährt. Auf dem Heimweg kamen mir auf einem bestimmten Stück gestern zum ersten Mal nicht wie sonst die Tränen. Was aber nichts heißt, weil die Trauerverarbeitung eben kein linearer Prozess ist.

  • Danke.

    Liebe Sonnenente, ich lese auch ganz viel und in allen Wohnzimmern. "Dazu sind sie da", wie Christine immer so schön sagt. Und nur ganz sporadisch schreibe ich dann selber da was rein.


    Gestern Abend hatte ich wieder so eine Panikattacke. Dieses Mal wusste ich ja wenigstens was es ist. Sie kam wieder ganz plötzlich, wieder dieser Brustschmerz, Kälte, Schwindel, Übelkeit. Bekomme ich das jetzt jeden Freitag? Ich kam mir vor wie ein heulender Wolf, gut dass das Fenster zu war. Die Nachbarin, die beim letzten Mal gesagt hatte, wenn das nochmal passiert soll ich sie anrufen, egal welche Zeit, hatte ihr handy auf stumm gestellt.


    Ich habe versucht ruhiger zu atmen, irgendwelche Konzentrations- Fingerübungen gemacht, irgendwelche Punkte massiert und irgendwann hörte es auf. Dann fing es aber wieder an. Und dann habe ich eine halbe Tavor genommen, ich habe noch ein paar.


    Als ich letzte Woche in der Notaufnahme war,wurde da auch Blut abgenommen. Als Nebenerkenntnis kam heraus dass ich eine Unterfunktion der Schilddrüse habe. Da kann ein Zusammenhang bestehen! Auf jedem Fall sage ich das dem Hausarzt, wenn ich am Montag dort bin.


    So, jetzt muss ich mich fertig machen: Brunch mit Anja bei Sun flower um 9 Uhr. Bis später!

  • So. Da bin ich mal wieder.


    Brunch bei Sun flower gestern war gut! habe zwar die ganze Zeit geweint aber trotzdem eine Menge gegessen.
    Nach dem brunch war Edith bei mir und wir haben gepuzzelt. 1000 Teile, ganz fertig gemacht. das ging bis weit nach Mitternacht.



    Und heute ist ja mein erstes Meet5- Treffen.

    Boule.


    Wenn's zu stark regnet gehen wir zur Veranstalterin nach Hause und spielen was.

    Ich hoffe es regnet nicht, denn ich weiß nicht ob ich drinnen spielen mit fremden Leuten ertrage.

    Habe mich ja extra für ein draußen- event angemeldet

    Wo ich auch einfach mal zwei Meter nach hinten treten kann wenn es mir zu eng wird

    das geht ja nicht wenn man da am Tisch sitzt

    vielleicht verabschiede ich mich sofort wenn´s heißt wir gehen rein


  • Ekeliges Wetter hier bei München, wie ist es bei euch, liebe Greteline ?


    Ich war ja baff, zu lesen, wie du gleich deinen 2. Panikanfall alleine gehandelt hast! 👀 Respekt!
    Finde ich gut, wenn du deiner Psyche zeigst, dass du die Chefin bist, denn es gibt einfach Austicken, das ich (und ich kenne mich als chronischer Hypie mit ADHS, Trauma und Erschöpfungsdepressionen aus einer Psychofamilie damit lebenslang aus) verständlich aber unzumutbar für einen selber finde.
    Meine Devise war immer: Auch von mir selber lasse ich mir nicht alles gefallen.
    Damit meine ich jetzt keine Krankheiten wie Angststörungen oder krankhafte Panikanfälle, natürlich nicht.

    Aber welche, die neue Ventile werden wollen und dabei nur alles verschlimmbessern. Einem Angst vor der Angst bescheren und ganz vom Eigentlichen damit wegführen und eine neues Fass aufmachen, quasi als nutzlose Abwehrmechanismen.

    Falls das für dich Bullshit ist, was ich hier schreibe, bitte offen raus damit, ich möchte dich ja nicht belasten!

    (Ich denke da nur an die „angeblich unvermeidlichen autistischen Meltdowns“, die ich bei meinem kleinen autistischen Sohn damals auch als Selbstterrorisierung und Psychoterror an sich und anderen erlebte. Und ich machte Sohni mit Unterstützung von Fachleuten bessere Angebote und heute hat er solchen Selbstterror nicht mehr nötig. Auch hier erhebe ich keinen Allgemeingültigkeitsanspruch, akzeptiere aber auch keinen.)


    Schilddrüsenunterfunktion kann viel Unbehagen bereiten, lahm und dick machen, aber du scheinst ja eher das Gegenteil von lahm, oder?

    Habe ich jetzt einen reinen Mist hier zusammengeschrieben? Oder hilft es?

    Wurde es heute doch ein Sonntag drinnen für dich? Wie verläuft das für dich?



  • So. Da bin ich wieder.


    Das Boule- Spielen am Sonntag war ganz gut. Ich war die Schlechteste. Niemand hatte mir vorher gesagt dass alle anderen sich untereinander kannten und regelmäßig zusammen Boule spielen, entsprechend waren sie auch einfach besser als ich. Aber sie haben es mir nicht übelgenommen.

    Danach ist die ganze Gruppe in ein Cafe gegangen und da ging natürlich wieder meine Heulerei los. Na klar, war ja vorauszusehen. Drinnen sein zwischen doch eigentlich Fremden ist einfach schwierig.


    Eins ergibt das Andere: durchs Boule wurde ich jetzt in eine whattsappgruppe eingeladen, da tun sich Alleinstehende zusammen um gemeinsam Weihnachten zu feiern. Ich habe mir noch keine Gedanken um Weihnachten gemacht. Bestimmt werde ich eingeladen bei meiner Tochter oder auch bei meiner Schwester zu feiern, aber ich bin unsicher ob ich das will. Ich mag Weihnachten nicht, und in beiden Fällen wären da kleine aufgeregte Kinder und Geschenke und Bescherung und Freude... und ich dazwischen?


    Mit Ulrich war es einfach. Wir haben uns was schönes gekocht und ansonsten Weihnachten ignoriert.

    Ich mag Weihnachten nicht, aber alleine sein an dem Tag ist auch doof.

    Vielleicht also wirklich die whattsapp- Alternative? Es ist ja noch eine Weile hin. werde ich es bis dahin aushalten mit Fremden in einem Raum?


    Am Abend war ich mit meiner neuen Bekannten, die ebenfalls trauert, im Kino. 22 Bahnen.

    Und gegen Ende des Films ging schon wieder so eine Panikattacke los.


    Nur zwei Tage nach der anderen!

    Ich hoffe ja wohl nicht, dass das mein neues "normal" wird.


    Es war aber nicht ganz so schlimm. Ich konnte sie etwas bändigen durch tiefes, langsames Atmen. Die anderen Kinobesucher haben nichts davon mitbekommen. Beim Rausgehen hat Nicole mich dann gestützt und wir sind noch ganz lange durch Kronberg gelaufen, bis ich das Gefühl hatte dass es vorbei ist.


    Warum ist das Leben so schwer. Eigentlich will ich gar nicht mehr. Den Gedanken kennt bestimmt jeder von euch. Hoffentlich fängt sich das.

  • Liebe Angelika.Ich habe deinen Beitrag gelesen. Du schreibst sehr offen.Das Forum scheint für dich eine Hilfe zu sein,mit deinem neuen Leben zurechtzukommen .Ich habe erst einmal gegoogelt, was Boulespiel heißt. Ich kenne es nämlich unter Boccia. Der Unterschied besteht nur in dem Gewicht der Kugeln. Ich habe das einmal gespielt ,als ich zur Therapie in der Klinik war. Meine damalige Krankheit waren Panikattacken. Jetzt bist du bestimmt erschrocken. Es ist schon länger her und ich bin wieder gesund. Ich könnte ein Buch schreiben über die Zeit damals. Ich möchte dich aber nicht belasten. Wenn du möchtest, dann würde ich darüber mal etwas schreiben. Etwas vielleicht, jeder Mensch, der Panikattacken hat, erlebt sie anders. Du schreibst ja immer, daß du viel unterwegs bist zur Zeit. Es ist bestimmt nicht einfach, wenn man sucht ,eine passende Beschäftigung außerhalb zu finden. Ich habe das alles hinter mir.Ich dachte damals, das würde mir bei meiner Problematik helfen. Es hat nicht funktioniert. Ich bin oft aus der Situation abgehauen. Ich bekam Beklemmungen und ehe Panik aufkam,bin ich regelrecht geflüchtet. Der einzige ,der mir gutgetan hat ,war mein Sohn .Er hat mir in dieser Zeit geholfen, wo er nur konnte. Dafür bin ich ihm bis an mein Lebensende dankbar. Ich würde ihm das gerne nochmal sagen. Aber ich habe es ihm damals auch gesagt. Ich habe auch eine gute Ärztin, zu der ich immer noch ab und an gehe. Alleine habe ich das damals nicht geschafft. Woher die Panikattacken kamen, gehört zu meiner ganz persönlichen Lebensgeschichte. Alles hat einen Grund und auch einen Sinn. Ich lebe heute ganz alleine ,das tut mir gut .Das habe ich aber lernen müssen. Die Menschen sind sehr verschieden. Ich weiß auch ,daß viele nicht glücklich sind. Warum das so ist ,muß man mit professioneller Hilfe herausfinden. Dir fehlt dein Uli. Ich denke, daß du nun herausfinden musst, wie du dein Leben so gestalten möchtest, dass du zufrieden mit dir bist. Dann haben auch die Panikattacken keine Chance. Ganz liebe Grüße von Christine.